Haaren. Sie wohnten nicht in größeren Ortschaften, sondern in zerstreut liegenden Gehöften. Die Felder des von ihnen in Besitz genommenen Bezirkes, der Mark, wurden unter die einzelnen Genossen geteilt. Wald und Weide wurden von allen gemeinsam benutzt. Ihre Kleidung bildeten lederne Hosen und ein weiter Mantel, der bei den Vornehmen mit Silber verziert war. Die Arme blieben nackt; der Kops war unbedeckt, nur wenige trugen im Kampse einen Helm. Ihre Nahrung war einfach und bestand in Kräutern und Wurzeln, Fischen und Fleisch. Ihr liebstes Getränk war Bier, welches sie aus Gerste zubereiteten.
Das ganze Volk zerfiel in Freie und Leibeigene. Die Leibeigenen hatten keine Rechte; wurden sie verletzt, so mußten ihre Herren für sie eintreten. Während ein Teil von ihnen als Knechte arbeitete, erhielten andere ein Stück Land von ihren Herren, welches sie auf eigene Rechnung gegen Abgaben und Dienste bewirtschafteten. Den Kern des Volkes bildeten die Freien. Der Hausvater war der Herr und Richter in der Familie; ihm mußte unbedingt gehorcht werden. Die Frau, welche eine geachtete Stellung einnahm, war die getreue Gefährtin des Mannes in Krieg und Frieden; sie leitete das Hauswesen und die Erziehung der Kinder. Die Lieblingsbeschäftigung des Mannes war Jagd und Krieg. Schon früh zog der Jüngling aus die Jagd, um sich hierbei für den Kriegsdienst zu stählen. Ackerbau und Viehzucht wurden den Leibeigenen überlassen.
Das ganze Volk zerfiel in Völkerschaften, deren Gebiet, der Gau, durch natürliche Grenzen bestimmt wurde. Jede Völkerschaft teilte sich in mehrere Hundertschaften, zu denen ursprünglich immer hundert Grundbesitzer gehörten. Eine Hundertschaft zerfiel in mehrere kleine Gemeinden. An der Spitze der Völkerschaft stand der vom Volke gewählte Gau fürst, der Graf. Nur in der Volksversammlung, wo über die wichtigsten Angelegenheiten des Landes, über Krieg und Frieden beschlossen wurde, und im Kriege trat an die Spitze aller Völkerschaften ein Heerführer, H erzog. Waffen waren: das Schwert um die Leuden, der Schild in der Linken, in der Rechten die zweischneidige Streitaxt oder der Speer, der im Kampse weithin geschlendert wurde.
Zur Pflege des Rechts versammelten sich die freien Männer. Unter freiem Himmel wurde Gericht gehalten, das Verfahren war öffentlich und mündlich; die Volksversammlung sprach das
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stadt, Hagenau, Weißenburg, Lauterburg, Mülhausen. Sie wollten sich den Frieden, den weder Kaiser noch Reich herstellen konnten, selbst verschaffen. Dies erschien aber dem gesamten kleineren Adel als unerträgliche Anmaßung.
