478 Deutsch-Südwestafrika.
Hasse sich verdichtete. Als nun gar im Sommer 1880/81 die Trans-
vaaler sich erhoben und geradezu verblüffende Erfolge gegen die
englischen Truppen errangen, als der bald geschlossene Friede
(3. August 1881) den Transvaalern ihre Unabhängigkeit zurückgab,
da machte die „Patriotenpartei" in der Kapkolonie reißende Fort-
schritte. Sie organisierte sich unter dem Namen „Asrikanerbnnd".
Dieser Bund soll alle afrikanisch d. h. antienglisch gesinnten Kolo-
nisten der Kapkolonie, des Oranje-Freistaates, des Transvaals, ja
selbst Natals vereinigen, um den Asrikandern und deren Wünschen
in allen gewählten Körperschaften, also insbesondere in den Stadt-
Verwaltungen, in den Distriktsräten und im Parlament Geltung zu
verschaffen; das letzte Ziel des Afrikanerbundes, die Herstellung einer
Bundesrepublik nach dem Muster der Vereinigten Staaten von Nord-
amerika, ist zwar in den Satzungen des Bundes uicht ausdrücklich
erwähnt, aber ohne viel Scharfsinn zwischen den Zeilen zu lesen.
Die vollständige Freiheit, welche im Schatten der englischen Flagge
herrscht, legte den Bestrebungen des Afrikanerbundes kein Hindernis
in den Weg. So stellten denn die einzelnen Zweigvereine des Asri-
kanerbuudes für Munizipal-, Distrikts- und Parlamentswahlen ihre
eigenen Bewerber auf, die in vielen Fällen auch wirklich gewählt
wurden. Auf diese Weise bekam der Afrikanerbund die Klinke der
Gesetzgebung in die Hand, was sich für die Kapkolonisten sehr bald
fühlbar machte. Die politisch wichtigste Leistung der Bundesmänner
im Kap-Parlamente war wohl ohne Zweifel die Einführung der
holländischen Sprache in dieses hohe Haus, deren sich jetzt jedes
Parlamentsmitglied nach Wunsch bedienen darf. Einen weit wich-
tigeren Erfolg hatte der Afrikanerbuud, oder richtiger der in ihm
verkörperte Haß gegen die Engländer schon während seines Ent-
stehens errungen, nämlich die Wiederherstellung der Unabhängigkeit
des Transvaals. Kein geringerer, als Gladstone selbst, hat ja vor
wenigen Wochen öffentlich (in Midlothian) erklärt, daß es wesentlich
die im Kaplande auflodernde Begeisterung für die Transvaalfchen
Freiheitskämpfer gewesen sei, welche im Jahre 1681 die Englische
Regieruug zur Nachgiebigkeit gegen die siegreichen Bauern bestimmt
habe. Und auch heute wieder soll, wie es scheint, die öffentliche
Meinung der Kapkolonisten den Ausschlag geben in einer höchst
wichtigen politischen Frage, in der Betschuanalandfrage. Diese Frage
hat sich auf folgende Weise entwickelt:
Den Namen Betschuanaland führt ein Gebiet, das westlich vom
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I. Zur 1. Tafel des Gesetzes.
15
treten, welche sich eine gleichmäßige Organisation des gewerblichen Die kaiserliche
Krankenwesens zur Aufgabe stellt. Aber auch diejenigen, welche Ae^vom
durch Alter und Invalidität erwerbsunfähig werden, haben der
Gesamtheit gegenüber einen begründeten Anspruch aus ein höheres
Maß staatlicher Fürsorge, als ihnen bisher hat zu Teil werden
können.
„Für diese Fürsorge die rechten Mittel und Wege zu finden, ist
eine schwierige, aber auch eine der höchsten Aufgaben jedes Gemein-
wesens, welches auf den sittlichen Fundamenten des Volkslebens ruht.
Der engere Anschluß an die realen Kräfte dieses Volkslebens und
das Zusammenfassen der letzteren in der Form korporativer Genossen-
schaften unter staatlichem Schuhe und staatlicher Förderung werden,
wie Wir hoffen, die Lösung auch von Aufgaben möglich machen,
denen die Staatsgewalt allein in gleichem Umfange nicht gewachsen
sein würde. Immerhin aber wird auch auf diesem Wege das Ziel
nicht ohne die Aufwendung erheblicher Mittel zu erreichen sein."
