Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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Zwei Tage später dampft der „Albatros" die Küste entlang weiter
nach Norden, und wir nehmen gern Teil an der Fahrt. Zahllose Eis-
berge schwimmen in den grünen Fluten, und es gilt die größte Vorsicht,
um das stolze Schiff vor Schaden zu behüteu. Diese schimmernden Massen
sind die gefährlichsten Feinde der Fahrzeuge, welche in die Gewässer des
hohen Nordens vordringen. Ein eigentümlicher weißer Glanz am Himmel,
der sogenannte Eisblink, verrät dem Kundigen das Anrücken größerer
Treibeismassen schon in beträchtlicher Eutsernuug. Jener warnende Schein
ist nichts anderes, als das von Schnee oder Eis am Horizonte zurück-
geworfene Licht. Seine Färbung ist sehr verschieden; wenn er ans Schnee
am Lande hindeutet, ist er tiefgelb, über Eisfeldern hellgelb und sehr
blaß, über sogenanntem Packeis (durch ueugebildetes Eis fest verbundenen
Blöcken) reinweiß, über jungem Eise leicht graulich. Wenn sich dagegen
eine eigentümliche Dunkelheit am Gesichtskreise bemerkbar macht (ein so-
genannter Wasserhimmel), dars der Reisende zuversichtlich ans eisfreies
Wasser hoffen. Behutsam arbeitet sich der „Albatros" durch die Eis-
berge, die bald weile, regelrechte Gassen bilden, bald sich nnld durch-
einander schieben, je nachdem Wind und Wellen aus sie einwirken. Plötzlich
tritt vor dem Hauche der Luft starker Frost ein; ein leichter Schneefall
beginnt, schwere Nebel lagern sich auf dem Meere. Ohne Unfall er-
reichen wir trotzdem den Hafen der wichtigen kleinen Stadt Godhaven
anf der Insel Disko. Hier inachen alle Grönlandfahrer Halt, und des-
wegen ist das Nestchen auch besonders bekannt.
Wie in anderen Kolonien, so gehören auch hier die wenigen hölzernen
Häuser deu Europäern, und das Baumaterial dazu wird mit schweren
Kosten aus Dänemark herbeigeschafft. Diese Behausungen sind ohne Aus-
nahme nur eiu Stockwerk hoch, und um sie einigermaßen gegen den Ein-
flnß der furchtbaren Winterkälte zu sichern, erbaut man sie mit doppelten
Wänden und verklebt die Außenseite sorgsam mit Pech. Das verschönert
den Anblick allerdings nicht, aber es ist praktisch. Die dänischen Beamten
sind in Bezug anf die Wohnungen ziemlich anspruchslos; das Haus des
Gonvernenrs, der uns sreuudlich bewillkommnet, besteht z. B. nur aus
-einem größeren und einem kleineren Wohnzimmer und einem Eßzimmer,
sowie den sonstigen unentbehrlichen Räumlichkeiten. Aber es genügt seinem
Zwecke als öffentliches und privates Gebäude vollkommen, lind die sinnige
Gattin hat es gar traulich und behaglich für die lange, bange, starre
Winternacht einzurichten gewußt. Gerade hier, wo die Menschen einen
großen Teil des Jahres hindurch sast ausschließlich aus den Aufenthalt
im schützenden Hanse angewiesen sind, wird wohlthueude Behaglichkeit im
Heim doppelt angenehm empfunden. So schmücken denn in dem kleinen
Hause Abbildungen von Blumen und Früchten die Wände des Speise-
zimmers, im Wohnzimmer sinden sich Bücher, Bilder und Noten in Menge,
und das Piano in der Ecke erfreut sich offenbar eifriger Benutzung. Ganz
besonders freundlich mutet uns aber der Anblick der bunten Blumen au,
die, sorgfältig von zarten Händen gepflegt, am Fenster blühen. Sie sind
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den Bewohnern der bequemen und angenehmen, wenn schon unscheinbaren
Behausung eine wohlthueude Eriuneruug an die glücklichere Heimat.
Dort verursacht die Pflege dieser Kinder Floras keine besondere Mühe;
hier erheischt sie die äußerste Sorgfalt; eiueu einzigen Tag der freien
Lust ausgesetzt, würden die empfindlichen Gewächse schweren Schaden
leiden, wenn nicht ganz zu Grunde gehen. Einen gar freundlichen Ein-
druck macht es, daß kein einziges dänisches Haus des Blumenschmuckes
entbehrt.
Außer dem Hause des Gouverneurs sind hier, wie in allen Kolonien,
die Vorratshäuser, die Wohngebäude für deu Arzt, deu Missionar und
den Pfarrer, sowie die saubere, sreuudliche Kirche bemerkenswert.
