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den 1648 in ganz Deutschland ein Ende. Aber erst 1650 zögen die
Schweden aus Sachsen ab, und erst in diesem Jahre konnte das all-
gemeine Friedensfest gefeiert werden.
Das Friedensfest.
Das Friedensfest nach solch einem Kriege konnte nur einen
sehr schmerzlichen Anblick darbieten. Wohl tönte in den Städten die
Glocke in die Straßen hinab, um zum Dankgebete im Tempel des Herrn
einzuladen; aber nicht zahlreiche geschmückte und fröhliche Schaaren sah
man zum Gotteshause wallen. Ach nein! Da wankt ein Greis aus
dem verfallenen Hause; sein Mütterchen selbst auf den Stab sich stützend,
ist seine Stütze. Auf der Mitte der Straße bleiben sie stehen und
schauen hinab — dort unten muß ja der Sohn herauf kommen und
die Schwiegertochter und die fröhliche Enkelschaar, um mit den Groß-
eltern in die Kirche zu gehen. Ach nein, sie kommen nicht! Pest hat
den Sohn, Gram die Tochter, Hunger die Enkel dahin gerafft, während
die Großeltern »als Geißeln von den wilden Feinden in die Wälder
geschleppt waren. Dort schleicht ein junges Weib unter Trümmern her-
vor; tiefer Kummer spricht aus ihrem Angesichte, zwei Kinder hat sie
an der Hand, die führt sie an einen gegenüberliegenden Stein; noch
ist derselbe von Blutflecken geröthet. „Hier haben die Schweden euren
Vater erschlagen!" sagte sie. „Kommt in die Kirche, um zu Dem zu
flehen, der nur allein euer Versorger ist!" Drei, fünf, zehn, vierzehn
Häuser entlang, sieht man kein menschliches Antlitz hervortreten; denn
die eingeschlagenen Thüren, die fensterlosen Höhlen sind Beweises ge-
nug, daß die ehemaligen Bewohner dieser Häuser entweder im Grabe
den langen Jammer verschlafen oder in der Wildniß umherirren. —
So sah es in vielen Städten aus. Auf dem platten Lande war es,
wo möglich, noch schlimmer. Hunderte von Dörfern waren von der
Erde verschwunden, und hie und da sah man Heerden von Kindern auf
den Wiesen Gras verzehren, wie die Thiere des Feldes. Stand das
Dorf: so war wohl die Kirche oder der Thurm niedergebrannt; stand
der Thurm: so hatten räuberische Hände die friedeverkündenden Glocken
herabgerissen, um deren Metall zu todbringenden Kanonen zu verschmel-
zen. Dazu kamen noch Horden liederlicher und räuberischer Menschen,
welche auch nach dem Kriege noch rauben und plündern, sich aber nicht
an eine regelmäßige Thätigkeit gewöhnen wollten. Daß es in dem ver-
ödeten Lande an Schaaren von Bären, Wölfen und andern Raubthieren
nicht gefehlt haben wird, läßt sich leicht denken.
29. Die Kurfürsten Johann Georg Ii., Hi. u. Iv.
Schrecklich, schrecklich war Sachsens Zustand während und gleich
nach dem dreißigjährigen Kriege. Doch sah man auch jetzt noch die
wohlthätigen Folgen dessen, was 60 Jahre vorher Vater August und
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Extrahierte Personennamen: Johann_Georg_Ii Johann August
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Sachsens
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Spitzenklöppeln heimisch wurde, machte die Bevölkerung reissende
Fortschritte. Es verbreitete sich aber der Anbau des Landes zu-
gleich nach Wiesenthal und Jöhstadt hin und belebte die düsteren
Wälder des Erzgebirges. Erwähnt sei noch, dass von den Bau-
werken der freiberger Dom, die Albrechtsburg und die Elbbrücke
zu Meissen Albert’s Andenken verewigen. Seine Gemahlin Sidonia
war die Stammmutter unsers Königshauses. Als Wittwe hatte sie
sich auf das romantisch gelegene Schloss zu Tharand zurückge-
zogen, wo sie am 1. Februar 1510 ihre Augen im Tode schloss.
