Ii. Aus dem Menschenleben.
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den Knecht nach dem Pferde und dem Karren. Wie Eulenspiegel
vor den Wald kam, sah er das Pferd auf der Erde liegen; ein
Wolf hatte es zerrissen und fraß davon. Er freute sich heimlich
darüber, lief zurück und sagte zum Bauern: „Kommt, Bauer, Euer
Pferd ist vom Glücke gefressen worden.“ Der Bauer verstand
nicht, was er sagen wollte, ging hin und sah das Unglück. Wie
er nun so dastand und klagte, sprach Eulenspiegel: „Warum seid
Ihr so abergläubisch? Wären wir gestern dem Hasen nachgegangen,
der hätte Euch das Pferd nicht gefressen. Bei Euch bleibe ich
nicht mehr.“ Und damit ging er fort.
Nach G. Schwab.
122. Erzählungen des Kerrn Aaron von Münchhausen.
1. Ein Kriegserlebnis.
Wir belagerten ich weiß nicht mehr welche türkische Stadt, und
dem russischen Feldmarschall war ganz erstaunlich viel an genauer Kund-
schaft gelegen, wie die Sachen in der Festung stünden. Es schien äußerst
schwer, ja fast unmöglich, durch alle Vorposten, Wachen und Festungs-
werke hineinzugelangen; auch war eben kein tüchtiger Mann vorhanden,
mit dem man so etwas glücklich auszurichten hätte hoffen können. Vor
Mut und Diensteifer fast ein wenig allzu rasch, stellte ich mich neben
eine der größten Kanonen, die soeben nach der Festung abgefeuert ward,
und sprang im Hui auf die Kugel, in der Absicht, mich in die Festung
hineintragen zu lassen. Als ich aber halbwegs durch die Luft geritten
war, stiegen mir allerlei nicht unerhebliche Bedenklichkeiten zu Kopfe.
Hm! dachte ich, hinein kommst du nun wohl, allein wie hernach wieder
heraus? Und wie kann's dir in der Festung ergehen? Man wird dich
sogleich als einen Spion erkennen und an den nächsten Galgen hängen.
Ein solches Bette der Ehre wollte ich mir denn doch wohl verbitten.
Nach diesen und ähnlichen Betrachtungen entschloß ich mich kurz,
nahm die glückliche Gelegenheit wahr, als eine Kanonenkugel aus der
Festung einige Schritte weit vor mir vorüber nach unserm Lager flog,
sprang von der meinigen aus diese hinüber und kam, zwar unverrichteter
Sache, jedoch wohlbehalten bei den lieben Unsrigen wieder an.
2. Von Münchhausens Pferd.
So leicht und fertig ich im Springen war, so war es auch mein
Pferd. Weder Gräben noch Zäune hielten mich jemals ab, überall den
geradesten Weg zu reiten. Einst setzte ich hinter einem Hasen her, der
querfeldein über die Heerstraße lief. Eine Kutsche mit zwei schönen
Damen fuhr diesen Weg gerade zwischen mir und dem Hasen vorbei.
Mein Gaul setzte so schnell und ohne Anstoß mitten durch die Kutsche
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Vi. Bilder aus der Geschichte des Vaterlandes.
303
Zunächst galt es, sich über den Hof, zu den Pferden durchzu-
schlagen. Bei der starken Übermacht konnte der Widerstand
nicht von langer Dauer sein. Schon eine Minute nach Beginn
des Kampfes waren alle fünf Dragoner schwer, zwei Leutnants
leicht verwundet; der dritte Offizier aber lag tot am Boden. Um
zu prüfen, ob hinter dem Hause ein Entkommen möglich wäre,
lief Graf Zeppelin nach der Hintertür. In ihrer Nähe hielt eine
Bauernfrau ein französisches Pferd am Zügel. Mit ein paar
Sprüngen war der Graf dort und saß im Sattel. Er hoffte, daß
die andern ihm folgen würden; darum verweilte er noch einige
Augenblicke, aber vergebens. Der Masse der Feinde war es bald
gelungen, die sieben verwundeten deutschen Krieger zu überwältigen
und gefangen zu nehmen. Endlich wurde auch der Graf entdeckt
und von einem Trupp verfolgt; er mußte fliehen.
