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(2/10) und im S. Italiener (710). Dem Religionsbekenntnisse
wad) gehören die Schweizer zur protestantischen (%) und katholischen (%)
Kirche. Die Protestanten (Reformierte — Zwingli, Calvin) wohnen vor-
herrschend in den Thälern und der Ebene, die Katholiken im Hochgebirge.
Die Hauptbesch äst iguugeu sind Ackerbau, Viehzucht, Industrie und
Handel. Der Ackerbau liefert nicht so viel Getreide, wie im Lande ge-
braucht wird, weil sich kaum der 7. Teil des Landes zum Feldbau eignet;
nahezu die Hälfte muß aus Frankreich, Österreich und Deutschland eingeführt
werden. Die Hauptkornkammer ist die Schweizer Hochebene. Die Vieh-
zucht ist eine Hauptnahrungsquelle, namentlich die Rindviehzucht, welche
musterhaft betrieben wird und viel Milch und Käse (berühmt ist z. B. der
Emmenthaler) liefert. Die Industrie verarbeitet besonders Seide, Baum-
wolle und Leinen und beschäftigt sich mit Herstellung von Uhren und Schmuck-
suchen. Nur durch die Industrie ist es möglich, für eine verhältnismäßig
dichte Bevölkerung (70 auf 1 qkm) Erwerb zu schaffen. Der Besuch der
Fremden, welche die Naturschönheiten der Alpen (Hochgebirge und Seen) be-
trachten, bringt dem Lande ebenfalls viel Geld ein. Man bezeichnet deshalb
die Schweiz mit Recht als „das europäische Gasthaus". Der Handel ist
zwar dadurch gehemmt, daß die Schweiz ein Binnenland ist und nicht
einmal recht schiffbare Flüsse besitzt; aber durch die Lage zwischen großen
Staaten ist er doch bedeutend. Die Hauptplätze dafür sind Basel, Zürich
und Genf. Tie Volksbildung ist in der Schweiz bedeutend. Das
Schulwesen ist vortrefflich geordnet, und die Wissenschaften werden aus Uni-
versitäten und mehreren Akademieen eifrig gepflegt. Das Schweizervolk
zeichnet sich durch kräftigen und gefunden Körper, Freiheitsliebe, Tapferkeit und
unüberwindliche Liebe zum Vaterlande aus. Viele Schweizer briugeu zwar
einen Teil ihres Lebens in fremden Ländern zu, immer aber mit der Hoff-
nnng und mit dem sehnlichen Wunsche nach Rückkehr in ihre Heimat. Wlrd
diese Sehnsucht nicht befriedigt, so artet sie nicht selten in ein krankhaftes
Heimweh aus. Um dieses bei den ehemals in französischen Diensten stehenden
Soldaten (Schweizer-Regimentern) nicht aufkommen zu lassen, war es in Frank-
reich verboten, den sog. Kuhreigen zu spielen, eine Melodie der Alpenhirten,
deren Töne bei den Soldaten die unwiderstehlichste Lust zur Rückkehr ins
Vaterland erweckten.
6. Verfassung und Einteilung. Die Schweiz ist ein Bundesstaat
von 22 Kantonen. 3 Kantone zerfallen in je zwei Halbkantone, von
denen jeder in seinen innern Angelegenheiten ganz selbständig ist, so daß die
Schweiz 25 Einzelstaaten oder Kantone umfaßt. Der Sitz der Bundesregierung
ist Bern. Ein stehendes Heer ist nicht vorhanden. Jeder kriegstüchtige Mann
wird einige Wochen im Jahre in den Waffen geübt, und so ist jeder Bürger
Soldat und jeder Soldat Bürger. — Die Kantone gliedern sich in 3 Gruppen:
a) Die Waldkantone: Uri, Schwyz, Unterwalden und Lnzern; d) die
übrigen 9 alten Kantone: Zürich, Zug, Glarus, Bern, Freiburg, Solo-
thuru, Basel, Schaffhausen, Appenzell; c) die 9 neuen Kantone: Neuen-
burg, Waadt, Gens, Aargau, Thurgau, St. Gallen, Graubünden, Tessin und Wallis.
