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südlichsten und tief liegenden Gegenden sind Schnee und Eis den
Bewohnern fast unbekannt. Der Winter ist dort so, wie im mitt-
leren Europa der April und Mai; denn viele Pflanzen sind dort
grün, und ein großer Theil der Bäume verliert sein Laub nicht
ganz. Zugvögel, welche im Sommer im nördlichen und mittleren
Europa nisteten, kommen in großen Schaaren hierher, um den
Winter hier zuzubringen und die wärmere Jahreszeit zu erwarten,
bei deren Eintreten sic sich allmählig nordwärts begeben, um dort
den Sommer über zu bleiben und sich zu vermehren. Nur wenige
der im mittleren Europa nistenden Wandervögel verlassen Europa
ganz, das mittelländische Meer überfliegend und dem heißen Afrika
zueilend, z. B. mehrere Schwalbenarten, Störche und Kraniche.
Störche bleiben öfter den Winter im südlichsten Spanien, ebenso
die Nachtigallen; der Pirol aber zieht bis Indien. Großbritannien
und Irland, von Europa getrennt, vom Meere umgeben, haben
einen gemäßigten Winter, so daß in den niedrigen Strichen, selbst
im Winter, das Vieh im freien ausdaucrn und weiden kann.
Schnee fällt wenig und immer nur auf kurze Zeit.
Die Dauer des Winters ist in Europa um so länger,
je mehr die Länder nach Nordosten liegen, und um so kürzer, je
südlicher sie gelegen sind. Im äußersten Norden beginnt
der vollkommene Winter schon mit dem Anfange des
Oktobers, zu Umeo und Petersburg im Ende des Oktobers,
und dauert dort bis zu Ende, hier bis in die Mitte des Aprils.
Im nordöstlichen Rußland liegt der Schnee bis in die Mitte des
Maimonats. In Stockholm fängt der Winter erst in der Mitte
des Novembers an, und währt bis zum Ende des Märzes.
Das plötzliche Umwandeln der Natur im Frühlinge
kennen Europa's südlichste Länder nicht, indem ihnen grüne Bäume
und Fluren nicht fehlten, und sie die lange Winterruhc der schlum-
mernden Natur nicht vor Augen hatten. Je weiter nach Norden,
um so plötzlicher tritt der Frühling ein, und in den nördlichsten
Gegenden so schnell, daß man in einigen Tagen die beschneiten
Gegenden wie durch einen Zauberschlag mit frischem Grün und
Feldblumen bedeckt, das große Heer der Insekten sich entwickeln
und mehren, und die ausgewanderten Vögel schaarenweise wieder-
kehren sieht. Aber zwischen Blüthe- und Erntezeit ist nur
ein kurzer Zwischenraum. In den langen Sommertagen,
welche durch ihre Dauer drückend werdm und den Pfianzmwuchs
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Europa Europa Afrika Spanien Indien Irland Europa Europa Petersburg Stockholm Blüthe-
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beschleunigen, wird die Luft so erwärmt, daß sie in den kurzen
Nächten, wo es nie ganz dunkel wird, weit nicht so ab-
gekühlt wird, als int südlichen Europa, und es in Italien vor
Aufgang der Sonne einem kälter vorkommt, als im mittleren Ruß-
land, ja daß man hier behaglicher die Nacht im Freien zubringen
kann, als dort. Im östlichen Theile des mittleren Ruß-
lands, wo das trockene Sibirien nahe und das Meer ferne ist,
wird die trockene Hitze im Sommer so groß, als im
südlichsten Europa, und daselbst, so gut als in Süd-Eu-
ropa, um die Mittagszeit die Arbeit eingestellt und
geruht.