Eine derartige Fürsorge für die Armen und Bedrückten ist bisher
in der Weltgeschichte unerhört. Da ich mir eine Anzahl Exemplare
verschafft habe, gebe ich sie euch mit nach Hause. Grüßt eure Eltern
und sagt ihnen, ich lasse sie bitten, dieselbe aufmerksam zu lesen und
sich gleich uns zu erquicken an der landesväterlichen Liebe unseres
Kaisers. Wir wollen diesen Erlaß etwas näher betrachten. Zunächst
einige Worterklärungen. (Social — gesellschaftlich, Repression = Zu-
rückweisung, positiv bestimmt, Socialdemokratiehilfe der mensch-
lichen Gesellschaft durchs Volk, Session = Sitzung, Organisation —
Einrichtung, Invalidität = Arbeitsuntauglichkeit, real = wirklich,
korporativ = körperlich.) Lies noch einmal den Erlaß vor und setze
die deutschen für die fremden Ausdrücke! Was spricht der Kaiser
zuerst aus? (Den Arbeitern kann nicht bloß durch Gesetze geholfen
werden, welche die Ausschreitungen der Socialdemokratie bestrafen.)
Was wünscht er im Vereine mit dem Reichstage? (Seine gesegnete
Regierung wünscht er mit Gesetzen abzuschließen, welche dauernd den
wirtschaftlich Armen zu Gute kommen.) Welche Gesetze sind das?
(Das Gesetz über die Versicherung der Arbeiter gegen Betriebsunfälle,
das Krankenkassengesetz, das Altersversorgungsgesetz.) Von diesen
drei Gesetzen, von deren Bedeutung ihr in eurem zarten Alter noch
kein volles Verständniß haben könnt, sind die ersten zwei ins Leben
getreten, und das dritte wird voraussichtlich noch im Winter 1887—88
den Reichstag beschäftigen. Es wird euch, liebe Kinder, vielleicht
angenehm sein, euch ein denkwürdiges Zwiegespräch mitzuteilen,
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16
A. Religion.
Die kaiserliche welches vor Jahren zwischen dem Reichskanzler und dem Abgeord-
i?°Novbr 1881 neten Windthorft über die kaiserliche Botschaft stattfand. Windthorft
' betonte, daß die kaiserliche Regierung durch die angestrebte wirtschaft-
liche Verbesserung der Arbeiter den richtigen Weg in großartiger
Weise betreten habe. „Ich möchte fast sagen", bemerkte Windthorft,
„der alte Kaiser hat durch die Veröffentlichung der großen Grund-
sätze in der Botschaft nach allen seinen unerhörten Erfolgen diese
letzteren selbst noch übertroffen." Darauf entgegnete Fürst Bismarck:
„Ja, das meint der Kaiser selbst; er sagte mir damals, das, was
wir hier zu thun haben, ist noch mehr als das, was 1866, 70 u. 71
zu geschehen hatte." Windthorft sagte: „Durchlaucht, ich bin Ihnen
als einer, der sein Vaterland lieb hat, sehr dankbar dafür, daß Sie
nach all den großen Thaten unseren kaiserlichen Herrn bewogen
haben, aus diese Bahn der Gesetzgebung einzulenken. Es sind ja
ungeheure Aufgaben hier zu lösen. Ich sehe mit Furcht auf die
eutsetzliche Gärung in den Arbeiterklassen; aber der einzige Weg, der
noch zum Frieden führen kann, ist der eingeschlagene." — An Ge-
legenheit, Wirtschastsgüter zu erzeugen, fehlt es unserer Zeit nicht,
wohl aber an Gebrauchsmöglichkeit. Die Kaufkraft aller Bevölke-
rungsschichten zu ermöglichen, ist das vornehmste Bestreben der
kaiserlichen Regierung. Wir können deshalb, geliebte Kinder, mit
Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft blicken, wenn alle Schichten
der Bevölkerung Deutschlands die kaiserliche Regierung in ihrem
Bestreben unterstützen, haben nicht den gesellschaftlichen Aufruhr zu
befürchten, der sich 1789, 1848 und 1871 in Frankreich, vornehmlich
in Paris zeigte. (Teilw. aus der Zeitschrift „Pionier" Nr. 6, 1886.)
