224
sehr überladen ist, waren die Zugänge von dichten Menschen-
massen umlagert, des Erscheinens der Bischöfe gewärtig, die
dann zurückzogen nach dem reich decorierten bichöflichen Palast.
Nur mit Mühe vermochten wir uns durchzudrängen nach dem
abgelegenen Theile des Ufers, an welchem endlich das lang er-
wartete Dampfschiff anlegte.
Die Billets, die wir in Ludwigshafen gelöst, wiesen uns
an die Schiffe der Cölnischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft, die
sich, nicht eben zum Vortheil des reisenden Publicums, mit der
Düsseldorfer Gesellschaft vereinigt hat; glücklicher Weise gibt es
jedoch noch eine Concurrenz, die Schiffe der niederländischen
Dampfschifffahrt, die sich schon dadurch empfehlen, daß ihr Ver-
deck einen Glas-Pavillon enthält, welcher dem Reisenden gestat-
tet, auch bei dem ungünstigsten Wetter die dumpfe Luft der
Cajüten zu fliehen und die entzückende Schönheit des Stromes
und der Ufer in vollen Zügen zu trinken. Zweimal brauste auf
der Strecke von Mainz bis Cöln ein Niederländer Dampfer, der
erst lange nach uns Mainz verlassen hatte, an uns vorüber. Die
langsamere Bewegung der Kölner Schiffe ist aber hauptsächlich
dadurch bedingt, daß sie fast an jeder Ortschaft, welche der Rhein
bespült, anlegen. Großartig ist übrigens der Verkehr auf dem
herrlichen Strom, der gegenwärtig, wenn wir die Schleppschiffe
und die kleinen Local - Dampfboote mit einschließen, von mehr
als 150 Dampfern durchfurcht wird. Gleichwohl baut man an
beiden Ufern noch an Eisenbahnen, selbst auf der durch Natur-
schönheiten ausgezeichneten Strecke von Bonn bis Mainz, wo
doch die Dampfsahrt auf dem Strome, unstreitig die ange-
nehmste Art des Reifens, von Touristen stets vorgezogen werden
wird. Die Eisenbahn von Bonn bis Rolandseck (Nonnenwerth
und dem Drachenfels gegenüber) und Remagen eine Fortsetzung
der Cöln Bonner Linie, ist bereits vollendet.
Die Physiognomie eines Rheindampfschiffes trägt stets einen
kosmopolitischen Charakter. Ein ungenannter deutscher Schrift-
steller schildert die Reisegesellschaft, die stets so ziemlich dieselbe
ist, treffend also: „Hier, das unumgängliche Stamm-Contingent
der Salons, eine englische Familie; er, irgend eine unterwegs
erstandene Nummer der Times (der größten englischen Zeitung,
die sich den „Mund Europas" nennt) verschlingend, oder mit
gekreuzten Beinen starr ins Weite schauend; sie, das rothge-
bundene Reisehandbuch (Handbook for travellers on the conti-
nent) controlierend, und vollständig befriedigt, wenn alles
„stimmt;" die Töchter — denn alle in Deutschland reisenden
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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447
Barken kreisten in den Gassen umher, und führten die Lust-
wandelnden, sowie die ambulanten Kaufleute an ihren Bestim-
mungsort.