Zum Glück war das Pferd gut. Ein kleines Gehölz brachte
seine Verfolger von ihm ab. Kaum hatte er im vollen Rosseslaufe
ein zweites Gehölz erreicht und in einem Dickicht Halt gemacht,
als dicht vor ihm ein Zug Chasseurs vorübergallopierte. Er blieb
jedoch unentdeckt. Was sollte aber werden, wenn die Suche
bedächtiger und eingehender fortgesetzt wurde, wenn das Pferd
nicht in seiner Ruhe verharrte! Ein Laut, eine Bewegung des
Tieres mußte den Versteck von Roß und Reiter verraten. Darum
band der Graf sein Roß im Dickicht fest und eilte, indem er
die schattigeren und dichteren Stellen benutzte, tiefer ins Holz.
Dort erkletterte er einen hohen Baum, um sich in dessen Krone
zu bergen und einen bessern Ausblick zu gewinnen. Bald folgte
dem ersten ein zweiter Zug Chasseurs; endlich noch ein dritter.
Sie sprengten durch und um das Gehölz nach allen Richtungen.
Mehrmals konnte er sie von seinem Versteck aus unter sich hin-
reiten sehen. Endlich nach drei Stunden langen Harrens ward
es still, seine Verfolger mußten abgezogen sein. Da stieg er
herab und überzeugte sich, daß sich sein Pferd noch in seinem
Verstecke befand, durchsuchte die umliegenden Felder, kroch
horchend und spähend zwei Stunden lang umher, fand aber keine
Spur seiner Gefährten. Nun durfte er nicht länger verweilen;
andere heilige Pflichten riefen ihn. Es galt, von seinen wichtigen
Nachrichten Meldung zu machen.
Als er nach dem Holze zurückschlich, gewahrte er ein mit
zwei mageren Kühen bespanntes Wägelchen. Ein armes Bäuerlein
und seine Tochter beluden es mit halbverdorrtem Grase, das sie
mühsam gesammelt hatten. Sie fühlten Mitleid mit ihm und boten
dem Erschöpften die erste Labung nach langer Zeit. Der Bauer
melkte seine beiden Kühe, und die Tochter schenkte ihm zwei
Birnen, die sie für den eigenen Durst zu sich gesteckt hatte.
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286
Vi. Bilder aus der Geschichte des Vaterlandes.
3. Den Kaiser zu empfangen
Stund reich gedeckt der Tisch,
Trompet und Pauken klangen,
Und Kränze blühten frisch;
Doch schöner war zu schauen
Als diese Blumenpracht
Der Kranz holdsel'ger Frauen
In ihrer schmucken Tracht.
5. Zum Abschied nehmt's, ihr Holden,
Und achtet's nicht gering.
Wie euern Finger golden
Umfaßt jedweder Ring,
Soll eure Söhn' umwinden
Der Treue festes Band,
Und soll sie ewig binden
Ans deutsche Vaterland!
Doch eh' er ist geschieden,
Da ließ er goldenblank
Dreihundert Ringlein schmieden.
Den Frauen zu Lieb und Dank.
4. In Freud und Festen eilen
Ihm sieben Tage hin;
Nicht länger darf er weilen,
Zur Krönung muß er ziehn.
Ad. Stöber.