Die Obrigkeit 6. Lest Römer 13, 1—7. Wovon ist hier die Rede? (Von der
nach Rom. 13. Obrigkeit). Was wird von uns verlangt? (Wir sollen ihr Unterthan
sein). Welches ist unsere höchste Obrigkeit? (Unser Kaiser und
König). Was heißt das: „Wir sollen der Obrigkeit Unterthan sein?"
(Wir sollen ihr gehorchen). Erkläre die Wendung: „Die Obrigkeit
trägt das Schwert nicht umsonst." (Sie hat auf strenge Ordnung
zu sehen und die Übelthäter zu bestrafen). Lies Vers 7! Was ist
Schoß? (Abgaben). Was hat sie noch zu fordern? (Furcht und
Ehre). Welches sind also die wichtigsten Rechte der Obrigkeit?
(Sie hat Gehorsam zu fordern, auf strenge Ordnung zu
sehen, die Übelthäter zu bestrafen, Abgaben, Furcht und
Ehre zu verlangen). Das beanspruchte Paulus dem schlimmen
Nero gegenüber, nach dem wir heute noch unsere Hunde benennen,
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Extrahierte Personennamen: Fürst_Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Paris Rom
120
C. Geographie.
C. Geographie.
I. Deutsche Reichs- und preußische Staatsverfassung.
(Nach Dr. Baumbach, F. Schürmann und F. Windmöller.)
1. Was unterliegt der Reichsgesetzgebung? 2. Reichsbürgerrecht. 3. Rechte:
a. des Kaisers, b. des Bundesrates, c. des Reichtages, d. des Reichskanzlers.
4. Rechte des Königs. 5. Das Herren- und Abgeordnetenhaus. 6. Die höchsten
Behörden. 7. Volksrechte.
Was unterliegt 1. Das Reich ist gegründet zum Schutze des Reichsgebietes und
gebung^^$^eqe der Wohlfahrt des gesamten deutschen Volkes. Die
hieraus sich ergebenden gemeinschaftlichen Aufgaben, deren Erfüllung
dem deutschen Reiche zusteht, sind in der Reichsverfassung genau
bezeichnet. Dazu gehört namentlich Militär und Marine, aus-
wärtige Vertretung, Schutz des deutschen Handels, Zoll-
wesen, Heimats- und Niederlassungswesen, Post und Tele-
graphie, Ordnung des Eisenbahnwesens in Rücksicht auf den
allgemeinen Verkehr, Münz-, Maß- und Gewichts wesen, die
Ordnung des Strafrechts und des bürgerlichen Rechts, sowie
des Verfahrens vor den Gerichten. Auf den meisten dieser
Gebiete hat das Reich nur die erforderlichen Gesetze zu erlassen,
während der Vollzug den Landesregierungen und ihren Behörden
zusteht; nur in wenigen Angelegenheiten, z. B. bei dem Post- und
Telegraphenwesen, bei der auswärtigen Vertretung, besorgt das Reich
auch den Vollzug durch Reichsbeamte. Überdem ist bei Gründung
des Reiches hinsichtlich einzelner Staaten (Bayern und Württemberg)
die Reichsthätigkeit auf die einzelnen Gebiete ausnahmsweise noch
weiter beschränkt worden.
Reichsbürger- 2. Durch die Vereinigung der 26 deutschen Staaten (darunter
red)t- das Reichsland Elsaß-Lothringen) zum deutschen Reiche wird ein
wirklicher Staat gebildet. Es giebt jetzt ein gemeinsames Reichs-
bürgerrecht; jeder Neichsangehörige ist in allen zum Reiche ge-
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Extrahierte Personennamen: C. Baumbach F._Schürmann F._Windmöller Reichsbürgerrecht
I. Deutsche Reichs- und preußische Staatsverfassung.
121
hörenden Staaten als Inländer zu behandeln und zum Wohnsitze,
zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Ämtern wie ein Inländer zu-
zulassen. Das deutsche Reich hat ferner als ein wirklicher Staat
kräftige Organe der Gesetzgebung und des Vollzugs.