Anch iu Godhaven muß der übliche Ball mit durchgemacht werden,
dann dampft der „Albatros" weiter nach Norden. Zwischen schwimmenden
Eisbergen arbeitet sich das gute Schiff tapfer durch. Vor uns liegt endlich
der vielgerühmte Arsutfjmd; er ist ziemlich eng, aber sehr tief; seine
silberschimmernden Wasser schlängeln sich durch großartige, wunderbar schöne
Felsen von 1000 — 1500 Meter Höhe hindurch. Vorsichtig nähern wir
uns dem Eingange und dringen ein; aber bis zum Ende der Bucht zu
gelangen, ist wegen der unter dem Wasser lauerudeu Klippen unmöglich.
Ein murmelndes, eigentümliches Geräusch, wie es ferne bransendes und
schäumendes Wasser hervorbringt, hat unsere Aufmerksamkeit schon lauge
erregt. Je näher wir fahren, desto lauter wird es; jetzt, da wir dem
750 Meter hohen Arsntselsen, der fast senkrecht aus dem Wasser aufsteigt,
uahgekommen sind, ist der sonderbare Lärm zu einer Stärke angewachsen,
die uns zum Schreien nötigt, wenn wir uns mit einander verständigen
wollen. Und Nim erkennen wir auch die Ursache des wundersamen Natur-
lautes. Millionen von Seevögeln, die des Felskolosses Oberfläche völlig
bedecken, bringen ihn durch ihr lautes, häßliches Geschrei hervor. Einige
abgefeuerte Flintenschüsse erregen panischen Schrecken unter der lärmenden
Gesellschaft; gleich einer schwarzen, drohenden Wolke rauscht sie unter
unbeschreiblichen! Getöse voni Felsen ans. Wie ganz Grönland im Sommer
reich an nordischen Vögeln ist, so auch diese Gegeud. Die Tiere nisten
in der besseren Jahreszeit hier, erziehen ihre Brut und wandern dann
meist uach Süden in wärmere Gegenden; nur das Schneehuhn dauert auch
im Winter der Polarwelt aus. Alle Seevögel, die sich iu dieseu Einöden
finden, sind widerwärtige Schreier. Ein einziges Vögelchen ersreut den
Reisenden durch seinen sanften Gesang- die niedliche Schneeammer.
Einer der auffallendsten Vögel im Polarmeere ist der Sturmvogel,
den die Seeleute auch Mallemuck oder Seepferd nennen. Er gehört zum
Möveugeschlecht und solgt unserem Schiffe lange Zeit mit unbewegten
ausgespannten Flügeln, kommt ihm aber niemals zu nahe. Bald senkt
er die eine, bald die andere Schwingeuspitze gegen die Wellen; nnr selten
ruht er einen Augenblick in dem Schaume, gleichsam mit ausgebreiteten
Flügeln auf der Flut schwebend. Ohne einen Schlag mit den Schwingen
zu thuu, schnellt sich der listige falsche Bursche dann plötzlich wieder in
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I.
Im Hohen Worden.
Um die hehre Majestät, aber auch die grausigen Schrecknisse der
Polarwelt kennen zu lernen, denken wir uns auf ein seetüchtiges Schiff
versetzt, das dein fernen Grönland zusteuert.
Lustig streicht unser Fahrzeug durch die blauen Fluten; die Farbe
der reinen, durchsichtigen Wasser verrät uus, daß wir uns noch im Ge-
biete des warmen, für unsern Weltteil so überaus wichtigen Golfstromes
befinden. Weiter, rastlos weiter dringt das Schiff nach Nordwesten.
Allmählich ändert sich die Färbung des Wassers, bis sie endlich in ent-
schiedenes Grün übergeht. Der erfahrene Kapitän belehrt uns, daß wir
in den Bereich einer von Nordeu, also aus der Polnrwelt, kommeudeu
Strömung geraten sind. Die schmutziggrüne Färbung rührt vorwiegend
von einer Unzahl winzig kleiner, mit dem bloßen Auge gar nicht wahr-
nehmbarer Algen und niederer Tiere her; der freundliche Befehlshaber
läßt eine Portion davon auffischen, und leicht erkennen wir, daß jene
niederen Pslauzeugebilde eiueu üblen Geruch verbreiten und schleimige
Beschaffenheit besitzen. Uberraschend schnell ist der Wechsel in der Wasser-
farbuug vor sich gegangen; aus blauein Wasser gelangten wir in oliven-
grünes, dann in blaßgrünes. Im Bereich des Golfstroines zeigte das
ins Wasser gehaltene Thermometer noch 4° Wärme, hier, im eisigen
Polarstrom, kündet der Wärmemesser nur uoch 0° Wassertemperatur.
