•212
Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
Anführer hieß Adowaker. Nach dem Tode des bewährten Helden Ägidius bedrohten diese Sachsen die Stadt Angers. Aber Childerich blieb seinem Bündnisse mit den Römern getreu, mit Heeresmacht zog er nach
der gefährdeten Stadt und gelangte vor ihre Mauern an demselben Tage
wie Adowaker. Er gewann Angers und schlug dann vereinigt mit den
Römern die Sachsen aufs Haupt. Nach schweren Verlusten zogen sich
diese auf ihre Flußinseln zurück; die Franken verfolgten sie aber auch hierhin, bis Adowaker sich dazu verstand, selbst ein Föderale Roms zu werden.
So zeigte sich Childerich stets als zuverlässiger Freund und Verbündeter der Römer und wurde ohne Zweifel für seine treuen Dienste nicht nur mit Sold und Beuteanteil, sondern auch mit Land belohnt. Einen Beweis für seine wohlwollende Gesinnung gegen die katholischen Christen erzählt die Legende von der heiligen Genoveva, der Schntzheiligen von Paris.*) Auf einem seiner Züge soll er durch den Wohnort der von ihm angeblich hochverehrten Jungfrau, durch Paris, gekommen sein, „und da er die Gewalt ihrer frommen Fürbitte über seine Seele kannte und vermeiden wollte, so befahl er, nach seinem Abzug die Thore verschlossen zu halten, auf daß nicht die gottgeweihte Jungfrau ihn erreichen und die Gefangenen losbitten könne, welche er zur Enthauptung bestimmt hatte. Jedoch die Heilige erfuhr alles; mit Staunen sah das Volk, wie sich das verschlossene Thor unter ihren Händen ohne Schlüssel öffnete. Sie holte den König ein, und ihre Fürbitte rettete wirklich den Gefangenen das Leben."**) Diese Erzählung, legendenhaft ausgeschmückt, hat natürlich keinen Anspruch, für beglaubigte Geschichte zu gelten, schon deshalb nicht, weil kaum einzusehen wäre, wie der Römerfreund Childerich in die damals noch römische Stadt käme; aber sie liefert einen bedeutsamen Beweis dafür, wie fest die Katholiken von Childerichs Wohlwollen gegen sie überzeugt waren. Schon damals begannen erklärlicherweise die katholischen Provinzialen, die unter den manischen Westgoten und Burgunder: vielfach bedrückt wurden, sich nach der Herrschaft der Franken zu sehnen, die sich sowohl der römischen Nation als der römischen Kirche freundlich erwiesen. Childerich ebnete dadurch seinem Sohn Chlodowech die Wege zur Eroberung Galliens, die schwerlich gelungen sein würde, wenn nicht die
katholisch-römische Bevölkerung dem Eroberer überall freudig entgegengekommen wäre. Das gute Einvernehmen zwischen den Franken und den
Provinzialen scheint bis zum Tode Childerichs ungetrübt geblieben zu sein;
sogar nachdem Odowakar das weströmische Kaiserreich 476 gestürzt hatte,
*) Nicht mit der berühmten Genoveva von Brabant, der Heldin des allbekannten deutschen Volksbuches, zu verwechseln, die erst im achten Jahrhundert gelebt haben soll.
**) Siehe Dahn, Deutsche Geschichte Ii, 2, S. 51.
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124
Die deutschen Landschaften.
wie die Helvetier, das Land. Die Städte Bregenz, Kempten
und Straubing waren von ihnen schon gegründet worden. Des-
gleichen schreibt man ihnen die Anlage der Ring- oder Stein-
wälle zu, die sich hier und da auf Anhöhen vorfinden, z. B. die
Renggenburg bei S ehm al e gg. Es sollen diese als G er i eh ts-
stätten gedient haben. Weitere Kenntnis der keltischen Kultur
haben uns die in den zahlreichen Grabhügeln gemachten Funde
gebracht.
Die Römer vereinigten die Gebiete der Landschaft zu der Pro-
vinz Raetia. Sie erbauten viele Kastelle und legten zum
Schutze gegen die Einfälle der nördlich wohnenden Germanen einen
Grenz wall an, der westlich von Regensburg (bei Hienheim)
begann und über den Jura führte *). Grössere römische
Niederlassungen waren Augusta Vindelicorum (Augsburg),
Regina Castra (Regensburg) und Castra Batava (Passau).
