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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 175

1912 - Stadthagen : Heine
175 — nach Westen ging. Sa konnte niemand bevorzugt werden. Jeder bekam gutes und schlechtes, naheliegendes und entferntes Ackerland. Angesehene Volksgenossen erhielten mehrere Lose. Aus allen Feldern mußte dieselbe Frucht gebaut werden, auch die Bewirtschaftung gleichzeitig geschehen. Ferner nutzte jeder dulden, datz aus seinen! Brachlande geweidet und über seinen Acker gefahren wurde. Neben der Feldgemeinschaft herrschte also der Flurzwang. — Allmäh- lich mangelte es hier wie bei anderen Volksstämmen infolge von Über- völkerung an dem erforderlichen Grund und Boden. Darin liegt jedenfalls eine der Veranlassungen, die zur späteren Völkerwan- derung führten. Was die Ackerbewirtschaftung anbetrifft, so war die Herbst- bestellung, auch die Obstkultur, der Garten- und Wiesenbau aufäng- lich noch unbekannt, das Ackerland noch nicht dauernd vou Wald- und Weideland geschieden. Aber während noch zu Casars Zeit alljährlich ein neues Stück Wildland verteilt und iu Anbau ge- nommen wird, werden zur Zeit des Tacitus schon in längeren Zwischenräumen neue Ackerfluren abgegrenzt und unter den Pflug genommen. Da mau deu Acker nicht düngte, konnte mau ihu nur einige Jahre hintereinander bebauen; dann ließ man ihn ebenso lange brach liegen. Der Ubergang von dieser sogenannten Wechsel- oder Zweifelderwirtschaft zur Dreifelderwirtschaft durch Ein- sührung der Wintersaaten hat sich erst viel später vollzogen, aber noch längere Zeit vor Karl dem Großen. Staatliche Einrichtungen. Die Bevölkerung war in drei Stände geschieden. Als vornehmste Klasse galt durch Ansehen und Besitz der Adel (westgerm. etheling, althochd. adaling), aus dem in der Regel die Führer gewählt wurden. Die große Masse des Volkes bildeten die Freien, die alle gleichberechtigt waren. Die Unfreien (Knechte, Sklaven) waren Kriegsgefangene, Fremde oder durch freiwillige Unterwerfung aufgenommene Kolonisten. Sie dienten als Hausgesinde oder hatten als Landsiedler bestimmte Ab- gaben und Herrendienste (Fronden) zu leisten; ihre Zahl war nicht bedeutend. Ein Unfreier konnte für besondere Verdienste durch Wehrhastmachung (Belehnung mit Schild und Speer) auf Beschluß der Volksversammlung freigelassen werden. — Bei den Westgermanen gab es noch als Zwischenstufe zwischen Freien und Unfreien die

2. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 176

1912 - Stadthagen : Heine
176 — Hörigen. Das waren gewaltsam unterworfene und auf fremdem Grund und Boden angesiedelte Leute, die später allgemein als Laten bezeichnet werden. Alle nahverwandten Familien bildeten eine Sippe und blieben ursprünglich zusammen. Mehrere Sippen oder Geschlechter waren zu Heereszwecken als Hundertschaften vereinigt. Darunter ist in Niedersachsen, wo man nach dem sogen. Großhuudert zählt, eine Anzahl von 120 wehrhaften Männern zu verstehen, die aber mit Frauen, Kindern und Knechten gewiß mehrere hundert Köpfe um- faßte. Als übergeordnete Heeresabteilungen über deu Hundert- schaften erscheinen in der ältesten Zeit die Tausendschaften. Aber schon zur Zeit des Tacitus gelten bei diesen Bezeichuungen für die Zufammenfetznng des Volksheeres nicht mehr die Zahlen, sondern nur noch die Namen; es ist also gleichgültig, ob die Hundertzahl hundert Manu oder huudert Familieu bedeutet. Vielmehr ist uuter einer Hundertschaft bereits ein räumlich begrenztes Gebiet zu ver- stehen, das einen eigenen Gerichtsbezirk darstellt und nuumehr als Gau bezeichnet wird. Der Gau bildet somit den engsten staatlichen Verbaud, wie die Markgenossenschaft die engste wirtschaftliche Vereinigung. In vielen Fällen wird Wohl die Zusammenlegung mehrerer Hundertschaften zu einem Gau erfolgt fein. Zahl und Größe der Gaue innerhalb des einzelnen Volksstammes war sehr verschieden. An der Spitze eines Gaues stand ein gewählter Führer (Fürst), der vor allem auch das Richteramt auszuüben hatte. Er Pflegte sich aus jüngeren und älteren Männern ein Gefolge zu bilden, das ihm im Kriege als Leibwache, im Frieden als ständiges Ehren- geleite diente. In das Gefolge konnte nnr eintreten, wer das Waffenrecht besaß. Die Mannen waren ihrem Herrn tren ergeben, der ihnen dafür Unterhalt und Geschenke gewährte. Im übrigen ist die Gauverfassung der alten Germanen in Dunkel gehüllt. Kriegswesen. Die germanische Heeresverfassung beruhte auf der Wehrpflicht aller waffenfähigen Männer. Nnr Unfreie, Hörige und ihrer Ehre verlnftige Freie gehörten nicht znm Heere. Das Heer war nach Ganen, Hnndertfchaften, Geschlechtern, Sippschaften gegliedert und bestand fast nnr aus Fußtruppen. Es wurde in keilförmigen Kolonnen anfgeftellt. Das Aufgebot zur Heerfahrt

3. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 178

1912 - Stadthagen : Heine
— 178 — gebotenen Dingen durch Landgeschrei erfolgte, d. i. durch Blasen des Heerhornes. Die Volks- oder Gerichtsversammlung wurde in feierlicher Weise eröffnet. Zunächst erfolgte die Hegung des Dingplatzes, in- dem man eine Einfriedigung mit Pfählen, die durch Schnüre der- Kunden wurden, herstellte. Den Zuhörern, die auch nicht ding- Pflichtige Volksgenossen sein konnten, war das Uberschreiten dieser Schranke bei Todesstrafe verboten lvgl. Oftaradienst, S. 139). Dann sprach der Priester oder Älteste (später der Gaugraf) die drei Hegungsfragen: ob es die rechte Dingzeit und der rechte Ort sei, ob das Gericht dem Rechte gemäß besetzt oder gehegt sei, und ob man dem Diug Frieden gebieten möge. Auf die bejahende Antwort verkündete er dann den Dingfrieden mit der Formel: „Ich gebiete Lust und verbiete Unlust", wodurch er sich Gehör verschaffte und Schweigen gebot. Durch die vor Einführung des Christentums übliche Hegung wurde die Versammlung gebannt oder geheiligt, d. h. unter den Schutz und Frieden des Gottes Ziu gestellt, der als Schwert- und Kriegsgott zugleich der Gott des Heeres wie des Diuges war ; des- halb sah man auch jede Störung als eine Beleidigung der Gottheit an, deren Wahrzeichen (Fahne, Schild, Schwert) als Sinnbilder des Dingfriedens aufgerichtet waren. Jede Gerichtsverhandlung fand bei Tage statt (tagadinc, Gerichtstag) und mußte vor Sonnenuntergang beendet sein. Zur Uberführung des Beklagten dienten Zeugen oder Eideshelfer, häufig aber auch eiu Gottesurteil (Wasser- und Feuerprobe, Zweikampf). Alle Missetaten wurden als Friedensbruch aufgefaßt, der fchwer oder leicht fem konnte. Schwerer Friedensbruch, nämlich Mord, Landes- verrat, Beleidigung der Götter, Heeresflucht oder sonst eine gemeine Handlung, unterlag öffentlicher Strafe, leichter dagegen nur dann, wenn er von dem Verletzten oder seiner Sippe vor Gericht gebracht wurde. Die beleidigte Sippe hatte das Recht der Fehde (Feind- schast) und konnte den Friedensbrecher ungestraft verfolgen, unter Umständen selbst töten (Blutrache, Kriemhild). Eine der schwersten Strafen, die das Volksgericht verhängte, war die Verurteilung zur Friedlofigkeit (Acht), die gleichbedeutend war mit Todesstrafe. 5?rei- heitsstrafen gab es nicht. Die gewöhnliche Strafe war die Zahlung

4. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 179

1912 - Stadthagen : Heine
— 179 — eines Sühn- ober Bußgeldes, bei Tötungen Wergeld genannt (Manngeld; vir, Wer, Mann). Als Büß- und Wergeld wurden an die geschädigte Familie oder Sippe Rinder, Pferde und Getreide gezahlt (f. Kap. die Sachsen!). Der durch solche Leistungen erkaufte Friede hob die Fehde auf, die darum Unfehde oder Urfehde genannt wurde. Das Urteil des Volksgerichts bedurfte der Zustimmung aller Dingleute. Die Ablehnung äußerte sich durch Murren, die Zu- stimmuug durch Schwingen ltnb Zusammenschlagen der Waffen, zumal der Speere oder Schilde. Verräter und Überläufer, so be- richtet Tacitus, hängt mau an einen Baum; Heerflüchtige und Un- züchtige werden mit übergeworfenem Flechtwerk in Morast und Sumpf versenkt. Der Sinn dieser Anwendung zweier entgegen- gesetzter Todesstrafen ist der, daß bei der Bestrafung Verbrechen öffentlich gezeigt, Schandtaten verborgen werden müssen. Nach Einführung der fränkischen Gerichtsverfassung durch Karl den Großen lral an die Stelle der Gerichtsgemeinde allmählich ein Beirat von 7 oder mehr Bürgen, die das Urteil finden oder aus ihrer Erfahrung schöpfen mußten (Schöffen). Auch gab es jährlich nur drei echte Dinge mit dem Grafen als Vorsitzenden (G r a s e n g e r i ch t e), denen die wichtigeren Rechtssachen zufielen, während auf den gebotenen Dingen (Gogerichten) nur geringe, mit Geld zu büßende Frevel verhandelt werden durften. Hier liegt der Anfang der später durchge- führten Trennung von hoher und niederer Gerichtsbarkeit, die in der Neuzeit ols Land- und Amtsgericht bekannt ist. Richter auf den Gogerichten (Hunredingen, Hundertschafts- oder Zent- gerichten; Hunne oder Zentenar) waren zuerst Priester aus edlem Geschlecht, später aber die von den Bauern selbst erwählten Gografeu, bis endlich, als die Gogerichte unter die Hoheit der Landesfürsten gekommen waren, Droften, Amt- leute oder Vögte an ihre Stelle gesetzt wurden. Das Wort Graf oder Gräfe (der Gebieter, Befehlende) ist erhalten in den Familiennamen Greve, Hogrefe, Wieggrefe. Als Gogerichtsstätten sind bei uns Lauen Hägen und Vehlen bekannt. Das Lauenhäger Gericht (um 1520 aufgehoben), galt als rücksichtslos strenge, so daß sich das Sprichwort gebildet hatte: „Das Lanenhäger Recht scherzet nicht". Es heißt, daß Übeltäter auf 10, Landfremde auf 5 Meilen im Umkreis aus dem gefreiten Bezirk der Hagendörfer (S. 90) verwiesen seien. Nach dem Besaet-Reg. für d. Amt Bückebg. v. I. 1616 wurde jährlich ein „Landgericht" zu Vehlen auf Pet.-Paulstag (29. Juni) geheget und gehalten. Der Sch.-Lipp. Kal. v. I. 1775 vermerkt das „Gogericht" zu V. unterm 24. Januar; als solches bestand es noch im Anfange des vorigen Jahrhunderts unter dem Schutz der Herren von Klenke. Die heidnische Religion der Germanen. Die älteste Religion der Germanen war ein an Sonne, Mond und die Elementar- kräste geknüpfter Naturdienst (Sonn- und Montag). In den Natur- krästeu stellte man sich schließlich persönliche Gestalten als Götter vor. Als Schöpfer der Welt wird Allvater verehrt, in dem die Eigenschaften aller übrigen Götter sich vereinigen. Unter ihm stehen zwölf Halbgötter, deren oberster Wodan (Odin) ist. Wodan (dem römischen Gott Merknrins und dem griechischen Hermes gleich) 12*

5. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 203

1912 - Stadthagen : Heine
— 203 — Grenzen und wurden erst später in manchen Gegenden so gesteigert, daß die Lage der Bauern eine recht drückende wurde. Aus der alten Meiergutsversassuug beruht die Entstehung und Entwicklung der verschiedeneu Arten unserer Bauernhöfe, worüber an anderer Stelle im Zusammenhange erzählt ist. Sächsische Schriften. Der Heliand, eine dichterische Bearbeitung der Heilandsgeschichte in altniedersächsischer Mundart, die wahrscheinlich zur Zeit Ludwigs des Frommen entstanden ist, zeigt uns, wie innig die christliche An- schauung bereits mit dem deutschen Volksgemüt verwachsen war. In dem Sachsenspiegel aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts, zuerst lateinisch ge- schrieben, dann ins Deutsche übertragen, besitzen wir das älteste und vorzüglichste Rechtsbuch unserer Vorfahren; in ihm sollten die Sachsen ihr rechtlich geordnetes Leben wie im treuen Bilde eines Spiegels wiedererkennen, daher der Name. Die fogen. Weistümer (Urteile über bestimmte Rechtsfälle) waren Rechtsbücher, die alte Volksrechte enthielten, bald in ihrer ursprünglichen Gestalt, bald ver- mehrt mit Bestimmungen aus dem römischen und fränkischen Rechte. Neben diesen Volksrechtsbüchern entstanden unter und nach Karl dem Großen die Reichsgesetzbücher, in denen Bekanntmachungen, Gesetze, Verordnungen usw. gesammelt und geordnet wurden. Wichtige Geschichtsquellen sind auch die ver- schiedenen Annalen (Jahrbücher) und Chroniken (Zeitbücher). Die Herstellung und Verbreitung von Büchern und Schriften wurde hauptsächlich in den Klöstern gepflegt (S. 42), die überhaupt eine Pflegestätte der Kunst und Wissenschaft im Mittelalter waren, bis die Städte zur Blüte kamen.

6. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 210

1912 - Stadthagen : Heine
— 210 wurde. Während dem Vogte als Richter zunächst nur die kleineren Strafsachen zufielen, dem Grafen aber die schweren Straffälle ver- blieben, wurde jenem vom 10. Jahrhundert ab die gesamte Recht- sprechung für seinen Bezirk (Vogtei) übertragen. Im Laufe der Zeit machten die Vögte ihr Amt erblich und beuteten es im eigenen Interesse aus. Als die geistlichen Herren darüber mit ihnen in Streit gerieten, wurden schließlich die Vogteien eigenen Beamten übergeben. Wie die Verleihung der Immunität, so schloß auch die des Bannes gewisse Vorrechte in sich. Man spricht von Heer-, Markt-, Burg- und Wildbännen. Urkunden dieser Art bestätigen das Recht, Leute zum Heeresdieuste aufzubieten, Markt abzuhalten (mit Gewähr- leiftung von Schutz für die Marktbesucher und oft auch dem Zuge- stäudnis von Zoll und Münze), Burgbaudienste zu fordern oder das Jagdrecht auszuüben. So wird n. a. dem Bistum Minden der Heerbann 1009 und der Wildbann über silvam Suntal (das Süutelgebirge) 991 verliehen. Der Graf war ursprünglich als königlicher Beamter Anführer des Heerbannes, Vorsteher im Gaugerichte, Verwalter der königlichen Regalien (der Münz-, Zoll- und Bergwerkserträgnisse), Spolien (Einnahmen aus freigewordenem Kirchengut), Bannwälder (Staats- forsten im Gegensatz zu deu Klosterforsten und den Waldungen der Markgenossenschaften) und Gefälle (Kriegssteuern, Gerichtsgelderu usw.). Am wichtigsten von all diesen Tätigkeiten war sein Richter- amt im echten Diug (S. 177—179). Als oberster Richter im Gau (außer Vogteien) konnte er auf die Nichtbefolgung seiner Gebote Geldstrafen bis zu 15 Schillingen, in besonderen Fällen auch deu Königsbann vou 60 Schillingen verhängen. Alle drei Stände waren zum Besuch der ordentlichen Gerichte (echten Dinge) verpflichtet, Ausbleiben wurde mit vier, zwei bezw. einem Schilling bestraft. Im 10. und 11. Jahrhundert änderte sich die bisherige Stellung der Grafen, indem ihre Ernennung als königliche Beamte auf dem Wege der Belehnung erfolgte. Sie waren nun nicht mehr bloße Beamte des Königs, sondern Lehnsträger des Reiches. Als solche erlangten sie nach und nach selbständige Gewalt. Schon im 12. Jahrhundert waren die Grafen vom Könige soweit unabhängig, daß sie uicht nur über die Gerichtsbarkeit in ihren Gebieten selb- ständig verfügten, fondern auch alle foustigeu, früher dem Könige

7. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 354

1912 - Stadthagen : Heine
— 354 — die Landeskasse zahlen, ferner 7s des jährlichen Anteils an den reinen Einkünften des hiesigen Bergwerks und endlich 1/3 der jähr- lich ans Reich zu leistenden Abgabe. Hautfarben. Staatswappen. Unsere Landesfarben sind weiß- rot-blan. Das Staatswappen (seit Graf Philipp) zeigt einen vierteiligen Schild mit rotem Mittelschild und in letzterem ein silbernes Nesselblatt (Schaumburg). Ju den Weißen Schildflächen 1 und 4 findet sich eine fünfblätterige Rose (Lippe), in den roten 2 und 3 eine Schwalbe auf einem achtzackigen Sterne. (Diese Zeichen erinnern an die früheren Grafschaften Schwalenberg und Sternberg in Lippe' erstere fiel um 1350, letztere um 1400 an die Edelherren zur Lippe). Das Wappen wird von zwei Engeln gehalten, die weiße Gewänder tragen und in der freien Hand Palmenzweige halten. Es wird von einem Hermelinmantel um- rahmt und von einer fünfbügeligen Krone überragt (Ausführl. Beschr. in Land.-Verordn. 1904 M 18). Kandtag. Bei der Feststellung des Landes-Etats und bei der Beratung von Gesetzen wirkt der Landtag mit, dem auch das Recht der Prüfung der Landesfinanzen zusteht. Der Landtag besteht aus 15 Mitgliedern, die alle 0 Jahre gewählt werden; berufen werden 2 vom Fürsten als Vertreter des domauialen Grundbesitzes, gewählt 1 vou der Ritterschaft, 1 von der Geistlichkeit, 1 von den beamteten Juristen, Medizinern und studierten Schulmännern, die übrigen 10 gehen aus allgemeinen, gleichen und direkten Wahlen hervor, nämlich 2 von Bückcburg, 1 von Stadthagen und 7 vom Lande (3 für den Kreis Bückeburg und 4 für den Kreis Stadt- Hagen, Ges. v. 4. Juli 1879). Die Landtagsabgeordneten haben sich als die Vertreter des ganzen Landes zu betrachten; sie handeln lediglich nach ihrer Uberzeugung und sind an Vorschriften nicht ge- buuden. Sie können wegen ihrer Anträge und Abstimmungen im Landtage niemals zur Verantwortung gezogen Wörden. Staats- diener bedürfen zum Eintritt in den Landtag keines Urlaubs, auch brauchen sie die Kosten ihrer dienstlichen Vertretung uicht zu tragen. Die Abgeordneten erhalten an Tagegeldern 6 Jl. In der Regel wird zu Aufaug des Monats Februar ein ordentlicher Landtag ein- berufen. Die Sitzungen sind in der Regel öffentlich. Ausnahms- weise kann auf Antrag eines Regierungskommissars oder auch eines Landtagsmitgliedes die Öffentlichkeit durch Beschluß des Landtages für bestimmte Beratungsgegenstände ausgeschlossen werden. Be-

8. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 355

1912 - Stadthagen : Heine
— 355 — schlußfähig ist der Landtag bei Anwesenheit von 2/3 seiner Mit- glieder. Er kann sich auf 14 Tage selbst vertagen. Längere Ver- tagnng bedarf der Zustimmung des Fürsten. Von Landtag zu Landtag besteht ein Landtags-Ansschuß von 3 Mitgliedern. Die näheren Bestimmungen über die Wahlen zum Landtage sind in dem Wahlgesetz ü. 17. Nov. 1868 (Neue Fassung v. 22. März 1906) enthalten. Der Wähler mutz 1. schaumb.-lipp. Staatsangehöriger sein oder Besitzer bzw. Mit- besitzer eines der folgenden Güter: Der beiden v. Oheimbschen Rittergüter in Stadthagen, des v. Landesbergschen daselbst, des v. Oheimbschen zu Enzen, des v. Oheimbschen zu Helpsen, des v. Münchhausenschen zu Remeringhausen, endlich des v. d. Busscheschen zu Brummershop, 2. das 25. Lebensjahr vollendet haben, 3. darf nicht unter Kuratel (Vormundschaft) stehen, 4. keine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln weder zur Zeit der Wahl beziehen noch innerhalb des letzten Jahres vor derselben bezogen haben, 5. sich zur Zeit der Wahl nicht im Konkurse (Zahlungsunfähigkeit) befinden', 6. keine von einem ordentlichen Gerichte zuerkannte entehrende Strafe erlitten haben, auch keines solchen Verbrechens, das einen eiuehrenden Charakter an sich trägt, durch rechtskräftiges Urteil für schuldig erkannt worden sein. Wählbar ist jeder Schanmburg-Lipper, der das 30. Lebensjahr vollendet hat. Die Wahl geschieht durch Stimmzettel, nur werden sie nicht wie bei der Reichstagswahl in Umschläge gesteckt. Es werden soviel Wahlkreise gebildet, als Vertreter zu wählen sind. Jeder Wahlkreis wird in kleinere Bezirke geteilt, die möglichst mit deu Ortsgemeinden zusammenfallen sollen. Kein Wahlbezirk darf mehr als 3300 Seelen nach der letzten allgemeinen Volkszählung enthalten. Die Regierung ernennt für jeden Wahlkreis einen Wahlkommiffar und für jeden Wahlbezirk einen Wahlvorsteher. Die Wahlhandlung wird geleitet vom Wahl- Vorsteher und zwei Vertrauensmännern. Als gewählt gilt derjenige, der mehr als die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Hat sich eine absolute Stimmenmehrheit nicht herausgestellt, so erfolgt eine engere Wahl zwischen den beiden Kandidaten, die im ersten Wahltermine die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit im zweiten Wahltermine entscheidet eine durch die Wahlkommission vorzunehmende Losziehnng. Ministerium. Die Regierung und oberste Behörde des Fürstentums ist das Fürstliche Ministerium, das seiuen Sitz in Bückeburg hat. Es besteht aus 3 vom Fürsten ernannten Mit- gliedern. Vorsitzender im Ministerium und erster Beamter des Landes ist der Staatsminister. Das Ministerium stellt die Ein- nahmen und Ausgaben des Staatshaushalts auf, bereitet den Erlaß neuer oder die Aufhebung und Abänderung alter Gesetze vor und beaufsichtigt die einzelnen Behörden in Stadt und Land (Verwaltuugs- und Polizeibehörden, Mediziualwefen, Bau- und Katasteramt, Gewerbe-, Steuer- und Kassenwesen, Gerichtsbe- Hörden u. a.). Es übt auch besonders die Verwaltung des Schul- Wesens als Oberschulbehörde aus und vertritt das Land nach außen. — Alle Landesgesetze und behördlichen Verordnungen werden in den Schaumburg-Lippifcheu Landesverordnungen bekannt 23*

9. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 358

1912 - Stadthagen : Heine
— 358 — anzudrohen. Das Ministerium ist befugt, gegen die Nichtbefolgung der Polizeivorschriften Geldstrafen bis zum Betrage von 150 Mk. anzudrohen und von den Ortspolizeibehörden erlassene Polizei- Vorschriften außer Kraft zu setzen. Beschwerden gegen die Polizei- lichen Verfügungen der Orts-(Guts-)Vorsteher sind zulässig an das Landratsamt und gegen dessen Bescheid an das Ministerium, gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden an das Ministerium. In engster Beziehung zu den Polizeibehörden steht die Gendarmerie. Sie ist militärisch geordnet und untersteht einem Kommandeur. Die einzelnen Gendarmen sind ans die Sektionen Bückeburg, Stadt- Hagen, Hagenburg, Lindhorst, Meinsen, Sülbeck und Steinbergen verteilt. In Bückeburg und Stadthagen befinden sich Gefangen- anstalten, die von der Staatsanwaltschaft beaufsichtigt werden. Die Polizeiverwaltung umfaßt Verschiedeue Zweige, für die besondere Gesetze und Verordnungen erlassen sind. Die Baupolizei hat Sicherheit, Wohnbnrkeit und bauliche Lage der Neubauten zu prüfen, namentlich auch solche Bauten, die als öffentliche Versammlungsräume dienen (18, g^; 19 . 407 — die großen Zahlen bezeichnen den betr. Band der Landesverordnungen, die kleinen die Seiten- zahl). — Nach den Vorschriften der Wegepolizei liegen Bau und Unterhaltung der öffentlichen Wege dem Staate, den Amtsbezirken oder den Gemeinden ob (Staatsstraßen, Amtsstraßen, Gemeindewege). Öffentliche Wege sind solche, welche zu allgemeinem Gebrauche dienen und demselben kraft Privatrechts nicht entzogen werden können. Die Beschränkung des allgemeinen Gebrauchsrechts auf bestimmte Verkehrsmittel (Fahr-, Trift-, Reit- und Fußweg), auf bestimmte Verkehrszwecke (Kirchen-, Schulweg usw.) oder auf bestimmte Perkehrsgegen- stände (Abfuhrwege für Steiue, Holz, Torf usw.) hebt die Eigenschaft des Weges als eines öffentlichen nicht auf. Privatwege find solche Wege, deren allgemeiner Gebrauch in jeder Beziehung kraft Privatrechts untersagt werden kann. Die Privatwege sind der Aufsicht der Wegepolizei nicht unterworfen, wohl aber die Feldwege. Bei Neuaulage vou Wegen kann das Enteignungsgesetz v. 23. März 1896 in Anwendung kommen (11, ^z). Fabriken, Bergwerke, Stein- bräche, Ziegeleien usw. können zu den Kosten der Unterhaltung herangezogen werden (16, 188). Zwecks Anleguug und Veränderung von Straßen und Plätzen können Straßen- und Baufluchtlinien dem öffentlichen Bedürfnisse entsprechend festgesetzt werden (17, igg). — Die Wasserbaupolizei verpflichtet die Eigen- tümer von Grundstücken an natürlichen Wasserläufen zur Räumung der Gewässer. Fabriken, Bergwerke usw. können zu den Räumungskosten herangezogen werden (17, 444). — Die Feuerpolizei regelt das Feuerlöschwesen und den landespolizeilichen Teil des Versicherungswesens gegen Feuersgefahr (10, 613; 20,33). — Die Gesuudheitspolizei prüft die Lebensmittel, die mitunter verdorben und verfälscht sind, ordnet die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, trifft Maßregeln gegen ansteckende Krankheiten und bekämpft die Kurpfuscherei (19, ^7! 16,421! 20,203). — Die Ordnuugs- und Sittenpolizei achteraus die Heilighaltung des Sonntags und der Feiertage (Schließung der Lüden, Sonntags- ruhe: 4,233! 5, 222» 249» 8,19g, 200 > 21,5^ , 22,20g)< beaufsichtigt die Wirtschaften (öffentl. Tanzlustbarkeiten: 12, 237! 14,328,32?; 17, 239? 21, 147polizeistunde: 14, zgg), ist tätig bei größeren Versammlungen, Festen, bei Feuersbrunst, Über- schwemmung usw. Sie überwacht auch den Zu- und Abzug sremder Personen (20, 157) und das Gesindewesen (18,103) und verhütet die Tierquälerei. — Die Jagdpolizei prüft den Umfang des Jagdreviers und die Ausübung der Jagd. Jeder Gemeiudebezirk, der eine Fläche von mindestens 500 Morgen umfaßt.

10. Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe - S. 363

1912 - Stadthagen : Heine
— 363 — sein pflegt, auf eine längere Reihe von Jahren der Besteuerung zu- gründe gelegt werden. So wird bei uns die Gebäudesteuer alle 15 Jahre einer Revision unterworfen. Die Heberollen der Gruud- steuer liegen alljährlich in den Gemeinden zur Einsichtnahme ans. Gerichtsbehörden. Von der Verwaltung des Landes ist die Rechtspflege (Justiz) scharf getrennt. Die damit vom Staate betrauten Behörden sind die Gerichte. Sie sind hauptsächlich dazu berufen, bei Rechtsverletzungen oder Rechtsstreitigkeiten einzuschreiten, um auf Gruud der bestehenden Gesetze im Namen des Landesherrn (das Reichsgericht im Namen des Reichs) Recht zu sprechen. Man unterscheidet eine streitige und eine freiwillige Gerichtsbarkeit. Die streitige Gerichtsbarkeit umfaßt die eigentlichen bürger- licheu Rechtsstreitigkeiten (Bezahlung von Forderungen) uüd die Strafsachen (Strafgerichtsbarkeit). Bei der Zivilgerichtsbar- feit stehen sich regelmäßig zwei Parteien gegenüber, der Kläger und der Beklagte (Parteibetrieb), bei der Strafgerichtsbarkeit wird das Verfahren vom Staate selbst (Staatsanwalt) betrieben (Offizialbetrieb). Zu den Aufgaben der freiwilligen Gerichts- barkeit gehören Vormundschaftswesen, Führuug von Grund- und Hypothekenbüchern, von Handels- und Vereinsregistern, Errichtung und Beglaubigung von Testamenten, Urkunden usw. — Seit dem 1. Okt. 1879 sind die Gerichte im ganzen Reiche gleichmäßig ge- staltet. Es gibt Amts-, Land-, Oberlandesgerichte und das Reichsgericht. Mit der Einführung dieser einheitlichen Gerichts- Verfassung hat die Privat- oder Patrimonialgerichtsbarkeit, die früher den Städten, den Standesherren und den Rittergütern zustand, von selbst aufgehört und ist auf den Staat übergegangen. Als Sonder- gerichte bestehen im Reiche nur noch die Militär-, Gewerbe-, Kauf- manus-, Konsulargerichte, die Ablösuugskommissioneu usw. — Eine Klage wegen Beleidigung (außer gegen Behörden, Beamte zc.) ist nach § 420 der Strafprozeßordnung, falls die Parteien in derselben Gemeinde wohueu, erst dann zulässig, wenn der von einer Ver- gleichsbehörde (Gemeiudevorste-Her, Magistrat; 13,231) als Friedens- gericht angesetzte Sühnetermin erfolglos geblieben ist. Unsere nächsten gerichtlichen Behörden sind die beiden Amts- gerichte in Bückeburg und Stadthagen. Sie entscheiden alle ver- mögensrechtlichen Streitigkeiten über einen Wert bis zu 600 M,
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