In dieser stürmischen Zeit (1260) bestieg Walther von Geroldseck den bischöflichen Stuhl zu Straßburg. Er war ein kühner, ehrgeiziger Herr, der auch das Schwert gut zu führen verstand. L>ein Geschlecht war unter den Hohenstaufen zu großem Reichtum gekommen und dem Bürgerstande nicht besonders geneigt. Kaum war er zum Bischof ernannt, so begann er eine genaue Untersuchung der Rechte, welche die Straßburger Bürger ausübten. Manche wollte er ihnen verkürzen; ja sie sollten nicht einmal freies Wahlrecht haben. Die Städter aber hielten fest an ihren wohlerworbenen Gerechtsamen. Immer heftiger wurde der Streit, bis Walther die Stadt verließ, allen Geistlichen befahl, ihm zu folgen, und Bann und Interdikt über Straßburg verhängte. Er sammelte ein Heer; viele edle Herren zogen ihm zu Hülfe, unter ihnen der Bischof von Trier und Rudolf von Habsburg, der Laudgraf vou Oberelsaß. Aber auch Straßburg wurde unterstützt, denn die übrigen Städte sahen sich ebenfalls bedroht, da Walther sich die Oberaufsicht über sämtliche Städte des Elsasses hatte übergeben lassen. Im Juli 1261 machten die Bischöflichen einen Sturm auf die Stadt, wurden aber mit großem Verluste zurückgeschlagen. Darauf trat ein Waffenstillstand ein. Während desselben entzweite sich Rudolf von Habsburg mit dem Bischof und trat auf die Seite der Städter. Dagegen vertrieb in Colmar die bischöfliche Partei den Schultheißen Rösselmann, der^ es mit den Ltraßbnrgern hielt. Doch der unverzagte Schultheiß beschloß auf jede Gefahr hin wieder in die Stadt zu kommen. Er wandte sich an Rudolf vou Habsburg, der die Führung der Straßburger Bürger übernommen hatte, um Unterstützung. Rudolf rückte mit einer Heeresabteilung vor Colmar. Bei Nacht ließ sich Röffelmann in einem Fasse in die Stadt fahren, vereinigte sich mit seinen Anhängern, übersiel die Wache an einem Thore und ließ durch dasselbe Rudolf ein. Unter dem Rufe: Es lebe Habsburg! besetzten die Truppen die Stadt. Die Bischöflichen wurden vertrieben und Rösselmann trat wieder in sein Amt ein. — Walther hatte unterdes seine Truppen rings um Straßburg verteilt, um den Bürgern die Zufuhr abzuschneiden. Vergebens suchte
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Extrahierte Personennamen: Walther_von_Geroldseck Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rösselmann Rudolf_vou_Habsburg Rudolf Rudolf Rudolf Röffelmann Rudolf Rudolf Rösselmann Walther
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Basel einen Vertrag. In diesem verpflichtete sich Albrecht auf sein königliches Wort, die andern durch einen Eid, während vier Jahren Frieden zu halten. Dieser Vertrag wurde erneuert 1310 unter Heinrich Vii., dem Nachfolger Albrechts. Als Heinrich 1313 starb, stellte die eine Partei Ludwig den Bayer, die andere Friedrich den Schönen von Österreich als Kaiser auf. Friedrich wurde besonders von seinem Bruder Leopold, dem Landgrafen von Elsaß, unterstützt. Bei Mühldorf kam es zwischen den beiden Gegnern zum Entscheidungskampfe. Friedrich wurde besiegt und gefangen genommen. Seine Freiheit mußte er mit dem Verzicht auf die Krone erkaufen. — Während der folgenden Jahre wurde das Elsaß zwar von keinen Kriegsunruhen aufgeregt, aber Pest und Hungersnot wüteten im Lande und rafften Tausende dahin. In dieser Zeit gingen auch in dem Städtewesen bedeutende Bewegungen vor sich, was wir am besten in Straßburg beobachten können.
Die Zorn und Mülnheim.
(1332.)
In den Städten hatte sich immer mehr ein Stand herausgebildet, der bisher nur von untergeordneter Bedeutung gewesen war — der Stand der Handwerker.
Sie waren durch Fleiß und Sparsamkeit zu einer gewissen Wohlhabenheit gelangt, und beanspruchten demnach auch Vertretung in dem Rate der Stadt.
