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1. Geographie für die unteren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 127

1867 - Schleswig : Schulbuchh. Heiberg
Asien. 127 regiert, heißt „der Sohn des Himmels". Die Be- amten (Mandarinen) haben große Vorrechte und üben eine tyrannische Macht und Willkührherrschaft über das Volk aus. Es herrscht übrigens große Entsittlichung und die Masse des Volkes befindet sich im Zustande tiefsten Elends, das durch schreck- liche Bürgerkriege noch erhöht wird. — Die Schrift- sprache der Chinesen ist eine eigenthümliche. Für jedes Wort haben sie ein besonderes Zeichen und die Schriftsprache ist daher sehr schwierig zu erlernen. o) Die Chinesen sind nicht nur eins der ältesten, sondern auch der merkwürdigsten Culturvölker der Erde. Sie sind fleißig, klug, gewerbthätig, erfind- sam, unternehmende Handelsleute, dabei aber listig, heuchlerisch, auf ihre eingebildeten Vorzüge kindisch stolz, gegen Fremde hochmüthig und mißtrauisch. Viele Erfindungen, z. B. die des Schießpulvers, haben sie früher als die Europäer gekannt, sie verachten aber jeden Fortschritt und stehen daher genau auf derselben Stufe der Bildung, auf welcher sie vor Jahrtausenden standen, auch ist es ihnen gar nicht erlaubt, von dem Herkommen und der alten Sitte abzuweichen. — Früher wurde die strengste Ab- schließung gegen alle Fremde (Barbaren) beobachtet und dadurch der Handelsverkehr erschwert; Europäer durften damals nur nach dem Hafen von Canton kommen. Doch wird China jetzt seit dem letzten Kriege mit den Franzosen und Engländern, zum Theil durch Zwang, dem Handelsverkehr mit Europa mehr erschlossen. Von großer Bedeutung ist außer dem Ackerbau die Industrie. Die Fabrication von Poreellan, von Seiden- und Baumwollenwaaren (Nan- king), von Elfenbein- und Schildpattarbeiten, von lackirten Maaren, von feinem, festen Papier und vielen andern Dingen ist zur größten Vollkom- menheit gelangt. Von besonderer Bedeutung ist der a

2. Geographie für die unteren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 44

1867 - Schleswig : Schulbuchh. Heiberg
44 Europa. Düffeldorf, hübsche Stadt am Rhein, hat leb- haften Handel, Industrie und Dampfschifffahrt. 45.000 E. Wrset, Festung am Rhein. 19,000 E. Crefeld, schöne und sehr gewerbfleißiqe Stadt. 55.000 E. Kolingen, Fabriken für Eisen- und Stahlwaaren. 12.000 E. Elberfeld, an dem kleinen Flusse Wupper, eine der wichtigsten Fabrikstädte Preußens (Bänder, Zwirn, Seiden- und Vaumwollenwaaren sind die Haupt- erzeugnisse der Industrie Elberfelds). 63,000 E. Barmen, an der Wupper, hängt fast mit Elber- feld zusammen und erzeugt im Ganzen dieselben Fabrikate. 60,000 E. Cöln, Fabrik- und Handelsstadt am linken Ufer des Rheins (unter den Haupterzeugnissen der Industrie nennen wir das bekannte Lau de Cologne). An der Vollendung der (1248 begonnenen) großen und prächtigen Domkirche wird jetzt wieder rüstig gearbeitet. 124,000 E. Schon 37 v. Ehr. errichteten die Römer hier ein Stand- lager, woraus sich später eine Stadt bildete, die zu Ehren der Gemahlin des Kaisers Claudius Colonia Agrippina genannt wurde. Im Mittelalter hatte C. wahrscheinlich über 300.000 E. und war ein mächtiges Mitglied der Hansa. Bonn am Rhein. Universität. 23,000 E. Coblenz, starke Festung am Einfluß der Mosel in den Rhein. Die am rechten Ufer des Rheins gegenüber liegende Festung Ehrenbreitstein bildet gleichsam einen Theil der Befestigungen Coblenz's. 30.000 E. Trier, alte Stadt an der Mosel mit vielen Ueber- resten (Bädern, einem Amphitheater u. M.) aus der Römerherrschast. Alter Dom mit vielen Reliquien (darunter der berühmte ungenähte heilige Rock). 22.000 E.