3. Das Oberhaupt des Reiches ist der deutsche Kaiser, dessen
Würde erblich mit der preußischen Krone verbunden ist. Die Reichs-
gesetzgebung wird durch den deutschen Bundesrat und den deutschen
Reichstag geübt.
a. Der deutsche Kaiser führt insbesondere den Oberbefehl über
die deutsche Land- und Seemacht, vertritt das Reich gegenüber
fremden Staaten, ernennt die Reichsbeamten, verkündet die Reichs-
gesetze und beaufsichtigt deren Vollzug, ist endlich befugt, bei einem
Angriffe auf das Reich den Krieg zu erklären.
b. Die eigentliche Natur des Reiches als eines aus verschiedenen
Einzelstaaten zusammengesetzten Bundesstaats findet im Bundes-
rate ihren Ausdruck. Derselbe wird gebildet durch die Vertreter der
Landesregierungen; jede Regierung (mit Ausnahme von Elsaß-
Lothringen) hat mindestens einen Vertreter im Bundesrate. Es
hat dieselbe je nach der Größe des Staatsgebietes eine oder mehrere
Stimmen. Von den 58 Stimmen kommen 17 auf Preußen, 6 aus
Bayern, je vier ans Sachsen und Württemberg, je drei auf Baden
und Hessen, je zwei oder eine auf die übrigen Staaten. Der Bundesrat
wirkt einerseits bei der Reichsgesetzgebung mit; ohne seine Zustim-
mung kann kein Reichsgesetz erlassen werden. Andrerseits ist er die
höchste Regierungsbehörde im Reiche, welche die Führung der Reichs-
Verwaltung und der Reichsfinanzen, den Vollzug der Reichsgesetze
überwacht und die nötigen Ausführungsbestimmungen erläßt.
o. Das deutsche Volk und dessen Einheit wird im Reiche durch
den Reichstag vertreten; auf je 100 000 Seelen wird je für ^ej
Jahre ein Reichstagsabgeordneter gewählt. Die Hauptaufgabe des
Reichstages ist die Teilnahme an der Reichsgesetzgebung. Wenn
der Reichstag und der Bundesrat mit Stimmenmehrheit ein Gesetz
angenommen haben, so ist dasselbe als Reichsgesetz giltig; nur bei
Verfassnngsgesetzen genügen 14 Stimmen im Bundesrate zur Ab-
lehnung; ferner können die Einrichtungen der Marine, des Militärs,
des Zoll- und Steuerwesens gegen den Willen des Kaisers durch
Gesetz nicht abgeändert werden.
Sodann wirkt der Reichstag mit bei der Feststellung des Reichs -
Reichsbürger-
recht.
Rechte
des Kaisers.
Rechte
des Bundesrates.
Rechte
des Reichstages.
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122
C. Geographie.
Rechte Haushalts, bei Bewilligung der Zölle und Reichssteuern, bei der-
des Reichstages. Aufnahme von Reichsanlehen. Die für Reichszwecke, namentlich
fürs deutsche Heer und die deutsche Flotte, sowie für die auswärtige
Vertretung erforderlichen Mittel werden teils ans dem Ertrage der
Zölle und Reichssteuern (z. B. Tabak, Branntwein, Salz, Zucker-
rüben), teils aus den sogenannten Matrikularbeiträgen, d. h. aus den
Beiträgen, welche die Einzelstaaten nach dem Verhältnisse der Ein-
wohnerzahl aus Landelsmitteln zu leisten haben, bestritten.
Der Bundesrat wie der Reichstag sind vom Kaiser mindestens
jährlich einmal zu berufen; der Reichstag kann durch Beschluß des
Bundesrats zum Zwecke der Neuwahl aufgelöst werden, jedoch nicht
ohne Zustimmung des Kaisers.
Rechtebes d. Das höchste Reichsamt bekleidet der deutsche Reichskanzler,
Reichskanzlers, welcher alle Anordnungen des Kaisers unterzeichnet und allein für
dieselben verantwortlich ist. Der Reichskanzler führt den Vorsitz im
Bundesrate. Unter seiner Leitung und Aufsicht werden die dem
Reiche zukommenden Verwaltungsausgaben durch eine Anzahl von
Reichsbehörden besorgt, unter denen hervorzuheben sind: das Reichs-
kanzleramt, die Admiralität, das Generalpostamt, die Generaldirektiou
der Telegraphen, das auswärtige Amt des deutschen Reiches. Richter-
liche Behörden des Reiches sind das Bundesamt für Heimatswesen
in Berlin und das deutsche Reichsgericht in Leipzig.