Umgekehrt, wie der Frühling im Norden später, als südwärts
eintritt, kommt der Herbst dort früher und schneller, und währt
kürzere Feit. Der sogenannte Nachsommer im mittleren Europa
erinnert noch an die verflossene warme Jahreszeit. Mit dem
Reifen der Früchte und dem Gelbwerden des Laubes
nimmt die Zahl der Infecten ab, und die Zugvögel, welche
von ihnen sich nährten, wandern dem Süden zu. Das Laub
fällt ab, kalte Stürme bewegen der blattlosen Bäume leere Zweige,
bis Schnee und Eis das Dasein des Winters anzeigen.
(K. Fr. B.
Ix. Der S t a n b b a eh.
Staubbach heißt nach Wyß mit seinem ursprünglichen Na-
men der Plctschbach, und zwar von der Albe Pietschen, auf wel-
cher er aus sieben nahe beisammenliegenden Quellen entspringt.
Er fließt zwei Stunden von hier abwärts in einem tiefen Felsen-
bett, durch einen Tannenwald, bis zu einer hervorragenden Felsen-
wand, welche nach unten etwas gewölbt zurückweicht und die Staub-
bach-Balm heißt. Hier bildet sich der erste oder obere Wasserfall,
welcher, obschon an sich gar nicht unbedeutend, dennoch von dem
Zweiten oder unteren Fall, der den eigentlich so genannten Staub-
fall ausmacht, und an fünfzig Schritte von jenem entfernt ist, weit
übertroffen wird.
Dieser Letztere wurde sonst für 1100 Fuß hoch gehalten; er ist
jedoch nach sorgfältigen Messungen mit Schnüren, welche Wyt-
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Europa Europa Plctschbach
31
im Thaunebcl bleiben, bald vorrückt, bald zurückweicht, wo wir
gehen und stehm. Ja die Wasscrtropfen hängen sich an die Klei-
der, und glühn einzeln wieder in unvergleichlicher Pracht; aber die
Nässe gestattet nicht, sich dieses Feengewandes lange zu freuen, und
ein fröstelndes Gefühl von Sterblichkeit treibt um so eher aus der
Tiefe wieder ans Ufer, da die Gefahr am Tage liegt, von irgend
einem zufällig herabgeschwemmten Steine plötzlich und selbst tödtcnd
verletzt zu werden.
In sicherer Entfernung dann lagern die Wanderer sich hin
und genießen sorglos, was ihnen bisher entgangen war. Mit
unermüdetem Staunen erhebt sich das Auge nach der hohen, im
Blau des Himmels scharfgezeichneten dunkelgrauen Kante, wo die
Najade zweitheilig ihr fliegendes Gewand in die Lüfte hängt. -—
Eine Hälfte des Baches, doch unmerkbar von der andern getrennt,
fällt beinahe senkrecht herab, und wiirde an der Felswand nicdcr-
gleitcn, wenn diese nicht von oben bis unter die Mitte sich leise
zurückzöge, und der Wassersäule freieres Fortschweben gestattete.
Mit der zweiten Hälfte ungefähr, etwas kühner vorspringend, zer-
splittert sich die Masse in jenm Gischt und Staub, der so duftig,
so ganz ätherisch niederwärts schwebt, und an den Bachsturz im
Salzburgischen erinnert, welchem das Landvolk den Namen des
Schleierfalls ertheilt. Die innere Partie des Staubbaches fällt
abwärts der Mitte ihres Weges, als wollte sie versuchen, sich
anzuhalten, auf eine schräg vorstehende Bank, und rieselt von da
in tausend blendenden Schaumstrahlcn vollends an dem dunkeln
Gestein nach dem Kessel hinab, während die äußere, durch Schnel-
ligkeit und Schwere die Luft unter sich pressend, in Millionen
Schaumbläschen immer mehr zerschillt, und weit herum einen ewi-
gen Thau zur Erde spritzt. Es ist unterhaltend, das Wasser von
seinem Ausströmen an der hohrn Felsrinne bis zu seinem Zerstie-
den mit dem Blicke zu verfolgen. Erst bricht es so wüthmd her-
vor, daß man erschrickt von dem furchtbaren Sturze, dm man er-
wartet; aber kaum hundert Schuhe gefallen, breitet sich's reichlich
aus, und die zusammmgedrängte Säule zergeht in einzelne schnee-
weiße Wölklein, die man nicht übel schon Wasserrakettcn benannt
hat, weil sie forteilend, gleich jenen stammenden, einen Schweif
zurücklassen, der eine halbe Secunde lang ihre Bahn bezeichnet,
bis sie völlig — ich möchte sagen in Wasscrfunken —, aus ein-
ander sprühend, sich zur Unsichtbarkeit verlieren.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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44
Daseins zurückzulassen. Unsere Hauswirthe erzählten, wie die er-
sten Ordensgeistlichen, die in diesem Berglande das kleine Dorf
Santa Maria gründeten, während eines Monats in der Höhle
wohnten, und wie hier, bei Fackelschein auf einem Felsstücke reli-
giöse Mysterien von ihnen gefeiert wurden. Der einsame Ort
diente den Missionaren zur Fluchtstätte gegen die Verfolgungen
eines an den Ufern des Rio Caripe gelagerten kriegerischen Anfüh-
rers der Tuapocans. <Al-,. ». Humboldt.)
