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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 240

1911 - Erfurt : Keyser
— 240 — Das Gefecht war beendet und mit ihm der Krieg. Der 15. Fn-fanteriebrigade aber war es vergönnt gewesen, in der Nacht vom 26. zum 27. Juni das erste, siegreiche Treffen bei Podol und jetzt, fast vier Wochen später, das letzte, ebenfalls erfolgreiche bei Preß- burg zu bestehen und die preußischen Waffen am weitesten in Feindesland getragen zu haben. Nachdem das beiderseitige Feuer eingestellt war, kamen österreichische Offiziere ins preußische Feldlager. Man verglich die Uhren, tauschte Zigarren aus, reichte sich die Feldflaschen und setzte sich zu gemütlichem Gespräch auf eine Weinbergsmauer. Im Lager: Gegen 3 Uhr ertönten von Blumeuau her die Klänge einer raufchenden Musik. Alles eilte nach der Chaussee, auch General v. Bose stand dort. Es zogen einige österreichische Infanterie-Regimenter, eine Kavallerie-Brigade und einige Batterien vorüber. Die Bespannung der letzteren war sehr mitgenommen, nur wenige Pferde zogen die Geschütze. Ein Ulan schwang prahlerisch einen erbeuteten Husarenkarabiner über seinem Kopse, was aber nicht gerade niederdrückend auf die zuschauenden Preußen wirkte. Diese belustigten sich vielmehr über die von einem Hunde gezogene große Pauke einer Regimentsmusik. Da die preußischen Truppen unbewaffnet am Wege standen, mochten die Oesterreicher wohl glauben, daß sie Gefangene vor sich hätten. Doch die vergnügten Gesichter der Thüringer belehrten sie bald eines Besseren, und manch harmloses Scherzwort ging hin und her. Das Lagerleben gestaltete sich am Nachmittage zu einem heiteren und, da es auch an Zuspruch aus Preßburg und Umgegend nicht fehlte, sogar zu einem sehr belebten. Gastwirte und Neugierige langten bald zu Fuß und zu Wagen an, um ihre Genüsse feilzubieten und sich die Fremdlinge und ibr Treiben anzuschauen. Die Mehrzahl der Gäste, besonders die den besseren Ständen angehörenden, machten kein Hehl aus ihrer Zuneigung sür die Preußen. Die Damen erschienen meist in Schwarz mit weißen Abzeichen. In dem friedlichsten Lustlager konnte es nicht harm- loser und fröhlicher zugehen als hier. Die Regimentsmusiken spielten, die Leute tanzten und sangen den aufmerksam lauschenden Ungarinnen ihre schönsten Lieder vor. Dazu war die Verpflegung ganz vorzüglich, und ohne Murren ließ man die Wirte unsere guten preußischen Taler für einen Gulden österreichisch einstecken. Selbst der Zapfenstreich unterbrach nur auf kurze Zeit das lustige Treiben, das sich fast die ganze Nacht hindurch und auch am anderen Tage noch fortsetzte, bis um 1 Uhr mittags der Rückmarsch in die vertragsmäßigen Quartiere angetreten wurde. (Nach den Reg.-Gesch. d. 31. u. 71. Inf.-Reg.)