Der Engländer Robert Fortune gibt in seinen »Dreijährigen
Wanderungen in den Nordprovinzen von China" von dieser
Stadt der Schiffe folgende Beschreibung: Eine der merkwürdig-
sten Erscheinungen auf dem Canton-Flusse ist die ungeheure An-
zahl von Booten, die neben den fremden Factoreien längs des
ganzen Ufers vor Anker liegt. Es flnd da Hunderttausende aller
Art und Größe, von dem prächtigen Blumenboot, wie es ge-
nannt wird, bis zum kleinen Barbierboot hinab, eine große
schwimmende Stadt bildend, und bevölkert von einer Ungeheuern
Zahl menschlicher Wesen. Wenn man den Fluß hinaufsegelt, kann
man ein sehr kleines Boot wahrnehmen, vielleicht das kleinste,
welches einem je zu Gesicht gekommen ist, nichts weiter als ein
paar an einander befestigte Bretter. Dies ist des Barbiers Boot,
welcher darauf ausgeht oder schwimmt, seiner täglichen Beschäf-
tigung des Kopfrasierens, Augen- und Ohrenkitzelns bei den
Chinesen obzuliegen. Nebenbei gesagt, hat dieser Barbier viel zu
verantworten; denn seine Praxis hat auf die Augen und Ohren
seiner Landsleute einen höchst nachtheiligcn Einfluß. Er handhabt
jedoch sein kleines Boot mit großer Geschicklichkeit und versteht
es, seine Nußschale und sich selbst mit Leichtigkeit und Schnellig-
keit durch die schwimmende Stadt von Booten, größer und
mächtiger als sein eigenes, hindurchzuschieben. Dann sieht man
Boote verschiedener Größe, in drei Abtheilungen getheilt und
außerordentlich reinlich und nett gehalten. Diese werden von
Eingebornen oder Fremden für den Zweck gemiethet, zu den
großen Dschonken oder andern Schiffen hinüberzufahren, die auf
dem Fluß vor Anker liegen, oder für kleine Ausflüge nach der
Insel Honan, den Fä-Ti-Gärten oder nach ähnlichen Orten. Die
mittlere Abtheilung des Bootes bildet ein sehr reinliches, kleines
Zimmer, hat Fenster an den Seiten und ist mit Gemälden und
Blumen verschiedener Art ausgeschmückt. Die Abtheilung am
Bug wird von den Ruderern eingenommen, und die am Stern
dient dazu, für die Familie, welcher das Boot gehört, die Nah-
rung zu bereiten.
Die Boote der Hong-Kaufleute (so nennen die Engländer
die für den auswärtigen Handel privilegierten chinesischen Kauf-
leute von Hong, welches Speicher bedeutet,) und die großen
Blumenboote sind prachtvoll. Wie die andern sind sie in Abthei-
lungen getheilt, jedoch prächtiger und kostbarer gebaut. Der Leser
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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248
der Einkehr König Ernst Augusts in seine deutschen Paläste, zu
Ende Iunius 1637, für sie wie für das ganze Land eine neue
Epoche ein. Dieses Selbständigwerden der alten Welfenländer
und das Walten des eignen Fürsten im eignen Lande war ein
bedeutsamer Wendepunkt. Der greise König Ernst August, der
seine Aufgabe mit großer Energie ergriff, schaute wieder wie
Heinrich der Löwe zur See hinaus. Er traf alle Einleitungen,
die alte Tradition zu beseitigen, daß Hannover nur ein Ackerbau-
staat sei, daß drei Häfen zu viel seien für das kleine Land.
Man würde die Wirkungen zeitiger und nachdrücklicher verspürt
haben, wenn die schon 1842 aufgenommenen Unterhandlungen
wegen Anschlusses an den deutschen Zollverein nicht erst 1851
zum Ziele geführt hätten. Jetzt blieben die schönsten Resultate
dem Nachfolger, König Georg V., Vorbehalten.
Vor allem nahm Emden Ernst Augusts Aufmerksamkeit in
Anspruch, dessen Verkehr sich um das Jahr 1837 durchschnittlich
auf 310 Seeschiffe belief, wozu noch die nicht unbedeutende
Rhederei Leers zu rechnen ist, dessen Emstiefe sich für kleinere
Seeschiffe noch eignet, so wie auch noch Papenburg mit bedeu-
tendem Schiffbau und Rhederei. Alsbald kam der mit Preußen
1816 abgeschlossene Vertrag zur Ausführung und die Ems wurde
bis Greven hinauf schiffbar. Jetzt 1843 erhielt Emden die erste
Chaussee, welche ihm den Landtransport auf Oldenburg, Delmen-
horst und Syke ermöglichte.