Xi. Gin Tag unter dem Äguator.
Jnic glücklich bin ich hier, wie tief und innig kommt hier so
manches zu meinem Verständnisse, das mir vorher unerreichbar
stand! Die Heiligkeit dieses Ortes, wo alle Kräfte sich harmonisch
vereinen, zeitiget Gefühle und Gedanken. Ich meine besser zu ver-
stehen, was es heiße, Geschichtschreiber der Natur sein. Ich ver-
senke mich täglich in das große und unaussprechliche Stillleben
der Natur, und vermag ich auch nicht, es ganz zu erfassen, so er-
füllt mich doch die Ahnung seiner Herrlichkeit mit nie gefühlter
Wonne. Es ist drei Uhr Morgens; ich verlasse meine Hangmatte,
denn der Schlaf stiehl mich Aufgeregten; ich öffne die Läden, und
sehe hinaus in die dunkle, hehre Nacht. Feierlich flimmern die
Sterne, und der Strom glänzt im Widerscheine des untergehenden
Mondes zu mir herüber. Wie geheimnißvoll und stille ist alles
um mich her! Ich wandle mit der Blendlaterne hinaus in die
kühle Varanda und betrachte meine trauten Freunde: Bäume und
Gesträuche, die um die Wohnung her stehen. Manche schlafen
mit dicht zusammengelegten Blättern, andere aber, die Tagschläfer
sind, ragen ruhig ausgebreitet in die stille Nacht auf; wenige Blu-
men stehen geöffnet; nur ihr süß duftenden Paullinien-Hecken be-
grüßet mit feinstem Wohlgeruche den Wanderer, und du erhabene,
düsterschattende Manga, deren dichtbelaubte Krone mich gegen den
Nachtthau schützet. Gespensterhaft flattern große Nachtschmetter-
linge um die verführenden Lichter meiner Laterne. Immer stärker
durchnäßt der Thau die frisch aufathmenden Wiesen, und die Nacht-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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mx, welche man jedoch durch Fackeln und andere Erleuchtung zu
erhellen suchte. Man fand für gut, an den Strand zu gehen,
um zu sehen, ob das Meer die Fahrt gestatte, welches jedoch noch
aufgeregt und entgegen war. Hier, auf einen Teppich gestreckt,
forderte mein Oheim mehrmals kaltes Wasser und trank. Hier-
auf vertreiben Flammen und der ihnen vorangehende Schwefel-
qualm die Anderen, ihn nöthigen sie aufzustehn. Auf zwei Kna-
den gestützt, erhebt er sich, sinkt aber sogleich todt nieder, da ihm,
wie ich vermuthe, in dem dichten Dunst der Athem beklommen
ward, und sich ihm die Luftröhre, die von Natur schwach, be-
engt und öfter stöhnend war, schloß. Als cs wiederum Tag
ward — es war nach dem, den er Zuletzt gesehen hatte, der dritte
— fand man ihn unversehrt und unbeschädiget, vollständig ange-
kleidet, dem Aussehen nach mehr einem Schlummernden, als einem
Entschlafenen ähnlich. Ich und die Mutter befanden uns unter-
dessen zu Misenum. Allein dies gehört nicht zur Geschichte, und
Du wolltest nichts weiter, als nur das Nähere über seinen Tod
wissen. Ich schließe daher und füge nur hinzu, daß ich alles,
wobei ich zugegen war, und was ich in dem ersten Augenblicke,
wo man die Wahrheit noch am sichersten erfährt, hörte, getreu
mitgetheilt habe. Du wirst das Wichtigste davon für Dich aus-
ziehen. Denn ein Anderes ist es, eine Geschichte, ein Anderes einen
Brief, ein Anderes dem Freunde, ein Anderes für alle zu schrei-
den. Leb' wohl!