3. Geographie für die unteren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 69

1867 - Schleswig : Schulbuchh. Heiberg
Europa. 69 Zu Frankreich gehört die italienische Insel Corsica im mittelländischen Meere. Sie ist gebirgig und waldreich. Der Boden ist im Ganzen fruchtbar, aber sehr schlecht benutzt; die Bewohner (200,000) sind sehr roh; sie leben von der Viehzucht und der Fischerei. Hier ist die Stadt Äjacrio (Ajadschio), wo Napoleon Bonaparte geboren wurde. Außerhalb Europa's besitzt Frankreich: In Astru: Einige Distrikte in Vorderindien und einen Theil von Cochinchina. In Afrika: Algerien (siehe Afrika); einige Distrikte in Senegambien, in Guinea und in Abessinien; verschiedene Inseln. In Amerika: Einige Inseln in Westindien; einen Theil von Guyana. In Australien: Viele Inseln. Im Ganzen c. 12,000 ^>M. mit gegen 3 Mill. E. Das Königreich Belgien. 1. Belgien gränzt gegen N. und O. an die Niederlande und Deutschland, gegen S. an Frank- reich, gegen W. an die Nordsee. Flächeninhalt 540 cm 2. Das Land bildet einen Theil der mittel- europäischen Tiefebene, nur im Südosten sind Zweige der Ardennen, auf welchen die Schelde entspringt. Die Niederungen sind von vielen Flußarmen und zahlreichen künstlichen Wasseradern netzförmig durch- schnitten. — Den östlichen Theil durchströmt die Maas. 3. Die Einwohnerzahl beträgt 5 Mill. Das Volk spricht verschiedene Dialekte (flämisch, wallonisch), aber die gewöhnliche Schriftsprache und die Sprache der Gebildeten ist die französische. Die meisten Ein- wohner sind Katholiken. Die Staatsverfasiung ist beschränkt monarchisch. Der Boden ist sehr frucht- bar, von Kornarten hat man besonders Weizen. Wegen der starken Bevölkerung ist das ganze Land gartenmäßig angebaut. Außerdem hat das Land