Dann begannen die Hafenbauten von Harburg und Emden
ziemlich gleichzeitig (1844 und 1845). Nachdem ein großer Theil
des seichten Dollart eingedeicht und dadurch der Delft, das
eigentliche Fahrwasser Emdens, in der Zeit von 1845 — 1850
gerichtet worden, fanden fortan Seeschiffe von 1000 bis 1200
Tonnen im dortigen Außenhafen genügende Tiefe, und Schiffe
von 500 bis 600 Tonnen fahren im innern Hafen bis an die
Pack- und Lagerhäuser der Kaufleute heran. Emden besaß 1845
66 Seeschiffe von 75—200 Tonnen und 44 Seeschiffe zu 250
bis 600 Tonnen, während ganz Ostsriesland — wohl mit Ein-
schluß von Papenburg — um diese Zeit die ansehnliche Zahl
von 550 Seeschiffen mit 36 —40,000 Tonnen Tragfähigkeit auf-
zuweisen hatte. — Bei der Beschränktheit des inländischen Han-
delsgebietes fanden jedoch die Handelskräfte von Emden und
Leer nicht hinreichende Beschäftigung. Der Verbrauch war nicht
bedeutend genug, um außereuropäische Waren in großen Ladun-
gen direct zu beziehen. Sie sahen sich genöthigt, diese vom frem-
den Zwischenhandel in London, Amsterdam, Hamburg und Bre-
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Ernst Augusts Ernst August Heinrich_der_Löwe Heinrich Georg_V. Ernst Augusts Leers
306
richtiger Halbinsel Portsea, welche mehr als 5000 engl. Morgen
(acres) sehr fruchtbaren Landes enthält; an der Südwest-Ecke die-
ser Insel liegt Portsmouth und unmittelbar nördlich daran die
bedeutend größere Stadt Portsea, ursprünglich eine offene Vor-
stadt von Portsmouth, jetzt mit dieser durch Befestigungswerke so
verbunden, daß die Grenze zwischen beiden Städten schwer zu
erkennen ist. Oestlich von der Insel Portsea bildet das Meer
einen neuen großen Einschnitt, aber von geringerer Tieft, als
der Hafen von Portsmouth. Uebrigens sollen schon die Römer-
in dem nördlich am Hafenbecken von Portsmouth gelegenen
Portchester eine Niederlassung gehabt haben, und in den Namen
Gosport, Portsmouth, Portsea, Portchester, Portsdown ist die
römische Benennung für Hafen (portas) leicht zu erkennen.
Bevor wir in das Dockyard Einlaß erhalten, schauen wir
uns die Schwesterstädte (twin towns) Portsmouth und Portsea
etwas genauer an; beide bieten indessen in ihren Straßen,
Plätzen, Gebäuden nichts dar, was zu einem länger» Aufenthalt
einladen könnte: die Städte scheinen für das See-Arsenal ge-
macht, nicht das Arsenal für die Städte. Soldaten, Matrosen
und Arbeiter in den Seemagazinen sind die drei tonangebenden
Classen der Gesellschaft, oder, wie ein Engländer sich ausdrückte,
„Every thing looks and breathes and smells of soldiers, sai-
lors and docksmen.“ — Portsmoutb hat indeß ein stattliche-
res Ansehen, als das fast fünfmal so stark bevölkerte Portsea;
beide Städte werden unter dem Namen Portsmouth häufig als
ein Ganzes betrachtet und haben zusammen über 70,000 Ein-
wohner; das gegenüberliegende Gosport, welches ein mehr dorf-
artiges Ansehen hat, zählt deren gegen 16,000.