2.
Äu sagst mir, der Brief, den ich auf Dein Verlangen über
den Tod meines Oheims Dir schrieb, habe Dich neugierig gemacht,
zu erfahren, was ich, der ich zu Misenum zurückblieb, an Furcht
und an Unfällen erlitten.
»Obwohl schaudernd ich deß gedenke, doch will ich beginnen!«
Nach der Abreise des Oheims verwendete ich die übrige Zeit —
denn deshalb war ich zurückgeblieben — aufs Studireu; hierauf
Bad, Abendessm, unruhiger und kurzer Schlaf. Viele Tage nach
einander war eine Erderfchütterung vorausgegangen, von weitem
furchtbar, weil nicht allein die Castelle, sondern sämmtliche Städte
Campaniens nicht bloß erschüttert, sondern von Grund aus um-
gestürzt zu werden schienen. Meine Mtttter stürzte in mein
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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165
einer reinen, weißen Jacke aus einheimischer Wolle (en Wadmels-
kofte), rother, zierlicher Weste und einem runden Hut, der die
herabhängenden Haare bedeckte. Es war der dänische Oberst von
Fallmer, der mit Asbiorn Thorstein und Ingier die Berge
und die ausgedehnten ewigen Schneefelder besteigen wollte. Ingier,
mit der Gegend wohl bekannt, diente als Führer. Seit cinigm
Tagen hatten sie Bergen verlassen, und zwischen den vielen Felsen-
inseln rudernd, waren sie immer tiefer in den tief einschneidenden
Hardangersiord hincingerathen. Die wenigen Bequemlichkeiten, die
sie bei dm Fischbaucrn der äußern Inseln fanden, der Schmutz,
der Gestank, die kärgliche Nahrung fiel besonders dem dänischen
Officier beschwerlich, und sie hatten den Entschluß gefaßt, die in-
nern, kühnern Theile des Meerbusens zuerst zu besuchen. Theils
aus Furcht, allenthalben dieselbe Unreinlichkeil zu finden, die ihm
in den Rauchhütten der Fischbauern so unangenehm entgegen ge-
treten war, theils um die Reise zu beschleunigen, war der Oberst
mit seinen Begleitern, ohne irgendwo anzuhalten, in den Fiord
fortgesegelt, da ein günstiger Wind es erlaubte, und lächelnd füg-
ten sich die jungen Norweger dem Wunsche des Fremden. So hat-
ten sie sich mehr als 22 Meilm vom Meere entfernt — so weit
und noch weiter schneidet dieser Meerbusen zwischen hohen Felsen-
inseln und schroffen Ufern ins Festland hinein — als die Rich-
tung, die bis jetzt nordöstlich war, vollkommen östlich wurde. Es
war Nacht, die Wellen plätscherten an die felsigen Ufer, und die
fortdauernde Dämmerung ließ die felsigen Gestade deutlich erkennen.
