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1. Die Landschaften Europas - S. 124

1900 - Trier : Lintz
124 Das Französische Mittelgebirge und Flachland. auch grossartige Schönheiten ab, und manche Pyrenäen- thäler, besonders die, welche in cirk us artiger Form enden, stehen den schönsten Alpenthälern wenig nach. Das landschaftliche Bild der Mittelpyrenäen. Die Schönheit der Pyrenäen entfaltet sich uns besonders in dem Hoch- gebirgthal des Gave de Pau (spr. gaw' dö po), das zu dem berühmten 'Cirkusthal von Gavarnie und zu den Schneeregionen des stolzen Mont Perdu hinanführt. Die landschaftlichen Schönheiten des Thaies beginnen schon bei dem in herrlichem Waldesdunkel gelegenen Wallfahrtsorte Lourdes (spr. luhrd'). Zur vollständigen Enge schliesst es sich aber erst bei dem Badeorte St. Sauveur (spr. ssäng-ssowör). Hier zeigen sich uns auch schon die gross- artigen Erscheinungen des Hochgebirges. Von gewaltigen Bergstürzen reden die ungeheuren Felstrümmer, die auf dem Thalboden liegen, ein wüstes Durch- einander bildend. „Das Chaos" heisst diese Thalstelle mit Recht. An zahl- reichen Wildbächen schreiten wir vorüber, die sich nach heftigen Gewitter- regen mit wildem Tosen verheerend ins Hauptthal stürzen. Der Weg steigt stärker; der Gave de Pau verräts durch sein Brausen. In einer Höhe von 1850 m liegt das Dorf Gavarnie, nach dem das Cirkusthal seinen Namen er- halten hat. Südlich von ihm thut sich die ungeheure, amphitheatra- lische Halbkesselrun dung des Cirkus auf. Aber obschon er uns so nahe gerückt erscheint, dauert es doch noch über eine Stunde, bis wir in der Riesen- arena stehen. Mit den himmelhohen, starren Mauern, mit den blen- denden Gletschern, die die Zinnen krönen, mit dem ewigen Schnee, der wie ein weisser Teppich auf den riesigen Stufenabsätzen lagert, und mit den zahlreichen, hunderte Meter tief herabstürzenden Wasserfällen, die sich im Windzuge wie herabwallende weisse Schleier bewegen, macht das ge- waltige Bauwerk einen grossartigen Eindruck, und kein Menschenauge vermag sich des Staunens zu enthalten. Die Bodenfläche des Cirkus liegt 1640 m über dem Meere ; die Gipfel aber ragen 3000 m, die höchste Erhebung, eine grosse Tafel bildend, sogar 3253 m empor. Die Rundung beträgt 31/* km, und es könnten, wie Zirkel sagt, Nationen auf den Stufen des riesigen Am- phitheaters Platz finden. Zuerst steigen die Bergwände 300—400 m ■steil in die Höhe. Dann beginnen die langen E i s s i t z r e i h e n , drei grössere und viele kleinere Stufen. Über alle wallen die zahlreichen G 1 e t s c h e r b ä c h e hinab, wohl ein Dutzend, ein prächtiges Naturschauspiel darbietend. Einer der Wasserfälle übertrifft alle durch seine Schönheit; es ist die C a s c a d e de Mar- li oré (spr. kaskahd). Sie stürzt sich, wie Venedey (spr. wehndä) schildert, von der Ostseite des Cirkus in schönem Bogen, zweimal leicht gebrochen und zuletzt in Staubregen aufgelöst, im Ganzen 422 m tief herab. Wenn man zu den Stufen des Cirkus mühsam über Eis und Gletscher- schutt hinangeklettert ist, so gelangt man im Hintergrunde oben auf der Höhe zu der berühmten Rolandsbresche. Sie ist eine schmale Felsspalte mit senk- rechten Wänden, als wäre sie, wie die Sage es erzählt, durch einen gewaltigen Schwerthieb eingehauen worden. Der Blick hinab in das Cirkusthal ist eben- falls grossartig, aber es fehlt die Klarheit des Überblicks. Am anderen Ende der Bresche schweift das Auge weit in Spaniens heissdiirre Felsland- schaften hinein. Ganz in der Nähe erhebt sich im 0, auf einem kurzen, nach dem spanischen Gebiete hinübergreifenden Felsgrat aufragend, die stolze Berg- gestalt des Mont Perdu, des Königs aller Kalkberge, wie der Mont- blanc in den Alpen der erste unter den Granitbergen ist. Wer ihn erklettert, dem legt sich der ganze Zug der Pyrenäen wie ein starker, nach beiden Seiten hin sich verästelnder Grat zu Füssen. Die Westpyrenäen, die am Pic des Esc ailiers (spr. pick dâsaskaljé) . östlich von dem Thal von Roncesvalles (spr.