Auch Strassen legten die Römer an, und die Reichen Hessen
sich schöne Landhäuser bauen, deren Mauerreste heute noch
vielfach aufgedeckt werden.
Das römische Kulturbild verschwand ebenso wie in der
Schweiz zur Zeit der Völkerwanderung. Damals hielten ger-
manische Volksstämme (die Markomannen und Quaden)
ihren Einzug, die nach ihrem frühern Wohnsitze, dem benachbarten
Boj eri ande (Bojahaemum = Böhmen) B a j u w a r i oder Bai-
waren genannt wurden, aus welchem Namen das Wort Bayern
entstanden ist. Die Einwanderung erfolgte durch den Gebirgs-
einschnitt, der den nördlichen Teil des böhmisch-bayerischen Wald-
gebirges von dem südlichen trennt. Die Bayern bewohnen bis
zur Gegenwart den grössten Teil der Landschaft. Nur im Westen
sitzen Nachkommen des all em a n n i s c h e n oder schwäbi-
sche n (von Sueven abgeleitet) Volksstammes, die aus dem Rhein-
gebiete, ebenfalls zurzeit der Völkerwanderung, bis zum Lechflusse
vorgedrungen waren.
Im 8. Jahrhundert, zur Zeit Karls des Grossen, nahmen
die beiden alten Städte Regensburg und P a s s a u auf dem
*) Er ist ein Teil des grossen Grenzwalles (Limes), der das unter-
jochte Germanien von dem freien schied. His Lorch, östlich von Stuttgart, wird
dieser als rhätischer Limes bezeichnet. Dort setzte sich der obergerma-
nische Limes an, welcher bei Miltenberg den Main erreichte und, nachdem
dieser Fluss eine Strecke weit die Grenze gebildet hat, sich zunächst bis in die
Gegend von Giessen fortsetzte. Von dort folgte er der Höhe des Taunus, bog
in der Nähe von Wiesbaden parallel zum Rhein um, überschritt bei Ems die
Lahn, umspannte das Neuwieder Becken und endete endlich bei Rheinbrohl. Der
ganze Limes hatte eine Länge von 550 km. Er war ein Erddamm mit
vorliegendem Graben und bestand^ aus einer Kette von Kastellen und
Wachttiirmen. Erstere lagen meist 50—500 m vom Walle entfernt und
hatten unter sich einen Abstand von 8—16 km, so dass sie also in einem hal-
den oder ganzen Tagesmarsche erreicht werden konnten. Die Wachttürme lagen
ebenfalls etwas einwärts vom Walle, gewöhnlich 30 m und etwa 750 m von ein-
ander entfernt, also etwa auf Signalweite.
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Extrahierte Personennamen: Raetia Regina_Castra Karls
Das rhein. Schiefergebirge und die niederrhein. Tiefebene. 225
in Duisburg eine Hüttenschule, in Düsseldorf eine Kunst-
gewerbeschule, in manchen andern Städten ebenfalls Schulen
für Kunstgewerbe und Maschinenbau, in den Bezirken
des Bergbaues Bergschulen u. s. w.
Rückblick auf frühere Kulturzeiten.
Die Spuren eines reichen Kulturgepräges früherer Zeiten lassen
sich fast noch überall in der Landschaft verfolgen. Aus vor-
römischer Zeit stammen die Stein ringe, welche die Gipfel
mancher Berge umgeben und diese als keltische Gerichtsstätten
kennzeichnen. Auch zahlreiche Funde, besonders Grabfunde,
erinnern an Kulturzeiten, die älter als die römische sind.
Die Römerzeit brachte für die Landschaft einen bedeu-
tenden Kulturfortschritt, doch nur für die linksrheini-
schen Gebiete, da die Versuche der Römer, auch die rechte Rhein-
seite dauernd zu unterjochen, scheiterten. Der Rheinstrom wurde
die Grenzscheide des mächtigen Römerreiches. Der früher erwähnte
römische Grenz wall (s. S. 124 und 150), der vom Main
aus nach Norden vorsprang und die jetzige Wetterau umspannte,
knüpfte bei Rheinbrohl unterhalb der Stadt Neuwied an die
natürliche Scheidelinie des Rheines an. Zahlreiche Kastelle,
aus denen manche der heutigen Städte, wie Trier, Bingen,
Koblenz, Andernach, Bonn, Neuss, Düren u. s. w.
hervorgegangen sind, wurden zum Schutze des Grenzlandes ange-
legt; gute Landstrassen, die den römischen Legionen als
Marschrouten dienten, durchzogen das Gebiet, grossartige
Bauten, wie Wasserleitungen, Bäder, Brücken,
Thorburgen, Landhäuser, die noch in ihren Resten uns
Zeugnis geben von der Kultur jener Zeit, wurden angelegt. Auch
den Anbau des Landes förderten die Römer wesentlich.