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 263

1911 - Erfurt : Keyser
— 263 — Die Rundfahrt erreichte ihr vorläufiges Ende auf dem elektrisch erhellten Friedrich Wilhelmsplatz, an dessen Nordende sich der mit der Kaiserkrone und mit lebenden und getrockneten Blumen geschmückte Kaiserpavillon erhob, vor dem der Zapfenstreich stattfinden sollte. Nicht lange währte es, bis sich das glänzende Schauspiel entwickelte. Vom Artillerieplatze aus marschierten die dort ausgestellten Musiker und Trommelschläger des 4. Armeekorps unter Vorantritt von Soldaten, welche Fackeln trugen, heran und begannen den Vortrag der ausgewählten Musikstücke. Während des Zapfenstreiches erglühten die Severi-Kirche und das Aenßere und Innere des Domes in rotem bengalischen Lichte. Ein erhebender Augenblick war es, als vor dem Spiel des „Gebets" das feierliche Geläut der Gloriosa über den stillen Platz klang. Am Schluß der Aufführung wurde ein prächtiges Feuerwerk abgebrannt, welches unter andern: auch die verschlungenen Züge W. A. V. in Feuerlinien zeigte. Gleichzeitig strahlte an der dem Platze zugekehrten Seite des Domes ein aus kleinen violetten Flammen zusammengesetztes, großes Kreuz aus. Als die Musiker sich entfernt hatten und die Postenkette nicht mehr die Grenzen zog, strömte die Volksmenge mit Gewalt zum Kaiserzelte und jubelte den Majestäten, welche sich nach dem Regierungsgebäude zurück begaben, stürmisch zu. Dienstag früh Uhr fuhr der Kaiser zum Manöver nach Bienstedt, wohin ihm die Kaiserin Uhr nachfolgte. Gegen 2 Uhr kehrten beide zurück und wohnten abends 7 Uhr dem zweiten großen Mahle im Rathaussaale bei. Während desselben waren gegen 900 Sänger Erfurts auf dem Fischmarkte aufmarschiert, und bald lind und leis, bald markig und brausend stiegen herrliche Gesänge zum nächtlichen Himmel empor. Als die Sänger geendet hatten und abzogen, bewegten sich Vereine, Innungen und Schüler der oberen Klassen in fast endlosem Fackelzuge am Rathause vorüber, immer von neuem Freudenbezeugungen dem Herrscherpaare darbringend. Dasselbe erschien zu verschiedenen Malen ans dem Balkon des Rathauses und zeigte sich den Blicken der tausendköpfigen Menge, die schließlich den Volksgesang: „Heil Dir im Siegerkranz" anstimmte. Mittwoch, den 16. September, morgens 6 Uhr verließ der Kaiser die Stadt, um sich über Gotha und Langensalza zum Manöver nach Mühlhausen zu begeben, während die Kaiserin noch bis zum nächsten Tage verweilte. Am Mittwoch besuchte sie die Predigerkirche, das städtische Krankenhaus, die Augustinerkirche, das evangelische Waisenhaus und die Lutherzelle, das Lutherdenkmal, die Kunst- und Handelsgärtnerei von I. C. Schmidt, das Augusta Viktoriastift, die Neuetbeschule, das katholische Krankenhaus, zweimal den Dom, die Barfüßerkirche, die Kunst- und Handelsgärtnerei von Benarh und das Geschäft des Buchbindermeisters Franz Schnell auf der