7. Städte. Lasel (75 T.), auf beiden Seiten des Rheins, war früher
freie deutsche Reichsstadt und ist jetzt die reichste und wichtigste Handels-
stadt der Schweiz und zugleich der zweite Mittelpunkt der Seiden-
indnstrie. Der Handel wird durch die Lage der Stadt am Austritt des
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Calvin)
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Basel Genf Frank- Schweiz Bern Schwyz Unterwalden Glarus Bern Freiburg Basel Schaffhausen Appenzell Waadt Thurgau Rheins
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führt. Diesen Männern sind auch auf freien Plätzen der Stadt Standbilder
in Lebensgröße errichtet worden. „Am Goethehanse steht Goethes, an der
Schillerstraße Schillers Wohnhaus. Eine Tafel an letzterem trägt die Ju-
schrift: „Hier lebte und starb Schiller." Man sieht noch das enge, niedrige
Stüblein, wo Schiller wohnte und so viele herrliche Dichtungen schuf. Auch
sein Arbeitstisch steht noch da. Auf demselben liegen 2 Briefe von seiner
Hand. Die Bettstelle, in welcher er starb, ist reich mit Kränzen geschmückt.
Neben dem Bette steht auf einem Tischchen Schillers Dose und Tasse. In
der „Fürstengruft" stehen die Särge Goethes und Schillers nahe bei dem
Sarge ihres fürstlichen Freundes Karl August." — Jena (s. S. 31). — Ju
Eisenach war Luther Chorknabe. In der Nähe steht auf einem Bergkegel
die Wartburg, die alte Residenz der thüringischen Landgrafen und 1521
die Zufluchtsstätte Luthers; hier lebte er als „Junker Georg" und begann
die Bibelübersetzung. Die Burg soll eiuer Sage nach von Ludwig dem
Springer angelegt worden sein, welcher bei einem Jagdritt auf den Scheitel
des Berges kam und ausrief: „Warte Berg, du sollst mir eine Burg werden!"
Im Mittelalter lebten hier am Hofe eines thüringischen Landgrafen einige
berühmte Minnesänger, und es soll im Saale der Wartburg (1207) ein
berühmter „Sängerkrieg" stattgefunden haben. In der Nähe der Wartburg
ist das freundliche Marienthal und die enge Felsenschlucht Annathal. — Der
Marktflecken Ruhla, im Volksmunde „die Ruhl" genannt, liegt in einem
Waldthale und verarbeitet Meerschaum; der Ort gehört halb zu Weimar,
halb zu Gotha.
5. Das Großher;ogtnm Hessen (140 ^Meilen oder 7700 qkm [halb
so groß als Sachsens und 1 Mill. Eiuw.) besteht aus 2 Hauptteileu,
die bei Frankfurt durch einen schmalen Streifen preußischen Gebietes von
einander getrennt sind. Der nördliche Teil, Oberhessen genannt, um-
saßt den rauhen Vogelsberg und die schöne und fruchtbare Wetter au.
Der südliche Teil wird durch deu Rhein wieder in 2 Teile geschieden und
umfaßt deu uördlicheu Teil der Oberrheinischen Tiefebene, den Odenwald und
die nördlichen Ausläufer des Haardtgebirges. Die Gebirge des Landes
sind das Vogelsgebirge, Teile des Taunus, der Odenwald und Teile des
Haardtgebirges, die Flüsse der Rhein, die Lahn, der Main und Neckar.
Die Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Ackerbau, Obst-und Weinbau
und Viehzucht.
Darmstadt (64 T.), an der Darm, ist Haupt- und Residenzstadt. Von
hier aus geht an der Westseite des Odenwaldes bis nach Heidelberg die
freundliche und obstreiche Bergstraße. — Gießen an der Lahn ist Universitär-
stadt des Laudes, und Offenliach a. Main die bedeutendste Industriestadt. —
Main; (77 T., s. S. 24). Im Mittelalter war die Stadt das Haupt des
rheinischen Städtebundes und wurde wegen des blühenden Handels das
„goldene Mainz" genannt. Im Dome ist der Minnesänger Heinrich von
Meißen, Frauenlob genannt, begraben; ihn trugen die Fraueu von Mainz
uuter großem Wehklagen zu Grabe. — Worms (s. S. 23). — Bingen
(f. S. 24). '
6. Das Grobherzogtum Laden (270 ^Meilen oder über 15000 qkm
[so groß wie Sachsens und fast 2 Mill. Einw.) umfaßt deu größten Teil des
Schwarzwaldes, die östliche Hälfte der Oberrheinischen Tiefebene bis zum
Neckar, reicht im No. bis an den Main und dehnt sich im 80. zwischen
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Goethehanse Goethes Schiller Schiller Karl_August Karl August Luther_Chorknabe Ludwig_dem
Springer Ludwig Heinrich_von
Meißen Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Jena Wartburg Luthers Wartburg Wartburg Marienthal Weimar Gotha Hessen Sachsens Frankfurt Oberhessen Rhein Oberrheinischen_Tiefebene Odenwald Taunus Odenwald Rhein Main Darmstadt Heidelberg Offenliach_a._Main Main Mainz Worms Sachsens Oberrheinischen_Tiefebene Main
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
433
hin. Man sah ihm an. wie ihm die Musterung einer nie be-
sessenen Fülle ein Wohlbehagen machte, für jedes dachte er sich
schon offenbar die Bestimmung aus.