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 445

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
445 Gebirgsland überschaut, so erscheinet beides doch wie aus einem Gusse entstanden und ein für die Ewigkeit gebautes Denkmal der Grosze und Allmacht des Schöpfers zu sein! Gar bald bemerken wir aber an den herabgerollten Felsen, an den Schutthalden, welche längs der Seiten des Berges herablaufen, dasz auch sie dem Gesetze des Werdens und Ver- gehens unterworfen sind. Wir kurzlebenden Menschen können freilich mit leiblichen Augen nur einen kleinen Kreis dieser immer fortgehen- den Veränderungen überschauen. Wir haben aber das Vermögen, unseren Gesichtskreis dermaszen zu erweitern, dasz an unserem Geiste vorüberzieht, was vorjahrtausenden in Natur und Menschenleben vor sich gegangen ist. Unser geistiges Auge reicht unendlich weit über die sichtbare Welt hinaus und umfaszt Vergangenheit und Zukunft, wodurch der Mensch seine höhere übersinnliche Natur bekundet. Man hat die Schichten, aus welchen unsere Erde besteht, den Blättern eines groszen Buches verglichen. Auf jedem Blatte ist die Geschichte einer anderen Vorwelt durch ihre eigenen Ueberbleibsel niedergeschrieben, und die Blätter liegen genau in derselben Reihenfolge, wie die Zeiten nach einander kamen. Aber um diese Blätter zu verstehen, musz man die Sprache erlernen, in der sie geschrieben sind, und dazu ist ein groszer Aufwand von Gelehrsamkeit erforderlich. Der Dr. Seherzer, der eine Reise um die Welt gemacht, erzählt, dasz er auf der Insel St. Paul in einer Hütte eine ganze Bibliothek, von einem gestrandeten Schiffe stammend, gefunden habe, aber kein Mensch auf der Insel konnte in diesen Büchern lesen und hatte eine Ahnung davon, welch’ reichen Schatz zur Belehrung und Unterhaltung jene vereinsamte Hütte barg. So lagen auch die Erdschichten vor allen Menschen aufgeschlagen, aber niemand konnte sie lesen, die deutschen Gelehrten Abraham Gottlob Werner und Leopold von Buch und der grosze Franzose George Cu vier und nach ihnen hundert andere haben die geheime Schrift er- gründet und uns Nachricht von den Wundern aller Vorzeiten gegeben, welche diese Erdkugel bereits gesehen hat. 140, Die Steinkohle. Wenn im Herbste die Blätter von den Bäumen fallen und die kleinen Pflanzen in Feld und Wald absterben, so verwesen sie, und es bleibt nur wenig Staub von ihnen, der den schwarz färbenden Theil der oberflächlichen Erde in Garten, Feld, Wiese und Wald ausmacht. Fallen einzelne Blätter in's Waffer, so begräbt sie unten der Schlamm, und man findet sie nach Jahren, nach Jahrzehnten, nach Jahrhunderten noch wieder im Thon, Thonstein, Schiefer oder Sandstein, welchen der Schlamm gebildet hat. Die Umrisse, die Rippenzeichnung des Blattes, ja die Hauptmasse ist dann erhalten und nur schwarz gefärbt. Die Erhaltung verdanken sie dem Um- stande, daß der Zutritt der Luft, mit ihrem verzehrenden Sauerstoff, abge- halten wurde. Was den Blättern geschieht, geschieht auch den ganzen Baumstämmen, welche vor der Besiedelung Deutschlands im tiefen Bette der Elbe versenkt wurden, wie noch gegenwärtig im Mississippistrom Nord- amerika s. Wo nun aber gar Psianzen im See oder Sumpfe wachsen und alle ihre Ueberreste unter Wasser fallen lassen, da bleibt, so zu sagen, die Ernte eines jeden Jahres unter Wasser aufbewahrt und häuft sich zu