Da ruft der Mann im Mastkorbe plötzlich: „Segel ahoi!" und
deutet mit dem Zeigesinger der ausgestreckten Rechten nach Nordwesten.
Es ist bereits so furchtbar einsam in diesen Gebieten, wir haben uns
schon so an das Gefühl ungeheurer Entfernung von menschlichen Wesen
gewöhnt, daß wir den Kapitän fragend ansehen. „Sicher ein Walfisch-
fänger", erklärt der alte Seebär. „Treiben sich gerne in diesen Gegen-
den herum. Sind hier die besten Jagdgründe auf das Riesenwild."
Er giebt sodann mit ruhiger Stimme Befehl, ans das einsame Schiff
zuzusteuern. „Ist jetzt nicht viel mehr von Walen hier zu sehen," erzählt der
wackere Kapitän. „Gab eine Zeit, da fuhren jedes Jahr von Bremen
mehr als zwanzig, von den Weser- und Elbhäfen insgesamt zwischen
fünfzig und sechzig stattliche Schiffe iu die nördlichen Gründe ans und
erlegten vier- bis fünfhundert der specktragenden Ungeheuer. Vou
1770—90 brachten deutsche Schiffe 'die Ausbeute vou 2200 Walen heim.
Haben sich durch unvernünftige, rücksichtslose Allsnutzung selbst den
Klcinschm idt, Lebensbildern. i
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dunklere Farbe und sind vollkommen undurchsichtig; ihre Masse besteht
nicht aus reinem Eis, sie ist mit fremdartigen Stoffen vermischt. Immer
wieder müssen wir mit Staunen und Grauen auf diese leblosen, uuge-
heuerlichen Gebilde der Polarwelt hinschauen. Langsam bewegen sie sich
vor dem Odem des Windes wie segelnde Flotten; eine unbeschreibliche
Majestät liegt in ihrem Vordringen, ihrer leuchtenden Starrheit, ihrer
Lautlosigkeit, wenn sie sich zu unabsehbaren, wie nach der Schnur ge-
zogenen Durchfahrten ordnen. Aber Entsetzen faßt uns, indem sie jetzt
vor dem Sturme in wildem Durcheinander zu drängen und zu hadern
anfangen; ein schreckliches Schieben, Reiben und Stoßen beginnt, der
eine Koloß wird ans die Kuppe des anderen hinaufgetrieben, wieder
andere klimmen darauf, eiue Grausen erregende Eissänle entsteht und
bricht endlich unter der eigenen Last zusammen. Dann dröhnt und tost
es unbeschreiblich, daß wir nns iin Gefühle unserer Ohnmacht gegenüber
solchen Gewalten mit angstbleichen Gesichtern entsetzt anschauen. Und
jetzt wieder beginnen sie. sich in wuchtigem Zusammenstoß zu zerschmettern;
es ist uns zu Mute, wie wenn eine Fehde vorsündslntlicher Mächte
vor unseren Augen ausgesochten würde. Wir meinen, die rasenden Uu-
gehener müßten einander vollständig zerstören. Aber nun besänftigt sich
ihr Groll, sie trennen sich, und mit größter Überraschung gewahren wir,
daß sie sich nicht zermalmt, sondern in neue, zuweilen noch schönere
Formen gebracht haben. Welches Glück, daß wir von einer geschützten
Bucht aus das unbeschreiblich großartige Schauspiel ungefährdet betrachten
können, daß wir den im Sturme hadernden Massen noch rechtzeitig aus-
zu weichen vermochten!
Endlich ist wieder vollkommene Ruhe iu der Atmosphäre eingetreten,
wir können an Fortsetzung der Reise zwischen den jetzt ruhig treibenden
Eismassen denken. Rüstig arbeitet sich der „Albatros" durch wechselvolle,
aber immer noch sehr gefährliche Eisgeschwader hindurch. Da taucht
ein Eisberg vor uns auf, der infolge der Einwirkung des Wellenschlages
nah daran ist, in sich selber zusammenzubrechen. Die kleinste Erschütterung
durch eiue stärkere Bewegung des Wasser kann die Katastrophe herbei-
führen. 'Auf Befehl Mr. Murphys mäßigt das Schiff daher seinen
Lanf, und unter Anwendung der grüßten Vorsicht kommen wir glücklich
an dem gefährlichen Hemmnis vorüber. Nach einiger Zeit schwimmen
uns zwei Eisberge, sich immer in auffallend gleicher Entfernung von-
einander haltend, entgegen; vorsichtige Untersuchung ergiebt, daß sie unter
der Oberfläche zusammenhängen, und da der Zwischenraum etwa 24 m
breit und das Wasser darin ausreichend tief ist, dampfen wir hindurch.