Fremde Gemüse und feine Obstarten wurden von ihnen
angepflanzt, und auf den Schieferfelsen der Mosel begannen sie den
Weinbau.
Das Kulturbild der Römer verschwand in den Stürmen der
Völkerwanderung. Eine zweite, aber kurze Glanzzeit sah
die Landschaft in der Blüte des fränkischen Reiches, unter
Karl dem Grossen, der meistens in Aachen residierte.
In den spätern Zeiten des Mit e lai ter s kamen viele Wirren
über das rheinische Land; es zerfiel in zahlreiche kleine,
sowohl weltliche als auch geistliche H e rr sc h a ft e n , die manchen
Kampf mit einander führten. Gleichzeitig blühte aber wie in Süd-
deutschland deutsches Städteleben auf. Besonders entfal-
tete sich Köln zu einer reichen Handelsstadt. Es gehörte mit zu
den Städten, die den mächtigen Handelsbund der Hansa bildeten.
Durch den dreissigjährigen Krieg und die Plünderungszüge der
Franzosen wurde das Kulturbild des Mittelalters, das so manche
glanzvolle Züge zeigte, vernichtet. Die zinnen bekrönt en
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Extrahierte Personennamen: Grenz Karl_dem_Grossen Karl
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Lüneburg
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 4 —
an die Wurzel gelegt und eine neue Saat auf Hoffnung aus-
gestreut.
Nicht so schnell wurden die Wenden der Kultur und
dem Christentume gewonnen. Sie waren ein slavischer Volks-
stamm, der zur Zeit Karls des Großen fein Gebiet bis an
die Ilmenau ausdehnte. Noch heute erinnern im Lüneburgschen
zahlreiche Orlsnamen an die Wenden: Wentorf, Wendewisch,
Wendischthun, Wendisch-Bleckede, Wendisch-Evern u. s. w.;
die Ortsnamen mit den Endungen ow, in, itz. etz, und eitz
sind wendischen Ursprungs. Viele wendische Dörfer haben
bis in die Gegenwart den Charakter der Vorzeit bewahrt;
sie sind in der Form eines Hufeisens gebaut und haben nur
einen Haupteingang, der früher durch einen Schlagbaum ab-
gesperrt ward. Wie ein grüner Kranz schlingen sich um das
Dorf die Kanzleien, das sind Gärten, und um diese zieht sich
das Prising d. i. die Dorfsfeldmark. Als später das Christen-
tum zu den Wenden kam, fand man für die Kirche oft nur
außerhalb des Dorfes einen Platz. Von der wendischen
Sprache haben sich geringe Überreste erhalten; gesprochen
wird sie im Lüneburgschen nirgends mehr. An ihre Stelle
ist das Plattdeutsch getreten.
Die Wenden hatten zwei Hauptgötter: Belbog, den
guten, und Zernebog, den bösen Gott. Im Lüneburg-
schen scheint jedoch der Gott R a d e g a st die höchste Ver-
ehrung genossen zu haben. Der Name bedeutet einen Geist,
bei dem man sich Rat holen kann. Dargestellt ward der
Götze als nackter Jüngling, mit einer Hellebarde in der linken
und einem Schild in der rechten Hand; den Kopf schmückte
ein Vogel. Sein Bild stand in einem Tempel des nach ihm
benannten Dorfes Radegast bei Bleckede; der Tempel war
stark befestigt. Nach gewonnenen Schlachten wurden ihm hier
blutige Opfer, selbst Menschenopfer gebracht. Nach der wen-
dischen Religion hatten nur diejenigen ein glückliches Leben
im Jenseits zu erwarten, die im Kriege oder sonst eines ge-
waktsamen Todes starben. Wenn daher die Eltern schwach
und gebrechlich wurden, stürzten ihre Kinder sie von einem
Felsen oder begruben sie lebendig; die Mutigen aber töteten
sich selbst. Solche Greuelthaten sollen in dem Gehölz bei
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61
von wilden Beeren und Wurzeln, wozu ihm nur von Zeit zu Zeit
die notwendigste Zukost aus den Klöstern überbracht wird.