Seine arme Frau freute sich mit rührender Dankbarkeit über
die Geschenke. Sehr wichtig ist es ihr. schrieb sie. datz sie nun das
„Schweinchen, das ja noch ihr lieber Mann gekauft hatte, nicht
aus Armut verkaufen mühte. Wie wollten sie nun alle das
Schweinchen pflegen, damit es groß und fett werde, bis ihr Mann
heimkommen dürfte und sich davon vollends Kraft und Gesund-
heit essen könnte. Sie habe leider eine kleinere Wohnung nehmen
müssen. Es sei natürlich für sie und ihre Kinder dabei das aller-
wichtigste gewesen, ob sich auch das Tierchen in seinem neuen
Stalle gewöhnen und mit Lust fressen werde. Angstvoll hätten
sie hinter der Türe gewartet und — Gott sei Dank, es hatte ge-
fressen." — Wie kennzeichnete dieser kleine Zug die große Armut
dieser Leute! — Ach, dem so sehnlich erwarteten Hausvater sollte
das Glück, am eignen Herd bei Frau und Kind ein Eenesungs-
mahl zu feiern, nie mehr zuteil werden. — Als ich am nächsten
Morgen wiederkam, lag er bereits in der Totenkammer. Still
und ruhig war er in den letzten Schlummer gesunken. Auf
seine Brust gepreßt hielt er noch die letzten Zeilen von seines
treuen Weibes Hand.
Mit großem Glanz und Pomp wurde er begraben, wir
konnten den Sarg reich mit Blumen und Lorbeerkränzen schmücken.
Alles fühlte den Drang, dem Sieger und Kämpfer für das Vater-
land Dank und Verehrung darzubringen. Die halbe Stadt und
Umgebung gab dem norddeutschen Bruder das Geleite zu seiner
letzten Ruhestätte.
Es war ein herrlicher Sonntagnachmittag; mit klingendem
Spiel und wehenden Fahnen zogen sie dahin, die berittene
Bürgerwehr, die Feuerwehr mit glänzendem Helmschmuck, die
Turner, die Sängerkränze und die Schulen. Kurz, was sich irgend
gruppieren konnte, folgte dem Sarge des fremden Reitersmannes.
Mit besondrer Wehmut erfüllte es uns. den bleichen, mühsam an
Krücken und Freundesarmen dahinschwankenden Halbgenesenen
unsrer Pfleglinge nachzusehen, die es sich nicht nehmen lassen
wollten, den Kriegskameraden und Leidensgefährten auf seinem
letzten Lebenswege zu begleiten. — So schloß eine der vielen
Schicksalstragödien, die ich dort erlebte. Doch wurde auch manchen
ein glückliches Los zuteil. Wie durch ein Wunder gerettet wurde
Z. B. Nr. 40, ein äußerst geduldiger junger Leineweber aus Biele-
feld. Mitrailleusenkugeln hatten seine Augen gestreift. Zunge und
Kiefer verletzt, eine war dicht unter dem Auge in die Wange ge-
gangen und durch das Ohr wieder herausgedrungen. Der Ärmste
wußte unsäglich leiden, bis er endlich so ziemlich geheilt entlassen
werden konnte. Der Abschied von ihm wurde uns allen schwer.
Seinen Dank drückte er mit seiner sinnigen Herzensbildung
rührend aus. Er sagte: „Dreierlei Engel in Menschengestalt gibt
Kutsche, Lesebuch. -
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
403
Klaus geschickt habe und den wir in nächster Woche erwarten
können, eine neue Silber- oder Kobaltstufe."
„Lieber Herr," erwiderte der erfahrene Bergmann trübe, „ich
habe zu der Hilfe, die uns die gelahrten Herren bringen sollen,
wenig Zutrauen! Die Schrecken- und Schottenberggruben wollen
nichts mehr hergeben, mit dem bißchen Ernte wird's in diesem
Jahre traurig werden, und über das Vieh kommt die Seuche."
Welchen Nachhall diese Worte erweckten, das zeigten die trau-
rigsten Mienen ringsum. Frau Barbara bedeckte ihr Antlitz mit
beiden Händen, und Herr Christoph sprach mit zitternder Stimme:
„Hoffen wir. daß der zweite aus Dresden neue Stufen entdecken
wird." Aber die andern schüttelten in bangem Zweifel die
Häupter.