Jetzt biegen wir in eine schnurgerade offene Gaffe zwischen schwimmenden
Eisbergen ein; je weiter wir darin vordringen, desto schmäler wird sie.
und endlich ist sie durch Treibeis geschlossen. Was nun? Die lange
Strecke zurückfahren? Das ist nicht nach Murphys Geschmack. Prüfend
überschaut er die hemmende Masse, dann befiehlt er ruhig: „Vorwärts!"
Mit einem starken Krach durchschneidet der sestgebaute „Albatros" das
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TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
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her; wie in stummer Trauer schaut das einfache Kirchlein darauf nieder.
Die ganze Lust ist vom Geruch der faulenden Fische, die aus Gestelleu
an der Küste getrocknet werden, verpestet. Wir steigen ans Ufer, barfuß
laufende Kinder mit schmutzigen Gesichtern betrachten uns voll stumpf-
sinnigen Staunens; zerlumpte, müßige Weiber schwatzen unablässig von
Seefahrt und Stockfisch, von Tanz und Schiffahrt. Hier und in den
anderen Ortschaften an der Südküste wohnen 200 000 Menschen, die
ausschließlich vom Ertrag des Fischfanges leben. Neufundland kennt nur
zwei Jahreszeiten: Winter und Sommer. Der Frost beginnt sein Regiment
Mitte November und dauert bis ties iu den Mai. Wandern wir an
einem der zahlreichen Fjords landein, so merken wir schon nach wenigen
Meilen, daß das Klima im Innern wesentlich von dem an der Küste
verschieden ist. Hier, im Süden, wo sich die großen Fischbänke befinden,
sind schwere, nasse Nebel häufig und machen die Schifffahrt gefährlich.
Hunderte vou französischen, schottischen und amerikanischen Schiffen sind
angekommen, zunächst um im Frühjahre Robben zu „schlagen", dann nm
den Stockfisch zu saugen. Der Robbenschlag beginnt Ende Februar. Mit
einer Holzkeule auf der Schulter, woran gewöhnlich ein Bündel mit
Kleidungsstücken oder Wäsche baumelt, mit Harpunen und wohl anch
Flinten kommen die Jäger auf den Eisfeldern an. Durch Keulenschläge
ans Kopf oder Schnauze werden die jungen Robben getötet; bald bedecken
Hunderte, ja, Tausende von Seehundsleichen das Schlachtfeld; Taufende
der hilflosen jungen Tiere erwarten unter entsetzlichem Geschrei den Todes-
streich. Treu harren die Alten bei ihnen aus, ohne sie jedoch vor dem
Tode schützen zu können. Diese Schlächterei, die alljährlich mehrere
hunderttausend, ja, zuweilen eine halbe Million Hänte liefert, ist jetzt
vorbei; die Zeit steht im Zeichen des Stockfisches. Alles lebt von ihm,
alles dreht sich um ihn. Sein Bild prangt im Neufundländer Wappen,
es ziert die Banknoten und Münzen des Landes, es ist ans den Brief-
marken der Insel, ja, sogar aus deu Knöpfen an den Uniformen der
Konstabler angebracht. Der Stockfisch ist Herr im Lande, er erfüllt alle
Köpfe, ja, er wird sogar an Geldesstatt angenommen. Aber der Vorteil,
den der Fischfang bringt, kommt wenigen mächtigen Handelshäusern zu
gute; sie streichen den Löwenanteil von den 20 Millionen Dollars ein,
die alljährlich mit diesem Geschäfte verdient werden. Der größte Teil
der Fischer darbt im Elend; sie sind den reichen Handelsherrn meist tief
verschuldet, müssen Lebensmittel und Kleider mit dem doppelten Preise
zahlen, und wenn sie mit ihrer Fischausbeute kommen, nimmt man sie
ihnen um ein Spottgeld ab. So schmachten sie tatsächlich in einer Art
von Leibeigenschast. Außer dem Stockfische werden auch Heringe und
Makralen, sowie die kleinen schmackhaften Kaplinfifche in unendlicher Menge
gefangen.
Das Innere Neufundlands ist meist eben, mit zahlreichen Heiden
und Marschstrecken, großen Wäldern und Seen bedeckt. Hier stellen die
Mikmak-Jndianer mit dem Scharfsinn guter Spürhunde dem
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TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land]]
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Vegetation. Neben Zwergweiden, Zwergbirken und zwerghaften Tannen
treffen wir niedrige Alpenpflanzen, deren Blüten allerdings in der Herr-
lichsten Farbenpracht leuchten, Moose und Flechten. Erst südlich von der
Hudsonsbai beginnen großh Nadelwälder, aber der Laubwald fehlt auch
hier noch.