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 490

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
490 alle katholischen Gebrauche in unserem Lande verschwanden. Noch bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts war die lateinische Sprache beim Altar- dienste in Gebrauch; ja in Flensburg wurde erst im Jahre 1725 diese Unsitte abgestellt und in einzelnen Theilen Holsteins gar erst 1746. 4. Vio Bedeutung der Nclornration für unser Land, insbesondere für Schleswig. So war es denn wieder eine religiöse Bewegung, die wie im Anfang unser Land an Deutschland knüpfte. Von da an hat es schlimme Tage kommen gesehen und mit seinen Glaubensgenossen ertragen. Mit Gut und Blut haben die Bewohner dieser Lande ihren Glauben vertheidigen müssen und ihr gesegnetes Land in langem Kriege verwüstet gesehen. Aber sie haben auch theilgenommen in vollem Maße an den Segnungen der neuen gereinigten Lehre, ja in noch höherem Grade, als andere deutsche Länder. Ueberall in den Städten, in den Flecken und Kirchdörfern, bald auch in den einzelnen Dörfern, entstanden Schulen zum Unterrichte des Volkes, und es waren deutsche Männer, die in den Kirchen den Erwachsenen predig- ten, und Deutsche, die die Jugend in den Schulen unterrichteten. Und doch war die Bevölkerung in vielen Gegenden des Landes der hochdeutschen Sprache nicht kundig. Die niederdeutsche oder plattdeutsche Mundart war damals fast die alleinige Volkssprache, in ihr wurden die Verhandlungen des Landtages geführt und die Gesetze erlassen; neben derselben wurde in den friesischen Gegenden nur friesisch, in Angeln eine dem Dänischen sich nähernde und in Nordschleswig nur eine dänische Mundart gesprochen. Durch Luther's Bibelübersetzung wurde die oberdeutsche Mundart in Deutsch- land zur vorherrschenden Schriftsprache, breitete sich schnell aus' und ward bald auch in unseren Gegenden bekannter. Schon Christian Iii. war für die Verbreitung der hochdeutschen Sprache thätig und fing an sich ihrer den Ständen gegenüber zu bedienen. So führte die Reformation weiter, was in den vergangenen Jahr- hunderten erst begonnen war, und sie ward Träger der deutschen Sprache und Sitte im Herzogthum Schleswig. Selbst als die eigentliche Bewegung derselben schon vorüber war, ward das vordringende Deutschthum nicht gehemmt, denn andere günstige Umstände traten hinzu. Die Theologie, die erste und fast einzige Wissenschaft jener Zeiten, wurde vorzugsweise an den Universitäten Deutschlands gepflegt. Wer sich eine höhere Bildung erwerben wollte, ging südwärts nach Leipzig, Wittenberg, Jena und Rostock. Alle kehrten später heim durchdrungen von deutschem Wesen, und mit ihnen zog die hochdeutsche Sprache gen Norden. Sie ward die Sprache der Religion und der damit verbundenen höheren Bildung auch in unserem Lande. Südwärts nach dem großen deutschen Vaterlande waren von da aller Blicke gerichtet. Wohl haben die deutschen Kaiser am Ufer der Elbe, der Eider, der Königsau um die Nordmarken gerungen und ihnen das Christenthum gebracht, wohl haben die Schauenburger Grasen die Selbständigkeit der

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 43

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
43 ein Herz, geht zum Meister in's Haus und sagt: „Meister, ich kann ohne Gottes Wort nicht länger bestehen, und wenn ich mich den Sonntag in der Werkstatt abarbeite, bin ich die Woche nur ein halber Mensch; darum seid so gut und gebt mir den Sonntag meine Freiheit." Der Meister sagt: „Nein, das geht nicht an; denn du hast die Aufsicht in der Werkstatt, und außerdem, wenn einer fortginge, könnten sie alle fortgehen, und dann stände das Geschäft still." — „Aber ohne Gottes Wort verkomm' ich", sagte der Gesell, „und cs geht einmal nicht mehr. Ihr wißt, faul bin ich nicht, und euren Schaden will ich auch nicht; aber was nicht geht, das geht nicht. Und wofür bin ich ein Christ, wenn ich keinen Sonntag habe?" Dem Meister kam das wunderlich vor, und er hatte schon ein Wort von Narrenpossen und dergleichen auf der Zunge. Wie er aber dem ehr- lichen Gesellen in's Gesicht sah, besann er sich und sagte: „Nun meinet- halben geh' in die Kirche, so viel du willst. Aber eins beding' ich mir aus: wenn viel zu thun ist, mußt du auch am Sonntage auf dem Platze fein." — Wer war froher, als unser Gesell! Am nächsten Sonntag zieht er seinen blauen Rock au, nimmt das Gesangbuch unter den Arm und geht in die Kirche. Solch' einen schönen Tag hat er lange nicht gehabt; ihn hat die Predigt und der Gesang ganz aufgeweckt, und unser Grobschmidt war so munter wie ein Vogel. Nun vergeht die Woche; und wie der Sonntag kommt, sagt der Meister: „Gesell, es ist viel zu thun; heute mußt du in der Werkstatt sein." — „Gut", sagt der Gesell, „wenn's nicht anders sein kann." — Den nächsten Sonntag sagt der Meister wiederum: „Es ist viel zu thun", und so auch den dritten. Als^ aber nach dem dritten Sonntag der Gesell den Wochenlohn bekam, fünfthaler und fünfundzwanzig Silbergroschen, wie es ihm zukam, da spricht er: „Das ist zu viel!" und schiebt die fünfundzwanzig Silber- groschen zurück. „Warum?" sagt der Meister, „es ist für die sieben Tage." — Aber der Gesell spricht: „Nein, ich hab's mir bedacht, und für den Sonntag nehme ich kein Geld mehr; denn der Sonntag ist nicht zum Geldverdienen, und wenn ich am Sonntag arbeite, so geschieht's euch zu Liebe, und Geld will ich nicht." Da sah der Meister den Gesellen groß an; und seit dem Tage war die Schmiede jeden Sonntag verschlossen, und kein Hammer, noch Blasebalg mehr zu hören. Merke: Man soll unserm Herrgott nicht sein drittes Gebot stehlen; und wer in die Kirche will, der findet den Weg schon. 82. Der Kirchthurm. 1. Kirchthurm, was stehst du nur immer so da und zeigest so ernsthaft nach oben? Immer und immer, so oft ich dich sah, haft du auch den Finger erhoben. 2. Lieb'kindlein, ich stehe als Wegweiser hier und zeige den Menschen hienieden die sicherste Straße, o glaube es mir, die einstens sie führet zum Frieden.