Als wir von unserm Spaziergange durch die Straßen zu-
rückkehrten nach unserm inr südlichen Theile von Portsmouth
hübsch am Wasser gelegenen Hotel mit der Aussicht auf den
Hafen und die Rhede, war es Zeit geworden zur Besichtigung
des Dockyard, welches in der Nordwest-Ecke von Portsea ge-
legen und an den Landseiten mit einem Wall umgeben, für sich
selbst eine Stadt bildet und zwar von nicht geringem Uinfange.
Nachdem wir in einem Vorzimmer des Eingangsgebäudes unsere
Namen in ein Buch eingetragen hatten und diese von einem
alten Seeofsicier (dem Admiral-Superintendent, wenn wir nicht
irren) sorgfältig mit den von der Admiralität aus London ein-
gesandten verglichen worden waren, führte uns ein sehr wohl
unterrichteter Beamter der Anstalt durch alle Räume, welche dem
englischen Publicum zugänglich sind, und zuletzt noch wegen un-
»
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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287
darf eben so wenig behauptet werden; denn, sagt ein urtheils-
fähiger Engländer, wenn man erwägt, daß unter jungen Leuten,
die, der Aufsicht der Ihrigen entrückt und meist mit wohlgespick-
tem Geldbeutel versehen, gerade in der unlenksamsten Lebens-
periode in so großer Zahl zusammen leben, immer einige Aus-
brüche der Rohheit und des Uebermuths (exuberanees of the
animal spirit) Vorkommen werden: so muß man zugeben, daß
das Nebel doch vergleichsweise gering ist, und daß unsere Stu-
denten im allgemeinen eine wackere, mannhafte, vielversprechende
Körperschaft sind, eifrig im Studium, achtbar in ihrem sittlichen
Betragen und fein in ihrem äußeren Benehmen (gentlemen in
manners). Oft hört man auch den kirchlichen Geist ihrer Uni-
versitäten von Engländern rühmen; wir aber können die Aus-
schließung aller Katholiken und Dissenters (d. b. der von der
Staatskirche abweichenden Protestanten) nicht billigen.
Vom Herausgeber.
3. Londons Umfang und Bevölkerung, sonst und ^ctzt.
London.
„A mighty mass of brick and smoke and shipping,
Dirty and dusky, but as wide as eye
Could reach, with here and there a sail just skipping
In sight, then lost amidst the forestry
Of masts, a wilderness of steeples peeping
On tiptoe, through their sea-coal canopy;
A huge dun cupola, like a foolscap crown
On a fool’s head and there is London town!“
(Don Juan Ix. 82.)
Nicht schmeichelhaft ist das Bild, welches Lord Byron hier
von der großen Weltstadt entwirft:
Eine gewaltige Masse von Ziegelsteinen und Rauch und
Schiffen, schmutzig und düster, aber groß, so weit das Auge rei-
chen konnte, hier und da ein Segel gerade in die Augen sprin-
gend, dann verloren im Mastenwald; eine Wildniß von Tür-
men mit der Spitze blickend durch ihren Steinkohlen-Himmel;
eine ungeheuere schwarzbraune Kuppel (die Paulskirche), gleich
einer papiernen Krone auf eines Narren Haupt — das ist die
Stadt London!
Die Beantwortung der Frage nach den Vorzügen, oder Nach-
theilen, dem Reiz, oder der Unannehmlichkeit einer Stadt wie
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Personennamen: Londons
Extrahierte Ortsnamen: London London Mastenwald London
333
marine der französischen überlegen. Gleichwohl hat Frankreich in
der neuesten Zeit, besonders seit 1839, eine gewaltige Seemacht
aufgestellt, und da die Dampfkraft den Mangel einer tüchtigen
Seemannschaft, wie sie auf der Handelsflotte hauptsächlich gebil-
det wird, wenigstens einigermaßen zu ersetzen im Stande ist,
so suchen die Franzosen es der englischen Flotte möglichst gleich
zu thun. Jetzt ist Frankreich unbestritten die zweite Seemacht der
Erde und seine Kriegsflotte, die seitdem noch bedeutend vermehrt
wurde, bestand 1854 aus 101 Schiffen mit 4612 Kanonen und
im Jahre 1858 sollte die Zahl der großen Linienschiffe (Schrau-
bendampfer) auf 24 gebracht werden.