In den Winipegsee tritt von Südeu her der Red River, der
nicht allzuweit vom Mississippi entspringt. In zahlreichen Windungen
strebt der Fluß seinem Ziele zu, überall von tiefen, dunkeln Wäldern um-
geben. Vor seiner Mündung bildet er ein Delta; in dieser Gegend brütet
düstere, unaussprechlich tiefe Einsamkeit über dem Gewirr von Wasser-
armen und Sümpfen, über dem Meere von Rohr und Schilf. Seufzend
streicht der Wind durch die melancholisch rauschenden Halme, Raubvögel
und Wassergeflügel schweben kreischend über der Ode. Der See selber
ist ungeheuer groß, muß aber vorzeiten noch viel beträchtlichere Ausdehnung
gehabt haben; die Ebenen, von denen seine Fluteu gewichen sind, bilden
jetzt eine herrliche, reiche Prairie. Von der Größe der fließenden Ge-
wäsfer, die dem Seebecken zugehen, bekommen wir eine Vorstellung, wenn
wir erfahren, daß der Saskatschewan länger ist als die Donau und
der Winipeg doppelt so wasserreich wie unser Rhein. Und außer diesen
beiden Strömen gehen von allen anderen Seiten her mächtige Flüsse in
den See. Pfadlose Wälder umschließen seinen Strand an vielen Stellen.
Um die Eigentümlichkeiten dieser nordischen Flüsse kennen zu lernen,
betrachten wir den Winipegsluß auf seinem Lause eiumal kurz. Er
bildet beständig Strudel und Wirbel, Schnellen und Stürze, erweitert
sich jetzt zu einsamen, sichtenumkräuzteu Seen, dann zu breiten Buchten,
in denen zahlreiche Inseln lagern; nun verbirgt er seine Fluten unter
riesigen, glattgewaschenen Felsen. Jetzt schießt er in wildem Lause dahin ;
dann stürzt er brausend und polternd über eine Felsenbank, und nun
zieht er wieder friedlich und ruhig seine Bahn in der weiten Einöde.
Auf der Strecke zwischen dem Wälder- und Winipegsee sällt er nur
120 Meter; aber sein Bett ist nicht beständig und gleichmäßig geneigt,
er hat vielmehr eine Reihe von Terrassen hinabzuspringen; zwischen ihnen
geht das Gewässer nach und nach durch Schnellen und senkrechte Fälle
in ungezählte Seen und weite Buchten über. Die Wasser des Wälder-
sees tosen mit grauenhafter Gewalt dnrch eine tiefe Felsenschlucht abwärts.
Im Süden bildet dieser See ein weites, offenes Wasserbecken, in dem
es einstmals von Bibern und Fischottern wimmelte; die Ufer bergen hier
ergiebige Metalladern. Weiter nach Norden hin gelangen wir in ein
höchst eigentümliches Wirrsal von Felsen und Inseln aus weichem Pfeifen-
stein; aus den polierten Felsmassen schimmern uns hier nicht selten Erze
entgegen. Zahllose Kanäle winden sich zwischen den Inseln hindurch;
von den Ufern dieser Eilande breiten Fichten und Pappeln ihre Zweige
über der Flut aus, Pflaumenbäume, wilde Kirschen, wilde Rosen, Him-
beersträuche, Moose und Farne wuchern in üppiger Fülle auf diesen ein-
samen Gestaden.
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TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil]]
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„Bänke" von Heringen und Stockfischen," bemerkt unser gefälliger Be-
kannter. „Sehen Sie sich die Leute auf den Inseln und Küsten hier
einmal genau an — Sie werden erkennen, daß es ihnen an Nahrung
nicht fehlen kann!"
In der That, die Fischer in den uns begegnenden Fahrzeugen, die
Leute an den Landungsplätzen des Dampfers, die Landleute, die wir zu
Gesicht bekommen, sind ungewöhnlich große, kräftige Menschen. Auf der
Prinz Ednards-Jnfel, der Perle des Lorenzogolfes, zeichnen sich auch die
Frauen durch Stattlichkeit aus, und viele von ihnen sind, fo lange die
Arbeit auf dem Felde im Sonnenbrande ihre Haut nicht gebräunt hat,
auffallend schön — wieder ein Beweis, daß das „eisige, arme Canada"
seine Kinder nicht stiefmütterlich behandelt.
