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1. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 15

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iv. Christentum und Kirche im römischen Reiche. 15 Vor allem mußte es auch dadurch zersetzend wirken, daß seine Anhänger jede Teilnahme am Dienste der Staatsgötter und besonders an der Kaiserverehrung abwiesen. Auch ihr bildloser Gottesdienst erregte Anstoß, so daß man sie bald des Atheismus beschuldigte. Zumal seitdem sie nicht mehr für eine bloße Sekte des Judentums, sondern als eine eigene Religionsgemeinschaft galten, zogen sie sich den Äaß des Volkes und die Verfolgungen durch die römische Regierung zu. Besonders ihre Erwartung, daß das Ende der Welt und damit auch der Untergang des römischen Reiches unmittelbar bevorstehe, verletzte den Pattiotismus der Römer; galt doch Rom als die „ewige Stadt". Da sich die Christen ferner an öffentlichen Schauspielen nicht beteiligten und sich dem Staatsdienste entzogen, denn bei beiden wären sie zur Teilnahme am Götzendienst genötigt gewesen, so warf man ihnen allgemeinen Menschenhaß vor. Daher fand die Beschuldigung Neros, sie hätten den Brand Roms angestiftet, und das Wüten gegen sie den Beifall der Volksmenge. So kam es im Jahre 64 zu einer blutigen Verfolgung in der Hauptstadt, die sich aber nicht weiter ausbreitete. Doch blieb ihre Lage fortan unsicher. Trat ein öffentliches Anglück, eine große Feuersbrunst, Mißernte, Hungersnot ein, so suchte man die Ursache stets gern in dem Zorne der Götter über ihre Gottlosigkeit. Dann ertönte vor dem römischen Statthalter der Ruf: „die Christen vor die Löwen!" und es wurde in stürmischer Weise ein obrigkeitliches Einschreiten gegen sie gefordert. Aber im allgemeinen wurden die Statthalter zu möglichster Nachsicht angewiesen. Da die Christen ruhige Untertanen und gewissenhafte Steuerzahler waren, sollten sie nicht aufgespürt und auch nicht auf anonyme Anzeigen hin verfolgt werden. Wurde jedoch ein Angeklagter der Zugehörigkeit zu ihrer Sekte überführt, so mußte er entweder vor der Kaiserbüste opfern, also von seinem Glauben abfallen, oder wegen Majestätsbeleidigung schwere Sttasen oder gar den Tod auf sich nehmen. Besonders die angesehenen und höherstehenden Gemeindeglieder, zumal die Bischöfe, waren ständiger Gefahr ausgesetzt. Doch vermochte die fortwährende Gefahr die Ausbreitung des Christentums nicht zu hindern, ja sie war ihr geradezu förderlich. Ein alter Kirchenvater konnte mit Recht sagen: Das Blut der Märtyrer ist unsere Aussaat." So mancher, der die Christen jedes Geschlechts, Alters und Standes mutig für ihren Glauben sterben sah, wurde gerade durch diese Betätigung altererbter Römertugend gewonnen, die sonst in der matten Friedenszeit so selten hervortrat. So war um 250 die Christenheit eine starke und unter

2. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 2

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
2 I. Augustus und die Monarchie. zuhalten war. Der grelle Gegensatz zwischen Großwirtschaft und Proletariat blieb in Rom wie in den Provinzen unausgeglichen. Trotzdem aber spürten gerade die letzteren den Lauch einer neuen Zeit. Die Länder, die unter gewissenlosen Ausbeutern furchtbar gelitten hatten, dursten sich der wohlwollenden Fürsorge der kaiserlichen Regierung erfreuen, die sie durch strenge Rechtsordnung vor Druck jeder Art schützte. Das republikanische Rom hatte von ihnen gezehrt, das Kaisertum förderte sie. Wasserleitungen, Abzugskanäle, Straßen, Theater und andere Anlagen in allen Teilen des Reiches sind Zeugnisse kaiserlicher Fürsorge. Im Sinne seines Großoheims hat Augustus die Provinzialverwaltung organisiert. Er setzte für die Provinzialbeamten bestimmte Gehälter fest und ließ die Staatseinkünfte durch seine Behörden einziehen. Damit war der Ausbeutung ein für allemal vorgebeugt. Zn seinem politischen Auftreten vermied Augustus jede Übertreibung. Er war zwar oberster Machthaber, der in allen Dingen das letzte Wort sprach, als „Imperator" eine stehende Äeeres-macht befehligte und die auswärtige Politik selbständig leitete. Als „Princeps" (Fürst) reinigte und ergänzte er den Senat, indem er gegen 400 Senatoren ausstieß und aus den fügsamsten einen Staatsrat bildete, dessen „Beratungen" er mit ausschlaggebender Stimme leitete. Als oberster Richter entschied er über Berufungen gegen Erkenntnisse der Provinzialgerichte und gestattete, daß sich Verurteilte an seine Gnade wandten. Die Tempel, in denen seine Bilder standen, galten als Zufluchtsorte, die dem Richter verschlossen blieben. Auch die Würde des Oberpriesters lag in des Kaisers Land. Allein Augustus vermied es, von der monarchischen Gewalt allzu sichtbar Gebrauch zu machen. Deshalb ließ er die republikanischen Ämter zum Scheine bestehen, selbst das Konsulat. Als „Konsul auf Lebenszeit" wählte sich der Kaiser jährlich einen „Kollegen". Dem Senate räumte er, belehrt durch Cäsars Geschick, eine Art Mitregierung ein und begegnete ihm stets mit größter Achtung. Von den Provinzen hatte er nur eine bestimmte Anzahl „kaiserlicher" Provinzen seiner eigenen Verwaltung vorbehalten, die Leitung der schon lange unterworfenen „senatorischen" Provinzen, in denen keine stehenden Leere nötig waren, überließ er dem Senate, als wäre dieser noch die oberste Staatsgewalt. Dem Volke zeigte er sich am liebsten als „Mitbürger". Prunklos war seine Lebensweise und schlicht seine Kleidung, statt des Purpurgewandes trug er die Bürgertoga. Sein einfaches Laus auf dem Palatin (Palatium, Palais, Palast, Pfalz) unterschied sich kaum von denen vornehmer Bürger. Soweit ging seine kluge Zurückhaltung, daß er die Anrede „Herrscher" gesetzlich verbot

3. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 20

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
20 I. Germanische Art und Sitte. Eine Anzahl unter sich verwandter Familien bildete die Sippe (Sippschaft, Freundschaft), und die Verwandten nannten sich „Ge-sippte" oder „Freunde". Nach der männlichen Seite hin hießen sie „Schwertmagen", nach der weiblichen „Spindelmagen". Sippe bedeutet Friedensvertrag; aus diesem Begriff ergab sich für die Glieder die Psiicht gegenseitiger Liebe und Äilse. Gesippte mußten einander bis zum Tode gegenseitig die Ehre wahren; sie gewährten sich Rechtsschutz und Eideshilfe (Sippschaftsfriede, Sippfchaftstreue). Kein Band galt dem Germanen heiliger als das Sippfchaftsband gemeinsamen Blutes. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit deuten schon die alliterierenden Namen innerhalb der Sippfchaft an (Gibich, Günther, Gernot, Giselher; Sigmund, Siglind, Sigfried; Leinbrand, Lildebrand, Äadubrand). Friedensbruch innerhalb der Sippe war das schlimmste Verbrechen. Bruderfehde, so hieß es, werde einst dem Weltbrande vorhergehen. Der Friedensbrecher wurde für vogelfrei erklärt; seine Wohnstätte wurde zerstört, niemand durfte ihn beherbergen; wem er in den Weg kam, der hatte Recht und Pflicht, ihn zu töten. In Fällen schwerer Schädigung durch Verletzung oder Totschlag trat die gesamte Sippe rächend für den Genossen ein. Totschlag vergalt man gewöhnlich mit Blut, doch begnügte man sich schon frühzeitig mit einem „Wergeld", d. H. Manngeld, der gesetzlich bestimmten Buße für den getöteten Mann. Auch das Leer schntt nach Sippen geordnet in die Schlacht. Es stand im Kampfe Freund neben Freund, der Vater neben seinem Sohne; das zusammenhaltende Band war nicht die Disziplin, sondern die persönliche Treupflicht. Die Gesippten wohnten gemeinsam auf einer Lichtung, die die Väter einst gerodet und zur Ackerflur hergerichtet hatten. Wurde das Pflugland im Frühling an die Haushaltungen verteilt, so blieben Wald und Weide, Bäche und Seen gemeinsamer Besitz, die Almende. Dieser Gemeinbesitz bildete die Mark, d. H. Flurgrenze und Flur, und so waren die Gesippten zugleich „Markgenossen", die den Ertrag der Mark mit einander „genossen". Mit der Leitung der Gemeinde betraut war der Schultheiß, der Strafe „heischende"; gemeinsam mit den Markgenossen verhandelte er unter der Dorf linde, am Marksteine oder wohl auch beim schäumenden Met über Störungen des Friedens, über Beutezüge und ähnliche Unternehmungen. Mehrere Markgenossenschaften zusammen bildeten den wau-v er band, der im Gegensatze zu den natürlichen Blutsverbänden eine politische Einrichtung darstellte. Die Männer von fünf bis zehn Gemeinden traten zur Zeit des Neu- oder des Vollmondes zum Gauding, zur Gerichtssitzung zusammen; die

4. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 21

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
I. Germanische Art und Sitte. 21 Entfernung vom Versammlungsorte, dem „Malberge", durfte für keine Sippe mehr als eine Tagereise betragen. Wenn die Schar sich zahlreich genug vorkam, ließ man sich unter freiem Limmel zur Beratung nieder. Priester geboten Schweigen, und der Häuptling übernahm den Vorsitz. Doch „leitete er die Versammlung mehr durch Güte und Überredung, als durch Gesetz und Recht". Meistens handelte es sich um Vergehen gegen die Gesamtheit, etwa Fahnenflucht, Verrat, Schändung heiliger Stätten. Der Kläger trat in die Mitte und beschwor die Klage nach ungeschriebenen, altgeheiligten Formeln unter Anrufung der Götter. Die gesippten Eideshelfer unterstützten den Kläger wie den Beklagten, und es kam für diesen darauf an, den Kläger zu „übersiebenen". Im Zweifelsfalle entschied das Gottesurteil: Zweikampf, Bahrprobe, Feuer- und Wasserprobe. Äart waren die Strafen, die man sogleich vollzog. Versenkung, Ertränkung oder Aufknüpfung. Diese galt als höchste Schande. Kleinere Vergehen wurden mit Vieh gebüßt. Freiheitsstrafen waren unbekannt. Jährlich traten die Genossen mehrerer Gaue auch zu Stammesversammlungen zusammen. Allein nicht einmal die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stamme war rechtlich geregelt. So kam es, daß sich ein Gau bald diesem, bald jenem Verbände anschloß. Auch bei der Stammestagung führte der Angesehenste den Vorsitz. Die Tagung nahm die wehrfähigen Jünglinge unter feierlicher Schwertumgürtung in den „Äe er dann" auf, wählte die Gauhäuptlinge, beschloß über Kriegszüge und wählte den Tapfersten zum „L erzog". Denn die germanische Gerichtsgemeinde war zugleich £eer = gemeinde, das Volk in Waffen. „Kein Geschäft verhandeln sie anders als in Waffen." Aber nur freie Männer hatten das Recht, Waffen zu tragen und in den Versammlungen zu erscheinen; ihrer Pflichten ehrendste war die Verteidigung des Vaterlandes. Bis zur Mündigkeitserklärung wuchs zwar der freigeborene Knabe gemeinschaftlich mit den Kindern der Unfreien auf. Schon die Wirtschaftsweise brachte das mit sich; die Knechte wurden als „Ingesinde" mit zur Familie gerechnet. „Das Kind des £erm kann man nicht vom Knechtssohne unterscheiden, zwischen denselben werden wachsen sie auf," berichtet Tacitus. Allein seit dem Tage der Schwertleite hoben sich Freigeborene und Knechte schon äußerlich durch die Laartracht voneinander ab: die Knechte wurden geschoren. Der Freie hatte auch Anspruch auf ein Flurlos und war niemandem weder zu persönlichen noch zu dinglichen Leistungen verpflichtet; der Unfreie konnte nur Pächter sein; und auch wenn ihm sein Serr die Freiheit schenkte, stand er nicht viel über dem „Schalk" (Knecht). Auch er blieb ausgeschlossen von dem Rechte, Waffen zu tragen und im

5. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 26

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
26 Ii. Germanen und Römer. Der Wanderzug der Kimbern und Teutonen durchflutete die sumpf- und moorreichen germanischen Arwälder und stieß in den Ostalpen auf römisches Reichsgebiet. Die Bitte um Weideplätze fand bei den römischen Beamten kein Gehör, denn sie hofften, mit den schlecht bewaffneten Laufen schnell fertig zu werden. Da erlag ein konsularisches Leer ihrem Ungestüm. Während jedoch Rom in dem „Kimb rischen Schrecken" zitterte, zogen die Sieger, anstatt ins römische Reich einzudringen, quer durch Süddeutschland, setzten über den Rhein und stiegen in das fruchtbare Rhonetal hinab. Lier vernichteten sie während eines Jahrzehntes mehrere Leere, die zum Schutze der transalpinischen Provinz herbeieilten. Nun ging es nach Spanien; doch zur festen Niederlassung kam es auch hier nicht/ Vielmehr wandte sich der Laufe wieder über die Pyrenäen zurück, um durch die Alpenpässe in die Poebene vorzudringen. Aber vor dem Einfalle trennte er sich. Dem kriegskundigen Konsul Marius gelang es, bei Aquä Sextiä 102 die Teutonen und bei Bercellä 101 die Kimbern zu vernichten. Die Menschenlawine, vor der Rom gebebt hatte, ruhte unter der Scholle oder diente im Sklavenjoch. An heldenmütiger Tapferkeit germanischer Männer und Frauen hatte es freilich nicht gefehlt. Aber sie konnte Roms Sieg nicht hindern: hier straffe militärische Ordnung und planvolle Taktik, dort wildes Anstürmen regelloser Laufen; hier kriegserfahrene Führer, deren strenges Kommando keine Widersetzlichkeit duldete, dort nur das anfeuernde Borbild der Führer, denen jegliche Strafgewalt abging, denn nur den Priestern stand das Strafrecht zu; hier erprobte Schutz-und Trutzwaffen: Panzer, Lelme, Arm- und Beinschienen, feste Fußbekleidung, dort dagegen Sippenhaufen, die nur mit eisengespitzten Lolz-spießen, Keulen oder Schwertern bewaffnet waren und barfuß, barhäuptig und vielfach nackt kämpften. Nur Edelinge waren besser bewaffnet. Das gleiche Schicksal bereitete fünfzig Jahre später Cäsar den germanischen Stämmen, die unter Ariovists Führung im heutigen Elsaß über den Rhein gezogen waren, um sich in Gallien anzusiedeln. Selbstbewußt zwar trat Ariovist, der erste Germane, den wir aus Cäsars „Gallischem Krieg" persönlich kennen, dem römischen Statthalter entgegen, als dieser ihn zu einer Unterredung einlud. „Wenn Cäsar," so geschichtlichen Funden kennen, aus seinen Wohnungen und Gräbern; in manchen Alpenseen sind Reste alter Pfahlbauten entdeckt worden, aus denen die Arbewohner gegen wilde Tiere geschützt waren, und in Urnen und Lünengräbern fanden sich zahlreiche steinerne Geräte und Waffen aus einer Zeit, der das Metall noch unbekannt war, der Steinzeit. Einer etwas späteren Periode gehören Werkzeuge und Schmuckfachen aus Bronze an. Erst in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt wurde die Verarbeitung des Eisens auch nördlich der Alpen allgemeiner.

6. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 27

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Ii. Germanen und Römer. 27 erwiderte er, „etwas von mir wünscht, so mag er sich zu mir bemühen. Gelüstet's ihn aber, mit mir anzubinden, so mag er's versuchen. Er wird es erfahren, was die unbesiegbaren Germanen, die vierzehn Jahre lang unter kein Dach getreten sind, im Kampfe vermögen!" Doch auch diesmal siegte römische Kriegskunst über germanische Naturkraft. Aber auch römischer Hinterlist erlagen mehrfach germanische 5)dufen; so zwei Stämme, die mit der Bitte um Weideplätze kamen und ausdrücklich mit Cäsar in Frieden zu leben wünschten. Als ihre Führer zu Verhandlungen in sein Lager kamen, ließ er sie heimtückisch festhalten und die führerlosen Laufen überfallen. Viele Taufende ertranken auf der Flucht mit Weib und Kind im Rheine. So scheiterte der Versuch der Germanen, nach Gallien vorzudringen, und der Rhein blieb vorläufig die Grenze der „Vormauer Roms". Um die Nheinlinie zu sichern, griff Augustus die Germanen in ihrem eigenen Lande an und suchte die rechtsrheinischen Gebiete dem Weltreiche anzugliedern. Diese Aufgabe übertrug er seinen Stiefsöhnen. Tiberius drang durch die Alpen nach Süd-germanien bis zur Donau vor, während Drusus vom Mittelrheine her in das Innere Deutschlands bis zur Weser und Elbe vorging. Das stark befestigte Standlager Aliso bildete dabei den wohl-bewehrten und mit Vorräten reich ausgestatteten Stützpunkt; feste Äeerstraßen führten vom Rhein aus durch Dickicht und Moore zu der Feste; am Rheine selbst stand eine Reihe von „Kastellen". Noch heute zeugen die Drusus brücke bei Bingen und der Drusus-kanal zwischen Rhein und Vffel von der Tätigkeit des Römers, dem ein tödlicher Sturz vom Pferde ein jähes Ende bereitete. Tiberius führte jedoch das Eroberungswerk seines Bruders zu Ende, und um Christi Geburt konnte der Imperator daran denken, die volle römische Provinzialverwaltung in den Gebieten zwischen Rhein und Weser einzuführen. Eine starke Partei, zu der besonders zahlreiche Edelinge gehörten, die der Glanz der höheren Kultur blendete, nahm die Fremdlinge freundlich auf. Einzelne traten in römische Kriegsdienste, erwarben römische Würden und nannten sich mit römischem Namen. So konnte Varus in raschem Eifer die Umwandlung der freien Germanen in römische Untertanen in Angriff nehmen. Aber der aus Syrien kommende Statthalter verrechnete sich. Das römische Steuer-und Rechtswesen beleidigte den germanischen Freiheitsstolz, besonders das Strasrecht, das vom Statthalter willkürlich ausgeübt wurde und mit Ruten und Beil arbeitete. Galt doch den Germanen schon die Züchtigung als dauernde Entehrung, und Bluturteile vollends konnte nur die Gesamtheit der Gaugenoffen verhängen. Während so das Feuer der Rache glühte, erstand in Armin (sein deutscher Name

7. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 66

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
66 Ii!. Der Inveftiturstreit. in seinen besten und kräftigsten Vertretern. In Deutschland freilich hatte sein Auftreten verwüstend gewirkt. Das sittliche Band der persönlichen Treue, das allein den schwachen Lehnsverband zu- sammenhielt, wurde durch die wiederholte Lösung der Eidespflicht gegenüber dem gebannten König aufs bedenklichste gelockert. Der fortgehende Kirchenstreit ließ Deutschland auch in den nächsten Jahrzehnten nicht zur Ruhe kommen. Wenn auch Heinrichs Stellung nicht mehr ernstlich erschüttert wurde, so gelang es doch den Nachfolgern Gregors, ihm immer wieder neue Gegner zu erwecken und die Wiederherstellung der alten Königsmacht zu verhindern. Heinrich mußte es sogar erleben, daß sich sein eigener Sohn und späterer Nachfolger von den Gegnern gewinnen ließ und an der Spitze einer vom Papst aufgereizten Fürstenverschwörung die Waffen gegen den Vater erhob. Unbesiegt starb Heinrich Iv. 1106. Kirchlicher Fanatismus verfolgte noch seine Leiche, die zunächst in Utrecht in ungeweihter Erde liegen mußte. Erst nach mehreren Jahren fand sie eine Ruhestätte im Kaiserdom zu Speier. Die kirchliche Geschichtsschreibung des Mittelalters hörte nicht auf, Heinrich neben die schlimmsten Christenverfolger Nero und Julian zu stellen. Sie erhob auch gegen ihn den Vorwurf, „daß niedriges Volk bei ihm mehr gelte als vornehme Leute". Und es ist Tatsache, daß an seinem Hofe Männer aus dem Stande der Ministerialen zu größerem Einfluß gelangten, als es früher möglich gewesen war. Schwebte ihm vielleicht ein Bündnis der Krone mit den kleinen Gewalten gegen die Übermacht der Großen vor? Unsere Quellen gestatten kein sicheres Urteil, doch würde das die Erbitterung zum Teil erklären, die in den Kreisen der weltlichen Fürsten gegen Heinrich bestand. Obwohl Äeinrich V. bei feiner Erhebung gegen den Vater vom Papst unterstützt worden war, dachte er doch nicht daran, den Einfluß auf die Besetzung der Bistümer aufzugeben. Und diesmal hatte er die Fürsten auf feiner Seite. So konnte er mit einem starken Leer in Italien erscheinen. In den Verhandlungen, die mit dem Papst über die Investiturfrage gepflogen wurden, tauchte sogar einmal der Vorschlag auf, die Kirche solle auf die Reichslehn verzichten, alsdann wolle der König die Bischofswahl freigeben. Also eine Art Trennung zwischen Kirche und Staat! Aber die deutschen Bischöfe wollten von ihrer Stellung als Reichsfürsten nicht lassen, und so scheiterte dieser Einigungsversuch. Trotzdem gelang es Heinrich, durch Gefangennahme des Papstes die Kaiserkrönung zu erzwingen. Die Beendigung des Investiturstreits erfolgte durch das Wormser Konkordat 1122. Die Bischöfe wurden fortan durch das Dom-

8. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 107

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iv. Der Verfall d. mittelalterl. .Hierarchie u. d. Reformbestrebungen usw. 107 Papste untertan zu sein. Aber es fehlte Bonifaz völlig an der Macht, diese Ansprüche zu verwirklichen. Die Androhung des Bannes blieb erfolglos Philipp gegenüber, durch dessen Regierung „der scharfe Luftzug der modernen Zeit weht" (Ranke). Auch auf die französische Bevölkerung machte das Vorgehen des Papstes gegen den König keinen Eindruck. Französische Ritter nahmen unter Führung des königlichen Kanzlers Bonifaz in Anagni gefangen; von den Bürgern der Stadt befreit, starb er kurze Zeit darauf, ohne die erlittene Anbill vergolten zu haben. Philipp gelang es nunmehr, die Wahl eines französischen Erzbischofs zum Papste durchzusetzen, der unter dem Einflüsse des Königs dauernd in Frankreich blieb- Von 1309—1378 war Avignon der Sitz der Kurie, die jetzt im Dienste der französischen Politik stand. Den im Süden des Reiches begüterten Templern wurde z. B. auf Befehl Philipps der Prozeß wegen Ketzerei gemacht, und die weiten Besitzungen des Ordens verfielen der Krone. Durch die Übersiedelung nach Frankreich gingen den Päpsten die Einkünfte aus dem Kirchenstaate größtenteils verloren. Sie suchten nun Ersatz dafür durch eine weitgehende Besteuerung des Klerus und auch der Laien. So flössen neben dem Peterspfennig bei jeder Gnadenbewilligung hohe Gebühren in die päpstliche Kasse. Die scharfe und bis ins einzelne gehende kirchliche Gesetzgebung in Ehe-und Fastenangelegenheiten machte häufige Befreiungen auf dem Wege der päpstlichen Gnade („Dispense") nötig, deren Erlangung von der Zahlung außerordentlich hoher Sporteln abhing. Dazu kamen die vielfachen Ablässe und seit 1300 besonders der Iubelablaß, um neben zahlreichen Geschenken der Gläubigen die Kassen in Avignon zu füllen. Vor allem wurden aber die Klöster und die Weltgeistlichkeit zu hohen Zahlungen verpflichtet. Bischöfe und Äbte mußten für ihre Be-Bestätigung, Erzbischöfe für die Verleihung des „Palliums"1 hohe Summen zahlen; von einer neuverliehenen Pfründe mußten die „Annaten", der Betrag einer Iahreseinnahme, abgeliefert werden. Falls der Inhaber eines geistlichen Amtes innerhalb bestimmter Monate oder auf der Romreise starb, beanspruchte der Äeilige Stuhl das Recht der Wiederbesetzung, unbekümmert um die Rechte der sonst Wahlberechtigten („reservierte Fälle"). Auch bei solchen Gelegenheiten kam die päpstliche Kasse nicht zu kurz. Es wurden sogar Anwartschaften auf Pfründen in allen Ländern Europas verliehen, 1 Das Pallium, das Abzeichen der erzbischöflichen Würde, war ein Streifen von wollenem Tuch, der über die Schultern gehängt wurde. Seine Verleihung bedeutete die päpstliche Anerkennung.

9. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 126

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
126 I. Die Renaissance. suchten mit seiner Lilfe nun allerlei feudale Widerstände zu brechen, und an die Stelle des rechtskundigen Schöffen trat der ihn verdrängende humanistisch gebildete, des römischen Rechts kundige „Jurist", dessen schriftliches, formelhaftes, geheimes Verfahren den von jeher an öffentliche Verhandlung gewöhnten Bürgern und Bauern unverständlich und verhaßt war, wie wir aus Götz von Berlichingens Selbstbiographie ersehen. Nur in einigen Gegenden Norddeutschlands, z. B. in Westfalen, blieben die alten Volks- (Fem-) Gerichte noch längere Zeit bestehen. Auch erhielten sich nach der 1495 erfolgten Reform im Reichs- wie Territorialrechte noch allerlei Überreste altheimischer Sitte; z. B. durfte am Reichskammergericht nur die Äälfte der Richter aus Juristen bestehen; und die Kirche verfuhr nach ihrem kanonischen Recht, wie auch die evangelischen Territorialkirchen sich ihre eigenen Grundsätze schufen. Dagegen atmete das Strafrecht, die berüchtigte »Carolina« von 1532, ausschließlich römischen Geist und blieb trotz der barbarischen Folterjustiz Jahrhunderte hindurch in gemeindeutscher Geltung, bis der Äumanitätszug der Aufklärung einem milderen Verfahren den Weg bereitete. Bezeichnenderweise kennt das humanistische Zukunftsbild, die „Utopie" des englischen Staatsmanns Thomas Morus, keine Juristen, und Satiriker wie Sebastian Brandt, Erasmus u. a. stellen sie unmittelbar mit Raubrittern auf eine Stufe. Leistete doch das römische Recht den auf die Beseitigung ständischer und städtisch-republikanischer Freiheiten gerichteten Bestrebungen gewaltigen Vorschub. Dieser rücksichtslose Asurpationsgeist trat der Zeit am abschreckendsten in der illegitimen Gewaltherrschaft Cäsar Borgias entgegen, dessen Grundsätze der „Fürst" Macchiavellis mit zeitgemäßer Skrupellosigkeit darlegt; der neu erwachte Äumanitätsgeist Friedrichs 11. von Preußen widerlegte sie dann im „Anti-Macchivell". Diese Politik erschien manchem deutschen Territorialherrn im Kampf um die Abrundung und Vergrößerung feiner ^ausmacht vorbildlich, und Florenz wurde nicht bloß zum bewunderten Äeimatlande einer großzügigen äußeren Politik, sondern zur Schule einer realistischen Staatstheorie überhaupt. Bis auf den heutigen Tag bezeichnet man eine Politik, die die Motive ihres ausschließlich nach Macht und Vorteil geizenden Äandelns einzig und allein aus der „Staatsraison" schöpft, als „Macchia-vellismus". Nun war es vorbei mit Augustins Idee vom „Gottesstaat", in dem die irdische Macht als ein Teil der allumfassenden göttlichen Ordnung erscheint, und die an staatsrechtlichen Vorschlägen so reiche Konzilienzeit — man denke an die »concordantia catholica« des Brixener Kardinals Nicolaus von Cues — lernte unter dem Einfluß der Antike die Staatsordnung als ein selbständiges Gebilde

10. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 180

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
180 Vi. Der Dreißigjährige Krieg. und Brandenburg suchten sich 1635 den Kriegsgreueln zu entziehen durch einen Sonderfrieden mit dem Kaiser, der auf die Durchführung des Nestitutionsediktes verzichtete; aber sie vermochten ihre Neutralität nach keiner Seite hin zu schützen. Jetzt griff auch Frankreich mit eigenen Truppen am Rhein in den Krieg ein. Damit trat der konfessionelle Charakter des großen Ringens ganz in den Hintergrund. Es handelte sich nicht mehr um die Erhaltung des Protestantismus; die Fragen der politischen Macht nahmen die erste Stelle ein. Deutschland wurde das Schlachtfeld, auf dem fast alle europäischen Staaten ihre Sonderinterefsen verfochten. 4. Der Westfälische Frieden. Jahrelang hatten die Gesandten der beteiligten Staaten in Münster und Osnabrück verhandelt, bis endlich „das edle Fried- und Freudenwort" erschallen konnte. Da keine der Parteien das entscheidende Übergewicht erlangt hatte, kam es auf allen Gebieten zu Kompromissen. Von katholisch-kaiserlicher Seite verzichtete man auf die Durchführung der Gegenreformation und gab die Forderungen des Nestitutionsedikts preis. Die Protestanten beider Richtungen erhielten die reichsrechtliche Gleichstellung mit den Anhängern der alten Kirche, und ihre Fürsten konnten die säkularisierten Gebiete in ihrem Besitz behalten. Äber den Einspruch des Papstes gegen diese Abmachungen ging man einfach zur Tagesordnung über. Schwieriger waren die Verhandlungen über die Neuregelung der politischen Verhältnisse. Den vertriebenen Fürsten wurde ihr Besitz zurückgegeben, dem Pfalzgrafen auch die Kurwürde. Für Bayern wurde eine neue Kur, die achte, geschaffen. Auch die auswärtigen Mächte wollten für ihr Eingreifen entschädigt sein. 3n französischen Besitz kamen die bisher österreichische Landgrafschaft im Elsaß und eine Reihe anderer Reichsrechte in diesen Gebieten, die an sich noch keine Landesherrschaft bedeuteten, sich aber bei der Macht des französischen Königtums leicht dazu ausbauen ließen. Schweden erhielt die Bistümer Bremen und Verben sowie [Vorpommern mit den Oderinseln. Auf dieses Land hatte zwar der Kurfürst von Branbenburg einen Erb-anspruch, ba die pommerfchen Äerzöge 1637 ausgestorben waren. Man billigte ihm aber nur Sinterpommern zu und entfchäbigte ihn für den an Schweden fallenben Teil der Erbschaft in Mittelbeutfch--Icmb durch die Stifter Äalberstabt und Minben und die Anwartschaft auf Magbeburg. Auch anbere Reichsfürsten erhielten als Ersatz für verlorenen Besitz geistliches Gebiet.
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