Denn fürwahr, es war eine traurige Zeit und gewiß kein
Wunder, daß die braven Annaberger den Mut tiefer und immer
tiefer sinken ließen. Was sollte aus ihnen werden, wenn die
Gruben wirklich „ausgebraucht" waren? Sie mutzten dann ver-
hungern: denn sie hatten da oben im Gebirge keinen andern Er-
werb. — Und in der nächsten Woche kam Klaus mit dem zweiten
Herrn Studierten aus Dresden an. Der fuhr bald in diesen,
bald in jenen Schacht, der beklopfte alle Wände und sprach dazu
nur Lateinisch, der nahm Messungen nach rechts und links, in
die Höhe und Tiefe vor: aber er fand auch nichts. Schließlich
schüttelte er dann sein weises Haupt und ging mit einer Rolle
Silbergulden aus dem Säckel des Bergherrn wieder von dannen.
Nun gab es keine Hoffnung mehr für die armen Leute. Ihre
Hämmer und Eisen rosteten, in den Ställen ward es leerer und
stiller, und obendrein brach noch ein grausiges Hagelwetter los.
Da sank denn auch unserm Herrn Christoph zuletzt aller Mut. und
die heitere Miene, die er bisher der Umgebung willen zur Schau
getragen hatte, verschwand gänzlich.
2.
Da geschah es eines Tages, daß ein armes Weib mit drei
hungernden Kindern an die Türe von Herrn Uttmanns Hause
pochte. Sie war eine Fremde, kam weit daher und bat um
Gottes willen, ihnen ein Stück Brot und für kurze Zeit eine Ruhe-
statt zu geben. Frau Barbara empfing die Arme nach ihrer Ge-
wohnheit mit gütigen Worten, lud sie ins Haus herein und er-
quickte sie aufs beste mit Speis' und Trank. Sie wies den hilf-
losen Wanderern ein gar behaglich Kämmerlein an. und sie
freute sich herzlich der Ruhe, die die Müden darin fanden.
Sie hatte die Fremde nicht gefragt, woher sie komme, noch
wohin sie wolle: sie war arm und ihrer Hilfe bedürftig, — das
war ihr genug. Aber kurze Zeit danach, so trat aus dem Kämmer-
lein die fremde Frau wieder zu ihr herein, setzte sich auf Barbaras
Einladung zu ihr an den Tisch und begann nun unaufgefordert,
von ihrer Heimat, Flucht und Wanderung zu erzählen. Dabei
26*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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Extrahierte Personennamen: Bergmann Barbara Christoph Klaus Christoph Barbara
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
436
Patinnen, von denen sie die Namen erhielt. Sechs Jahre lang
lebte das blonde, blauäugige Mädchen in der ländlichen Stille,
die liebevollste Gesellschafterin ihrer jüngern Schwester, der
Prinzessin Karoline Mathilde.
Die Prinzessinnen, die einander in herzlicher Liebe zugetan
waren, siedelten nach Primkenau über. dem stattlichen Herrschafts-
sitz ihres Vaters. Hier begann die Zeit der ernsten Arbeit, die
mit Ausflügen in die Umgegend und heiterm Spiel abwechselt.
„Liebe Plätze haben die Prinzessinnen daheim. Hinter dem
Schlosse, am Anfange des Parkes liegt an zwei Teichen, auf denen
Schwäne stolz einherziehen, der Spielplatz. Groß und klein, oft
sind auch Gäste dabei, vereinigt sich hier zu fröhlichem Spiel, und
helles Kinderlachen erschallt, wenn die Krocketkugel des Vaters
ihr Ziel verfehlt. — Doch das Paradies der Kinder liegt tiefer
im Parke. Aus dunklem Tannengrün lugt ein kleines Häuschen
hervor, im Schweizerstil gebaut; sein Dach ist überwuchert von
wildem Wein. Vor ihm befindet sich ein Gärtchen, in dem jedes
Kind sein Beet hat. Hier graben, pflanzen, gießen und jäten
die Prinzessinnen mit rastlosem Eifer, und stolze Freude empfin-
den die kleinen Gärtnerinnen, wenn sie selbstgezogenes Gemüse
zur herzoglichen Küche tragen können, das dann bei Tafel auch
gebührend gewürdigt werden muß. — Und was birgt das
Schweizerhäuschen im Innern? Alles, was ein Mädchenherz sich
träumt. Ein niedlich ausgestattetes Zimmer ist Wohnstube für
die Prinzessinnen und ihre Lieblinge, die Puppen; daneben liegt
eine kleine Küche mit offenem, aus roten Ziegeln gemauertem
Herde und einer vollständigen Kücheneinrichtung. Hier schalten
und walten die Prinzessinnen als deutsche Hausmütterchen."