Die einzelnen Gewerbe bildeten Verbindungen, die man Zünfte nannte. Deren gab es in Straßburg 25. Wenn auch Straßburg seine Verwaltung frei und unabhängig führte, so fiel doch die Leitung nur hervorragenden Familien, die den Adel der Stadt ausmachten, zu. Es war dabei natürlich, daß sich unter denselben bald Parteien bildeten. Dies waren die Geschlechter der Zorn und der Mülnheim mit ihren Anhängern. Sie versammelten sich des Abends in ihren Trinkstuben und besprachen die Angelegenheiten der Stadt. Oft aber kam es zwischen den beiden Parteien zu Streitigkeiten, die fast immer in Schlägereien ausarteten. Mußte ja doch 1321 ein neues Rathaus erbaut werden, weil das alte der Trinkstube der Mülnheimer näher lag als der der Zorn; denn die letzteren hatten, wenn es in der Ratssitzung zum
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Zusammenkünften am Untersberg eintrafen. Ihr Hauptsührer war Hans Ullmann, der Bürgermeister von Schlettstadt. Auf ihrer Fahne hatten sie den Bundschuh gemalt, welchen in damaliger Zeit die Bauern trugen. Mit den heiligsten Schwüren mußte jeder Stillschweigen über die Vorgänge im Bunde angeloben; schreckliche Strafe sollte den treffen, der etwas von den Plänen verraten würde. Zuerst wollte man sich der Stadt Schlettstadt bemächtigen, von hier die gesamte Banewschaft des Elsasses auf-rnfen und sich sogar mit deu Schweizern verbinden. Die Absichten des Bundes sollten dann offen dargelegt werden. Der Bauer sollte frei sein von den drückenden Lasten und Frohnden, der Bürger keine Zölle und Steuern mehr zahlen. Die Geistlichen sollten nicht mehr als eine Pfründe besitzen; ja man sprach auch von Vertreibung der Juden und Teilung in ihre Schätze — und von Abschaffung der Messe. Die Verschwörung gewann immer weitere Verbreitung, aber eben dadurch wurden ihre Pläne bekannt. Rechtzeitig noch wurde der Bundschuh unterdrückt. In Schlettstadt hatte man alle Vorbereitungen getroffen, um dem drohenden Sturme vorzubeugen. Anfangs hielt man es für unglaublich, daß Ullmann auch daran beteiligt sein könne, aber seine Flucht bewies die Schuld. In Basel wurde er ergriffen und zum Tode verurteilt. Viele seiner Genossen fielen ebenfalls dem Beile des Henkers anheim. — Wohl war für diesmal der Aufstand noch gehemmt, aber jeder wußte, daß er sich wiederholen würde. Ja, Kaiser Maximilian, der in demselben Jahre zur Herrschaft gekommen war, schloß mit Fürsten und Städten ein Bündnis zu gegenseitiger Unterstützung, wenn der böse Geist wieder erwachen sollte. Und er erwachte, als die große kirchliche Bewegung eintrat. — Doch vorher müssen wir noch drei Männer kennen lernen, die um diese Zeit von größter Bedeutung waren.
Geiler von Kahsersberg, Sebastian Brant und Jakob Wimpheling.
Dr. Johann Geiler von Kaysersberg wurde 1445 zu Schaffhausen geboren, wurde aber schon von Kindheit an bei seinem Großvater in Kaysersberg erzogen. — In Straßburg lagen schon seit Jahren Ordensgeistliche und Weltpriester fortwährend im Streite und ergingen sich von der Kanzel herab in den gröbsten
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Extrahierte Personennamen: Hans_Ullmann Maximilian Maximilian Sebastian_Brant Jakob_Wimpheling Johann_Geiler_von_Kaysersberg Johann
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Unschuldiger kühlte. Aber Hagenbachs Maß war voll. Die Breisacher wasfuetensich, nahmen den Landvogt gefangen und vertrieben seine Leute aus der Stadt. Der Stadtrat erhob gegen ihn die schwere Anklage auf Leib und Leben. Durch die Folter wurde er seiner verübten Schandthaten überführt und durch ein Gericht von 27 Richtern aus verschiedenen Städten zuerst aus dem Adelstand gestoßen und dann zum Tode verurteilt. Acht Henker stritten sich um den Vorrang, ihm den Kopf abzuschlagen. Sein Schädel wurde noch lange in Colmar aufbewahrt zum Schrecken und Grauen der Elsässer und späterer Jahrhunderte. Die Kinder aber sangen das Osterlied:
Christ ist erstanden,
Der Landvogt gefangen,
Des sollen wir froh sein,
Sigmund unser Trost sein.