Als Landmacht war Frankreich von jeher ausgezeichnet;
Vaterlandsliebe und Ruhmbegier („la gloire“) sind im Stande,
die Franzosen zu den glänzendsten Thaten zu begeistern („nous
sommes une nation gui agit toujours par entraînement,“ sagt
Thiers) ; das hat sich noch im letzten Kriege mit Rußland, in den
Kämpfen vor Sébastopol, wo nichts dem begeisterten Ungestüm
des französischen Angriffs zu widerstehen vermochte, glänzend be-
währt. —
Zum Schluffe noch ein Wort über die französischen Univer-
sitäten. Universitäten im deutschen Sinne des Wortes (uuivorsi-
tas litorarum) gibt es in Frankreich nicht; université de France
heißt die höchste Unterrichtsbehörde. Wenn man Paris und Straß-
burg bisweilen als Universitäten anführt, so hat dies nur den
Sinn, daß die verschiedenen höhern Schulen, die bei uns ein
Ganzes bilden, dort neben einander bestehen, als faculté de
théologie, école de droit, école de médecine, faculté ès
(d. h. des) lettres und faculté ès sciences. Zu einer franzö-
sischen Hochschule (académie) gehört wesentlich, was bei uns die
„philosophische Faeultät" ausmacht, faculté ès lettres und faculté
ès sciences. Solcher Universitäten oder Akademien gibt es jetzt,
nach dem Unterrichtsgesetz von 1854, 16, nämlich: Aix, (spr. Ä,
nicht wie in Aix-la-Chapelle Äx), Besancon, Bordeaux, Caen
(spr. Kang), Clermont, Dijon, Douai, Grenoble, Lyon, Mont-
pellier, Nancy, Paris, Poitiers, Rennes, Slraßburg, Toulouse.
Daß die Pariser hohen Schulen die besten und besuchtesten sind,
versteht sich bei der französischen Centralisation von selbst.
Daß es aber trotz der großen Anzahl der Universitäten und
höhern Bildungsanstalten mit der allgemeinen Schulbildung in
Frankreich noch immer schlecht steht, beweist der Umstand, daß
fast ein Drittel der Männer, und mehr als die Hälfte der Frauen,
welche im Jahre 1853 heiratheten, weder lesen noch schreiben konnte.
Dom Herausgeber.
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Extrahierte Personennamen: Thiers Kang Nancy
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Frankreich Paris Aix-la-Chapelle Besancon Bordeaux Caen Clermont Dijon Douai Grenoble Lyon Paris Poitiers Rennes Slraßburg Toulouse Frankreich
448
muß sich eine Art hölzernen Hauses denken, auf dem Boden des
Schiffes errichtet, mit dem Eingang gegen den Bug zu, und
einem Raume für den Bootsmann zum Stehen und Rudern.
Da der Eingang die Front bildet, so ist er in sehr prachtvollem
Stil geschnitzt, zu dem, was inwendig zu sehen ist, gleichsam
das Vorspiel bildend. Eine Menge Laternen hängen von der
Decke dieser schönen Prunkcajüten herab; Spiegel, Gemälde und
Gedichte schmücken die Wände, und alle die Eigenthümlichkeiten
dieses sonderbaren Volkes zeigen sich in ihren schwimmenden Pa-
lästen unserm Blick.