Die Eltern bleiben nicht immer in Primkenau. Im Winter
lebt die herzogliche Familie in Gotha. Auch auf Reisen ins
Riesengebirge, nach Frankreich und Schweden werden die Prin-
zessinnen mitgenommen. Den ernsten Abschluß ihres glücklichen
Mädchenlebens bildet der Konfirmationstag. Es ist der 22. Mai
des Jahres 1875, kein Feiertag, und doch sieht's im Städtchen so
feierlich aus. Der Landmann ist nicht zur gewohnten Zeit aufs
Feld gezogen, in den Werkstätten ruht die Arbeit, und schon
früh sind die Kinder in ihren Sonntagsstaat gesteckt worden. Da
läuten die Glocken vom Turm, und bald ist das festlich geschmückte
Gotteshaus gefüllt. Auguste Viktoria und Karoline Mathilde
treten in die Kirche ein. geleitet von ihren Eltern, von Ver-
wandten und lieben Freunden des Hauses. „Unsre lieben Prin-
zessinnen", sagt ein altes Mütterlein, und ihre Augen werden
feucht. Hinter den für sie bestimmten Stühlen vor dem Altar
bleiben sie stehen. Alter Sitte gemäß hält der ehrwürdige Geist-
liche. Pastor Meißner, mit ihnen eine Prüfung ab. Erfüllt von
dem heiligen Ernst dieser Stunde, legen die beiden Konfirman-
dinnen vor der versammelten Gemeinde Zeugnis ab von ihrem
Glauben und Hoffen. Mit der Verheißung; „Sei getreu bis in
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Extrahierte Personennamen: Karoline_Mathilde Karoline_Mathilde Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Primkenau Gotha Frankreich Schweden Viktoria
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
406
Mit beiden Händen schlug die Brabanterin ein; halb nur
verstand sie Barbaras Worte.
3.
Am andern Morgen wurden auf Herrn Uttmanns Betreiben
alle Leute mit ihren Kindern — nur die unter fünf Jahren
blieben daheim — zusammengerufen. Der Vergherr, der, als er
am vergangenen Abend heimgekehrt war, seine fromme Gemahlin
nur stumm in die Arme geschlossen hatte, teilte jetzt den Leuten
Barbaras Pläne mit. Staunen und Zweifel ringsum, und auf
die Brabanterin und deren Kinder blickte man mit ungläubigen
Mienen. Aber unser würdiges Paar beachtete das alles nicht:
es lieh Stäbchen anfertigen, die der Schmied mit Haken versah,
und Klaus ward nach Dresden geschickt, um Zwirn zu kaufen, und
es kam von dorther auch ein Maler, der Muster nach Muster
zeichnete. Und der Unterricht begann: wie im Spielen lernte
man das Klöppeln. Darüber wurde so manche Sorge vergessen:
denn mit jedem Tage ward der Zweifel geringer und die Hoff-
nung größer: und nun erschallte nach langer Zeit hier wieder ein
artiger Scherz, dort ein heiteres Liedchen. Und als zwei Monate
verflossen waren, — oh. wer beschreibt die Freudenrufe, die da
durch Annaberg ertönten! Denn zwei, die man derweil mit den
fertigen Spitzen hinausgeschickt hatte, waren eben, und zwar mit
leeren Ranzen, wieder heimgekehrt, aber dafür mit so vollen
Taschen, daß man meinte, der Reichtum müsse bis in alle Ewig-
keit währen.
Die Brabanterin konnte diese Freude nicht mehr teilen. Un-
weit der großen Linde, die noch heute inmitten des Kirchhofs steht,
wurde sie wenige Tage vorher bestattet: der Gram um den Ver-
lust ihres Mannes und all das Entsetzliche, das über sie herein-
gebrochen war. hatten den Todeskeim in ihr Herz gesenkt. Und
das hatte ruhiger brechen können: denn ihre Kinder lagen ja in
Barbaras Armen. Gepriesen sei diese Frau! Solange die Sonne
am Himmel stand, legte sie die Klöppel nicht aus der Hand, und
das mußte der beste Sporn für alle übrigen sein. Und mit der
Freudigkeit und Hoffnung wuchsen die Spitzenvorräte, obgleich
die rüstigsten Männer immer mit der fertigen Ware wieder von
dannen zogen, durch ganz Sachsen und Böhmen. Erst der strenge
Winter gebot ihnen Einhalt.