Vergebens versuchte Karl von Burgund seine Herrschaft im Elsasse und in der Schweiz aufrecht zu erhalten. Die Schlachten bei Granson und Murten zwangen ihn zum Rückzüge. Jmj. 1477 endete er sein Leben in der Schlacht von Nancy, und Elsaß kam wieder an Sigismund.
Der Bundschuh.
(1493.)
- Durch das ganze Mittelalter hindurch war der Bauersmann oft unerhörten Bedrückungen ausgesetzt. Bisweilen jedoch empörte sich sein geduldiges Gemüt gegen das Unrecht, das ihm angethan wurde und dann entstanden die blutigsten Kämpfe. Im 14. Jahrhundert hatten sich die Schweizer frei gemacht, und das Beispiel, das sie gaben, wirkte mächtig aus ihre Nachbarn in Schwaben und Elsaß. Immer vernehmbarer machte sich das Verlangen der elsässischen Bauern, die in schwerem Frohndienste arbeiten mußten, nach persönlicher Freiheit, und es wurde desto drohender gestellt, je weniger man es beachtete. Es bildeten sich heimliche Verschwörungen, in denen finstere Rachepläne gebrütet wurden. Daran beteiligten sich aber auch Städter, welche mit ihrer Lage unzufrieden waren oder Mitleid mit den traurigen Verhältnissen der Bauern hatten. So bildete sich um Schlettstadt eine geheime Gesellschaft von Bauern und Städtern. Es waren Männer aus Sulz, Dam-bach, Scherweiler und vielen andern Orten, die zu den nächtlichen
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Burgund Karl Nancy Sigismund
Charakter des Volkes. Sitte und Lebensweise. Stnde. 3
sich auf; als Vorratskammern dienten unterirdische, mit Dnger bedeckte Rume. Um das Herrenhaus herum lagen die Wohnungen der Knechte. Die Kleidung bestand grtenteils aus Fellen, die einen groen Teil des Krpers frei lieen. So lebten unsere Vor-fahren in einfachen, zum Teil selbst rohen Verhltnissen, aber in jugendlicher Kraft und an Leib und Seele gesund.
c. Stnde. Das ganze Volk zerfiel in Freie und Unfreie; erstere wieder in Adelige (Adalinge), Gemeinfreie und Freigelassene. Der Adel war ein erblicher Stand, der durch das Ansehen seiner Vorsahren, durch Reichtum und Tchtigkeit vor dem brigen Volke sich auszeichnete, aber keine Vorrechte im Staate besa; die Zahl seiner Glieder war bei einigen Stmmen sehr gering, bei anderen ziemlich zahlreich. Den eigentlichen Kern des Volkes bildeten die Gemeinfreien (ingenui); sie waren der grundbesitzende, kriegerische Stand. Auf ihren Hfen walteten sie unabhngig der Weib, Kind und Gesinde; nur eine von ihnen selbst gewhlte Obrig-tot erkannten sie an, und nur von Gleichen wurden sie gerichtet. Bewaffnet traten sie ffentlich auf; das lange Haupthaar war der Schmuck und das Zeichen ihrer Freiheit. Weit unter den Gemein-freien standen die Lite oder Lazzen. Da sie alle wirklich frei-gelassene Sklaven waren, ist nicht wahrscheinlich; im Gegenteil scheint die Mehrzahl derselben unterworfenen Stmmen anzugehren. Sie waren zwar persnlich frei* besaen aber kein freies Grundstck, sondern muten von ihrem Gute Zins und Abgaben zahlen und auch andere Dienste leisten. Doch konnten sie Waffen tragen und sich vor Gericht verteidigen, obgleich sie unter anderem Rechte als die Gemein-freien standen.
