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1. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 25

1858 - Osnabrück : Rackhorst
25 Länge, welche fast um das Doppelte die Küstenlange von Afrika übertrifft, obgleich dieser Erdtheil an Flächeninhalt etwa dreimal größer ist, als Europa. Diese formenreichen Küstenumrisse und Binnenmeere, ein inselreicher Archipel, ein höchst mannichfaltig gegliedertes Relief (Erhebung) der Oberfläche, welches den Lauf schiffbarer Ströme in allen Himmelsrichtungen begünstigt, charakterisieren Europa vor andern Erdtheilen. Sie liefern den Völkern unermeßliche Mittel des Verkehrs und des Austausches ihrer materiellen und geistigen Güter, ohne dabei gewisse nationale Eigenthümlichkeiten aufzuheben, die gerade denselben Naturverhältnissen den ersten Grund ihrer Entstehung und Fortbildung verdanken. Daß das am mannichfaltigsten gegliederte Hellas mit seinen Hunderten von Halbinseln, Inseln und Inselchen der von der Natur am reichsten befähigte Wohnsitz für die erste Blütenent- saltung eines civilisierten Volkes war, daß hier die Natur selbst dem Genius der Schönheit und Anmuth in-Poesie und Kunst die Wiege bauete, ist ebenso unbestreitbar, als daß Griechenland für lange Zeitdauer seine Macht und Blüte nicht bewahren konnte. Das Scepter der Macht mußte an ein anderes Halb- inselvolk übergehen, dessen Stellung mehr im Centrum des Mittelmeers zum Erobern wie zum Herrschen eine weit begün- stigtere war. Mit einem fast eben so milden Klima gesegnet, stand das welterobernde Rom auf einer solidern irdischen Basis. Eine compactere, fruchtbarere und bevölkertere Ländermasse um- gab seine Hauptstadt. Dazu besaß Italien eine fast eben so reiche Küstenentfaltung wie Griechenland nach drei Himmelsge- genden, wo das wogende Element einem thatkräftigen und ruhmdürstenden Volke den Weg zu lockender Beute in allen Richtungen zeigte. Die trennende Alpenmauer im Norden schützte den aufblühenden Römerstaat vor einem zu frühen Zusammen- stoß mit den kräftigen Barbarenvölkern Galliens und Germaniens. Als Italien aber mit Rom kriegsmächtig und organisiert war, hatte es diesen Besuch der nordischen Völker nicht mehr zu fürchten. Ohne jene trennende Hochgebirgsmauer aber hätte der römische Staat zu seiner riesigen Größe sich ebenso wenig er- hoben, wie ohne Italiens glückliche Lage als centrale Halbinsel des Mittelmeers, von welchem seine erobernden Flotten und Heere nach drei Welttheilen ausgingen. Den sichern Beweis, daß die physischen Verhältnisse mehr als irgend andere Umstände der Geschichte ihren Gang vor- zeichnen und die Rolle der Nationen bestimmen, könnte uns das

2. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 131

1858 - Osnabrück : Rackhorst
131 2. Das deutsche Hochgetürgsland oder die deutschen Alpen. Unabsehbar ergießt sich vor meinen Blicken die Ferne, Und ein blaues Gebirg endigt rm Duste die Welt- Endlos unter mir seh' ich den Aether, über mir endlos, Blicke mit Schwindeln hinauf, blicke mit Schaudern hinab. Schiller. Das Alpengebirge ist „die silberne Krone des Welttheils" Europa, dessen Erhebnngscbarakter darin am stärksten und schärf- sten sich ausgeprägt hat. Wenn man von dem Dome zu Mailand oder von St. Marcus zu Venedig bei günstiger Beleuchtung nordwärts schaut, oder wenn man aus der lombardischen Ebene nach Norden geht, so richtet man seine überraschten Blicke voll Erstaunen auf eine Riesenmauer, welche den ebenen, fast end- losen Horizont im Norden begrenzt. Hoch empor über die Wol- ken, welche das dunkelblaue Fußgestell umschwimmen, ragt ein seltsam gezacktes starres Gemäuer, das bald gelblich, bald rosen- roth umschleiert und von Riesenkuppein überbaut ist, deren Silberglanz zauberhaft in die warme, mit Gärten bedeckte Fläche hereinleuchtet. Es sind die weißen oder Schnee-Gebirge, die Alpen (von alb) alp, celtisch weiß). Dieser Name des Ge- birges ist schon über zwei Jahrtausende alt, und seine Bedeutung tritt noch heute in der Benennung des erhabensten Bergriesen der Alpen, des Montblanc (d. i. weißer Berg», so wie der höchsten Bergkette Palästinas (Libanon) und des größten Erhe- bungspunktes der Erde (Dhawalagiri), hervor *). Wie mächtige Gebirge überhaupt, weil »sie das Größte sind, was es für die sinnliche Anschauung gibt, die Aufmerksamkeit in hohem Grade fesseln, so üben auch die Alpen als die höchsten Gebirge unseres Welttheils von jeher jene magische Anziehungskraft aus, welche die Völker fast aller Länder zu diesen Gottesaltären treibt, um bewußt oder unbewußt die Macht des Schöpfers zu verehren." »Je näher man," sagt der schweizerische Geschichtschreiber Jo- *) lieber die höchsten Berghöhen in Asien und Amerika vergl. weiter unten „Peru und die Guanoinseln." Um die Ehre, der König der deutschen Berge zu sein, streiten sich der Ortler aber Ortles- spitz in Tyrol und der höchste Gipfel der nvrischen Alpen, der an der Grenze von Tyrol, Kärnthen und Salzburg sich erhebende Groß- glockner, dessen Besitz zwischen Tyrol und Kärnthen streitig ist. Beide Bergriesen sind ungefähr 12,000 Fuß doch, nach den neuesten Messungen durch die Brüder Schlagintweät ist jedoch der Großglockner etwas höher, nämlich 12,213 Fuß, und wäre demnach der höchste Berg Deutschlands. 9

3. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 149

1858 - Osnabrück : Rackhorst
149 Stettin mit Swinemünde, Colberg, Rügenwalde, Stolpemünde, Danzig mit Weichselmünde, Königsberg mit Pillau, Elbing und Memel. Das baltische Meer hat zwar, wie oben bemerkt, nur den Charakter eines Binnenmeers, aber dennoch haben seine Stürme und Klippen, seine Eisschollen und Nebel ein abgehärtetes und kühnes Schiffervolk erzogen, und wie die baltischen Gestade im bohen Alterthum phönicische Schiffe anlockten, so war auch in späterer Zeit der Schiffsverkehr auf der Ostsee bedeutend. Während die Saracenen das Mittelmeer sperrten, nahm der Handel des Morgenlandes seinen Zug durch Rußland nach dem baltischen Meere, wo die slavischen Handelsplätze Schleswig, Dineta, Ripen und Wisby durch ihn zu hoher Blüte gelangten. Die mächtige Hansa, deren Wiege die Häfen der Ostsee waren, hielt den bal- tischen Handel noch im Schwünge; als sie in Verfall gerathen, Amerika und der Weg um das Cap der guten Hoffnung entdeckt worden war, vereinsamte das Binnenmeer allmählich, wozu auch politische Ereignisse, der Sundzoll, die russische Handelssperre das Ihrige beitrugen. Dennoch verkehren auch noch heute die bedeu- teudsten baltischen Handelsstädte, und vor allen Stettin, mit allen Flaggen handeltreibender Nationen. Der Fischfang der Ostsee ist nicht von großer Bedeutung. Ihr berühmtestes Erzeugniß ist der Bernstein, welchen sie ganz allein in so reichem Maße besitzt. Er wird häufig von Stürmen an die Küste geworfen, und man findet ihn an einigen Stellen mehrere hundert Fuß von der Küste entfernt, am häufigsten an der Küste von Preußen zwischen Danzig und Memel, theils in kleinen Splittern, theils in großen Stücken von einem Loth bis zu zwanzig Pfund und darüber. Einst trieben hier die Phönicier den Bernsteinhandel. Der blin- kende Bernstein, bemerkt Ferdinand Gregorovius in seinen Idyllen vom baltischen User, hat etwas ungemein anlockendes, und wie sollte er es nicht für den märchenhaften Sinn der Morgenländer haben, welche sich so gern mit dem schmücken, was das geheim- nißvolle Meer spendet, mit der Perle Arabiens, mit der Muschel von Ceylon, der Coralle von Hindostan und so auch mit der Bernsteinschnur von Samland! Früher wurde der Bernsteingewinn durch den Staat betrieben. Jetzt haben die einzelnen Dorfschaften das Recht, auf ihrem Gebiet gegen eine Pachtabgabe den Bern- stein zu fischen und zu graben. Auch die Nordsee oder das deutsche Meer, als derjenige Theil des Nordmeeres, welcher am nordwestlichen Ende unseres Vaterlandes flutet und daselbst die Küsten von Hannover,

4. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 154

1858 - Osnabrück : Rackhorst
154 Meere das regste Leben zu. Nach Trapezunt hatten die persischen Karawanen und nach Aegypten die arabischen Schiffe die Waren Ostindiens geführt. Die venetianischen Frachtschiffe brachten sie aus diesen östlichen Winkeln des schwarzen und des mittellän- dischen Meeres nach den Gegenden in der Nähe des Donau- gebiets, und ein großer Theil dieser Waren wurde dann auf der Donau weiter nach Norden und Westen befördert, während das Meiste nach Venedig ging und von dort aus weiter umgesetzt wurde. Don den vier großen Handelsflotten, welche die venetia- nische Republik alljährlich unter der Begleitung ihrer Handels- galeeren aussandte, ging die erste nach dem schwarzen Meere; die zweite steuerte nach Aegypten und nahm die aus dem rothen Meere kommenden Waren in Empfang. Diese Handelswege kamen außer Gebrauch durch die Entdeckungen der Portugiesen zur See und durch die Sperrung des Bosporus und Pontus durch die Osmanen. Erst die neueste Zeit gab sie dem Gebrauch zurück, und Triest hat in der Benutzung derselben eine große Thatkraft entfaltet und so dem adriatischen Meere seine frühere Bedeutung theilweise zurückerobert. Der Uebelstand, daß der Triester Hafen, an dem innersten Winkel eines so langgestreckten Golfes, wie das adriatische Meer ist, gewissermaßen eine Binnen- lage hat, wird in der Richtung nach Süden durch die Dampf- schifffahrt, in der Richtung nach Norden aber durch die Eisen- bahnen ausgeglichen. Nach Steinhard. 5. Die deutsche Industrie auf der ersten deutschen Industrieausstellung in München. Aus allen Enden deutscher Erde wallfahrtete man im Som- mer 1854 herbei nach der Stadt an der Isar, die nun neben ihren heiligen Domen und prachtvollen Kirchen, neben ihren wunderbar reichen Kunsttempeln, wie sie keine andere deutsche Stadt besitzt, auch ein der allerjüngften Göttin geweihtes Haus, so zu sagen über Nacht, erstehen sah, ein Haus, bestimmt, mit seinen hellen Kryftallwänden die Früchte deutschen Fleißes und deutscher Industrie zu umschließen. Es liegt etwas eigenthüm- liches in der Art und Weise, wie diese Glaspaläste (1851 der Londoner, 1854 der Münchener, 1855 der Pariser) entstehen, und überhaupt in dem ganzen Charakter unserer Zeit mit ihren rauch- und feuerspeienden Dampfrossen, die den geflügelten Pe- gasus selbst zu überholen streben, mit ihren aufsteigenden Luft- schiffen, die das Problem des Icarus lösen zu wollen scheinen,

5. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 278

1858 - Osnabrück : Rackhorst
278 (etwa 66 Millionen) übertroffen. Mit scherzhafter Anspielung darauf, daß es jetzt von einer Frau beherrscht wird, nennen es die Engländer »die größte Pantoffelherrschaft, von der man je gehört" (tlls largest petticoat-government ever known in hi- story). Mehr als der sechste Theil des ganzen Menschengeschlechts gehorcht dem brittischen Scepter. Was aber diesem Riesenkörper noch besondere Starke — wenigstens in Friedenszeiten — ver- leiht, ist der Umstand, daß seine Glieder über alle Zonen des Erdballs *) ausgestreckt sind, daß seine Bestandtheile die Pro- ducte aller Klimate Hervorbringen, oder doch hervorzubringen ver- mögen, daß sie vermittelst der besten und wohlfeilsten Hochstraße der Welt, durch das Meer, in Verbindung stehen, und daß sein Haupt in politischer Bildung, wie im Handel und den Manu- facturen, in der Schifffahrt und Seemacht, wie in Capital- kräften über alle europäischen Nationen weit hervorragt. Auch die englische Sprache hat eine räumliche Ausdeh- nung, größer, als je eine Sprache sie gehabt hat. Wenn das Französische noch immer die Sprache der Höfe, der Salons und der Diplomatie bleibt, so ist dagegen das Englische in vollem Zuge, ihr als die Sprache des praktischen Weltverkehrs den Rang abzulaufen. Und zu einem solchen Weltorgan eignet sich diese Sprache nicht bloß durch ihre räumliche Ausdehnung, sondern auch durch ihre innere Beschaffenheit. Hören wir über den letztern Punkt den großen deutschen Sprachforscher Jacob Grimm. »Keine unter allen neuern Sprachen," sagt er, »hat gerade durch das Aufgeben und Zerrütten aller Lautgesetze, durch den Wegfall beinahe sämmtlicher Flexionen eine größere Kraft und Stärke empfangen, als die englische, und von ihrer nicht einmal lehrbaren, nur lernbaren Fülle freier Mitteltöne ist eine wesentliche Gewalt des Ausdrucks abhängig geworden, wie sie vielleicht noch nie einer andern menschlichen Zunge zu Gebote stand. Ihre ganze überaus geistige, wunderbar geglückte Anlage und Durchbildung war hervorgegangen aus einer überraschenden Vermählung der beiden edelsten Sprachen des spätem Europa's, *) Auf Englands unbeschrankten Handel und ersolgreiche Colo- nisation paffen ganz die Worte, welche der rdmische Dichter Horaz den Waffen seines Vaterlandes widmete: Quicunque mundi terminus obstitit, Hunc tangat armis; visere gestiens Qua parte debacchentur ignes, Qua nebulae pluviique rores.

6. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 367

1858 - Osnabrück : Rackhorst
367 Wenn nun durch solche Muster und durch andere Einrich- tungen, namentlich die Akademie der Künste, in großartiger Weise für die Kunst gesorgt ist, so haben die Mediceer sowohl, wie ihre Nachfolger auch die Wissenschaft stets gefördert und begün- stigt. Als wissenschaftliche Anstalten sind in Florenz besonders zu nennen die berühmte Mediceische und mehrere andere Bibliothe- ken, das Museum der Naturwissenschaften, welches 40 Zimmer füllt, die Akademie della Crusca d. h. der Kleie, welcher Aus- druck auf die Sprachreinigung hinweist, indem diese Akademie sich große Verdienste um die italienische Sprache erworben und gleich der französischen Akademie ein mustergültiges Wörterbuch herausgegeben hat; endlich ist noch hervorzuheben die 1438 ge- stiftete Universität. Wenn gleich der Handel von Florenz durch den in Folge der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien ein- getretenen Umschwung im Welthandel einen bedeutenden Stoß erlitten hat, so ist doch die Industrie, namentlich in Strohge- flechten, Mosaik und Seidenstoffen, noch immer sehr erheblich und war auf der Pariser Ausstellung von 1855 würdig vertreten. Ueberhaupt hat Florenz, ungleich so manchen andern italienischen Städten, sich zu allen Zeiten eine gewisse Blüte zu wahren ge- wußt. Im Jahre 1855 zählte es 116,000 Bewohner, wovon aber in 9 Monaten 3000 an der Cholera starben. Von der Gesammtbevölkerung Toscana's (1,847,466 Seelen) starben im gleichen Zeitraum ungefähr 26,000 Personen an der astatischen Seuche. Die zweite Stadt des Landes ist die mit Florenz durch eine Eisenbahn verbundene lebhafte Seestadt Livorno mit 80,000 Einw.; die dritte Stadt war bisher Lucca, da sich aber dessen Bevölkerung in dem Zeitraum von 1850 bis 1855 nur um 7 Personen vermehrt hat, so nimmt es jetzt den 4. Rang ein mit 23,323 E. und Pisa mit 23,755 ist jetzt die dritte Stadt, Siena mit 22,000 die fünfte. H-rausq°der. Oben auf des Wunderturmes Spitze, Lehnend an der schwanken Balustrade, Starr' ich sinnend von dem luft'gen Sitze Auf des fernen Mittelmeers Gestade. Und in alte, längst geschwundene Zeiten Eilt mein Geist aus der Gedanken Flügeln, Wo dies Meer in seinen fernsten Weiten Sah sich Pisa'ö mächt'ge Flotten spiegeln.

7. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 26

1858 - Osnabrück : Rackhorst
26 mittelalterliche Italien liefern. So lange Amerika nicht entdeckt und der Wasserweg nach Ostindien nicht aufgefunden war, muß- ten dem durch seine geographische Stellung am meisten begün- stigten Lande des Mittelmeers materielle Blüte und geistige Cultur, politische Macht und Einfluß verbleiben. Trotz der Ueberflutung und Verheerung Italiens durch nordische Barbaren, trotz der Zertrümmerung des weströmischen Reiches blühet Thatkraft, Reichthum und Bildung mächtig in den einzelnen Republiken und Fürstenstaaten wieder aus. Erft mit der Entdeckung des westlichen Kontinents und des Wasserweges nach Hindostan ver- lor Italien seine glückliche Weltstellung und mußte seine Rolle an andere Nationen abgeben, deren Wohnsitze mit einer ähn- lichen Küstenentfaltung die günstigere Stellung am Ocean ver- banden. Spanien und England werden seit jener Epoche welter- obernde Länder. Politische Macht, Cultur, Reichthum und die Fähigkeit, Länder von der gewaltigsten Ausdehnung aus der Ferne zu beherrschen, sind bei England geblieben, dem rechten Arm und der geharnischten Faust der Amazonen - Jungfrau Europa, deren anderer Arm — Italien — wie gelähmt Schwert und Scepter wohl für immer entfallen ließ! Auch das von nun an so klein scheinende Mittelmeer mit seinem engen Küstenrahmen, auf welchem Italiens Macht und Reichthum beruhte, so lange die civilisierte Erde für die Wissen- schaft eine kleine und enge war, verlor seine Weltbedeutung, als die vergrößerte Länderkunde eine freiere, weiter reichende Bewe- gungskraft forderte, und strebende und wetteifernde Nationen auf eine Wellbühne rief, von deren Größe das alte Rom sich nichts geträumt hatte. Derjenigen von den europäischen Nationen, welche die größte Flugkraft entfaltete, mußte naturgemäß der größte Antheil an Macht und Reichthum zufallen, und wer nur einen Blick auf die Karte Europa's wirft, kann nicht leugnen, daß kein anderer Staat der östlichen Erdhälfte die Form und Stellung zur meerbeherrschenden Weltmacht in gleichem Grade erhalten hat, wie das rings von seinem bewegten Lebenselement um- wogte Inselreich Britannia. Warum haben die Slaven mit dem größten Gebietsantheil in Europa bis jetzt die kleinste Rolle in der europäischen Cultur- geschichte gespielt? Warum ruht auf ihnen der Fluch einer ver- gleichsweise trostlosen Unfruchtbarkeit der Erfindung in allen Ge- bieten des Wissens, wie in allen schönen und anmuthigen Kün-

8. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 2

1858 - Osnabrück : Rackhorst
2 nichts mehr; der Himmel, der wie eine große Halbkugel über ihr steht und sie bedeckt, ist gleichsam an sie angefügt. Dort geht am Tage die Sonne auf und unter, bald früher, bald später, bald mehr links, bald mehr rechts, und ihre Lage gegen uns bringt Tag und Nacht, Sommer und Winter. Bei Nacht erscheint der Mond und die Sterne, die nicht sehr hoch über unfern Häuptern zu stehen scheinen. Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte, aber die Astronomen wissen das ganz anders. Denn wenn jemand vom Hause weggeht und bis ans Ende der Erde reisen will, so kann er durchs Deutschland, Polen, Rußland, durch Asien, der Muhamedaner und Heiden Land, vom Land aufs Wasser und vom Wasser wieder aufs Land und immer weiter gehen. Endlich kommt er aber wieder an den Ort, von dem er ausgegangen ist, ohne das Ende der Erde gesehen zu haben. Er reist nämlich um die Erde, wie man mit der Kreide einen Strich um eine Kugel ziehen kann. Es sind schon mehr als zwanzig solcher Reisen um die Erde in verschiedenen Richtungen gemacht worden. Der englische Schisss- capitän Cook ist zweimal um die ganze Erde herum gereist und von der entgegengesetzten Seite her wieder nach Hause zu- rückgekehrt; das dritte Mal aber haben ihn die Wilden auf der Insel Owaihi getödtet. Daraus, so wie aus mehreren andern Anzeichen erkennen die Gelehrten Folgendes: Die Erde ist nicht nur eine ausge- breitete runde Fläche, sondern sie ist eine ungeheure große Kugel. Sie hängt und schwebt frei und ohne Unterstützung, wie die Sonne und der Mond, in dem unermeßlichen Raum des Welt- alls, und hat unten und oben die himmlischen Sterne. Weiter: die Erde ist ringsum, wo sie Land hat, und wo es weder zu heiß noch zu kalt ist, mit Pflanzen ohne Zahl bedeckt, und von Thieren und Menschen belebt. Man darf nicht glauben, daß auf diese Weise ein Theil der Geschöpfe mit dem Kopfe abwärts hänge und in Gefahr fei, von der Erde weg in die Luft zu fallen. Nein, überall werden die Körper durch ihre Schwere nach dem Mittelpunkte der Erde gezogen, und überall nennt man unten, was man unter den Füßen hat, und oben, was über dem Haupte ist. Niemand kann daher sagen, daß er unten sei. Aber wer zum ersten Mal hört, wie groß diese Kugel ist, wird nicht wenig erstaunt sein. Denn der Durchmesser der Erde, das heißt eine in gerader Richtung von einem Punkte der Ober- fläche durch den Mittelpunkt hindurch zum andern Punkte ge-

9. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 33

1858 - Osnabrück : Rackhorst
33 Landes Einfluß. In Gebirgsgegenden reiben sich die Menschen weniger an einander; da erheischt schon der Kamps mit der Na- tur ihre ganze Kraft; da sind sie, von Gefahren umgeben, mu- thiger und stolzer; da hat die Macht der Regierung, wie in dem Charakter, schon in den örtlichen Verhältnissen der Regierten, gewisse Schranken. Auf dem ebenen Lande kann wenigstens und muß oft die Regierung kräftiger einschreiten. — Endlich, eine nicht minder bedeutende Rolle spielt die Gestalt des festen Lan- des in der Geschichte des Handels, seines Ganges und seiner Wege, und in der Geschichte und den Wanderungen der Völker. So findet man in mehreren Gebirgsländern (z. B. auf dem Kaukasus, auf den Himalayabergen, auf beiden Seiten der Py- renäen) Ueberbleibsel von Völkern, deren Name auf dem ebenen Lande bereits längst verhallt ist. Denn ein Bergvolk hängt fester an seiner Heimat, als ein Volk, das das ebene Land bewohnt: sei es, daß jenes seine Sitten mehr dem Boden aneignen muß, oder daß es, abgeschieden von der Welt, weniger von der Welt angezogen wird, oder daß in einer Gebirgsgegend eine geheim- nißvollere Anziehungskraft liegt. Jedoch, so gewiß auch die Ge- stalt und Figur der Oberfläche des festen Landes einen mehr oder minder entscheidenden Einfluß auf die Menschen- und Staaten- wclt hat, gleichwohl würde man sich irren, wenn man der Natur den Zweck unterlegen wollte, daß sie durch die Gestaltung des festen Landes den Staaten bestimmte, „natürliche" Grenzen an- gewiesen, d. i. den verschiedenen Nationen und Völkern der Erde die Art angedeutet und vorgezeichnet habe, wie sie den Erdboden unter sich vertheilen sollten. Wenn auch die Natur die Wohnplätze der Menschen an einigen Orten der Erde durch Landmarken (durch Gebirgszüge oder Wüsten) geschieden und gesondert hat, so sind diese doch nirgends von der Art, daß sie dem Verkehr zu Lande unüber- steigliche Hindernisse in den Weg legten. Meist hat die Natur sogar besondere Veranstaltungen getroffen, um den Menschen das Ueberschreiten dieser Landmarken zu erleichtern. Die Gebirgszüge sind durch Absätze oder Flußbetten unterbrochen; in den Wüsten liegen fruchtbare Inseln, die Oasen; zur Beschiffung dieser Sand- meere schenkte die Natur den Menschen das Schiff der Wüste, das Kamel. Auch die Macht der Menschen über die Außenwelt vermag in einem gewissen Grade über die Schwierigkeiten zu gebieten, welche seine Landmarken dem Verkehre entgegensetzen; jedoch am wenigsten über die Unwirtbarkeit der Wüsten. So klein auch unsre Erde, verglichen mit andern Weltkörpern, ist, 3

10. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 86

1858 - Osnabrück : Rackhorst
Th eile der Erde haben daher nur solche organische Wesen sich entwickeln können, welche einer beträchtlichen Entziehung von Wärmestoff widerstehen, oder einer langen Unterbrechung der Le- bensfunctionen fähig sind. Je näher dagegen den Tropen, desto mehr nimmt Mannigfaltigkeit der Bildungen, Anmuth der Form und des Farbengemisches, ewige Jugend und Kraft des organi- schen Lebens zu. Diese Zunahme kann leicht von denen bezweifelt werden, welche nie unfern Welttheil verlassen oder das Studium der all- gemeinen Erdkunde vernachlässigt haben. Wenn man aus unfern dicklaubigen Eichenwäldern über die Alpen- oder Pyrenäenkette nach Wälschland oder Spanien hinabsteigt, wenn man gar seinen Blick auf die afrikanischen Küstenländer des Mittelmeeres richtet; so wird man leicht zu dem Fehlschlüsse verleitet, als sei Baum- losigkeit der Charakter Heister Klimate. Aber man vergißt, daß das südliche Europa eine andere Gestalt hatte, als pelasgische oder carthagische Pflanzvölker sich zuerst darin festsetzten; man vergißt, daß frühere Bildung des Menschengeschlechtes die Wal- dungen verdrängt, und daß der umschaffende Geist der Nationen der Erde allmählich den Schmuck raubt, der uns in dem Norden erfreut, und der mehr, als alle Geschichte, die Jugend unserer sittlichen Cultur anzeigt. Die große Katastrophe, durch welche das Mittelmeer sich gebildet, indem es, ein anschwellendes Binnen- wasser, die Schleusen der Dardanellen und die Säulen des Her- cules durchbrochen, diese Katastrophe scheint die angrenzenden Länder eines großen Theils ihrer Dammerde beraubt zu haben. Was bei griechischen Schriftstellern von den samotbracischen Sagen erwähnt wird, deutet die Neuheit dieser zerstörenden Naturverän- derungen an. Auch ist in allen Ländern, welche das Mittelmeer bespült, und welche die Kalkformation des Jura charakterisiert, ein großer Theil der Erdoberfläche nakter Fels. Das Malerische italienischer Gegenden beruht vorzüglich auf diesem lieblichen Contraste zwischen dem unbelebten öden Gestein und der üppi- gen Vegetation, welche inselförmig darin aufsproßt. Wo dieses Gestein, minder zerklüftet, die Wasser auf der Oberfläche zusam- menhält, wo diese mit Erde bedeckt ist, wie an den reizenden Ufern des Albaner Sees, da hat selbst Italien seine Eichenwälder, so schattig und grün, als der Bewohner des Nordens sie wünscht. Auch die Wüsten jenseits des Atlas und die unermeßlichen Ebenen oder Steppen von Südamerika sind als bloße Localer- scheinungen zu betrachten. Diese findet man in der Regenzeit wenigstens mit Gras und niedrigen, fast krautartigen Mimosen
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