Nach Mohr.
22. Friedrich der Weise (1486—1525).
Er war der älteste Sohn des Kurfürsten Ernst und dessen
Gemahlin Elisabeth und am 17. Januar 1463 zu Torgau geboren.
Seine Erziehung und Jugendbildung waren ausgezeichnet. Er be-
suchte mit seinen 2 Brüdern die Klosterschule zu Grimma, an der
sehr wackere Lehrer wirkten. Sein Hofmeister, M. Kemmerlein,
war ein vortrefflicher Lehrer. Der fleissige Prinz lernte die latei-
nische und französische Sprache vollkommen verstehen und sprechen.
Fand er in einem Buche einen schönen Spruch oder einen geist-
reichen Gedanken: so schrieb er ihn auf ein Blättchen und schmückte
sein Zimmer damit aus. Die Bibel lernte er schon damals lesen
und lieb gewinnen. Musik, Sternkunde, Arzneiwissenschaft trieb
er mit Eifer. Hatte er eine Freistunde, so drechselte er Becher
und andere Geräthschaften. Auch die Ausbildung des Körpers
vergass sein Erzieher nicht; er liess ihn laufen, springen, fahren,
klettern und ringen, so dass der Prinz später als Fechter und
Lanzenbrecher weit berühmt wurde; oft kämpfte er mit seinem
Freunde, dem ritterlichen Kaiser Maximilian, zu seinem Vergnügen.
Ohne eine solche Erziehung wäre aber auch der treffliche Mann
nicht gebildet worden, dessen Name die Geschichte für ewige
Zeiten dankbar bewahrt. Friedrich ehrte deswegen seinen Lehrer
Kemmerlein zeitlebens. Als den guten Magister schon eisgraues
Haar schmückte, schickte ihm sein Zögling mehre goldene Münzen
mit seinem Bildnisse, um ihm eine Freude zu bereiten. Bald darauf
wollte er ihn in Aschaffenburg besuchen; da vernahm er vor der
Stadt die Nachricht von seinem Tode und reiste deshalb tief
betrübt zurück. —
Friedrich der Weise war ein grosser Freund der Musik und
des Gesanges; er hielt sich daher eine grosse musikalische Kapelle,
die ileissig vor ihm spielen musste. Auch liess er nach und nach
einige hundert Knaben im Gesänge ausbilden; denn er dachte wie
sein Freund Luther: „Gesang ist eine feine Gabe Gottes". Über-
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Extrahierte Personennamen: Wiesenthal Friedrich Ernst Elisabeth Maximilian Maximilian Friedrich Friedrich Friedrich
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mußte der Papst selbst das Werkzeug zu der bevorstehenden großen Verände-
rung werden. Denn in dem Ablaßhandel, wie er unter Leo X. getrieben
ward, erreichte die Anmaßung Roms ihren höchsten Gipfel; von diesem konnte
es nur wieder abwärts gehen. Da stand unser Luther auf!
14. Der Reformator vr. Martin Luther.
Er wurde nach Gottes Absicht und wider- der Menschen Gedanken das
Werkzeug der Reformation. Am 10. Novbr. 1483 wurde er zu Eisleben ge-
boren, am 11. getauft und nach dem Heiligen dieses Tages Martin ge-
nannt. Sein Vater, Hans Luther, war ein Bergmann aus dem Dorfe Möhra
lim jetzigen Herzogth. Meiningen) u. seine Mutter Margaretha, eine geborene
Lindemann, aus Neustadt a. d. fränkischen Saale*). Im folgenden Jahre zog
Hans Luther nach Mansfeld, wo er später Mitglied des Stadtrathes wurde.