Die Sklaven endlich waren ihren Herren gegenber rechtlos; sie gehrten zu dessen Besitze, wie ein Tier oder eine Sache. Trotzdem war ihre Behandlung im Verhltnis gegen die der rmischen eine milde. Qulereien, Mihandlungen und Schlge erduldeten sie selten, fter den Tod, wenn der Herr durch Leidenschaft sich hinreien lie. Der Ursprung der Knechtschaft war Kriegsgefangenschaft, aber auch nicht selten der Verlust im Spiele, in welchem der Deutsche zuletzt oft das Kstlichste seiner Gter, seine eigne Freiheit, einsetzte. Die Zahl der Lite und Sklaven bertraf die der Gemeinfreien.
d. Verfassung. Die Verfassungen der deutschen Vlkerschaften waren sehr einfach, und wenn auch mancherlei Verschiedenheiten bei den einzelnen Stmmen vorkamen, so bestanden doch im wesentlichen berall dieselben Grundlagen. Schon frhzeitig werden monarchisch und republikanisch regierte Vlkerschaften unterschieden; die repu-blikanische Verfassung war wohl die ltere, das Knigtum erst
* Das heit nach unserer jetzigen Vorstellung im Gegensatz von Freien und Sklaven. Bei den alten Deutschen aber galt nur der als vollkommen frei, der freien Anteil an der Dorfmark hatte.
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Verfassung. Rechtspflege. Kriegsverfassung. 5
mig dreimal im Jahre und auch sonst, so oft es ntig war, kam man zusammen. Berechtigt zur Teilnahme war jeder wehrhafte Freie. Vorsitzende waren die Priester (Könige), das Wort fhrten die Fürsten und Angesehensten; Waffengetse bezeichnete die Zustimmung, Murren die Mibilligung der Menge.
e. Rechtspflege. Die Aufgabe der Gerichte war es, die Volks-genossen vor Verletzung des Lebens und Eigentums zu schtzen und die Frevel gegen die Götter und das Vaterland zu strafen. Fr letztere, zu denen Landesverrat, Ueberlaufen, feige Flucht und schmachvolle Wollust gerechnet wurden, sollte mit dem Leben gebt werden. Alle andern Vergehen konnten durch Geld geshnt werden, selbst der Mord an Volksgenossen. Daher hatte jeder sein Wergeld" (Wer-Mann), das bei dem Könige und Fürsten am hchsten, bei den Liten (halb so groß als bei den Freien) und Sklaven am niedrigsten war. Aber nicht immer verstand sich die Familie zur Annahme des Wergeldes, sondern zog es vor, nach alter Sitte durch Wiederver-geltung Blut mit Blut zu shnen (Faida = Blutrache), woraus oft langwierige Fehden entstanden. Richter waren alle vollfreien Männer; kleinere Vergehen wurden von den Gemeinden, grere in den Hundertschaften, das ganze Volk betreffende in den Volksversammlungen unter dem Vorsitze der Fürsten gerichtet; das Gericht wurde im Freien, unter heiligen Eichen oder an heiligen Quellen gehalten. Bei zweifelhaften Fllen schritt man zum Eide, der auch noch durch sogenannte Eid es Helfer" verstrkt werden konnte, die aber nicht mit den Zeugen zu verwechseln sind; denn sie brauchten bei der That gar nicht anwesend gewesen zu sein und hatten nur die Bedeutung, da sie die Glaubwrdigkeit des Schwrenden erhrteten. Kam man auch so nicht zum Ziele, so blieb noch die Entscheidung des Gottesgerichtes (Ordal) brig, indem man den festen Glauben hegte, da die Götter nie den Verbrecher beschtzen wrden. Das ehrenvollste Gottesgericht warder gerichtliche Zweikampf; daneben hatte man aber noch die Feuer- und Wasserprobe.