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 628

1906 - München : Oldenbourg
628 137. Einzug der bayerischen Truppen in München. Herren mit huldvollen Ansprachen auszeichnete; dann wurde im genannten Saale an langen Taseln zu Füßen der Gemälde Platz genommen, welche die Kriegstaten während der Feldzüge im Beginn des Jahrhunderts verherrlichen. Ruhmvolle Siege hatten die Ahnen erkämpft, die Enkel hatten sie übertreffen! Nicht in gemessener Etikette schmausten die Kriegshelden, nicht nach dem Rang geordnet faßen die Reihen, sondern wie der Zufall den Kameraden zum Kameraden gesellte, und vor der freien Weise des Feldlagers flüchtete der feffelnde Zwang der Hofluft. Sinnend ließ die Majestät wiederholt das ernste, vom Schatten der Schwermut angehauchte Auge über die glänzende Versammlung schweifen, dann erhob er sich und trank auf das Wohl feiner treuen, tapferen Armee — und zum Kronprinzen sich wendend — auf das ihres erlauchten ruhmgekrönten Führers. Ehrfurchtsvoll lauschten die Offiziere dem nicht laut gesprochenen, aber deutlich im weiten Raume vernehmbaren Toaste ihres Allerhöchsten Kriegsherrn, worauf der Kronprinz mit hellen, gleich Trompeten-fansaren klingenden Worten erwiderte, indem er anführte, wie vor Jahresfrist Frankreich Preußen zum Kriege herausgefordert habe, wie nur die Bnndestrene unseres Königs und feine rasche nationale Tat einen so glänzenden Beginn und Ausgang des Krieges ermöglichte, wie das dem Bayernkönig nie vergessen fei und wie dereinftens die Geschichte ihn deshalb hoch feiern werde für alle Zeit. Zum Schluffe forderte er die Waffengenoffen auf, einzustimmen in das Hoch auf Seine Majestät den König! Zündend wirkten diese von lohender Begeisterung getragenen Worte unseres gefeierten Feldherrn, branfende Hochrufe folgten seinen Worten und majestätisch erklang die Königshymne. Bald nach Aufhebung der Tafel, um 7 Uhr, begann die Feftvorftellung im prachtvoll beleuchteten Hoftheater, das mit glänzenden Uniformen gefüllt war. Als der König mit dem Kronprinzen, der Königin-Mutter und dem Prinzen Otto die königliche Loge betrat, empfing das ganze Haus die Allerhöchsten Herrschaften mit donnernden Hochrufen, worauf der Kronprinz an die Brüstung trat um sich zu bedanken. Auf das fortdauernde Rufen trat auch der König hervor und verneigte sich freundlich lächelnd nach allen Seiten. Nach Webers Jubelouverture sprach Hoffchauspieler Poffart einen weihevollen Prolog. Derselbe feierte den Heldenführer der Iii. Armee, dem bei den Worten: „Heil Friedrich Wilhelm, Deutschlands erstem Ritter!" alle Anwesenden zujubelten. Noch höhere Begeisterung entflammte der Schluß des Prologes, der dem Frenndesbnnde Ludwigs und Friedrich Wilhelms galt, in ihre Hände lege Jungdeutfchlaud vertrauensvoll fein ferneres Geschick. Beide Fürsten erhoben sich hierbei Haud in Hand und erweckten damit neuen stürmischen Jubel. Mit dem Feftspiel Paul Heyses: „Der Friede" endete die Feier. Als wir das Theater verließen, traten wir in ein strahlendes Lichtmeer hinaus; die Stadt hatte beleuchtet, Straßen und Plätze boten einen märchenhaften Anblick und eine ungeheuere Menschenmenge wogte hin und her. Die freudige Feftftimmung steigerte sich auf das höchste, als der König mit dem

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 533

1906 - München : Oldenbourg
111. Eine Reise König Ludwigs Ii. 533 für Porzellanmalerei und nahm um 1 Uhr mittags auf dem Exerzierplätze die Besichtigung der gesamten Garnison vor, nämlich des 5. Infanterie- und des 1. Ulanenregiments. Von hier aus ritt der König in das Militärkrankenhaus um die dort befindlichen verwundeten und kraulen Soldaten zu besuchen. Am Abend war Festtheater. Für den 17. war Hofball angesetzt, zu welchem 180 Personen geladen waren. Noch hente rühmt sich manche vornehme Bam-bergerin eine Runde mit der jugendlichen, in unvergleichlicher Schönheit prangenden Majestät getanzt zu haben. Am Sonntag den 18. hörte der König früh noch eine Messe im Domchore, worauf alsbald unter demselben Zeremoniell, mit welchem er empfangen worden war, die Abreise über Schweinfurt nach K iss in gen erfolgte. Eine katarrhalische Affektion, welche er sich in den letzten Tagen zugezogen hatte, und leichte Fieberschauer legten ihm den Wunsch möglichst schnellen Eintreffens in Kifsingen nahe, wo er auch erst mehrstündiger Bettruhe pflegen mußte, ehe er die erbetenen Audienzen zu erteilen vermochte. Abends wurde ihm eine Serenade gebracht, die geplante Illumination der Stadt machte ein heftiges Schneegestöber zunichte. Ungünstiges Wetter erschwerte auch folgenden Tages die Fahrt über das Schlachtfeld jenes 10. Juli, an welchem von den Bayern so todesmutig und doch so unglücklich gekämpft worden war. Am 20., ant Dienstag, 20 Minuten vor 1 Uhr, wurde Kissingen verlassen und die Reise zu Wagen über Hammelburg, Gemünden und von da wieder mit der Bahn über Lohr nach Asch affen bürg fortgesetzt. Auch in den beiden ersteren Städten erkundigte sich der König eingehend nach ihren Kriegserlebnissen. In Aschaffenburg läuteten wiederum die Glocken, überreichten Jungfrauen Blumensträuße, fangen die Gesangvereine die Volkshymne und eine Ehrengarde berittener Bürger geleitete den König nach dem über dem Steilufer des Mains hochaufragenden Schlosse, das sein Großvater erbaut und in dem er mit Vorliebe geweilt. Zwischen dein Aufenthalte in Aschaffenburg und dem folgenden in Würzburg lag ein Besuch ant verwandten Hofe von Darmstadt, für den König eine Erholung von den Anstrengungen der vergangenen und eine vorbereitende Ruhe für die kommenden Tage. Denn auch die weinumkräuzte Hauptstadt Frankens wollte dessen Herzog die gebührende Ehre erweisen. Auch sie hatte ja lange fremde Fahnen gesehen; lustig flatterten nun die weiß-blauen Fähnlein in der Luft und durch die mit vielen Emblemen geschmückte Ehrenpforte ant Bahnhöfe hielt der König ant Samstag den 24. November, nachmittags 4 Uhr, feinen Einzug in die Stadt. Deren Bürgermeister hatte er fchou auf dem Bahnhöfe versichert, wie es ihn freue feine treuen Würzburger besuchen zu können. Die freudigen Zurufe der den weiten Residenzplatz füllenden Scharen dankend erwidernd zeigte sich der König, gleich nachdem er das Schloß betreten, auf dem Balkon desselben und fuhr selben Abend noch durch die beleuchteten Straßen zum Theater.

5. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 50

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
50 Aus der Zeit des zweiten Nufseneinfalls in Ostpreußen. gehe dann längs des Sees." — Gedacht, getan! Unten am See steht aber schon ein Posten und empfängt den Schleichenden mit einem donnernden Halt! Jankowski erschrickt und wird leichenblaß. Nun ging das Verhör an. Die Geschichte vom schwarzen Huhn und der bunten Kuh schien recht verdächtig. Noch verdächtiger waren die Redensarten: Die Russen wären doch keine Menschenfresser, und wenn er ihnen Schnaps und Tabak gäbe, würden sie ihn wohl zufrieden lassen. Einen Erlaubnisschein besitze er nicht. Der holsteinische Landsturmmann hörte schmunzelnd zu, dann nahm er Jankowski wegen Spionageverdacht fest. In Angerburg wurde er zunächst ins Gefängnis gebracht und erst entlassen, bis ihn bekannte Einwohner der Stadt als unverdächtigen Flüchtling legitimiert*) hatten. 2. Hundsdörfers Abenteuer. Ich bin der Besitzer Ferdinand Hundsdörfer aus Krzywinsken, 55 Jahre alt. Meine Familie und die Pflegekinder hatte ich zeitig zur Flucht veranlaßt. Auch ich wollte fliehen. Ant Montag, den 16. November 1914, wurde ich auf meinem Hof in Krzywinsken von den Russen gefangen genommen. Ich hatte am Tage vorher schon 16 Stück Vieh in Angerburg zum Weitertransport an die Landschaftskammer verladen lassen. Dann war ich zurückgegangen, um noch meine Stute mit mehreren Füllen und die Schweine zu holen; es standen ja in Krzywinsken noch deutsche Posten. Da überraschten mich die Russen und führten mich nach Brosowken, wo bereits gekämpft wurde und die deutschen Granaten niederfielen. Da sagte ich zu dem dortigen russischen Offizier: „Was soll ich mich hier totschießen lassen? Wollen Sie mich nicht nach Hause gehen lassen?" Darauf beauftragte er einen Soldaten, der gut Deutsch verstand, mich nach dem Hauptquartier zu einem General weiter zu bringen. Wir kamen in den Popioller und Gronder Wald — und nächtigten unter einem Gebüsch. Vor Frost konnten weder der Russe noch ich selber schlafen. Da unterhielten wir uns miteinander. „Bruder," sagte ich, „bist du gern im Krieg?" Er: „Nein, nein, das weiß Gott. Zu Hause bleibt Weib und Kind, die müssen darben. Und ich muß auch hier hungern und für nichts mich totschießen lassen." Darauf ich: „Ich habe einen feinen Plan ausgedacht." Er: „Bruder, sage es mir!" Ich: „Dort sechs Kilometer hinter dem Walde liegen unsere deutschen Soldaten. Das sind gute Menschen, die möchten dir und mir kein Leid antun. Die würden sich riesig freuen, wenn wir beide ihnen guten Tag sagen würden. O, wie schön ist es bei unseren Soldaten! Da gibt's Wurst, Speck, *) Legitimieren = den Nachweis über seine Persönlichkeit liefern; sich ausweisen.