Rechte 4. Die preußische Staatsverfassung beruht aus der Verfassungs-
des Königs, urkunde vom 31. Januar 1850. Das Staatsoberhaupt ist der
König, welcher gleichzeitig auch als deutscher Kaiser das Oberhaupt
des deutschen Reiches ist. Die Person des Königs ist heilig und
unverletzlich. Alle seine Regierungsakte aber bedürfen der Gegen-
zeichnung der verantwortlichen Minister. Die Krone ist erblich im
Manuesstamme des Hauses Hohenzollern nach dem Rechte der Erst-
geburt. Der König wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres voll-
jährig und legt bei dem Regiernngsantritte den Eid auf die Ver-
fassung ab. Er übt die vollziehende Gewalt aus, beruft die Kammern,
schließt deren Sitzungen, kann sie auch vertagen und auflösen, ver-
kündet die Gesetze und erläßt die zur Ausführung derselben nötigen
Verordnungen. Der König führt den Oberbefehl über das Heer
und die Marine und besetzt alle Stellen in der preußischen Armee,
beschließt über Krieg und Frieden, ernennt und entläßt die Minister,
vereinbart die Verträge mit fremden Regierungen, hat das Recht
der Begnadigung, läßt Münzen prägen und Papiergeld anfertigen,
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TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
I. Deutsche Reichs- und preußische Staatsverfassung.
123
verleiht Orden und andere Auszeichnungen. Bei Ausübung der
gesetzgebenden Gewalt ist der König an die Zustimmung des Land-
tages gebunden.
5. Dieser besitzt das Recht der Teilnahme an der Aufstellung
des jährlichen Staatshaushaltsetat (Ausgabe und Einnahme), der
Aussicht der Finanzverwaltung und des Staatsschuldenwesens und
das Steuerbewilligungsrecht. Der Landtag zerfällt in zwei Kammern,
deren Übereinstimmung zu jedem Gesetze, ebenso wie die Zustimmung
des Königs erforderlich ist.
Die erste Kammer, das Herrenhaus, besteht aus den groß-
jährigen Prinzen des königlichen Hauses, aus erblich berechtigten
Mitgliedern und aus Personen, die der König teils ans Lebenszeit,
teils für die Zeit, in welcher sie ein bestimmtes Amt bekleiden, zu
Mitgliedern des Herrenhauses ernennt.
Die zweite Kammer, das Haus der Abgeordneten, besteht
aus 433 Vertretern des gesamten Volkes. Die Wahl ist eine indirekte,
indem aus je 250 Seelen ein Wahlmann gewählt wird. Die Ur-
wähler zerfallen dabei nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden
direkten Steuern in drei Klassen (Höchstbesteuerte, Minderbesteuerte,
am niedrigsten oder gar nicht Besteuerte). Die Sitzungszeit dauert
drei Jahre? Urwähler ist jeder Preuße, der 25 Jahre alt und selb-
ständig ist, sich in: Vollbesitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet,
keine öffentliche Armenunterstützung erhalt und mindestens sechs Mo-
nate in der Gemeinde wohnhaft ist. Wählbar zum Abgeordneten
ist jeder Preuße, der 30 Jahre alt, im Vollbesitze der bürgerlichen
Ehrenrechte und bereits seit einem Jahre preußischer Staatsange-
höriger ist. Jedes Mitglied des Abgeordnetenhauses erhält außer
den Reisekosten täglich 15 Jt., auf welche ein Verzicht nicht statthaft
ist. (Das Reichswahlgesetz ist dem preußischen vielfach nachgebildet.
Es zeigt folgende Abweichungen: I. Die Wahlen finden direkt statt.
2. Klassen giebt es nicht. 3. Die Reichstagsmitglieder erhalten keine
Tagegelder.)
6. An der Spitze der Staatsverwaltung steht der König. Ihm
steht als oberste beratende Behörde ein Staatsrat zur Seite, wel-
cher sich aus den Prinzen des königlichen Hauses, den Feldmar-
schällen, den wirklichen Staatsministern und anderen vom Könige
berufenen Staatsdienern zusammensetzt.
Die Centralbehörde für die Staatsverwaltung ist das Staats-
Rechte
des Königs.