Neugierig hatte der Oberst seinen kurzm Schlaf abgebrochen, und
seine Begleiter standen fröhlich an seiner Seite. Die Morgendäm-
merung fing nun an, die höchsten Spitzen der ewigen Schneefelder
zu röthen, aber lange dauerte es, ehe sie zwischen die hohen Fel-
sen ihre Strahlen werfm konnte. Jetzt aber änderte sich die Rich-
tung der Reise völlig. Die Fischer zogen die Segel ein und ru-
derten um eine breite Landzunge nach Süden in einen engerí» Fi-
ord — Sörfiord — hinein. Wie wenn die Riesenkuppe Schle-
siens auf ihrem festen Grund mit der nämlichen Höhe an die
Ufer der Ostsee versetzt würde und dort schroff in das Meer sich
' hineinstürzte, so zeigten sich auf beiden Seitm des Meerbuftns steile,
furchtbare, hohe, schroffe Felsenwände, und als sie tiefer hineinru-
derten, liebliche Thäler mit Fruchtgärten und Häusern und rau-
schende Bergsiüsse, die sich in den Fiord hineinwälzten.
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167
dem und blühenden bedeutenden Fruchtgärtm lieblich umgeben. Gc-
rade gegenüber am jenseitigen Ufer erblickte man eine Kirche und
die Predigerwohnung. Knechte und Mägde arbeiteten im Felde und
auf dem Hofe, und da man beschlossen hatte, von hier aus die
Berge zu besteigen, und in dem Hofe, der von einem Bauer be-
wohnt wurde, das Mittagsmahl einzunehmen, eilte der Oberst nach
der Küche, die er sich zeigen ließ. Er öffnete die Thüre und blickte
in einen großen, ziemlich finstern Raum hinein, von den glimmen-
den Kehlen auf dem Heerde spärlich erleuchtet.
»Ist die Frau hier?« rief er hinein, während feine Begleiter
noch mit dem Auspacken beschäftigt waren.
»Ich bin es,« rief eine Frau, die von dem Heerde ihm ent-
gegen kam und, in dm Schatten tretend, von ihm nur unvollkom-
men gesehen ward; »ich bin es, was wünschest du?«
O, liebe Frau!« antwortete der Oberst, »wir besteigen die
Berge, und werden um zwei Uhr wieder hier sein; willst du uns
wohl ein Mittagsmahl bereiten?«
»Gern, Vater,« antwortete die Frau, und machte eine tiefe
Reverenz, als sie den vornehmen Gast erkannte.
»Was du hast,« fuhr der Oberst fort, »ein wenig Schmutz
kann nicht schaden, wir sind schon daran gewöhnt.«
Er eilte fort, ohne eine Antwort zu erwarten.
»Ich habe Mittagessen bestellt,« rief der Oberst seinm Beglei-
tern entgegen.
»Habm sie die Frau selber gesprochm?« fragte Thorstein.
» Allerdings.«
»Wir werden uns hier vortrefflich erholen können.«
»Desto besser.«
Sie eilten weiter, dm Vormittag zu benutzen. Voll Erstau-
nen näherte der Oberst sich dm ungeheuern Felsenmassen, die sich
hinter dm Häusern erhoben. Eine einzelne Säule, von der Fel-
senmasse getrmnt, trat in das Thal hinein, und als er sich dicht
unter sie stellte und, die Augen erhebend, den blaum Himmel und
die siiegmden Wolken betrachtete, da war es ihm, als schwankte
die Masse hin und her und drohte auf ihn zu stürzen. Er ward
von einem seltsamen Schwindel ergriffm, und hatte sich kaum er-
holt, als ihm Thorstein zeigte, wie die schroffm Felsen da, wo
sie von der unermeßlichen Höhe über die See hervorragen, nach
allen Richtungen geborsten sind, daß ungeheuere Massm den Au-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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175
tes Vornehmthun, und endlich zerstöre ich das ganze fteundliche
Fest durch eine ungehörige Zumuthung. Bist du, alter, braver
Mann, mit dieser Erklärung zufrieden?«
»Ob ich es bin? Du bist der trefflichste Däne, den ich je-
mals traf, du bist mir jetzt doppelt, dreifach willkommon,« rief
der Alte, und schüttelte ihm die Hand.