6. Geschichte der neuesten Zeit - S. 78

1912 - Frankfurt a.M. [u.a.] : Diesterweg
78 Das Zeitalter des Bundestages. Arbeitergruppen in eng umgrenzten Sonderbereichen des Handwerks. Und roie die Brgerschaft in der Organisation der Zunft auf die Leitung der Stadtgemeinde Einflu anstrebte, so verbanden sich die Gesellen zur Aus-fechtung von Lohn- und andern Streitigkeiten; schon damals schritt man zu gemeinsamen Arbeitseinstellungen (Ausstnden). Noch grere Menschenmengen in Stadt und Land wurden in der neuern Zeit, in groen Fabrikbetrieben oder in Hausarbeit, von kapital-krftigen Unternehmern in den einzelnen Zweigen ihres Gewerbes be-schftigt. In Frankreich wendeten sich die Hugenotten, als ihnen die Regierung den Staatsdienst verschlo, dem Grobetrieb, der Industrie zu, und als die Aushebung des Edikts von Nantes sie rechtlos machte, brachten sie ihre Fachkenntnis und ihre Geschftsverbindungen in die neue Heimat mit, nach England, Holland; hchlich willkommen waren sie in Deutschland, besonders in Kurbrandenburg. 2. Bisher hatte man als Triebkraft Wind und Wasser benutzt: an den Berglehnen, dem rauschenden Bach stand die Mhle, die Fabrik. Im neunzehnten Jahrhundert trat die Beherrschung des Dampfes hinzu. Sie hat Arbeit und Handel, unser ganzes gesellschaftliches Leben umge-staltet; vor allem das Reisen. Lngst hatte man, vorab in Preußen, die Postlinien vermehrt, die Landstraen (Chausseen") ausgedehnt und verbessert; man reiste schon gern und weit: im Jahr 1842 erschien der erste Bdeker". Noch waren Berlin und Wien die einzigen Grostdte deutscher Zunge; in Berlin fiel dem Reisenden die strenge Ordnung auf, in Wien nahm ihn die Polizei in scharfe Aufsicht: sie untersuchte sorgfltig sein Gepck auf zollpflichtige Gegenstnde und verbotene Drucksachen. Das Reisen in der Landkutsche" war unbequem, kostspielig und zeitraubend: der Fahrpreis betrug auf Pferd und Meile ungefhr V/2 M.; der Eilwagen", die Extrapost", den die Postverwaltung stellte, wenn fr vier Personen bezahlt wurde, brauchte z. B. von Kassel bis Berlin 2v2 Tage. Wer irrt eigenen Wagen reiste, hatte vor der Abfahrt durch Laufzettel" Postpferde zum Wechseln zu bestellen. Frachtwagen be-frderten die Waren. Am Fue von Hhen, wo eine Steigung der Strae Vorspann ntig machte, oder oben, wo sie berwunden war, standen ausgedehnte Wirtshuser, die Stallungen besaen: vor diesen Gasthfen" sammelten sich frmliche Wagenburgen. berhaupt boten die Landstraen ein lebendiges Bild, wenn sich zwischen den hoch aufgebauten, schweren, langsam fahrenden Frachtwagen die leichte gelbe Postkutsche flink hin-durchwand, sicher geleitet vom schmucken Postillion, der bei Ankunft und Abfahrt und unterwegs auf dem Posthorn sein lustiges oder weh-mtiges Liedchen in die Luft schmetterte.

7. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 206

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 206 — Hauptallee hinein; denn dort ist heute die höchste und hohe und niederste Wiener Welt zu sehen — was au Pracht der Kleider, der Wagen und Dienerschaft nur immer Laune und Reichtum erfinden kann, ist heute in der Hauptallee zu sehen. Zu beiden Seiten sind schattige Alleen, eine für die Fußgänger, die andre für die Reiter; mitten in der Straße fahren die vielen tausend Wagen, einer hart an dem andern, der Sicherheit wegen auf einer Seite hinab, auf der andern hinauf, und diesen Kreis machen viele oft mehrmals, um zu sehen und gesehen zu werden; — das ist denn nnn eigentlich der Ort, wo sich augenbetäubend Farbe an Farbe drängt, Reiz an Reiz, Pracht auf Pracht, Masse an Masse, Bewegung auf Bewegung, so daß dem schwindelt, der es nicht gewohnt ist. Zu beide» Seiten der Straße stehen dichtgedrängt die Zuschauer, und hinter ihren Rücken wogt der bunte Strom der Spaziergänger, während in der Mitte Wagen an Wagen rollt, eiue glänzende, schimmernde Linie, wohl über eine halbe Meile lang. Dort schwebt in ihrem Wagen, der so leicht wie ein Luftschiff geht, die Dame des höchsten Standes vorüber, prachtvoll einfach gekleidet, mit wenigen, aber kostbaren Schmuckstücken geziert, gleich hinter ihr die Familie eines reichen Bürgers, dort ein Wagen voll fröhlicher Kinder, die ihres Staunens und Jubelns kein Ende finden über die Pracht, die sie umschwebt, hier kommt ein Mann, ganz allein in seinem Wagen stehend und mit den vier unvergleichlichen Pferden zum ersten Male paradierend; jetzt sprengen Reiter vorüber und grüßen in einen Wagen, aus dem die schönsten Antlitze ent- gegennicken, dort sitzt ein einsamer alter Mann in seiner schweren Karosse, er ist in feines Schwarz gekleidet und trägt viele winzig kleine Kreuzlein auf seiner Brust, dann kommt eiu Fiaker mit seligen Kaufmannsdienern oder Studenten — dann andre und wieder andre, und vor den Augen tanzt es dir vorüber, als wollte es sich nie erschöpfen und aus Glauz und Schimmer wieder Glanz und Schimmer quellen, und wie es auch so treibt und wallt und quillt, so siehst du doch dort ein Schauspiel, wie es nur der Prater bieten kann; ganz nahe an der geputzten Meuge steht ein Hirsch, das statt- liche Geweih zurückhaltend und mit den dummklugen Augen in das Gewühl glotzend; er hat es wohl oft gesehen, aber so toll nicht wie heute; darum schaut er auch einige Augenblicke und geht dann wieder in seine Auen zurück; auch von den Menschen wundert sich keiner; denn sie wissen es ja, der Prater ist für die Hirsche und Spaziergänger. Und fort flutet es und fort — und wie auch die Pracht der Gewänder, die Schönheit der Pferde und Wagen, das Wallen der Federn, das Blitzen der Geschmeide dein Auge blendet, so taucht doch, und nicht selten geschieht es, in dem Gewimmel oft ein Antlitz auf, das alles vergessen macht, wie es in seiner sanften Schön- heit deinem Auge vorüberschwimmt, daß du ihm gerne nachschauest und es dir öfter ist, als wärest du ärmer, da es vorüber. Warte nur, Wien ist so dürftig nicht an Frauenschönheit, es kommt vielleicht bald wieder ein gleiches oder gar noch ein schöneres. Sieh, was reißt dort alles die Hüte ab die ganze Linie entlang? Sechs Schimmel ziehen einen schönen Wagen — — wer sitzt darinnen? — Der Kaiser und die Kaiserin. Du wunderst dich? Hast du dies in Paris nicht gesehen? Hier grüßt man und staunt nicht, daß sie wie Private unter Privaten fahren; man ist es gewohnt, und sie wissen, daß sie im dichtesten Volksgedränge so sicher sind wie in ihrem Palaste. — — Schau, auch der Held von

8. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 170

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
170 versehen werden konnte. Neben der Schießwand waren in dem Bau selbst zuweilen vorspringende Schutzhäuschen oder Türmchen für die Zieler, von denen aus sie die Wand beobachten konnten, ohne getroffen zu werden. Ganz oben ans dem Bau war ein künstliches Uhrwerk, ein Zifferblatt mit den Ziffern eins bis vier, darüber ein Glöckchen, auf der höchsten Spitze stand in der Regel eine bewegliche geschnitzte Figur, oft Fortuna auf einer Kugel, welche nach einem schlechten Schuß dem Schützen den Rücken zukehrte, oder ein Männlein auf einem Turme, welches nach einem guten Schuß eine Fahne schwenkte, dem schlechten Schützen höhnend einen Esel bohrte." Zur Aufrechthaltung der Ordnung auf dem Festplatze berief der Rat eine Anzahl von sogenannten Pritschmeistern. Sie waren zuweilen sehr stattlich herausgeputzt. „1614 trugen ihrer fünf in Koburg die fürstlichen Hausfarben, gelbes Wams von Seide, schwarze Hosen, gelbe englische Strümpfe, lange schwarz und gelbe Kniebänder, schöne Korduau-schuhe mit seidenem Band, einen spanischen Sammethut mit gelben Federn, darüber eine Kasseke mit fliegenden Ärmeln, rot gelb schwarz, vorn und hinten mit Wappen bestickt, dazu die große Pritsche, und um das Knie ein Band mit mächtigen Schellen, welche laut rasselten. Die Pritsche war von Leder oder von gespaltenem klatschenden Holze. Mit ihr fegten die Meister die .Freiheit' des umsteckten Raumes von dem andrängenden Volke und straften die Vergehen gegen die Ordnung. Wer zwischen die Schützen und ihr Ziel rannte, sobald die Uhr aufgezogen war, wer die Schützen in ihrem Stande störte, in Trunkenheit und Übermut Unarten wagte, aus Mutwillen oder Tücke fremde Waffen beschädigte, verfiel ihrem Gericht, ohne Rücksicht auf seinen Rang. Und dies Gericht wurde sehr auffällig geübt. Denn auf dem Schießplatz erhob sich zur Seite ein weit sichtbares Gerüst, darauf zwei bunt bemalte Bänke. Dieser Bau hieß mit altem, herbem Scherzwort der ,Rabenftein‘, später des ,Pritschmeisters Predigtstuhl'; zu ihm wurde der Schuldige unter vielen lächerlichen Bewegungen gezogen, dort über eine Bank gelegt und mit der Pritsche in einer Weise bearbeitet, welche die alte Kunstsprache zierlich durch die Worte ausdrückte: es wurde ihm der Kopf am H— weggeschlagen. Dazu hielt der Pritschmeister eine Rede, welche dem Sträfling das Lästige seiner Lage nicht verringerte." — Zu Gehilfen des Pritschmeisters wurden einige der unnützesten Knaben der Stadt erwählt und wie ihr Herr und Meister in Narrentracht gesteckt.

9. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 173

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
173 und angeschrieben. Die Zieler zogen die Bolzen heraus, besserten entstandene Schäden aus und schoben eine neue Scheibe ein. Nachdem jede Abteilung ihren Schuß abgegeben hatte, führte der Pritschmeister die Schützen mit Musik nach dem Schießhause. Dort wurden die minder guten Bolzen in eine Trnhe geworfen, die guten aber in einem wertvollen Behälter aufbewahrt. Der beste Schuß hieß Zlveckschuß, er mußte deu in der Mitte der Scheibe sitzenden Zweck (— Nagel) getroffen haben. Dieser Schuß erhielt einen Ehrenplatz, ebenso bekam der schlechteste, der sogen. ,weite Schuß', eine auffallende Stelle. Bei der Verteilung der Preise, die gleich nach dem ,ersten Schuß' begann, berücksichtigte man zunächst die glücklichen Schützen, es fanden sich aber immer auch solche, denen kein Preis zuerkannt werden konnte. Diese wurden an einigen Orten von dem Pritschmeister zu ,Rittern' geschlagen. Sie erhielten dadurch das Recht, mit Unglücksgefährten um besondere Fahnen und kleine Gewinne zu kämpfen, damit sie doch nicht ganz leer ausgingen. Wer einen Zweckschuß gethan hatte, empfing seinen Gewinn unter ganz besonderen Ehrenbezeugungen. Der Pritschmeister bestieg seinen Predigtstuhl, rief den Namen des Glücklichen, der nun vortrat, und hielt ihm eine Rede in Knittelversen. Der Redner rühmte das Verdienst des Schützen und pries den Gewinn. Darauf überreichten Beamte der Stadt dem Sieger eine schone seidene Fahne, an welcher eine silberne Klippe, d. i. eine für diesen Fall besonders geprägte, oft drei- oder viereckige Münze, hing. ferner einen zinnernen Teller mit einer gebratenen Forelle, eine Semmel und ein Glas Wein mit einer Pomeranze. Musikanten, Trompeter oder Pfeifer führten ihn zu seinem Sitz zurück. Wenn die Gewinner es wünschten, empfingen sie den Geldwert des Preises. Die Beschaffung der Gewinne ermöglichte der Rat zum Teil durch die Einzahlungen der Schützen, die von Fest zu Fest höher wurden. Während sie anfangs 2 Gulden betrugen, stiegen sie in den letzten fünfzig Jahren der Freischießen bis aus 8 Gulden, etwa 54 Ji. nach heutigem Geldwert. Wurde der Zweckschuß besonders geehrt und belohnt, so harrte des ,weiten Schusses' eine besondere Demütigung. Nach der Verteilung aller andern Gewinne rief der Pritschmeister den Unglücklichen hervor, dessen Bolzen am weitesten vom Ziele abgeirrt war. „Der Pritschmeister verneigte sich vor dem mit Gewalt herbeigeholten Schützen und sprach: .Seht zu, schöner Schütz, daß ihr eure Kunst besser lernt. Ich habe hier einige freie Knaben, die euch das Treffen beibringen werden.

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 293

1861 - Münster : Coppenrath
293 Truppen und Kanonen hatte besetzen lassen, in Begleitung einiger Offiziere in den Neichsrath. Hier schilderte er in ei- ner kraftvollen Rede die traurige Lage des Reiches, die Noth- wendigkeit einer Umänderung, versicherte seine gemäßigten Ab- sichten und ließ eine neue Verfassung verlesen, die von dem erschrockenen Reichsrathe augenblicklich angenommen und durch Unterschrift und Eid bekräftigt wurde. So endete, ohne alles Blutvergießen, diese Staatsum- wälzung — Revolution genannt, — durch welche die ur- sprünglichen Rechte des Königes wieder hergestellt wurden. Rach derselben regierte der König noch zwanzig Jahre mit Milde und Weisheit. Allein der übermüthige Adel konnte den Verlust seiner großen Vorrechte nicht verschmerzen und wurde noch erbitterter, als der König auch Bürgerliche zu solchen Aemtern und Würden aufsteigen ließ, die früher ein ausschließ- liches Eigenthum des Adels gewesen waren. Endlich entstand eine Verschwörung gegen sein Leben, und der 16. März (1792), an welchem der König gerade einen großen Maskenball im Opernhause gab, ward zur Ausführung des Mordanschlages festgesetzt. Kurz vor der Eröffnung erhielt der König einen mit Bleistift geschriebenen Warnungszettel, diesen Abend nicht im Opernhause zu erscheinen; denn man trachte ihm nach dem Leben. Dennoch begab er sich unverzagt mit dem Grafen Essen um elf Uhr dahin, trat zunächst in seine Loge und, da Alles ruhig blieb, in den Saal selbst. Hier umringt ihn plötz- lich ein Gewühl von Masken, und, indem ihm eine derselben, der Graf Horn, mit den Worten: „Gute Nacht, Maske!" auf die Schulter klopft, fällt ein Pistolenschuß, und der König sinkt mit dem Rufe: „Ich bin verwundet durch eine schwarze Maske!" in Essen's Arm. Man trug ihn schleunigst in ein besonderes Zimmer, welches er im Opernhause hatte, und ließ Wundärzte herbeiholen. Im Augenblicke dieser hochverräthe- rischen That hatten die Verschworenen, um im Getümmel zu entkommen, einen Feuerlärm erhoben; allein die Wache hielt
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