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 219

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
219 der Pabst Leo am Weihnachtsabend eine herrliche Krone auf's Haupt und begrüßte ihn als ersten römisch-deutschen Kaiser. Sein Reich aber hieß fortan das h e i l i g e römische Reich deutscher Nation: der Pabst sollte darin das geistliche, der Kaiser das weltliche Oberhaupt sein; nach und nach sollte es alle Völker der Erde in einem Glauben friedlich umfassen. Doch über diesen gewaltigen Plänen versäumte Karl nicht, sein Volk auch zu bilden. Neben der Kirche sollten Schulen dazu mitwirken. An seinem Hofe versammelte er die gelehrtesten und weisesten Männer seiner Zeit, darunter den Angelsachsen Ale uin. Mit diesen unterhielt er sich, wenn er von seinen Feldzügen ausruhte, über gelehrte Dinge, und uner- müdlich war er, sich zu unterrichten und seine mangelhafte Jugendbildung zu vermehren. Außer dem Deutschen sprach er das Lateinische recht gut; das Lesen aber ward ihm schwer. Rechnen lernte er erst im höheren Man- nesalter ; auch das Schreiben versuchte er und gab sich große Mühe dabei, aber die Finger, die das Schwert zu führen gewohnt waren, fügten sich nicht mehr dem Zwange, Buchstaben zu malen. Desto eifriger war er darauf bedacht, im Volke und besonders unter der Geistlichkeit die nöthigsten Kenntnisse zu verbreiten ; er gründete viele Klosterschulen, und die Knaben- schule an seinem Hofe stand unter seiner eigenen Aufsicht, er ließ sich die Arbeiten der Schüler vorlegen und belohnte den Fleiß und strafte die Faulheit. Auch beim Chorgesang in seiner Kapelle spähte er scharf nach Priestern und Sängern, er wußte genau, was jeder vermochte, und ward sehr ungnädig, wenn ein Fehler vorfiel. Für Ackerbau, Gewerbe und Handel that er, im Verhältniß seiner Zeit, sehr viel. Er ließ den Kalender verbessern und ertheilte die genauesten Vorschriften für alle Stände. So wenig die Deutschen damals zum Handel geneigt waren, so machte doch Karl einen Anfang. Er munterte die Kauf- leute auf und gab ihnen bedeutende Vorrechte. Die Juden, die nach der Zerstörung von Jerusalem durch die Römer als Sklaven fortgeschleppt und in alle Länder zerstreut worden waren, beschäftigten sich, seit sie mit den Römern unter die Herrschaft der Deutschen gekommen waren, ausschließlich mit dem Handel. Karl achtete ihren Eifer und ihr Geschick für diesen Er- werbszweig und gab ihnen trotz der Vorurtheile der Christen so viele Rechte, als die Menschlichkeit gebot und der Vortheil des Staats verlangte. Straßen wurden angelegt, durch strenge Gesetze die Reisen der Kaufleute gesichert. Mit den slavischen Handelsstätten an der Ostsee, mit den Griechen ward Verbindung angeknüpft. Jene lieferten Sklaven und Pelze, diese Edel- steine, Zeuge, Früchte. Im Innern des Reichs wurden neue Marktplätze errichtet und fremde Handelsleute dabei zugelassen, so zu Bardewvk, Magde- burg, Erfurt, Forchheim, Regensburg, Lorch. Für Ackerbau und Handwerke war Karl ebenso besorgt, als er sich darauf verstand. Seine Pfalzen oder kaiserlichen Aufenthaltsörter, vor- züglich Aachen, Heristal, Nimwegen, Andernach, Ingelheim, Worms, Pader- born, Salzburg rc., wo er Gärten, Accker, Weinberge, Wiesen und Wälder