f. Kriegsverfassung. War in der Volsversammlung ein Volkskrieg beschlossen, so hatte jeder Freie das Recht und die Pflicht mit zu Felde zu ziehen. Das so zusammengebrachte Heer hie der Heer-bann". Die Vorsteher der Gemeinden und Hundertschaften standen an der Spitze ihrer Abteilungen; Oberanshrer war der König oder in republikanischen Staaten ein zu diesem Zwecke erwhlter Herzog. Blutsverwandte standen im Kampfe neben Blutsverwandten; denn so wurden die Einzelnen am meisten zu wetteifernder Tapferkeit und Ausdauer angeregt. Die Schlachtordnung war der Keil, an dessen Spitze und Seiten die Strksten und Tapfersten standen. Den Kern des Heeres bildete das Fuvolk, das mit der zum Sto und Wurf benutzten Lanze (framea) bewaffnet war; daneben aber auch das Schwert, Keulen und Streitxte, seltener Bogen und Pfeile trug. Der groe, aus Weidengeflecht gefertigte, mit Huten
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Die spteren Merowinger. Teile des Volkes. Standesunterschiede. 35
Habsucht bei den Franken, feige Hinterlist und gewinnschtiger Be-trug bei den Rmern sind nur allzu hufig. Selbst die Kirche, deren Diener grtenteils Rmer sind, wird vielfach von der sittlichen Fulnis ergriffen, und dennoch ist sie durch ihr Asylrecht, durch ihren Reichtum und ihre Wohlthtigkeit und vor allem durch den Wunderglauben und die Heiligenfurcht (Martinus von Tours) des Volkes in ganz besonderem Mae befhigt, das Elend der Zeiten zu lindern, die Leidenschaften zu migen und bessere Zeiten vorzubereiten.
3. Der frnkische Staat.
a. Teile des Volkes. Standesunterschiede. Ein buntes Gemisch von Vlkern bot das frnkische Reich. Zunchst schieden sich Rmer und Deutsche; aber jedes dieser beiden Völker selbst hatte in sich die mannigfachsten Verschiedenheiten. Bei den Rmern konnte man den echten Rmer von dem eingebornen Kelten unterscheiden; bei den Deutschen sehen wir die erobernden Franken, die besiegten Burgunder und Alamannen, vereinzelte Westgoten nebeneinander; jeder ^tamm lebte nach feinem Gesetze und Rechte. Innerhalb der ein-zelnen Völker gab es wieder rechtlose Sklaven, deren Zahl aber, Dank dem Einflu der Kirche, in stetigem Abnehmen begriffen war; nchst diesen die halbfreien Liten oder Hrigen; endlich die Voll--freiert, Deutsche sowohl als Rmer, aber letztere eine Stufe tiefer als die ersteren und in ihrem Wergelde nur dem deutschen Hrigen gleich. Zur vollen Freiheit gehrte, wie in der Urzeit, ein eignes Gut; solche Freie hieen bei den Franken Franci, boni homines, das freie Gut fhrte den Namen Alod. Doch sah man keine Minde-rung der Freiheit darin, wenn sich ein Freier von einem andern ein Stck Land zur Nutznieung gegen bestimmte Dienstleistungen ber-tragen lie; solches Land hie Lehen (beneficium). Diese Gterverleihungen gingen wohl zunchst von der Kirche aus, wurden aber auch bald von den Knigen im weitesten Mae zur Anwendung ge-bracht; der Besitz war nicht erblich und konnte auch dem Lehenstrger, der seine Verpflichtungen nicht erfllte, wieder entzogen werden. Dies ist der Ursprung des Lehens Wesens. Die Lehenstrger fhrten spter den Namen Vassi (oder Vassallen). Auerdem begann aber auch in diesen Zeiten die Bildung eines neuen Adels. Der Geschlechts-adel, der schon in der Urzeit sehr wenig zahlreich gewesen war, wurde allmhlich durch einen Dienstadel verdrngt, der sich aus dem kniglichen Gefolge (der Trustis) entwickelte. Diese Mannen, An-trustio-nen, die sogar aus den Hrigen genommen werden konnten, hatten das 3fache Wergeld (Franken 600, Lite und Rmer 300 So-lidi) ihres Standes und somit hhere Ehre als ein gewhnlicher Freier. Auch die hohen weltlichen und kirchlichen Beamten bildeten eine Art Adel, da z. B. der Bischof 1000 Solidi Wergeld hatte, b. Verwaltung. Die alte germanische Verfassung hatte nicht
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50 Das Frankenreich. Karl der Groe.