Freudig kam die Wirthin heran. « Aber jetzt mußt du nun bei
uns bleiben, in unserm Hause wohnen, unser lieber Gast sein, diese
Nacht, länger, so lange du in dieser Gegend bleibst,« sagte sie,
und die triumphirende Freude glänzte aus ihrem freundlichen Auge.
»Za, ich bleibe bei euch, damit eure Güte mich ganz be-
schäme,« antwortete der Oberst.
»Eine Bouteille Wein!« rief der Alte-. »Nun, ihr Männer,
alle an den Tisch! Adolph, du hast deine Sache brav gemacht.«
(H. Steffen».)
Xxxiv. Italien und Deutschland.
^ieh, welch ein unendliches Bild voll Schönheit und Reiz brei-
tet sich hier, an der Schwelle Italiens, noch vor meinem Blicke
aus! Der Frühling mit seinen tausend Freuden, mit allen seinen
Blüthen und Blumen und Zubelchörm hält seinen Einzug. Der
Gesang der Lerchen und das Geschrei der Schwalben geleitet mich
bis zu jenen kahlen Bergen, wo ein anderes Land liegt; aber kein
italienisches. Die Natur webt ja so emsig an ihrem Feierkleide,
mit dem sie bald geputzt und heiter wie eine junge Braut dastehen
wird. Der Kirschbaum streckt seine weißen Blüthenarme aus,
und der Psirsichbaum seine rothen; hinter dem duftenden Schleh-
dorn flöten Nachtigall und Amsel ein Doppel-Concert, und gelbe
Schmetterlinge flattern über die Butterblumen der Wiese. Auf den
Feldern bindet der Landmann die Rebe an den grünen Maulbeer-
baum, und singt ein frohes Lied. Alle Hügel umher grünen und
blühen und sind in Weinlaub gekleidet. Die weißen Landhäuser
stehen hinter einem grünen Gitterwerk von blühenden Obstbäumen,
und die schlanke Cypresse und die nordische Tanne und der üppige
Feigenbaum und die deutsche Eiche stehen bunt unter einander.
Aber lebe wohl, du Land des Südens mit deinem heiterm,
tiefblaum Himmel, mit deinen reichen, fruchtbarm Ebenen, mit
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Extrahierte Personennamen: Adolph
Extrahierte Ortsnamen: Italien Deutschland Italiens
333
Der Bube sieht am Kessel,
Schaut in die Gluth hinein:
Das wogt und wallt und wirbelt,
Und will entfesselt sein,
Und zischt ihm in die Ohren,
Und zuckt ihm durch den Sinn,
Und zieht an allen Fingern
Ihn nach dem Hahne hin.
Er fühlt ihn in den Händen
Er hat ihn umgedreht;
Da wird ihm angst und bange;
Er weiß nicht was er thät;
Und läuft hinaus zum Meister,
Die Schuld ihm zu gestehn.
Will seine Knie umfassen,
Und ihn um Gnade flehn.
Doch wie der nur vernommen
Des Knaben erstes Wort,
Da reißt die kluge Rechte
Der jähe Zorn ihm fort.
Er stößt sein scharfes Messer
Dem Buben in die Brust;
Dann stürzt er nach dem Kessel,
Sein selber nicht bewußt.
Vielleicht, daß er noch retten,
Den Strom noch hemmen kann.
Doch sieh! der Guß ist fertig,
Es fehlt kein Tropfen dran.
Da eilt er abzuräumen,
Und sieht, und will's nicht sehn,
Ganz ohne Fleck und Makel
Die Glocke vor sich stehn.
Der Knabe liegt am Boden,
Er schaut sein Werk nicht mehr;
Ach Meister, wilder Meister,
Du stießest gar zu sehr!
Er stellt sich dem Gerichte,
Er klagt sich selber an.