Herrenhaus.
Abgeordneten-
haus.
Die höchsten
Behörden.
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I. Deutsche Reichs- und preußische Staatsversassung.
125
Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen
Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. Den religiösen Unterricht
in der Volksschule leiten die betreffenden Religionsgesellschaften.
Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der
Gemeinde zu. Der Staat stellt, unter gesetzlich geordneter Beteili-
gung der Gemeinden, aus der Zahl der dazu Befähigten die Lehrer
der öffentlichen Volksschule an. Die Mittel für den Volksunterricht
werden von der Gemeinde, im Falle des Unvermögens ergänzungs-
weise vom Staate aufgebracht. — Jeder Preuße hat das Recht,
durch Wort, Schrift, Druck und Bilder seine Meinung frei zu
äußern. Jede Beschränkung der Preßfreiheit darf nur im Wege der
Gesetzgebung geschehen. — Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne
vorgüngige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in
geschlossenen Räumen zu versammeln. Vereinigung in Gesellschaften
zu Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, sind ge-
stattet. Politische Vereine können Beschränkungen und vorüber-
gehenden Verboten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.
— Das Bittrecht steht allen Preußen zu. Bitten unter einem Ge-
samtnamen sind nur Behörden und Körperschaften gestattet. — Das
Briefgeheimnis ist unverletzlich. Briefe dürfen nicht von Unbe-
fugten geöffnet werden. Beschränkungen in Untersuchungen und
Kriegsfällen sind gesetzlich festzustellen.
Fragen und Aufgaben zur mündlichen und schriftlichen Wiederholung.
1. Welche Ausgabe hat das Reich? 2. Wer vollzieht meist die
Reichsgesetze? 3. Welche Staaten besitzen einige Sonderrechte?
4. Renne die 26 Staaten Deutschlands! 5. Worin besteht das
Reichsbürgerrecht? 6. Gieb die Rechte des deutschen Kaisers an!
7. Woraus ist der Bundesrat zusammengesetzt? 8. Was hat er zu
thun? 9. Welche Rechte besitzt der Reichstag? 10. Wie oft sind
Bundesrat und Reichstag zu berufen? I I. Renne Thätigkeiten des
Reichskanzlers! 12. Renne 7 Reichsbehörden! 13. Worauf be-
ruht die preußische Staatsverfassung? 14. Wie weicht das Reichs-
wahlrecht vom preußischen Wahlrechte ab? 15. Renne die Königs-
rechte! 16. Was heißt das: „Die Person des Königs ist heilig
und unverletzlich?" 17. Mit wem teilt der König die gesetzgebende
Gewalt? 18. Worin besteht die Ausgabe des Landtags? 19. Wie
ist das Herrenhaus zusammengesetzt? 20. Wie das Abgeordneten-
haus? 21. Was sind Tagegelder? 22. Woraus besteht der Staats-
Rechte
des Volkes.
Fragen und
Aufgaben.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Iii. Kredit und Kreditzeichen.
211
■5. Selbständige Frauen können zwar Mitglieder werden, dürfen
jedoch nicht in den Versammlungen erscheinen. 6. Jährlich finden
zwei Generalversammlungen statt. 7. Die Thätigkeit des Vor-
standes ist genau angegeben, ebenso die des Rechners, der Bürg-
schaft zu leisten hat. Er wird fest besoldet. Geeignet dazu
ist gewöhnlich der Lehrer des Ortes. 8. Der Verwaltnngsrat, aus
nenn Personen bestehend, steht über Vorstand und Rechner. Er
hat vierteljährlich sich zu versammeln und genau die Ausführung
der Satzungen zu prüfen. 9. Jedes Mitglied zahlt 10 Ji. Geschäfts-
anteil. 10. Wechselverkehr ist ausgeschlossen. 11. Das Ausleihen
erfolgt von drei Monaten bis zu zwei Jahren, nach Befinden
bis zu zehn Jahren. 12. Die Mitglieder können als Ver-
zehrgenosfenschaft auftreten (zum Ankaufe von künstlichem Dünger,
Krastfuttermitteln, Saat- und Brotfrucht, Kohlen re.). 13. Auch
Verkanfsgenosfenschaften können sich entwickeln (Winzer-, Molkerei-,
Viehversichernngsvereine). 14. Die Hauptsache ist, daß die be-
drängte Landbevölkerung den Wucherern entrissen wird.