Ferner gibt es da Handelsboote, welche die Kaufleute dazu
benutzen, nach den Schiffen zu Whampoa Güter zu bringen,
Ueberfahrtsboote nach Hongkong, Macao und andern Theilen
des Landes, Mandarin- (d. h. Beamten-) Boote mit ihren vie-
len Rudern, welche sonderbar aussehen, wenn sie den Fluß auf-
und abfahren, und endlich die großen, plumpen, seefahrenden
Dschonken. Zu festlichen Zeiten hat der Fluß ein vorzüglich fröh-
liches und auffallendes Ansehen, hauptsächlich bei Nacht, wenn
die Laternen angesteckt sind und zahllose durch sie heiter aufge-
schmückte Boote sich in Front der Factorei auf- und abbewegen.
Die zu solchen Zeiten durch die wilden und mitunter klagenden
Melodien der chinesischen Musik auf den Fremden hervorgebrachte
Wirkung, der geräuschvolle Gang, die dicke und schwüle Luft,
das seltsame Volk, voll von Eigenthümlichkeiten und Einfällen,
ist von der Art, daß man es nie vergessen kann, und es im
Geist eine Mischung von Vergnügen, Mitleid, Bewunderung und
Verachtung zurückläßt. In dem Ganzen dieser Ungeheuern schwim-
menden Stadt herrscht durchweg die größte Regelmäßigkeit; die
großen Boote sind in Reihen gruppiert, Straßen bildend, durch
welche die kleinern Barken hin- und herfahren, wie die Kutschen
und andere Gefährte in einer großen Stadt. Die Familien, welche
auf diese Weise leben, scheinen für Blumen besonders eingenom-
men zu sein, die sie in Töpfen ziehen, entweder oben auf dem
Stern ihrer Boote, oder in ihren kleinen Zimmern. Der chinesische
Lebensbaum, die Gardenien, Cycas revoluta, Hahnenkämme und
Orangen scheinen bei ihnen am meisten beliebt zu sein. Ein
Götzenhaus, oft allerdings klein, aber doch ein Ort der Gottes-
verehrung, ist für alle diese schwimmenden Häuser unentbehrlich.
Hier werden der Götzenstock und das Oel täglich verbrannt und
bilden den Weihrauch, den diese armen Leute ihrer eingebildeten
Gottheit täglich darbringen.
Cantons Stadt und Vorstädte sollen gegen eine Million
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475
und mit nach Whydah zu nehmen; doch als er die Kosten be-
rechnete, ward er anderen Sinnes und tröstete sich damit, daß
sie es ja hier auch gut habe.
Nach John Dun can.
Iv. Amerika.
1. Zunehmende Macht und Größe der Vereinigten Staaten.
Schon jetzt sind die Pankees in Bezug auf Schifffahrt das
erste Volk der Welt, der Gehalt ihrer Strom- und Seefahrzeuge
hatte schon 1854 die ungeheure Ziffer von 5 Millionen Tonnen
erreicht; sie stehen in direkten Handelsbeziehungen mit nicht we-
niger als 83 verschiedenen Staaten und Inseln. Während ihre
Besitzungen über die ganze Breite eines gewaltigen Festlandes,
welches mehr als 3 Millionen englischer lum. compact zusam-
men liegenden Landes umfaßt, sich ausdehnen: sind sie, obwohl
an Wesen und Charakter viel kontinentaler, als die Engländer,
doch ein entschieden maritimes Volk geworden; ihre Küsten wer-
den auf langen Strecken von den beiden Weltmeeren bespült,
und der größte Strom des Landes mündet in jenen mexikani-
schen Golf, der sammt dem caraibischen Mittelmeer in unfern
Tagen eine größere Bedeutung gewonnen hat, als je zuvor. —
Cuba, die Perle der Antillen, werden sie erwerben, sagen die
Amerikaner, und sie nennen das manifest destiny! — Die
Südsee, das ist nicht mehr zweifelhaft, wird amerikanisch. Der
stille Ocean, den sonst eine einsame spanische Silbergallione von
Acapulco nach Manila befuhr, sieht jetzt in einem Jahre mehr
Schiffe, als im ganzen 18. Jahrhunderte. Dampfer laufen vom
Pugetsunde (im Oregon-Gebiete) bis zu den Häfen des südlichen
Chile, von St. Francisko nach Honolulu (die Sandwichs-Inseln
werden dem amerikanischen Staatenbunde ohne Zweifel bald
einverleibt werden); kein wichtiger Punkt der Westküste ist ohne
regelmäßige Verbindung mit allen andern. Von den 500—700
amerikanischen Walfischfängern kreuzen unablässig mehr als 200
in jenem Ungeheuern Meeresraum zwischen der Behringsstraße
und dem Eise des Südpolarlandes und von der chinesischen See
bis zum californischen Gestade.