Das Schiff dringt in die wunderbar schöne „heiße Bucht" ein;
anmutige, tiefgrüne Ufer umrahmen sie, und weithin rühmen alle Fein-
schmecker die Güte der hier gefangenen Austern; überdies ist der Boden
in den anstoßenden Landschaften ungemein ertragsfähig.
Längst schon befindet sich der Dampfer im St. Lorenzstrome, während
wir noch auf offener See zu sein glauben. Schon sind wir 60 Meilen
aufwärts gefahren, und noch immer sind die Ufer 180 Kilometer von
einander entfernt. Er ist tatsächlich ein Riese unter seinen Brüdern,
dieser stolze Strom; noch in Quebec, wo seine Breite auf 15 Kilometer
zusammengeschrumpft ist, bildet er ein ungeheueres Becken, in dem 2000
Schiffe ihre Bewegungen bequem und ohne einander irgendwie zu hindern
ausführen können.
Während wir auf der weiteu Wasserfläche des stolzen Stromes
dahinfahren, betrachten wir mit immer neuem Entzücken die herrlichen
Gestade, die auf der ganzen Erde kaum ihresgleichen finden. Der
Dampfer hält sich beständig in der Mitte des Gewässers; trotzdem
können wir die sich allmählich bis ans ungefähr 5000 m erhebenden
Höhen des Südnfers deutlich erkennen und ihre wechselnden Reize immer
wieder bewundern. Einen höchst eigentümlichen Anblick gewähren die
Hänser an diesem Gestade; es scheint, als ziehe sich eine endlose Reihe
weiß angestrichener Gebäude, die sich grell gegen die tiefsatten Farben
der ausgedehnten Waldungen und der üppig grünen Felder abheben, den
Strom entlang, ja, zuweilen leuchtet über der ersten Reihe noch eine
zweite oder dritte, höhergelegene. Auf unsere Frage nach der Ursache
dieser Anlage erfahren wir, daß die Leute in Canada nicht in geschlossenen
Dörfern wohnen, sondern daß jeder auf seinem eigenen, im Verhältnis
zur Länge ziemlich schmalen Grundstücke haust; weil die Häuser sämtlich
an der großen Fahrstraße erbaut werden, die an der Vorderseite des Besitz-
tnms vorüberläuft, entsteht jener fesfelnde Anblick, dnrch den die Land-
fchaft etwas ungemein Belebtes erhält.
Steigen wir an einem der Halteplätze des Dampfers einmal aus,
um canadische Landleute und canadisches Landleben kennen zu lernen!
Wo wir eintreten, werden wir freundlich empfangen, ja, wir sind an-
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
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haben eine kaum geringere Bedeutung. Eisen-, Gold-, Blei-, Silber-,
namentlich aber Kupfererze, sowie ungeheure Steinkohlenfelder belohnen
den Fleiß des Bergmanns. Die reichen Petrolenmqnellen in Pennsylvanieu
und Virginien haben die zauberschnelle Entstehung einer Menge von Ort-
fchaften, sowie eine großartige Industrie ins Leben gerufen.
Der Mississippi darf als König der amerikanischen Ströme be-
zeichnet werden; kein anderes fließendes Gewässer des Landes bildet eine
so wichtige Berkehrsstraße. Seine Fluten werden ununterbrochen von
ungefähr 1000 Dampfschiffen durchschnitten; ein überaus reges Leben
entfaltet sich täglich mehr darauf. Er kommt aus einem Gebiete, in dem
6 Monate hindurch der Winter mit Schnee und Eis strenge Herrschaft
hält, und mündet bei Nen-Orlecms in einer Landschaft mit fast tropischem
Klima, das keinen Winter in unserem Sinne kennt. An seinen Ufern
wachsen im Norden Moose und Tannen, im Süden Zuckerrohr, Baum-
wolle und Südfrüchte. 57 Flüffe, von denen einzelne den großen euro-
päischen Strömen an Größe gleichkommen, senden dieser Riesenschlagader
ihre Gewässer zu. Ans einem winzigen Bächlein in Minnesota entstehend,
erwächst der Mississippi bald zu einem stattlichen Flusse, der bereits bei
St. Paul, der Hauptstadt des genannten Staates, große Wasserfälle bildet.
Schon oberhalb dieser Katarakte wird er auf eine 1500 Kilometer lange
Entfernung hin von kleineren Dampfern befahren. Die noch übrige
Strecke seines Laufes von mehr als 3000 Kilometer Länge ist für den,
der sie zum ersten Male befährt, überaus reich an wechselnden Eindrücken,
reich aber auch an Gefahren, denn fest verankerte Baumstämme, die zum
Teil unter der Oberfläche des Wassers verborgen sind, bringen vielen
Schiffen den Untergang. Der Missouri ist der bedeutendste, der Ohio der
schönste Nebenfluß des „Vaters der Gewässer". Jeuer übertrifft den
Hauptstrom sogar an Wasserfülle und Länge. Durch feine schlammigen
Fluten trübt er das herrlich grüne, krystallklare Wasser des Mississippi
derart, daß es nicht mit Unrecht fließendem Lehm verglichen worden ist.