wingern; nur die Hausmeierwrde war aufgehoben. Eine eigen-tmliche Behrde waren die Mark- oder Grenzgrafen". Unter Mark verstand man ein ursprnglich nicht zum Reiche gehriges, den Nachbarn abgenommenes Gebiet, das durch feste Pltze, Wachposten u. s. w. besonders geschtzt war und so dem eigentlichen Reichslande als Vorhut diente. Der Vorsteher einer solchen Mark, der Markgraf, bertraf an Ansehen und Macht die brigen Grafen. Die wichtigsten Marken zu Karls Zeit sind die spanische, britannische, schsische, sorbische, pannonische und die friaulische.
c. Gerichte. Auch in der Rechtspflege herrschten im ganzen noch die alten Grundstze; nur wurden die Gerichtstage nicht mehr unter freiem Himmel, sondern in bedeckten Rumen abgehalten. Auch war die Teilnahme des ganzen Volkes ausgeschlossen, an dessen Stelle die vom Könige ernannten Schffen (die das Recht schpften") unter dem Vorsitze des Grafen das Urteil fanden. Endlich hatte die Geistlichkeit ihre besonderen Gerichte, die auch auf die Unterthanen der Kirchen ausgedehnt wurden.
. Kriegswesen. Die vielen Kriegszge, fr die ein stets schlag-fertiges Heer ntig war, bestimmten Karl zu weiterer Ausbildung der Lehnsverfaffung. Von nun an legte der Vaffall (dieser Name kam allmhlich fr die Lehnstrger auf) bei der Belehnung einen Treueid ab, der ihn besonders zur Hilfe im Kriege der-pflichtete. Der Bruch dieses Eides zog den Verlust des Lehens nach sich, wie auch das Lehen keineswegs erblich war. Aber nicht blo der König, auch die hohe Geistlichkeit (Bischfe und Aebte) und die weltlichen Groen suchten eine Ehre darin, recht viele Vassallen zu haben. Diese Lehnsherren hieen den Vassallen gegenber Seniores; der Senior aller war der König. Da nun der Kriegsdienst besondere Ehre nach sich zog, so entstand ein Lehnsadel, der in verschiedenen Abstufungen sich durch das ganze Reich verzweigte. Dagegen nahm in Folge der vielen Kriege die Zahl der Gemeinfreien in erschreckender Weise ab; denn da dieselben zum Heerbannsdienste verpflichtet waren, der von ihnen sehr groe Opfer forderte, und die Aushebung hierzu in der Hand des Grafen, also eines Groen, lag, so zogen sie es hufig vor, die Dienstleute eines Groen zu werden, um sich dessen Schutz gegen die ungerechte Heranziehung zum Kriegsdienst zu ber-schaffen. Karl verkannte die aus diesem Uebelstande fr das Knigtum selbst erwachsende Gefahr keineswegs und suchte daher_ durch Gesetze der Bedrckung zu steuern. So bestimmte er, da nur wer 3 Hufen Ackerland hatte, zum Kriegsdienst persnlich heran-gezogen werden konnte; die weniger Besitzenden sollten zusammen-treten, bis 3 oder 4 Hufen herauskmen, und gemeinschaftlich einen Mann stellen. Die Aermeren sollten mit Schild und Lanze oder mit einem Bogen und 12 Pfeilen, die Reicheren zu Pferd mit Lanze, Schild, Schwert und Dolch, wer 12 Hufen befa, mit Panzer er-scheinen. Jnbetreff der Aushebung sollte mglichst darauf Rcksicht
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Groe Karl Karls Karl Karl Karl Karl
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Die Zeit der Kreuzzge. Blte des Rittertums.