326. Wie Wetz vom Deutschen Weiche losgerissen wurde.
Im März des Jahres 1552 rückte der französische König Hein-
rich H. mit einem starken Heer in Lothringen ein, nahm unversehens
Toul und Verdun, und dann legte sich das ganze Heer vor Metz. Die
Bürgerschaft aber hatte ihre Mauern und Türme wohl im Auge und
ließ die Kanonen donnern. Der französische Feldherr Montmorency
forderte zur Übergabe auf; die Stadt weigerte sich. Er drohte, das ganze
Land mit Feuer und Schwert zu verwüsten und keinen Stein aus dem
andern zu lassen. Die Bürger erklärten ihm, er könne ihre Güter
draußen verbrennen, Metz aber sei eine deutsche Reichsstadt und würde
nicht vom Reiche lassen. Da legte er sich aufs Bitten und Bereden und
schwur ihnen zu, nur ein einziges Fähnlein französischer Besatzung sollten
sie aufnehmen; im übrigen bliebe alles beim alten. Man traute ihm und
öffnete das Tor. Sofort brach er mit einigen tausend Mann ein, die
allerdings nur eine einzige Fahne führten. Die Bürger waren außer
sich und schrieen über Verrat und Treubruch. Montmorency beschwichtigte;
es sei nur auf friedlichen Durchmarsch abgesehen, erklärte er; er werde
die Stadt bald wieder verlassen. Eifrig aber arbeitete er, den Rat für
sich zu gewinnen. Einige Ratsherren ließen sich verleiten und traten,
ohne ihrer Pflicht gegen das deutsche Reich zu gedenken, mit dem General
in Einverständnis. Der größte Teil des Rats wies jedoch mit Verachtung
jede Unterhandlung von sich und erklärte, nimmermehr lasse sich Metz
vom deutschen Reiche losreißen.
Indes ließ der König melden, daß er kommen, Einzug halten und
sich huldigen lasseuwolle. Da wußte Montmorency sich zu helfen. Er
stellte sich sterbenskrank, lag zu Bette und ließ die obersten Ratsherren
zu sich bitten, um sein Testament zu machen. Als er aber die Feind-
seligen in seinem Zimmer beieinander hatte, warf er plötzlich die Bett-
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Vi. Bilder aus der Geschichte des Vaterlandes.
„Wie groß denkt sich denn das Geburtstagskind diese Hand voll
Gold?" sragte der König erheitert.
„So groß wie das Herz des gütigsten Königs," erwiderte Luise,
und ihre freisinnige Antwort brachte den Armen von Berlin, welche die
Frau Kronprinzessin schon wie eine Heilige verehrten und liebten, eine
reichliche Gabe. Nach H. Iahnke (Neues Berl. Leseb.).
337. Lin kühner Ritt.
Am Abend des 23. Juli 1870 wurde dem württembergischen
Hauptmann Grafen Zeppelin der Auftrag erteilt, zu erforschen,
wo sich die dritte Division der Armee Mac Mahons befände. Vier
Offiziere waren bereit, an dem gefährlichen Ritte teilzunehmen,
und acht Dragoner wurden ihnen als Begleitmannschaft mitgegeben.
Unentdeckt gelangte man bis an das kleine befestigte Lauter-
burg, das man nicht durch einen Umweg umgehen wollte. Als
die dreizehn kühnen Reiter, die Säbel in der Faust, mit laut-
jubelndem Hurra ins Tor sprengten, stürzte die aus wenigen Leuten
bestehende Wache zwar an die Gewehre, stob aber ebenso schnell
auseinander und flüchtete sich in die nächsten Häuser. In
sausendem Galopp ging es durch die Festung und zum andern
Tore hinaus. Bei dem Dorfe Kröttweiler wurde eine französische
Patrouille überfallen und zum Teil gefangen genommen. Von hier
aus schickte Graf Zeppelin einen der Offiziere und drei Dragoner
mit wichtigen Meldungen nach Karlsruhe zurück. Die andern
drangen weiter vor, doch so, daß sie jedes Zusammenstoßen mit
den umherstreifenden Feinden vermieden.
Die Nacht brachten sie schlaflos in einem Gehölze zu. Die
Reiter lagen dicht zusammengeschart am Boden, ihre gesattelten
Pferde am Zügel haltend; kaum durften sie wagen, leise Worte
zu wechseln. Mit Tagesgrauen brachen sie auf und rückten unter
Vermeidung der Ortschaften auf der Straße nach Wörth vor.