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 242

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
242 ging die Vollendung der gothischen Baukunst hervor. Jede größerestadt wollte ihren Dom haben. Da schien die schwere Masse leicht und frei emporzusteigen; da wuchsen die Pfeiler wie Bäume hervor und schlossen sich oben in spitzen Bögen ab, über dem Dache aber wurden sie durch spitze, in die Wolken ragende Thürme fortgesetzt; die Fenster waren von ungeheurer Größe, aber das hereinfallende Licht ward gemildert durch kunstreiche Glas- gemälde ; die Erhabenheit des Ganzen endlich barg sich in die reichsten und lieblichsten Verzierungen der Steinhauerarbeit, sodaß die Masse sich aus unermeßlich vielen, gleichsam lebendigen Steingewächsen aufzubauen schien. Es waren riesige Werke, berechnet aufdie frommen Beiträge vieler nach einan- der folgenden Geschlechter ; der Baumeister, welcher den Plan entworfen hatte, sah wohl nie die Vollendung, ja, mit solcher Uneigennützigkeit übergab er die Fortsetzung des Werkes seinen Nachfolgern, daß wir nur in wenigen Fällen den Namen des ersten Urhebers kennen. Das größte dieser Wunder- werke der Kunst ist der Dom von Köln, an welchem noch heute fortgebaut wird. Ihm zunächst kommt der Straßburger Münster, an welchem vier Jahrhunderte lang gearbeitet worden ist. Dabei ärgerte es den deutschen Bürger nicht, wenn zwischen Dom und Rathhaus sich vielleicht eine Wasserpfütze mit schwimmenden Enten befand und daneben die alte Linde, die noch an eine Zeit erinnerte, wo die Stadt nicht war und wo die Walbvöglein in ihren Zweigen sangen. 14. Die Hansa. Die norddeutschen Städte, soweit die nieder-oder plattdeutsche Sprache reichte, hatten schon früh ihre Kraft aus den Seehandel gerichtet und da- durch sich unermeßliche Reichthümer erworben. Wie sich aber alles im Mittelalter zu Genossenschaften zusammenschloß, so gingen auch sie, nicht wie die rheinischen Städte zur augenblicklichen Vertheidigung gegen über- müthige Raubritter, sondern zur dauernden Verfolgung ihrer Handelsvor- theile einen Bund ein, der nach damaligem Sprachgebrauch Hansa, d. h. Innung, genannt ward. Die ersten Mitglieder waren Hamburg, Lübeck und Bremen, aber dieser Hansabund erweiterte sich im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert so, daß er zuweilen über 70 Städte umfaßte, mit seinen Flotten die nordischen Meere beherrschte, ganze Länder eroberte, mächtige Könige beugte. Doch war die Verbindung der Städte nur locker, oft getheilt, oft eingeschlafen, und nur selten trat ihre ganze furchtbare Kraft zum Verderben ihrer Feinde hervor, wenn sie sich einmal entschlossen, einig zu handeln. Dieser Bund konnte des ganzen deutschen Nordens Herr wer- den, wenn er wollte; allein es wurde nicht einmal der Versuch dazu gemacht. Die Bürger fühlten sich nur als Kaufleute, die zufrieden waren, wenn man ihnen in der Fremde nur ihren umhegten Platz ließ, auf dem sie nach hei- matlicher Sitte und heimischem Recht ihren Handel betrieben. Die Größe und Macht der Hansa beruhte, obwohl ihre Schiffe auch bis in die innersten Buchten des Mittelmeeres gingen, zumeist aufdem Handel