Er war ein Freund der Gottesfurcht und der Wissenschaft, erzog feinen
Sohn sehr streng und hielt ihn ernstlich zur Frömmigkeit an. Schon früh
brachte er ihn in die Schule zu Mansfeld und, als derselbe 14 Jahre alt
war, in die lateinische Schule zu Magdeburg; 1498 aber, weil er daselbst
keine Unterstützung fand, nach Eisenach. Dort konnte er anfangs als Current-
schüler ebenfalls nur kümmerlich fein Brod verdienen, bis eine wohlthätige
Frau, Namens Cotta, eine bemittelte Verwandtin seiner Mutter, die durch
seinen guten Gesang und sein anständiges Verhalten beim Singen gerührt
worden war,, ihn in ihr Haus aufnahm. Von jetzt an war es ihm möglich,
frei von Nahrungssorgen dem Studiren obzuliegen. Wohl vorbereitet, bezog v
er 1501, in seinem 18. Jahre, die Universität zu Erfurt, um nach feines Va-
ters Wunsche ein Rechtsgelehrter zu werden. 1505 wurde er Magister und
hielt nun Vorlesungen. Um diese Zeit entdeckte er auf der Universitäts-
bibliothek eine lateinische Bibel u. sah mit nicht geringer Freude, dah sie mehr
als die Evangelien u. Episteln enthielt. Durch diese nähere Bekanntschaft mit
der Bibel wurde er der Theologie geneigt. Dieser Umstand, sowie der, daß
er und sein Freund Alexius, als sie im Spätherbste d. I. 1504 auf einem
Spaziergange vom Blitze betäubt wurden, und daß Alexius nach einiger Zeit
durch Meuchelmord oder im Duell sein Leben verloren hatte — bestimmten
ihn, sich dem Mönchsstande zu widmen. Gegen den väterlichen Willen ging
er am 22. Juli 1505 ins Augustinerkloster zu Erfurt. Hier unterwarf er
sich allen Büßungen und den niedrigsten Diensten, die man von ihm forderte.
Er ließ sich gefallen, mit dem Bettelsacke durch die Stadt zu laufen und von
den Bürgern Brod, Eier, Fische, Fleisch und Geld einzusammeln u. a. m.
Der Aufseher über die Aubustinerklöster in Deutschland, Or. Johann von
Staupitz, befreite ihn von dresen Anforderungen und munterte ihn zur Fort-
setzung feiner theologischen Studien auf. Er erhrelt 1507 die Priesterweihe
und 1508 durch Staupitz den Ruf als Professor der Philosophie an der im
Jahre 1502 vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen zu Wittenberg gestifteten
Universität. Hier sammelte er sich bald zahlreiche Schüler und Anhänger um
seinen Lehrstuhl. Eine Reise, die er 1510 in Angelegenheiten seines Ordens
nach Rom an den Hof des Papstes Julius Ii. unternahm, enthüllte das
Ärgerniß der Irreligiosität und Sittenlosigkeit der römischen Geistlichkeit vor
seinen Augen und befreite ihn von der gewohnten Scheu vor der päpstlichen
Heiligkeit. Luther sagte nachher oft: Er wolle nicht tausend Gulden nehmen,
daß er Rom nicht sollte gesehen haben.
Nach seiner Zurückkunft wurde er i. I. 1512 zum Doctor der Theologie
erhoben und lag von nun an seinem Lehramte mit verdoppeltem Eifer ob.
Ueberdies erlangte er in Wittenberg auch- großen Ruhm als Prediger und
*) Der Vater starb den 29. Mai 1530 und die Mutter den 30. Juni 1531.
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Staupitz Johann Friedrich Friedrich Julius_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Roms Gottes Dorfe_Möhra Meiningen Mansfeld Mansfeld Magdeburg Eisenach Erfurt Deutschland Wittenberg Rom Rom Wittenberg