Zahllose Gegenstände treiben beständig in dieser ekelhaften Brühe: Äste
und ganze Baumstämme aus den Urwäldern, Tierleichen von mancherlei
Art, Pflanzen und Früchte verschiedener Klimate, schwimmende, mit Gras-
oder Baum- und Slrauchwuchs bedeckte Juselu. Eine Eigentümlichkeit
zeigt der Strom hinsichtlich der Bildung von Vorsprüngen und Buchten,
insofern nämlich, als sich darin eine auffallende Gleichförmigkeit bemerkbar
macht. Die Buchten scheinen mit dem Zirkel abgerundet zu sein und
liegen sich an den entgegengesetzten Ufern schräg gegenüber; die Strömung
geht an solchen Stellen stets quer durch das Bett aus einer Einbuchtung
in die andere, und gerade dadurch werden gefährliche Strudel erzeugt.
Der Strom ist unablässig umgestaltend thätig; hier reißt er Uferstrecken
fort, dort setzt er sie wie in boshafter Laune mitten im Flußbett ab;
Pappeln fprosfen dann aus dem schlammigen Grunde aus und befestigen
die angeschwemmte Masse. Der letzte Teil des Laufes führt durch eine
ungeheure Tiefebene, die schließlich in weite Sumpflandschaften übergeht,
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
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vergrößert, daß der Spiegel des Gewässers mehrere Fuß über der Um-
gebung liegt. Reißen nun die Dämme, wie im Februar 1882, so entsteht ein
Unheil, das noch Jahrzehnte nachwirkt. Ganz ruhig und langsam schwoll
der Mississippi damals an; ganz ebenso gelassen wichen die Dämme, und
bald waren die Gegenden an den Ufern in eine unabsehbare, schreckliche
Wasserwüste verwandelt. 45—75 englische Meilen weit waren die Fluten
ins Land hineingedrungen; alles Vieh, die Erträgnisse der letzten Ernte
und zahllose Häuser hatten sie hinweggeschwemmt. Auf Bäumen und
Dächern brachten die obdachlosen Lente tagelang in schrecklichen Leiden zu,
bis sie endlich aus ihrer entsetzlichen Lage befreit werden konnten. An
einer Stelle hatten sich etwa 100 Menschen mit ihrem Vieh aus eine
kleine Anhöhe geflüchtet; als die Wasser höher und höher stiegen, mußte
man endlich die armen Tiere töten und in die Flnt stoßen, um für sich
selber Raum auf dem kleinen Eilande zu behalten. Wie unbeschreiblich
groß das Elend damals war, ersehen Sie aus der Thatsache, daß
100 000 Menschen kein Obdach und keine Nahrung hatten. Auch Ein-
einnati kaun von den Schrecken einer Wassersnot erzählen, denn der Ohio
setzte 1886, indem er 16 Fuß über seinen gewöhnlichen Stand hinaus-
schwoll, einen großen Teil der Stadt nnter Wasser und verursachte uu-
geheuern Schaden. In Louisville wurden gar 35 Straßenviertel binnen
einer halben Stunde 30 Fuß hoch mit Wasser bedeckt. Am schrecklichsten
aber sind die durch Wolkenbrüche verursachten Hochfluten, weil sie ur-
plötzlich über die Menschen hereinbrechen. Am 1. August 1882 giug
z. B. bei Millesburg in Kentucky ein Wolkenbruch uieder, verwüstete die
Äcker, schwemmte das Getreide fort und füllte eine Kohlenmine derart mit
Wasser, daß die Bergleute ihr Leben nur mit knapper Not zu retten
vermochten. Kaum 3 Stunden hatte der Regenguß gedauert, und doch war
der stolze Ohiostrom dadurch 10 Fuß über seinen gewöhnlichen Stand
hinaus angeschwellt worden, sodaß er Eincinnati schwer schädigte. Ahn-
liche Vorgänge wiederholen sich fast alljährlich. Unser Land ist groß und
reich, reich an Naturwundern, aber auch an Schrecknissen."