Es thut dem Richter wehe,
Wohl um den wackern Mann.
Doch kann ihn keiner retten,
Und Blut will wieder Blut.
Er hört sein Todesurtheil
Mit ungebeugtem Muth.
Und als der Tag gekommen,
Daß man ihn führt hinaus,
Da wird ihm angeboten
Der letzte Gnadenschmauß.
»Ich dank' euch«, spricht der
Meister,
»Ihr Herren, lieb und werth;
»Doch eine andre Gnade,
»Mein Her; von euch begehrt:
»Laßt mich nur einmal hören
»Der neuen Glocke Klang!
»Ich hab' sie ja bereitet;
»Möcht' wissen, ob's gelang.«
Die Bitte ward gewähret;
Sie schien den Herr'n gering;
Die Glocke ward geläutet,
Als er zum Tode ging.
Der Meister hört sie klingen,
So voll, so hell, so rein!
Die Augen gehn ihm über;
Es muß vor Freude sein.
Und feine Blicke leuchten,
Als wären sie verklärt;
Er hatt' in ihrem Klange
Wohl mehr als Klang gehört.
Hat auch geneigt den Nacken
Zum Streich voll Zuversicht,
Und was der Tod versprochen,
Das bricht das Leben nicht.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
344
Wie den Träumenden wi'rd's
dann mir fein!
Mit Jesu gehn wir ein
Zu seinen Freuden!
Der müden Pilger Leiden
Sind dann nicht mehr!
rvink't .
Ach, ins Allerheiligste führt
mich
Mein Mittler dann; lebt' ich
Im Heiligthume
Zu seines Namens Ruhme!
Halleluja!
' : (Klopstock.)
Xiii. Beim Gewitter.
Noch glühet von des Tages Hitze
Stein, Furche, Saat und Gras und
Staub;
Noch regt sich in des Baumeß Spitze
Auch nicht ein Lüftchen durch das
Laub:
Mit schwerem Athem schleichen alle,
Und Feuer wallet durch das Blut;
Und fernher zittern Donnerhalle
Noch tief und dumpf in schwüler
Gluth.
; .
Mit jedem Pulsschlag wird cs
bänger,
Und schwärzer jeden Augenblick;
Desdonners Stimme tönet länger,
Und stärker kehret sie zurück.
Der heiße, matte Pflüger sehnet -
Sich nach Erquickung mit der Flur,
Und harret, an den Pflug geleh-
net,
Des großen Schauspiels der Na-
tur. l
Nun zaget vor * dem Gott der
Götter
Der Frevler bleiches Angesicht;
Iehovah redet in dem Wetter,
Und Berge beben, wenn er spricht.
Wie Nacht kommt es herangezogen,
Und Blitze leuchten vor ihm her,
Und Wogen drängen sich an Wo-
gen,
Als wie in einem Feuermeer.
Der Sturm geht heulend durch
die Wälder,
Und Bäume bersten unter ihm;
Die Klüfte zittern, und die Felder
Sind finster in dem Ungestüm:
Als würde die Natur begraben,
Glüht Blitz auf Blitz, fällt Schlag
auf Schlag,
Und groß und furchtbar und er-
haben
Wird's plötzlich Nacht und plötzlich
Tag.
Der ganze Himmel schwimmt in
Flammen,
Und rauschend stürzt der Regenguß
In eine Wasserfluth zusammen;
Von jedem Berge strömt ein Fluß.
Die Wolken spalten sich im Blitze,
Mit Schrecken fährt der Feuer-
strahl,
Und krachend stürzt der Eichen
Spitze
Zerschmettert tief herab ins Thal.
Noch braust der Wald, noch gießt
der Regen
Die neue Wohlthat ans das Land,
Und alles triefet von dem Segen,
Den Gottes Odem hergesandt.
Das Wetter zieht erleichtert weiter,
Auch unsre Nachbarn zu erfreun;
Und alles ist erquickt und heiter,
Und scheint wie neubelebt zu sein.
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