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 254

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
254 ihm davoneilten. Im nahen Walde legten sie ihm Ritterkleider an, setzten ihn auf ein Pferd und brachten ihn auf ein einsames Bergschloß, die Wartburg. Alle Welt meinte nun, Luther wäre todt. Seine Feinde sagten: „Den hat der Teufel geholt!" Aber es ging ihm auf der Wartburg ganz wohl. Er hieß dort Junker Jörg, trug einen ritterlichen Waffenrock, ließ sich den Bart wachsen und streifte durch den Wald am Schloßberge. Doch war er seines Berufes stets eingedenk. „Ich wollte", schrieb er, „für die Ehre des göttlichen Wortes lieber auf glühenden Kohlen brennen, als hier in der Einsamkeit leben und verfaulen." Indeß benutzte er diese Einsam- keit treulich, sein Werk zu fördern. Er studierte Tag und Nacht und ließ manche kräftige Schrift ausgehen, worin er das Pabstthum angriff und seine Widersacher widerlegte. Da merkte denn die Welt wohl, daß der Gottesmann noch am Leben sei; aber den Ort konnte niemand erfahren. Das Allerwichtigste aber, was Luther auf der Wartburg arbeitete, war seine Uebersetzung der Bibel in die deutsche Sprache. Er wußte wohl, daß solche Uebersetzung das beste Mittel sein würde, um das Volk zur Erkennt- niß zu bringen, wie weit die katholische Kirche von ihrer ursprünglichen Einfachheit und Reinheit abgewichen sei. Muthig wagte er sich daher an die schwierige Aufgabe, zu welcher es ihm ganz an Hülfsmitteln fehlte. Denn freilich gab es schon damals mehrere deutsche Bibelübersetzungen, aber sie waren nicht aus der Grundsprache, sondern erst aus der lateinischen Ueber- setzung übertragen und deshalb sehr unrichtig und oft unverständlich. Luther vollendete auf der Wartburg in kurzer Zeit die herrliche Uebersetzung des Neuen Testamentes, welche ein wahres Kleinod der evangelischen Kirche, wie der deutschen Sprache geworden ist. Denn sie erst begründete die neu- hochdeutsche Schriftsprache. Nachdem er 1ü Monate auf der Wartburg gewesen war, hörte er von Unruhen, die unter seinen Anhängern in Wittenberg ausgebrochen seien. Nun ließ er -sich durch keine Rücksicht auf Gefahr mehr aufhalten, sondern eilte ohne Erlaubniß des Kurfürsten nach Wittenberg, brachte hier alles in Ordnung und setzte nun das Werk der Bibelübersetzung mit einigen seiner Freunde, welche die nöthigen gelehrten Kenntnisse hatten, eifrig fort. Im Jahre 1534 erschien die ganze deutsche Bibel. Der ausgezeichnetste unter seinen Mitarbeitern war Philipp Melanchthon, ein gelehrter und frommer Mann, der durch seine Milde und Sanftmuth den feurigen Eifer Luther's in den rechten Grenzen hielt. 20. Luther im „Schwarzen Bären" vor Jena. Derselbe Luther, der in göttlichen Dingen einen so heiligen Ernst zeigte, war im menschlichen Verkehr oft von der liebenswürdigsten Heiter- keit. Als er von der Wartburg heimlich nach Wittenberg ritt, nahm er unterwegs in dem „Schwarzen Bären" vor Jena Herberge, ohne sich je- mandem zu erkennen zu geben. Er nannte sich nur Martinus. Dort