Und als dann der Frühling und der Sommer wiederkamen —
welch ein Abstand gegen das vorige Jahr! Kerngesundes Vieh im
Stalle und auf den Wiesen, Segen auf den Feldern und die
Menschen glücklich! Denn eben war der Herr Studierte, der auf
des Bergherrn Bitte aus Kölln an der Spree zur nochmaligen
Untersuchung der Gruben gekommen war, wieder abgereist, nach-
dem er sich noch nicht gerade zum allerbesten über die Weisheit
seiner Kollegen in Dresden erklärt hatte. Denn die Gruben im
Schrecken- und Schottenberge waren nicht ausgebraucht: man
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
408
über das frische Kind eine große Freude. Niemand ahnte aber
damals, welche Bedeutung das Mädchen für die ganze deutsche
Nation, ja für die gesamte gebildete Welt haben sollte. Im Alter
von siebzehn Jahren vermählte sich die Jungfrau Katharina Eli-
sabeth mit dem wohlhabenden kaiserlichen Rate Johann Kaspar
Goethe und wurde die Mutter von Deutschlands größtem
Dichter. Als „Frau Rat" war sie schon zu Lebzeiten ihres Sohnes
der gefeierte Mittelpunkt eines ausgedehnten Bekanntenkreises,
sie wurde eine Lieblingsgestalt des deutschen Volkes und ist es
geblieben bis auf den heutigen Tag.
Frohnatur! Goethe hat eigens für die geliebte Mutter dieses
Wort erfunden und damit den Charakter dieser herrlichen Frau
auf das trefflichste bezeichnet. Ihr sonniges Gemüt, ihre harm-
lose. alles beglückende Heiterkeit, ihre kostbare Natürlichkeit und
die bis zum Tode bewahrte jugendliche Frische vereinigten sich in
ihr zu einem Zauber, der jeden, der in ihre Nähe kam. vom ersten
Augenblicke an gefangen hielt. Wer damals von berühmten
und hochgestellten Personen nur immer Frankfurt berührte, der
stattete auch „Frau Aja", wie sie in Freundeskreisen genannt
wurde, einen Besuch ab. Wenn der Besuch das gastliche Haus ver-
ließ. da hatte Frau Rat einen Freund und Bewunderer mehr.
Der Dichter Wieland nennt sie die Königin aller Weiber, die
Krone ihres Geschlechts. Prinz Georg von Mecklenburg und die
Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar schließen innige
Freundschaft mit ihr. die sie bis zum Tode bewahren. Die beiden
Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz verkehren während ihres
Aufenthalts in Frankfurt nirgend lieber als bei der Frau Rat.
Munter plätschern sie an dem Hausbrunnen, tollen in Haus und
Hof umher, und nichts schmeckt ihnen dann besser, als der von
Frau Rat eigenhändig zubereitete Kartoffelsalat. Einer dieser
Prinzessinnen hat das Schicksal später ein Königsdiadem um die
Stirne gewunden. Es war die Königin Luise, die zeitlebens ihrer
mütterlichen Freundin in herzlicher Zuneigung verbunden blieb.
Frau Rat besaß die beneidenswerte Kunst, an allen Dingen
die gute Seite herauszufinden. „Es gibt doch viele Freuden."
schreibt sie einmal an ihren Sohn, „in unsers lieben Herrgotts
seiner Welt! Rur muß man sich aufs Suchen verstehen, sie finden
sich gewiß." Ewiger Frühling und heller Sonnenschein waren
allezeit um sie verbreitet. „Mir geht's." lesen wir in einem andern
Briefe von ihr, „wie dem Hund in der Fabel — abwehren kann
ich's nicht — zerzausen mag ich mich nicht lassen — gerade wie
der Hund, ich-------esse mit. Das ist verdolmetscht — ich freue
mich des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht — suche keine
Dornen — hasche die kleinen Freuden — sind die Türen niedrig,
so bücke ich mich — kann ich den Stein aus dem Wege tun. so tue
ich's — ist er schwer, so gehe ich herum — und so finde ich alle Tage
etwas, das mich freut — und der Schlußstein — der Glaube an
Gott! Der macht mein Herz froh und mein Angesicht fröhlich —
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Extrahierte Personennamen: Katharina_Eli- Johann_Kaspar
Goethe Johann Goethe Georg_von_Mecklenburg Anna_Amalia
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
440
4. Sie schütteln ihr lang', durchnähtes Haar
und grüßen wie fremde Boten:
sie reichen einen Ring mir dar
und Grüße von einem Toten.
von dir. von dir — ich erwach' und wein'
und schlafe die Nacht nicht wieder ein.
5. Es lechzt vielleicht dein heißer Mund,
und ich kann dich nicht laben:
du liegst vielleicht im Meeresgrund,
sorglos und unbegraben.