feiner Vter gefangen war, zur Milde stimmen. Er besttigte das ungerechte Urteil, und Konradins Haupt fiel unter dem Henkerbeil auf dem Markte von Neapel. Nach ihm wurde auch Friedrich hin-gerichtet. O Mutter, welche Schmerzen bereite ich dir", waren Konradins letzte Worte. So starb der Enkel Friedrichs Ii, der Urenkel Friedrich des Rotbarts; mit ihm war der Mannsstamm der Hohenstaufen erloschen. Karl von Anjou aber erfreute sich nicht lange des ruhigen Besitzes seines Landes; denn auf Sicilien erhoben sich die mihandelten Einwohner, ermordeten in der sogenannten 1282 sicilianischen Vesper" (1282) alle Franzosen und bergaben die Insel an Peter von Aragonien.
9. Jlte des Rittertums.
Tie Zeit der Hohenstaufen ist die Bltezeit des Rittertums. Der Kriegerstand ist im Laufe der Zeiten zu einer abgeschlossenen Klasse geworden, die bestimmte Gelbde, Rangstufen und Vorrechte besitzt und Könige und Kaiser in sich begreift. Freie, eheliche &e= bmt. Unbescholtenheit des Lebens und die Wahl des Kriegshand-werks zum alleinigen Berufe, feit dem 12. Jahrhundert auch Ritter-brtigfeit, sind die unbedingten Erfordernisse zu der Aufnahme in den Stand. Aber nicht dies allein machte zum Ritter; es kam dazu eine geregelte Erziehung zu dem Berufe. Bis zum 14. Jahre diente der angehende Ritter als Bube, von da an als Knappe, gewhnlich im 21. Jahre folgte die feierliche Aufnahme in den Ritterstand durch die Schwertleite oder den Ritterschlag. Auch jetzt noch war Hebung in den Waffen die Pflicht des Ritters, und die zahlreichen Turniere gaben Gelegenheit, dieselbe zu erweisen. Bei der Aufnahme gelobte der Ritter Frmmigkeit, Befchtzunq der Kirche, der Unschuld und besonders der Frauen, Treue gegen den Lehnsherrn, Tapferkeit gegen den unbesiegten, Gromut gegen den besiegten Feind.
Eine besondere Seite des Rittertums war der Frauendienst. Schon bei ihrem ersten Auftreten in der Geschichte hatten die Deutschen den Frauen hohe Achtung erwiesen. Jetzt war dieser Dienst, soweit es Ritter gab, ein Kennzeichen des wahren Ritters, und auch die Verehrung, die das ganze Mittelalter der hohen Himmelsknigin Maria zollte, ein Ausdruck dieser Gesinnung. Frau (Frouwe) ist das Femininum von Fr6herr und bedeutet also die Herrinso diente der Ritter einer Herzensherrin, die er sich gewhnlich unter den vornehmsten Frauen aussuchte, und die keineswegs seine Gemahlin war. Dieser Dienst war ursprnglich in der Provence aufgenommen und von Frankreich nach Deutschland verpflanzt. Hiermit hing eine Verfeinerung der Sitten zusammen, ein sogenannter hfischer Ton", der den Ritter vor dem gewhnlichen Volke auszeichnete und ebensowohl in der gewhlten Sprache,
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Extrahierte Personennamen: Konradins Friedrich_hin-gerichtet Friedrich Konradins Friedrichs Friedrich_des_Rotbarts Friedrich Karl_von_Anjou Karl Peter_von_Aragonien Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Konradins Neapel Friedrichs Sicilien Frankreich Deutschland