15. Das Vereinsvermögen ist unantastbar. 16. Eine Anzahl Ver-
eine bilden unter sich wieder einen Anwaltschaftsverband. Ihm ge-
hörten 1884 ........ 255 Vereine an ans der Rheinprovinz, West-
falen, Hessen-Nassau, Sachsen, Thüringen, Schlesien, Ostpreußen,
Großherzogtum Hessen, Baiern, Elsaß-Lothringen. 17. Ein Central-
kassenverband besorgt die Geldbedürfnisfe aller Mitglieder. 18. Der
Hauptvorteil liegt in der Erhöhung der Kreditfähigkeit des Ein-
zelnen. 19. Seit 38 Jahren hat noch kein Raiffeisenscher
Darlehnskassen-Verein Bankerott gemacht und noch kein
Mitglied eines solchen durch die Solidarhaft den gering-
sten Schaden erlitten oder auch nur einen Pfennig Verlust
gehabt. Es ist Christenpflicht, dem Bedrängten beizustehen, beson-
ders auch durch die Selbsthilfe.
Liebe Kinder! Das sind Grundsätze, die ich voll und ganz
unterschreibe. (Der Landlehrer wird sich durch Gründung eines der-
artigen Vereins ein sehr großes Verdienst erwerben.)
5. Heute wollen wir uns über die Kreditzeichen oder das
Papiergeld unterhalten. Etwas Ähnliches als das Papiergeld haben
wir schon bei der Besprechung der Aktiengesellschaften kennen gelernt.
Wiederhole, was ich darüber früher gesagt habe! (Bei Gründung
einer größeren Fabrik re. haben eine größere Anzahl von Kapita-
listen Gelder zusammengeschossen, welche sie gemeinsam wagen wollen.
14*
Raiffeiseusche
Darlehnskasseu
Aufgabe des
Papiergeldes.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
124
C. Geographie.
Die höchsten
Behörden.
Rechte
des Volkes.
Ministerium, zu welchem die Ministerien der auswärtigen Ange-
legenheiten, des Kriegs, des Innern, der öffentlichen Arbeiten, der
Finanzen, der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen-
heiten, der Minister für Landwirtschaft, Domänen (Staatsgüter)
und Forsten, der Justizminister und der Minister für Handel und
Gewerbe gehören. Die Minister sind dem Volke verantwortlich.
Von dem Staatsministerium getrennt ist das Ministerium des könig-
lichen Hauses.
Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch un-
abhängige Richter, welche sich nur nach dem Gesetze zu richten haben,
ausgeübt.
Alle Staatsbeamte haben dem Könige den Eid der Treue und
des Gehorsams zu leisten und die gewissenhafte Beobachtung der
Verfassung zu beschwören.
7. Dem preußischen Volke sind durch die Verfassung folgende
Rechte zugesichert:
Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich; Staudesvorrechte
finden nicht statt. Die öffentlichen Ämter sind allen Befähigten
gleich zugänglich. — Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. —
Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in dieselbe und
Haussuchungen, sowie Beschlagnahme von Briefen und Papieren
sind nur in den gesetzlich bestiminten Fällen und Formen statthaft.
Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden, und sind
deshalb Ausnahmegerichte unzulässig. — Strafen können nur, soweit
sie in einem Gesetze (nicht durch bloße Verordnung) angeordnet sind,
angedroht und verhängt werden. — Das Eigentum ist unverletzlich.
Es kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles gegen Entschä-
digung entzogen oder beschränkt werden. — Die Freiheit der Aus-
wanderung kann von Staatswegen nur in Bezug auf die Wehr-
pflicht beschränkt werden. — Die Freiheit des religiösen Bekennt-
nisses und der Vereinigung zu Religiousgefellschaften wird gewähr-
leistet. — Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte
ist unabhängig von dem Religionsbekenntnisse. — Die Wissenschaft
und ihre Lehre ist frei. Für die Bildung der Jugend soll durch
öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und deren
Stellvertreter dürfen ihre Kinder nicht ohne den Unterricht lasten,
welcher für die öffentliche Volksschule vorgeschrieben ist. Unterricht
zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu leiten, steht
jedem frei, wenn er seine Befähigung nachgewiesen hat. — Bei
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