Ach, daß ich selbst den Trost verlier',
im Frieden einst zu ruhn bei dir!" Hermann erngg.
250. Deutsches Frauenleben in fernen Landen.
Es ist ein weiter Weg, zu dem deine Phantasie, liebens-
würdige Leserin, dich in diesem Augenblick beflügeln soll: über
das Rätselland Ägypten hinweg, über die Wundergefilde
Indiens, durch die schwerlastende Hitze der Tropen hindurch,
mitten unter die bezopften Söhne des himmlischen Reichs, sei
es nun in Hongkong, an der nördlichen Grenze der Tropenzone,
oder Kanton, Schanghai, das etwa auf der Höhe von Sizilien
liegt, oder gar Peking, die Hauptstadt Chinas, des Reiches der
Blumen: überall findest du deutsche Frauen, die. mit Aufopferung
aller der Vorteile und Genüsse des europäischen Lebens, dem
Manne ihrer Wahl in das Ausland gefolgt sind, und die Euro-
päern und Fremden in fernen Landen das Bild einer deutschen
Häuslichkeit, alle die Anziehungen des deutschen Familienlebens
hervorzaubern. Freilich sind im allgemeinen die Ansichten über
das Leben in jenen Ländern noch recht verkehrte, und eine, wenn
auch nur kurze Darstellung wird lehren, dah es sich auch dort zu-
weilen recht angenehm leben läßt.
Die junge Frau, die gewöhnlich in zartem Lebensalter dem
Manne ihrer Wahl in das Ausland folgt, wird freilich beim
ersten Betreten dieses nach langer Seereise nicht wenig bestürzt
sein und aller der guten, im deutschen Hause gewonnenen Er-
fahrungen und Lehren bedürfen, um in dem Gewirr des Fremden,
das von allen Seiten auf sie einstürmt, sich zurecht zu finden und
auf der fremden Erde festen Fuß zu fassen. Zunächst gilt es ja,
den eignen Haushalt einzurichten, vor allen Dingen sich ein be-
hagliches Heim zu schaffen. Die äußern Bedürfnisse sind hierfür
in den meisten Fällen bereits alle vorhanden: ein geräumiges,
luftiges Haus, durchweg mit hohen, saalartigen Zimmern, meist
vollkommen ausmöbliert und wenig von europäischeni Luxus
vermissen lassend, empfängt die Ankommende. Das Haus wird
belebt von einer gewöhnlich recht zahlreichen Dienerschaft, deren
Anblick und Entgegenkommen fremd und im ersten Augenblick
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Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
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hat etwas Rührendes und Beneidenswertes, zu sehen, wie sie in
Gefahr und Sorge ruhig und heiter zu Gott wie zu ihrem Vater
aufschaut, der ja nur das Veste für sein Kind wollen kann.
Man kann sich die Freude dieses Mutterherzens vorstellen,
als der geliebte Sohn zu immer höhern Ehren aufsteigt, in jungen
Jahren erster Minister eines Herzogtums, der Freund von Fürsten
und großen Männern wird und als Dichter einen Ruhm erwirbt,
der ganz Europa erfüllt. Wenn der Sohn in der freien Zeit, die
ihm übrigbleibt, zum Besuche nach Frankfurt kommt, dann ist sein
Aufenthalt für die Mutter ein einziger großer Festtag. Eine be-
sondre Freude erlebt Frau Rat, als ihr ältester Enkel sie besucht,
mit dem sie wieder jung wird. Rach seiner Abreise unterhält sie
mit ihm einen regen Briefwechsel. Da schreibt sie ihm einmal:
..Es ist Deine Pflicht. Deinen lieben Eltern gehorsam zu sein und
ihnen vor die viele Mühe. die sie sich geben. Deinen Verstand zu
bilden, recht viele, viele Freude zu machen ... Ich weiß aus Er-
fahrung. was es heißt, Freude an seinem Kinde zu erleben — Dein
lieber Vater hat mir nie. nie Kummer und Verdruß verursacht
— darum hat ihn auch der liebe Gott gesegnet, daß er über viele,
viele emporgekommen ist — und hat ihm einen großen, aus-
gebreiteten Ruhm gemacht."
Im steten Verkehr mit den Freunden des Hauses und des
Sohnes verlebte sie einen heitern Lebensabend. Am 13. Sep-
tember 1808 erlosch dieses merkwürdige Frauenleben, das in seiner
Umgebung so lichten Schein verbreitet hatte. Die Trauerbotschaft
erschütterte den Sohn aufs tiefste. „Er war ganz hin." berichtet
darüber einer seiner Freunde. Auch er ist längst zur Ruhe ge-
gangen. Wenn aber sein Riesengeist vor unsern Augen erscheint,
dann begleitet ihn stets das ewig heitere Antlitz seiner unvergeß-
lichen Mutter, der Frau Rat.