Auf den chinesischen und hinterindischen Märkten sind die
Nordamerikaner die rührigsten Nebenbuhler Englands: die Ein-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert]]
Extrahierte Personennamen: John_Dun Francisko
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Vereinigten_Staaten Cuba Acapulco Manila Chile Honolulu Englands
481
im Auge behielt, dem konnte die schon vor mehreren Jahren
aufgetauchte Behauptung, daß auch Amerikaner an jenem ein-
träglichen Geschäft Antheil hätten, trotz der vielseitig und augen-
fällig zur Schau getragenen Religiösität und Moral, nicht un-
glaublich erscheinen.
Allein der neuesten Zeit war es Vorbehalten, dieser Vermu-
thung die augenfälligste und klarste Bestätigung zu geben; die
nachstehenden Thatsachen verdanken wir der unbeschränkten Oeffent-
lichkeit des amerikanischen Gerichtsverfahrens.
Im Spätjahr 1854 wurde in der Stadt New-Port vor
einem Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein Mann des
Sclavenhandels angeklagt, dessen actenmäßig festgestellte Angaben
über den gegenwärtigen Umfang des Sclavenhandels und die
Art seines Betriebes ein überraschendes Licht verbreiteten.
New-Pork — so behauptet dieser Mann, Capitän Smith,
— bildet den Haupt- und Centralpunkt für den gesammten
Sclavenhandel, wie er bis zum heutigen Tage noch auf der
westlichen Hemisphäre im Schwünge ist. Weder in irgend einer
Stadt Cubas, noch Brasiliens wird das Geschäft in solchem
Umfang, mit so beträchtlichem Capital und in so großartigem
Maßstab betrieben. Wenn auch nicht immer die Eigenthümer der
Schiffe, die eigentlichen Unternehmer des Geschäfts, in New-Pork
ansässig sind, so werden doch die für den Sclavenhandel bestimm-
ten Fahrzeuge dort ausgerüstet, und Handelsfirmen von bedeu-
tendem Rufe nehmen keinen Anstand, sich dabei zu betheiligen.
Auch in andern Seestädten der atlantischen Staaten, wie in
Boston, Philadelphia, vorzüglich aber in Baltimore, werden fort-
während Sclavenschiffe, die nach der afrikanischen Küste bestimmt
sind, ausgerüstet; keine andere Stadt aber kann sich mit New-
Uork messen. Im Jahr 1853 haben den Hafen von New-Pork
35 solcher, nichts weniger als mit besonderer Vorsicht ausgerüste-
ten Fahrzeuge verlassen, ohne daß auch nur in einem einzigen
Falle von den Behörden ein beträchtliches Hinderniß in den
Weg gelegt worden wäre. Im Laufe des Jahres 1854 war das
Geschäft etwas gedrückt, doch sind mindestens 20 Schiffe allein
von New-Pork abgegangen. Die für den Sclaventransport die-
nenden Schiffe sind gewöhnlich kleine, scheinbar nur für den
Küstenhandel bestimmte Fahrzeuge von 200 bis 500 Tonnen,
die meisten derselben werden mit besonderer Berücksichtigung ihres
Zweckes auf den Schiffswerften der Neu-Englandstaaten (Maine,
New-Hampshire, Massachusetts, Rhode-Island, Connecticut und
Vermont) gebaut und von da nach New-Pork gebracht, um die
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TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San]]
TM Hauptwörter (200): [T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]
Extrahierte Personennamen: Capitän_Smith
Extrahierte Ortsnamen: New-Pork Cubas Brasiliens New-Pork Boston Philadelphia Baltimore New-Pork New-Pork Maine New-Hampshire Massachusetts Rhode-Island Connecticut Vermont New-Pork
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Ländern; man Hai nämlich die Absicht eine directe Fahrt zwi-
schen Honolulu und Panama herzustellen.