Derartige Schilderungen sind natürlich nicht geeignet, das Gefühl
des Unbehagens zu bannen, das in unserer Seele lebt, so lange der Bahnzug
uoch im Wasser fährt. Doch endlich sind wir aus dem unheimlichen Gebiete
der Sümpfe heraus und gelangen in den Staat Texas, den größten der
ganzen Uuion. Die weiten Prairien, durch die der Zug braust, uuter-
scheiden sich wesentlich von denen, die wir in Illinois sahen. Was diese Land-
schaften im Gegensatz zu den Wiesenfluren des Nordens fo angenehm
macht, das ist der reiche Schmuck durch stolze Bäume und üppiges Strauch-
werk, die nirgends ganz fehlen. Schon zwischen Houston und Galveston,
also ganz in der Nähe der Golsküste, führt die Eisenbahn durch ansehn-
liche Waldungen. In der Nähe der Gestade ist die Gegend sehr ein-
förmig; weder Hügel noch Thal unterbricht die Monotonie, und der
Banmwnchs fehlt fast gänzlich. Eine unabsehbare Ebene breitet sich vor
unseren Angen aus; nicht die geringste Senkung oder Erhöhuug läßt sich
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Was wir da vor uns sehen, ist St. Louis, die wichtigste Stadt in der
mittleren Region der Union. Fahrzeuge aller Art schwimmen auf den
, Fluten, mit uns der stolzen Steinbrücke zusteuernd, die, ein Wunderwerk
menschlichen Scharfsinnes und menschlicher Thatkrast, den Strom hier in
drei gewaltigen Bogen überspannt.
Auch in dieser über 450 000 Einwohner zählenden Stadt finden
wir viele Landsleute; wohl 1/3 der Bevölkerung ist deutscher Herkunft.
Die schnell groß gewordene Riesin rechnet auf noch gewaltigeres Wachstum;
der Umstand, daß alle öffentlichen Einrichtungen aus rasche Zunahme der
Bevölkerung zugeschnitten sind, beweist dies zur Geuüge. Als Mittelpunkt
des großen Mississippibeckens, als Knotenpunkt für die Verbindung des
Nordwestens mit dem Osten und Süden der Vereinigten Staaten, als
Hauptstapelplatz weiter Gebiete für Getreide, Vieh, Hans, Tabak, Pelzwerk,
Metalle, (besonders Blei) besitzt St. Louis eine außerordentliche Bedeutung
für das wirtschaftliche Lebeu der ganzen Union. Überdies ist die Stadt
auch inmitten eines sast unerschöpflich fruchtbaren Landstriches gelegen, der
Weizen, Mais und Erdfrüchte in Fülle hervorbringt; dazn sendet dann
der noch fruchtbarere Süden seinen Reichtum au Baumwolle, Zucker und
Reis. Ergiebige Kohleulager befinden sich in der Umgegend, und das
erzreiche, namentlich Eisen liefernde Ozarkgebirge zieht sich gleichfalls in
der Nähe hin. So ist es gekommen, daß sich neben dem Handel auch
eine blühende Industrie entwickelte; wir finden Eisengießereien und Walz-
werke, Spinnereien und andere Fabriken der verschiedensten Art. Der
Verkehr wird durch günstige Wasserstraßen wesentlich gefördert; eine
Eisenbahn führt von St. Louis aus durch den ganzen Westen bis zum
Stillen Meere.
Auffallend ist die riesige Ausdehnung der Stadt, die am rechten
Ufer des hier iu felsigem Bette wogenden, nur 400 in breiten Mississippi
liegt. Die engen Straßen in der alten Stadt senken sich steil zum Flusse;
in den neuen Stadtteilen findet sich noch viel unbebauter, auf Zuwachs be-
rechneter Raum, und im Süden gewahren wir sogar nur zerstreute Landhäuser
und Fabriken. In diesen neuen Teilen sehen wir schöne, breite Straßen,
in denen die Pferdebahnen nach allen Richtungen hin laufen, und hier sind
auch großartige Prachtbauten zu treffen. Die Geschäfte liegen meist in
der Altstadt am Fluffe, oder wenigstens in den mittleren Teilen.
Geschäftsräume und Wohnungen der Kaufleute sind nicht selten weit von
einander entfernt, weswegen eben die Pferdebahnen eine Lebensnotwendigkeit
sind. Die noch unbebauten Plätze wirken entstellend im Stadtbilde, denn
die betreffenden Straßen sehen nur halbfertig aus. Die Häuser iu den
äußeren Teilen sind meist schöne, elegante Villen mit Veranden, wohl auch
mit platten Dächern und Säulengängen; sie ruhen im Schöße schöner,
sorgsam gepflegter Gärten. In manchen Straßen aber gleicht ein Haus
fast vollkommen dem andern. — Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnet
sich das in griechischem Stil erbaute Gerichtshans, der Sitz der Behörden,
durch seiue Größe und Schönheit aus. Überall ragen Kirchen der ver-
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