234. Ein Brief der Königin Luise an ihren Vater.
Jeder Brief, den ein bedeutender Mensch geschrieben hat. ist
geeignet, uns den Verfasser persönlich nahezubringen: durch die
eigentümliche Sprache, die uns ihm gegenüberstellt, uns gewisser-
maßen zum Adressaten macht, und durch die Intimität jedes mit
dem Gedanken an nur einen oder wenige Leser verfaßten Schrift-
stücks — die Intimität nicht der Mitteilung der privaten, persön-
lichen Verhältnisse, sondern die Intimität der Form, der Sprache,
des ganzen Seelenzustandes, in dem ein Brief geschrieben wird.
Es ist der Alltagsmensch, der aus Briefen lebendig wird: oft be-
leuchten Briefe, wie aus den: rein Persönlichen, einer höhern Er-
scheinung gleich, das Allgemeine für Momente aufsteigt; Durch-
brüche eines tiefer als in e i n e m Menschen und seinen Lebens-
umständen wurzelnden Gefühls stehen zwischen trockenen Mit-
teilungen. Das Unregelmäßige, Anregende. Ernüchternde und
zum Widerspruch Reizende, aber auch das menschliche Anteilnahme
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werden ewig Freude haben, weil wir sie verdienen. Wie be-
ruhigend dieser Gedanke ist. läßt sich nicht sagen. Ich ertrage alles
mit einer solchen Ruhe und Gelassenheit, die nur der innere Friede
des Gewissens und reine Zuversicht geben kann. Deswegen seien
Sie überzeugt, bester Vater, daß wir nie ganz unglücklich sein
können, und daß mancher, mit einer glänzenden Krone geschmückt
und vom Glücke umgeben, nicht so froh ist. als wir. mein Mann.
unsre gesunden Kinder und ich, es sind. Gott schenke allen guten
Menschen den Frieden der Brust! Noch immer wird dann auch
der Unglücklichste Ursachen und verborgene, stille Quellen der
Freude haben. Noch eins zu Ihrem Troste: daß nie etwas von
unsrer Seite geschehen wird, was nicht mit der strengsten Ehre
verträglich ist und was nicht mit dem Ganzen geht. Denken Sie
nicht an einzelne Erbärmlichkeiten. Der König steht mitten im
Unglücke ehrwürdig und charaktergroß da. Das wird auch Sie
trösten: das weiß ich. so wie alle. die mir angehören. Ich bin auf
ewig Ihre treue, gehorsame, Sie innig liebende Tochter, und gott-
lob. daß ich es sagen kann. da Ihre Gnade mich dazu berechtigt.
Ihre Freundin
Luise.
235. Luise Scheppler.
Barmherzigkeit, du lichter Engel des Menschenlebens! Wo
du über die Erde wandelst, da steigt das verlorene Paradies zu
deinen Füßen auf. Aber nie sind deine Strahlen reiner und
glänzender, als wenn du aus dem Herzen des Armen hervor-
brichst. der sich in unendlicher Liebe zu seinem noch ärmern Mit-
menschen hinneigt, ihn unter der Last des Lebens aufrichtet und
dann demütig nach den Worten der Schrift bekennt: „Wir sind
unnütze Knechte: wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren."
An der Grenze zwischen Elsaß und Lothringen erhebt sich ein
hoher Gebirgsrücken, dessen westlicher Abhang das sogenannte
Steintal (lian de la roche) bildet. Dieses Steintal war in
Wirklichkeit eine Steinwüste und gehörte um die Mitte des acht-
zehnten Jahrhunderts zu den unwirtlichsten Gegenden des Landes.
Die fünf Orte des Tales zählten zusammen nur hundert Familien,
die im Elend dahinbrüteten und keine andre Nahrung als Holz-
äpfel, wilde Birnen und in Milch gekochtes Gras kannten. Von
Schulen und geistiger Bildung waren in diesem Jammertal kaum
einige Spuren vorhanden.
Da erging das Wort des Herrn an zwei edle Prediger. Stü-
der und O b e r l i n . die nacheinander mit unermüdlicher Treue
in dieser unwirtlichen Einsamkeit wirkten, das unfruchtbare Land
in eine wohlangebaute, wohlhabende Gegend verwandelten und
die verkommenen Bewohner zur lichten Höhe der Menschheit er-
hoben. Namentlich war die Arbeit des letztern von großen Er-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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