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1. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 481

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
481 oder zur Schlichtung entstandener Streitigkeiten des Nachts unter freiem Himmel und bewaffnet. Der Versammlungsort war gewöhnlich durch eine ehrwürdige Eiche, oder Linde und durch große Steine, die zu Sitzen und Opferherden dienten, bezeichnet. Ein von Hof zu Hof gesandter Pfeil befchied die Männer zusammen. Man opferte, trank und berieth das allgemeine Wohl. So war einst unser Vaterland, so waren unsere Voreltern. Wie sehr sich auch Land und Bewohner seitdem verändert haben, so hat sich doch Manches bis auf unsere Zeit erhalten. Noch heute wundert sich der Fremde, wenn er zum erstenmale unser Land betritt, über das viele Grün und die schönen Wälder. Der Schwarzwald und viele andere große Waldungen sind beträchtliche Reste des alten Urwaldes. Auch manches von den Sitten und Gebräuchen der Väter ist uns ge- blieben. Redlichkeit und männliches Worthaltcn wird am deutschen Volke noch setzt gerühmt, und das uralte Sprüchwort: „Ein Mann, ein Wort!" hört man noch heute. Iii. Die altdeutschen Frauen. Achtbar und bewundernswerth stehen die alten Deutschen gegen die übrigen Völker da, weil sie die Frauen achteten und in hohen Ehren hielten. Das deutsche Mädchen erbte von ihrem Vater die Kraft, von ihrer Mutter die Milde. Mütterliche Sorgfalt bewachte ihr fröhliches Aufblühen. Sie nahm Theil an den Spielen und Uebungen der Knaben und erlangte so in der freien Natur einen festen Körper und eine dauernde Gesundheit. Die Mutter lehrte sie den Dienst des Herdes, die Bestellung der geringen Bedürfnisse des Hauses, die Pflege der Hausthiere. So wuchs das Mädchen heran, ihr Sinn blieb rein, ihr Herz unbefleckt. Beim Eintritt in die Ehe brachte sie ihrem Manne ein Waffengeschenk, und er bot ihr ein Geschirr Stiere, ein gezäumtes Roß, Schild und Schwert. Die Besorgung der wenigen Felder, die Bestellung des Herdes und Hofes, die Fertigung der Gewänder, die von Linnen und röthlich gefärbt waren, kurz alles, was sie im elter- lichen Hause gesehen hatte, fiel jetzt ihrer Leitung anheim. Auch war sie der Arzt des Hauses und kannte heilsame Kräuter für Kranke und Verwundete. Aber nicht untergeordnete Sclavin war sie, nein, die wahre Freundin ihres Mannes. Er hörte auf ihren Rath und in ihrem freundlichen Zuspruch fand er Trost und Stärkung nach den Beschwerden des Tages. Im Kriege folgte sie dem Manne als die getreue Genossin seiner Gefahren. Ste sah ihn kämpfen; zitterte nicht für sein Leben, aber für seine Ehre und ihre Freiheit. Sie rief den Flüchtigen durch Bit- ten, Thränen, Vermahnungen zur Schlacht zurück. Mit dem Verluste der Frecheit war jedes Lebensglück für sie dahin. Eine hohe Seele lebte rn Deutschlands Töchtern. Traf die Gattin der härteste Schlag, raubte ihr das Schwert des Feindes oder der Todesengel Lesebuch in Lebensbildern. 4. Ausl-
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