Nun ist nur noch eine einzige Lücke vorhanden, welche uns
verhindert, mit Dampfkraft um die Welt zu fahren. Dampfschiffe
und Dampfwagen umkreisen den Erdball, aber aus der Land-
enge von Suez hat man auch heute noch kein anderes Be-
förderungsmittel als das patriarchalische Kamel, das Schiff der
Wüste, oder das Pferd. Bei der Ungeheuern Bedeutung, welche
diese kleine Strecke im Lande der Pharaonen für ganz Europa
gewonnen har, darf man wohl erwarten, daß es endlich gelin-
gen werde, den arabischen Golf, der unfern Strom zum fernen
Morgenlande bildet, und das Mittelmeer, vermöge eines großen
Schifffahrtskanals, zu verbinden, und nebenher auch eine
Eisenbahn zu bauen. Ein Schienenweg allein wäre eine halbe
Maßregel, und es würde sich bald zeigen, daß er ein unzurei-
chendes Verkehrsmittel abgäbe; ein kleiner Kanal wäre zweck-
los. Man soll nicht vergessen, daß heute im gesummten Welt-
verkehr alles große Dimensionen gewonnen hat, und daß man
kleine Maßstäbe nicht mehr anlegen darf. Man würde Zeit und
Geld verschwenden und keineswegs den Zweck erreichen. Ein
Kanal durch Aegypten muß Dreimaster bis zu mindestens ein-
tausend Tonnen tragen können, damit man, ohne umzuladen,
von Triest, Hamburg, Marseille, Rotterdam und London quer-
durch das Land nach Cnlcutta, Batavia und Hongkong fahren
könne. Nur dann wird er seine Aufgabe erfüllen. Er erscheint aber
als eine Sache der Nothwendigkeit, wenn Amerika nicht einen
immer 'größern Vorsprung gewinnen soll, welchen die andern
maritimen Völker im Fortgange der Zeit empfindlich genug ver-
spüren würden. Ein Kanal nach Suez *) ist eine Lebensfrage
für den europäischen Wohlstand.
*) Bekanntlich ist schon seit einigen Jahren von dem französi-
schen Consul Lesscps in Alexandria die Erlaubniß zum Bau deö
Suez-Kanals erwirkt, und hauptsächlich ans Veranlassung von Frank-
reich und Oesterreich — England scheint mehr gegen das Project zu
sein — hat eine wissenschaftliche Commission die Ausführbarkeit und
Zweckmäßigkeit der verschiedenen Plane untersucht. Es soll, in Ver-
bindung mit einem Süßwasser-Kanal, ein directer für große See-
schissc fahrbarer Kanal von Suez nach dem Meerbusen von Pelnsinm
und zwar nach einem westlich von den Trümmern deö alten Pelu-
sium anznlegenden Hafen gebaut werden. Die Kosten für die beiden
Kanäle und die Hasenbaulen bei Pelnsinm und Suez sollen 200 Mil-
lionen Franken nickt überschreiten. Ob und wann dieser immerhin
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TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer]]
Extrahierte Personennamen: Consul_Lesscps
Extrahierte Ortsnamen: Honolulu Panama Suez Europa Triest Hamburg Marseille Rotterdam London Cnlcutta Batavia Hongkong Amerika Suez Alexandria Frank- Oesterreich England Suez Suez