Gegen Mittag stellte es sich heraus, daß eine Rast zum Füttern
und namentlich auch zum Tränken der Pferde gemacht werden
müsse. Dies konnte, da sonst kein Wasser zu entdecken war, nur
an einem Brunnen geschehen. Ein solcher mußte sich auf dem
Scheuerlenhofe befinden, einem einsamen Gehöfte, in dessen Nähe
man gelangt war. Möglichst schnell tränkte man die erschöpften
Rosse und warf ihnen Futter vor. Eben wurde für die Reiter
eine Schüssel dampfender Kartoffeln aufgetragen, — da rief der
ausgestellte Posten mit gellender, nichts Gutes verheißender Stimme:
„Raus!“ In vollem Galopp jagten mehrere feindliche Reiterab-
teilungen in den Hof, und sofort entspann sich ein hitziges Gefecht.
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Vi. Bilder aus der Geschichte des Vaterlandes.
307
Er sollte nach Corny, wo der Feldherr Prinz Friedrich Karl sein
Hauptquartier hatte, gebracht werden. Auf diesem Wege kam er mit
dem ihn begleitenden preußischen Soldaten durch das Dorf, wo seine
Frau und seine Kinder wohnten. Er bat daher um Erlaubnis, seine Familie
besuchen zu dürfen, und der gutmütige Pommer, der an seiner Seite
ging, gewährte es sogleich. Da war denn die Freude des Wiedersehens
groß. Die arme Frau schluchzte vor Rührung, als sie auf wenige
Augenblicke ihren lieben Mann wieder hatte. Aber nun bat sie dringend,
ihn wenigstens noch bis Corny begleiten zu dürfen. Auch das ward ihr
gestattet. Doch da ergab sich eine neue Schwierigkeit wegen der Kinder.
Der kleine fünfjährige Bube konnte freilich schon an seines Vaters Seite
dahintraben; aber da war noch ein kleiner Säugling, der ohne Pflege
und Wartung nicht zurückbleiben konnte, die Mutter aber war viel zu
schwach, ihn die lange Strecke zu tragen. Jedoch auch diese Schwierig-
keit ward überwunden. Der gute Pommer, der wohl an seine eignen
Kinder daheim dachte, erbot sich, auf seinem Arm das Kleinste zu tragen;
und da er kurz vorher gerade in diesem Dorfe neben dem Hause der
Frau im Quartier gelegen und sich mit den Kindern befreundet hatte,
so streckte ihm der Säugling auch seine kleinen Arme entgegen und legte
ganz zufrieden sein Köpfchen au die Schulter des Mannes. So kam es,
daß der preußische Soldat des Franzosen Kind trug. Die Frau hing
am Arme des Gefangenen, der ältere Knabe schmiegte sich an den Vater,
und der Pommer mit dem jüngsten Kind auf dem Arme stiefelte nebenher.
Unterwegs erzählte die Frau ihrem Manne, wie die preußischen Soldaten,
als sie krank gelegen und ohne Nahrung gewesen sei, ihr tägliches Brot
und Fleisch mit ihr geteilt, Holz und Wasser herbeigeschleppt, Feuer
angezündet und ihr sonstige Hilfe geleistet hätten. Die düstere Miene
des Gefangenen hellte sich dabei immer mehr auf, und sieh da! plötzlich
ließ er den Arm seiner Frau fahren, und die beiden Männer, welche
zwei einander feindlich gegenüberstehenden Völkern angehörten und vor
wenigen Tagen vielleicht Mann gegen Mann gefochten hatten, umarmten
sich wie Brüder. In herzlichster Freundschaft langten sie miteinander
in Corny an. Vaterländisches Lesebuch.
341. Geschichten aus dem Leben Kaiser Wilhelms I.
1. Warum Kaiser Wilhelm die Kornblumen so gern hatte.
Als im Jahre 1807 das preußische Königspaar mit seinen Kindern
sich vor dem Eroberer Napoleon von Königsberg nach Memel zurück-
ziehen mußte, brach an dem Wagen, in dem sich die Königin Luise mit
dem zwölfjährigen Kronprinzen und dem zehnjährigen Prinzen Wilhelm
befand, ein Rad. Da der Unfall auf offener Landstraße, fern von einem
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Extrahierte Personennamen: Corny Friedrich_Karl Friedrich Karl Pommer Corny Pommer Corny Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelm Napoleon Wilhelm