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 256

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
256 für Spott und ging wieder in die Stube, setzte mich und raunte meinem Gesellen zu: „Der Wirth hat mir gesagt, der sei der Luther." Er wollte es auch, wie ich, nicht recht glauben und sprach : „er hat vielleicht gesagt, es sei der Hutten, und hast ihn nicht recht verstanden." Dieweil mich nun die Reuterkleidung mehr an den Hutten, denn an den Mönch Luther, ge- mahnte, so ließ ich mich bereden, der Wirth hätte gesprochen, es seihutten; denn der Anfang beider Namen klang fast zusammen. Derhalben, was ich nun redete, sprach ich, als ob ich mit Herrn Ulrich von Hutten spräche. Mittlerweile kamen zwei Kausteute, die auch da übernachten wollten, und nachdem sie sich entlediget, legte einer neben sich ein ungebunden Büch- lein. Fragte Martin, was cs für ein Buch wäre. Sprach er: „es ist Dr. Luther's Auslegung' etlicher Evangelien und Episteln, erst neugedruckt; habt ihr sie nie gesehen?" Sprach Martin: „sie sollen mir auch bald werden." Da rief der Wirth: „nun füget euch zu Tische, wir wollen essen." Wir aber baten den Wirth, er möge uns etwas besonders geben; denn wir fürchteten die Zeche. Da das Martinus hörte, sprach er: „kom- met herzu, ich will die Zehrung mit dem Wirth wohl abtragen." Unter dem Essen that Martinus viel gottselige, freundliche Reben, daß die Kaufleute und wir mehr seiner Worte, denn aller Speisen wahr- nahmen ; er sei der Hoffnung, sagte er, daß die evangelische Wahrheit mehr bei unsern Kindern und Nachkommen Frucht bringen werde, als an den Eltern, in welchen die Irrthümer eingewurzelt seien, daß sie nicht leicht ailsgereutet werden. Darnach sprach der ältere von den Kaufleuten: „ich bin ein ein- fältiger Laie und versteh' mich auf die Händel nicht besonders. Das aber sag ich : wie mich die Sach' ansieht, so muß der Luther entweder ein Engel vom Himmel sein oder ein Teufel aus der Hölle. Ich möcht' ihm wohl beichten; denn ich glaub', er könnte mein Gewissen wohl unterrichten." Da kam der Wirth neben uns. „Habt nicht Sorge für die Zehrung", sagte er heimlich, „Martinus hat das Nachtmahl für euch ausgerichtet." Dies freute uns sehr, nicht des Geldes und Genusses wegen, sondern daß er uns gastfrei gehalten, dieser Mann. Nach dem Mahl stunden die Kauf- leute auf und gingen in den Stall, für ihre Pferde zu sorgen. Martinus blieb allein bei uns in der Stube; wir dankten ihm für seine Zehrung und ließen uns dabei merken, daß wir ihn für Ulrich von Hutten hielten. Er aber sprach: „ich bin es nicht." Gerade trat der Wirth herein. Sprach Marnnus: „ich bin diese Nacht zu einem Edelmann worden, denn diese Schweizer halten mich für Ulrich von Hutten." Sprach der Wirth: „ihr seid es nicht, aber ihr seid Martinus Luther." Da lachte er mit solchem Scherz: „die halten mich für den Hutten, ihr für den Luther; am Ende werd' ich bald Martinus Marcolfus heißen." Und nach solchem Gespräch nahm er ein hohes Bierglas und sprach nach des Landes Brauch : „Schweizer, trinket mir noch einen freundlichen Trunk zum Segen." Und wie ich da- Glas annehmen wollte, bot er mir dafür einen Krug mit Wein, sprechend: „das Bier ist für euch ungewohnt, trinket den Wein."
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