2. Die Landschaften Europas - S. 450

1900 - Trier : Lintz
450 Die Pyrenäen-Halbinsel. und würdevollen Haltung oft sehr geschickt verbirgt. So ist der Stierkampf eine innerste, die Volksseele befriedigende Sitte, und dies erklärt, dass selbst arme Leute lieber ihr letztes Hab und Gut ins Pfandhaus tragen, als dem geliebten Spiele fern bleiben. An den Tagen der Stierkämpfe gerät das Volk ausser Rand und Band. In dichten Scharen drängt die Menschenflut nach der Arena hin, durch die malerischen Nationaltrachten ein farbenprächtiges Bild darbietend. Schon lange vor Beginn des Kampfes ist diese gefüllt, und wie ein Meeresbrausen wogt das Stimmengewirr auf und ab. Endlich wird das Zeichen zum Anfang gegeben. Die Vorstellung beginnt unter Trompetengeschmetter mit dem feier- lichen Aufzug der Quadrille. In ihren farbenprächtigen Gewändern ziehen die Teilnehmer am Stierkampfe, die Espadas mit ihren Gehilfen, den Capea- dores und Banderilleros, und hinter diesen Fusskämpfern zu Pferde die Picadores rund. Es folgt der erste Akt des Kampfes. Aus dem Toril, einem rotbekleideten Pfürtchen, stürzt ein schwarzer Stier hervor. Verdutzt bleibt das prächtige Tier stehen und starrt die ungewohnte Umgebung an. Dann stürzt es mit wütendem Gebrüll in die Mitte der Arena, und ein wildes Beifallstosen der Menge begrüsst ihn. Auf ein Zeichen treten die wie Bildsäulen dastehenden Capea- dores vor. Mit ihren roten Tüchern beginnen sie das Tier zu reizen. Aber sobald dieses auf einen der Verwegenen lossprengt, weicht er mit unglaublicher Gewandtheit aus. So wird es bis zur Raserei gereizt. In wilden Sprüngen rast der Stier durch die Arena. Da trifft sein Blick einen neuen Gegner, einen der Picadores, die hoch zu Ross sitzen. Er will sich auf ihn stürzen, aber dieser bohrt ihm die Lanze tief in das Fleisch. Ein Wutgebrüll durchzittert den Raum, fast übertönt von dem wilden Lärm der Menge. Mit einem neuen Anlauf stürzt sich der Stier auf den Gegner. Dieser vermag nicht auszuweichen. In mäch- tigem Stoss hebt der Stier Ross und Reiter mit den Hörnern empor und schleudert sie dann zu Boden. Das Volk jubelt: „Bravo Toro! Bravo Toro!" Einige Capeadores suchen den Stier von seinem Opfer abzulenken und andere dieses in Sicherheit zu bringen. Das tote oder noch zuckende Pferd wird aus der Arena geschleift. Andere Opfer folgen ihm bald nach. Es beginnt der zweite Teil des Kampfspiels. Die Banderilleros er- scheinen, mit ihren von bunten Bändern umflatterten Banderillas dem Stier winkend. Das schon zur höchsten Wut gereizte Tier nimmt den Kampf gleich auf. Aber während die Banderilleros geschickt ausweichen, werfen sie ihm die so zierlich geschmückten Harpunen in den Nacken. Vergeblich sucht der Stier sie abzuschütteln. Immer neue Harpunen fliegen ihm in den Nacken. Der Schlussakt naht. Der E spada tritt in die Arena. Es lässt sich den Degen und das rote Tüchlein reichen. Ohne Furcht heftet er sein Auge auf den Stier. Regungslos betrachtet auch dieser den neuen Gegner. Es herrscht atemlose Stille. Es vergehen Sekunden, wie Minuten erscheinend. Da entfaltet der Espada sein rotes Tuch. Der Stier stürzt auf ihn los, aber die Spitze des blitzenden Degens fährt ihm totbringend in den Körper. Das Tier zittert und wankt und fällt tot auf die Seite in den Sand. Endloser Jubel be- grüsst den Sieger, der seinen Fuss auf den toten Stier setzt und mit dem Degen salutiert. Das Kampfspiel ist zu Ende, und das Volk hat einen Helden, eine Heldenthat mehr, wovon es erzählen kann.

3. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 12

1842 - Zwickau : Zückler
12 Blicken auf den günstigen Zeitpunkt, wo er, wie der Blitz, auf das sorglose Hühnchen herabstür- zen kann. Der Mensch bemerkt ihn kaum in der ungeheüren Höhe; aber das Auge des Huhnes er- kennt ihn sehnell und deiitlich; es weiss, dass ihm Gefahr drohet, und fliehet desshalb noch zur rech- ten Zeit. Die Küchelchen, welche die alte vor- sichtige Henne ausführt, kennen noch keine Ge- fahr; aber sie verstehen genau die ängstlich war- nende Stimme der Mutter und sammeln sich, wenn sie dieselbe vernehmen, sogleich folgsam und schüch- tern unter ihre schützenden Flügel. Der Wurm und die Maus schlüpfen behende in ihre Löcher, wenn sie ihre Feinde bemerken; die Affen, die Heerden der Seehunde, der Steinböcke, Gemsen und Gazellen stellen sogar, um sicher ruhen oder weiden zu können, Wachen aus, und werden von diesen durch ein ganz besonderes Geschrei gewarnt, wenn ein Jäger, oder sonst eine Gefahr sich ihnen nahet. Die Pferde und Esel stellen sich, wenn sie in der Wildniss leben und von den Wölfen, wie es oft der Fall ist, angegriffen werden, mit den Köpfen, eng aneinander und wehren sich mit dgji Hinter- füssen so kräftig und geschickt, dass selbst diese reissenden Thiere ihnen nicht beikommen können. Der Ochs, das Rennthier, der Hirsch, die Böcke und andere gehörnte Thiere behalten ihren Feind im Gesicht und vertheidigen sich mit den Hörnern, während andere Thiere, besonders die Raubthiere mit scharfem Gebiss um sich heissen, wenn sie an- gegriffen werden. Die Schnecken, die Muschel- thiere und Schildkröten ziehen sich in ihre Haiiser zurück, und der Igel wickelt sich in seine Sta- cheln. Das Stachelschwein kann selbst der furcht- bare Löwe nicht besiegen. Viele Puppen und Kä- fer stellen sich todt, und die Scorpione, die Wes- pen, die Bienen, Hummeln und viele Fliegen ma- chen sich furchtbar durch ihre schmerzhaften, ja selbst tödlichen Stiche. Die Wasservögel, z. B. die Taucher, die Wasserhühner und viele wilde Entenarten tauchen behende unter das Wasser, wenn sie sich für bedrohet halten, und kommen

4. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 158

1842 - Zwickau : Zückler
158 immer heftiger, wühlte mit ungeheürer Gewalt in den Fluthen und schleüderte das Fahrzeüg, welches eine Last von vielen Tausend Pfunden trug, leicht wie einen Ball gegen den düstern Himmel, während sich daneben eine eben so grausige Tiefe eröffnete, in welche das Schiff jählings hinabstürzte. Überall, wo ich hinschau- te,^ hohe Wasserberge abwechselnd mit fürchterlichen Ab- gründen, rings um mich wildes Toben und schauriges Eturmgeheül, über mir der rollende Donner und der zuckende Blitz", kurz: Alles vereinigte sich, um meine Angst auf das höchste zu steigern. Schon wollte auch die letzte Hoffnung sinken; schon glaubte ich, hier mein sicheres Grab zu finden: als sich endlich der Sturm legte, und die große Waffermasse, wenn auch nach langem Wogen und unter stetem Schwanken des Schiffes, doch allmählich seinen wagerechten Stand wieder einnahm. Freüdetrunken begrüßte ich nun die hervorbrechende Sonne, welche den umgebenden Mee- resspiegel erleuchtete, der auch im ruhigen Zustande der Wunder sehr viele für mich enthielt. Unter der Menge mir größtentheils unbekannter Thiere, welche hie und da auftauchten, fesselten mich besonders die Corallen, welche eine pftanzenähnliche Gestalt haben, und deren ausgebreitete Äste nach und nach so mit Schlamm und Sand ausgefüllt werden, daß ich sie oft als Felsspitzen und nicht selten als ganze Inseln über das Meer her- vorragen sah. Des Nachts ergötzte mich haüfig der leüchtende Glanz des Wassers, der — wie ich wußte — bald durch die Reibung des Schiffes, bald durchs die verfaulten Seethiere, bald durch andere le- bende Thiere, wie die Seesterne und Medusen, erzeügt wird. Bisweilen unterhielt ich mich auch mit. den Schiffern, welche mir nicht nur von andern gefährlichen Seefahrten erzählten, sondern von denen ich auch er- fuhr, wie im Eismeere ganze Eisfelder, ja sogar große Eisinseln umherschwimmen, mit heftigem Getöse an einander prallen, sich oft zu hohen Eisbergen aufthür- men, Brücken bauen, finstere Höhlen bilden und unter stetem Knallen und Krachen dem Auge immer neüe Gestalten darstellen. Während dabei der Himmel dem noch entfernten Schiffer mit einem weißlichen Scheine (Eisblick) entgegenleüchte, seien in der Nähe bisweilen

5. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 245

1842 - Zwickau : Zückler
245 von der See her auf ihren stachen Kähnen die Weser und Elbe aufwärts plündernd und raubend in Deütsch- land eindrangen. Die schlimmsten Unholde aber wa- ren die rohen Ungarn, welche haüfig zu Hilfe gerufen wurden, wenn die Slaven sich der Deutschen nicht mehr allein erwehren konnten. Wie der Blitz waren sie im deütschen Lande, durchstreiften cs auf schnellen Rossen in seiner ganzen Lange, raubten alles Vieh, führten die Menschen als Sklaven fort; und ermannte sich das deutsche Volk ja einmal zu muthigcm Wider- stande: so waren die Ungarn meist schon wieder zum Lande hinaus, ehe die schwerfälligen Rüstungen der Deütschen zu Stande kamen. Alles das mußte der da- malige König Konrad geschehen lassen, da er selbst mit t deütschen Fürsten in stetem Kriege war. Sein vorzüglichster Gegner war der Herzog Heinrich von Sachsen, ein Nachkomme Wittekinds. Ihn konnte Konrad nicht besiegen. Wie würde das eine kleine Seele zu Haß und Rache gestachelt haben! Hören wir, was Konrad that! Als er dem Tode nahe kam, lag ihm seines Deütschlands Unglück recht schwer auf dem Herzen. Wer soll nun helfen? dachte er. Ich konnte es nicht, weil Heinrichs Hand zu schwer auf mir lag; denn er war kräftiger, als ich. Halt! ich habe den Mann! Er soll Deütschlands Netter sein! Und er em- pfahl Heinrichen den deütschen Fürsten mit libergchung des eigenen Bruders zu seinem Nachfolger als König von Deütschland. Die deütschen Fürsten sollen Hein- richen, als sie ihm die Krone brachten, auf dem Vo- gelheerde gefunden haben. Darum heißt er der Vog- ler oder Finkler bis auf den heütigen Tag. Ihm ge- lang es, in einer Schlacht gegen die Ungarn einen vornehmen Anführer derselben gefangen zu nehmen. Für die Frergebuttg desselben gewährten ihm die Un- garn einen ncünjährigen Waffenstillstand. Aber nun legte Heinrich nicht etwa die Hände in den Schoos, oder schwelgte und praßte bei glänzenden Festen. Nein! in ganz Deütschland sah man ihn herumcilen. Hier ließ er offene Orte mit Mauern umgeben, wohin die Wehrlosen ftüchten könnten, wenn das ungarische Un- gcthüm wieder einbräche; dort übte er das Fußvolk im Waffengcbrauche, um dem Feinde eine feste Lanzen-

6. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 288

1842 - Zwickau : Zückler
288 Nutznießung auf Lebenszeit: so kam es doch ganz auf ihn an, ob er die Kinder auf demselben lassen wollte oder nicht; und verjagte er sie wirklich nickt: so kam wenigstens nach des Vaters Tode einer der Aufseher des Herren und zog aus dem Stalle das beste Pferd u. s. w. Wie würde euch das gefallen? Unter so traurigen Umstanden trat der Sohn des Vaters Erb- schaft an. Mit allen Kräften suchte er seine Wirt- schaft empor zu bringen; aber wenn er eben mit ei- ner Arbeit beschäftigt war, deren Aufschub ihm den größten Schaden bringen mußte: da kam der Frohn- voigt und riß ihn aus derselben heraus, um des Herrn Arbeit zu thun. Ihr habt auch frohnen müs- sen und müßt es zum Theile noch; aber eüre Frohnen sind doch wenigstens durch gesetzliche Bestimmungen be- schränkt, und in der Ablösung, wie schwere Opfer sie auch auferlegt, ist eüch ein Mittel gegeben, wenigstens eüre Kinder solcher Lasten zu entledigen. Daß durch die Bedrückungen, welchen eüre Vorfahren unterwor- fen waren, bisweilen ein edles Gemüth zu Zorn und Widerstand aufgeregt wurde, darf uns nicht Wunder nehmen. Wehe aber dem Unglücklichen, der es wagte, auf diese Art seiner Menschenrechte eingedenk zu sein! Die furchtbarsten Mißhandlungen wurden sein Loos; denn einen Bauer todgeprügelt zu haben, kostete dem Herrn höchstens eine tüchtige Geldstrafe. — Ihr liegt auch bisweilen im Streit mit eüren Herren, und ich möchte nicht sagen, daß ihr allemal Recht hättet; aber wenn ihr Unrecht leidet: so wißt ihr, wo ihr zu kla- gen habt. Gegen Mißhandlungen gar schützt eüch das Recht; schützt eüch die höhere Bildung unserer Zeitge- nossen überhaupt; schützt eüch die öffentliche Meinung, welche den Thäter mit dem Cainszeichen brandmarken würde. Ei, sagt ihr vielleicht, wenn man es unfern Vorfahren so gar arg machte, warum ließen sie sich das gefallen? Ich hätte meine Grundstücke verkauft und wäre in das nächste Dorf gezogen, oder ich hätte mich in die Stadt gewendet und hätte da ein Hand- werk gelernt, oder ich wäre nach America gegangen. — Ihr glücklichen Menschen, die ihr so sprechen dürft! Nach America, das hätten sie aus begreiflichen Grün- den wohl lassen müssen; aber auch in die Stadt, in

7. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 293

1842 - Zwickau : Zückler
293 viehischen Balgereien, welche man damals Schlachten nannte, mit den wilden Thieren des Waldes sich herum- tummeln — war ihr Geschäft; sich unter die Tische trinken — ihre Erholung; ihre Güter in abgeschmack- ten Kleidungen, wie in Schuhen mit ellenhohen Schnä- beln und in Pluderhosen aus hundert Ellen Tuch zu vergeuden — ihr Slolz; und wenn sie das Alles nicht haben konnten: so wollten die unwissenden rohen Men- schen vor Langeweile fast sterben. Wenn ihr das Glück nennt, ja da waren jene Junker überaus glückliche Leute. Ich glaube aber, ihr werdet mir nicht viel da- gegen sagen, wenn ich behaupte, daß diejenigen unter unfern jetzigen Edelleüten, welche im Landbau, in den Wissenschaften, in den wichtigen Diensten, die sie dem Staate leisten, ihr Geschäft, ihre Erholung und ihren Stolz suchen, weit glücklichere und achtungöwerthere Menschen sind, als jene Junker. Wo nun Alles fortgeschritten ist zum Bessern, da werden wahrlich diejenigen nicht zurückgeblieben sein, welche obenan stehen im Staate. Ja, auch die Für- sten sind aufgeklärter geworden und glücklicher. Nicht mehr Lieblingsneigung ist ihnen der Krieg, sondern traurige Nothwendigkeit, wenn es ihre Staaten zu schützen gilt; lieber wenden sie ihre Kraft auf das loh- nende Geschäft, die Segnungen des Friedens in Acker- bau und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft zu verbrei- ten. Nicht mehr vergeuden sie in prunkhaften Gela- gen den Schweiß des Volkes; sie wissen mit Geschmack und Sparsamkeit zu genießen. Nicht mehr sind Hof- narren und Pritschmeister die Gegenstände ihrer Ergötz- lichkeit; sie haben feinere Geistesnahrung kennen und würdigen gelernt. Zwar umstehen nicht zitternde Skla- ven ihren Thron, sondern Bürgerund Bauer nahet sich ihnen, mit dem Vertrauen, daß die Gesetze vor Willkür schützen; aber Willkür wollen die Fürsten auch nicht, und wohl wissen sie, daß ein über seine Rechte und Pflichten aufgeklärtes Volk die beste Schutzwehr ist gegen den Übermuth bevorrechteter Kasten, welcher im Mittelalter gar manchen Fürsten unglücklich gemacht, und gegen den Bannspruch verblendeter Priester, wel- cher im Mittelalter gar manchen Fürsten von Land und Leüten gejagt hat. — So ist es denn besser ge-

8. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 338

1842 - Zwickau : Zückler
— 338 — tung schöner Blumen, die Beschädigung der Baume galt ihnen für das, was es war, für den Ausbruch der Rohheit, die im Schlechten ihre Lust sucht. Sie wußten, wie einst ein Mensch auf der Stelle blind geworden war, dem ein Anderer die Augen so lange fest zugedrückt hatte, bis jener errathen würde, wer hinter ihm stehe. Sie hatten nicht vergessen, wie ein- mal einige Buben sich verabredeten, einen furchtsamen Menschen in der Nacht durch eine häßliche Verkleidung zu erschrecken, der aber dadurch sein ganzes Leben hin- durch elend blieb, weil ihm der Schreck das große Lei- den der Epilepsie oder der fallenden Sucht zugezogen hatte; und sie begriffen kaum, wie es möglich sei, daß so schändliche Streiche, durch welche man sogar zum Mörder werden kann, von einigen nur für einen un- schuldigen Spaß genommen wurden. Richards Söhne und Töchter traten in die Fußstapfen ihrer Eltern. Jene bildeten sich zu ehrenwerthen Männern, die ihre Sache verstanden, und an denen man überall die Schute erkannte, in berste erzogen waren; diese über- trafen schon als Mädchen manche Hausfrau an nützli- chen Fertigkeiten, die sie sich unter Anleitung der treuen Mutter angeeignet hatten. Im Nahen und Stricken hatten sie es schon weit gebracht; sie besserten sehr ge- schickt ihre schadhaften Kleidungsstücke aus; sie hatten die Regeln inne, gut zu waschen, zu bleichen, zu plat- ten, und wußten den Schaden zu verhüten, welchen ungeschickte Hände dabei anrichten; waren sie in der Küche beschäftigt: so durfte man nicht befürchten, daß sie ein Unglück anrichten möchten, wie es Unwissende gethan haben, welche auf die Beschaffenheit des Koch- geschirrs, auf die schlechte und dann sehr gefährliche Glasur der irdenen Gefäße, auf den Gebrauch der kupfernen Kessel u. s. w. keine Rücksicht nahmen; die mit den Giftpflanzen so wenig vertraut waren, daß sie selbst den Schierling von der Petersilie und vom Kerbel nicht unterscheiden konnten, oder Getränke und Speisen auftrugen, welche in zinnernen Schüsseln und Kannen erkaltet waren und lange gestanden hatten. Sie zeichneten sich nicht durch eitle Putzsucht, sondern durch Reinlichkeit und Nettigkeit in ihrem Anzuge aus; ein Vorzug, der eben so wenig ihren Brüdern fehlte.

9. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 90

1842 - Zwickau : Zückler
9q krüppelung ist die traurige Folge. Wenn ihr einen buckligen Menschen seht, Kinder: so lacht ja nicht! Ihr hättet wohl eher Ursache traurig zu sein, wenn ihr eüch recht lebhaft vorstellt, daß ihr ähnliches Un- glück eüren Geschwistern, durch nachlässige Behand- lung, oder auch selbst durch wilde Unvorsichtigkeit zu- zichcn könnt. — Von den sieben obern Nückgrathswir- beln gehn auf beiden Seiten nach vorn hochgewölbte Nippen. Sie sind leicht mit dem Brustbeine verbun- den, welches oberhalb auf beiden Seiten durch die Schlüsselbeine sich an die Arme und den Hals an- schließt, und bilden so die Brusthöhle. An den näch- sten fünf Wirbeln sitzen auf jeder Seite kleinere Rip- pen, welche von obenher die Bauchhöhle schützen. Durch das ganze Rückgrath geht das Rückenmark, eine Fortsetzung des Gehirns, mit welchem es ganz gleiche Beschaffenheit har, und von diesem Nücken- marke aus springen auf beiden Seiten Fäden, die Nerven, hervor, deren Hauptbestandtheil ebenfalls Mark ist, und welche sich durch den ganzen Körper bis in die äußersten Fingerspitzen verbreiten. 3) Das Verdauungsgeschäft. Die nächsten Wochentage war Ehrmann genöthigt, seine Unterhaltungen zu unterbrechen. Er hatte die Kinder wieder auf den Sonntag vertröstet; aber schon war die Vesperzeit herangekommen, ohne daß er ein Wort hatte Horen lassen. Die Kinder aßen noch, da fingen sie an zu mahnen. — Warum eßt ihr denn, Kinder? fragte Ehrmann. — Daß wir groß wachsen, war die einstimmige Antwort. — Ich wachse ja aber nicht mehr und esse doch I — Die Kinder schwiegen. — Christoph hatte zwar eine Antwort auf der Zunge; aber er getraute sich nicht heraus. — Was geschieht, wenn ihr Haare und Nägel verschneidet ? — Sie wach- sen wieder. — Vor einem Vierteljahre riß mir ein Hund sin tüchtiges Stück Fleisch aus der Wade. Ist das Loch noch da? — Nein, es ist frisches Fletsch nachgewachsen. — Wie viel Schweiß vergießen wir an einem einzigen heißen Sommertage, und doch ist dessen Quelle unerschöpflich. Ja, Kinder, Haut,

10. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 110

1842 - Zwickau : Zückler
110 sicht, Zweck und Mittel richtig zu urtheilen: so will ich euch jetzt einige Gelegenheit geben, euren Verstand darin zu üben. — Die Bienen tragen Saft und Staub der Blumen zusammen und machen Honig und Wachs. Die Murmelthiere schlafen ruhig ihren Winterschlaf, während die Zugänge ihrer Höhle mit Moos und Heu verstopft sind. Der Bauer pflügt, besäet und egget seine Felder, bevor er Früchte erntet. Der Jäger läßt von dem Hunde sich das Wild aufspören, stellen und hereinschleppen, nachdem er ihn abgerichtet hat. _______ Was ist in diesen vier Mittheilungen Zweck, was Mit- tel? Jetzt gebeich eüch aber Mittel, sagt mir diezwecke: Lumpen sammeln, Steine schmelzen, Flachs spinnen, die Sense dengeln, die Pferde schirren. Ich gebe eüch Zwecke, sucht die Mittel,: Butter machen, Körner schüt- ten, Brod backen, verständig werden, Geld verdienen, gutes Obst ziehen. Der erreichte Zweck kann wieder das Mittel zur Erreichung eines andern Zweckes wer- den. Es ist z. B. finster; ich schlage Stein und Stahl zusammen, zwischen welche ich Schwamm gelegt habe; das sind die Mittel, durch welche ich zu meinem Zwecke komme, Licht zuerhaltcn; dieß erhaltene Licht aber be- nutze ich selbst wieder als Mittel zum Zwecke des Ar- beitens. — Welches sind daher die Mittel zu dem Zwecke: Holz klein zu machen — und zu welchem Zwecke ist: Holz klein machen selbst wieder ein Mittel? Be- trachtet nach dieser doppelten Rücksicht die Mittelzwecke: Fleisch raüchern, Glas machen, den Acker reinigen. Ihr seht also, es war eüch nickt gar zu schwer, über Zweck und Mittel zu urtheilen. Ganz anders aber ist es, wenn ihr über die Absichten eines Menschen ur- theilen wollt. Ob der Reiche bei Ertheilung eines Al- mosens die Erleichterung des Unglücklichen, oder seinen Ruhm zur Absicht hatte; ob der Sparsame aus Geiz, oder für geheime wohlthätige Zwecke diese Tugend übt; ob überhaupt Jemand bei seinen Handlungen gute oder böse Absichten hatte: das läßt sich häufig gar schwer entscheiden. Man thut daher am besten, die edlere Ab- sicht vorauszusetzen, so lange das Gegentheil nicht er- wiesen, oder höchst wahrscheinlich gemacht ist. — Da man jeden Vorgang, durch welchen Etwas geschieht, eine Ursache, und den llmftand, welcher durch die Ur-
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