Jetzt lebt es sich besser bei den Erternsteinen, und den ganzen
Sommer hindurch sind die beiden geräumigen Gasthäuser wegen der
schönen Umgebung mit Sommerfrischlern vollständig besetzt.
Von den Externsteinen wandern wir weiter durch das enge Berle-
becker Thal und erreichen in 3 Stunden unser zweites Reiseziel, das
Hermannsdenkmal, auf dem Berge „Grotenburg" gelegen. In
dem Gasthause auf dem Bergesgipfel erfrischen wir uns mit Speise
und Trank und halten dann von der Gallerte des Denkmals Rund-
schau über die Berge und Thäler des Teutoburger Waldes.
Dabei lassen wir uns hier die Kriegesgeschichten aus der Römer-
zeit, 9 Jahre nach Chr. Geb., durch deu Sinn gehen. Ringsum auf
den Bergen und in den Thälern erschallt Waffengeklirr, und Hermann
an der Spitze seiner Cherusker vernichtet in wilder Schlacht die über-
mutigen, römischen Eindringlinge, so daß der Kaiser Augustus in Rom
verzweiflungsvoll ausruft: „O, Varus, Varus, gieb mir ineine Legionen
wieder!"
Ein Dichter beschreibt die Schlacht in dem bekannten Bnrschenliede:
1. „Als die Römer frech geworden,
Zogen sie nach Deutschlands Norden
Vorne mit Trompetenschall
Ritt der General Feldmarschall
Herr Onintilius Varus.
2. In dem Teutoburger Walde
Huh, wie pfiff der Wiud so kalte.
Raben flogen durch die Luft,
Und es war ein Moderduft
Wie von Blut und Leichen, n. s. w.
Vom Denkmale gehen wir hinunter nach dem freundlich gelegenen
Detmold und fahren mit der Eifenbahn nach Hameln zurück.
Fünfter Tag:
Bon Hameln bis nach der Porta.
Unterhalb von Hameln ist das fruchtbare Weserthal, welches sich
hier etwas erweitert, au der rechten Seite eingefaßt von dem steil ad-
fallenden Süntel und links von dem Lipper-Berglande. Die Thal-
wände sind anch hier schroff, aber das Thal ist nicht mehr eng. Die
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Extrahierte Personennamen: Hermann Augustus Augustus Varus Varus Onintilius_Varus Varus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschlands Detmold Hameln Bon_Hameln Hameln
54
Eine zweite Sage von Wittekind lautet: Obgleich Wittekind seinem
Pferde die Hufeisen verkehrt hatte unterlegen lassen, um seine Ver-
folger irre zu führen, so ist ihm trotzdem Karl der Große einstmals
nahe auf den Fersen. Da wird der fliehende Wittekind unglücklicher
Weise gerade durch einen breiten Graben aufgehalten; in dieser 9cot
ruft er seinem Hengste vertrauensvoll die aufmunternden Worte zu:
„Hengstchen, spring awer,
Kriegst'n Spint Halver,
Springst im nicht awer,
Freten mi und die de Rawen!"
Mit gewaltigem Sprunge setzt darauf das mutige Tier über das
Hindernis hinweg, und Wittekind ist gerettet.
Die Stadt Osnabrück in dieser sagenreichen Umgebung hat ein
hohes Alter; denn schon um das Jahr 800 ließ Karl der Große hier
einen Dom bauen, um welchen bald viele Ansiedelungen entstanden,
die im Laufe der Zeit durch Gräben, Wälle und Türme geschützt
wurden. Von den alten Befestigungswerken stehen am Walle noch
vier Türme, uuter denen der sogenannte Bucksturm, im welchem selbst
kriegsgefangene Grafen und Fürsten jahrelang eingesperrt wurden, der
merkwürdigste ist.
Das Rathaus enthält im Friedenssaale die Bildnisse der Fürsten
und Gesandten, die hier im Jahre 1648 den westfälischen Frieden
abschlössen, welcher dem dreißigjährigen Kriege ein Ende machte.
Über dem Eingange zum Rathause ist das steinerne Standbild Karls
des Großen inmitten acht anderer Kaifer angebracht, ihm zur linken
Seite steht Kaiser Wilhelm I. und zur rechten Friedrich Barbarossa.
Jetzt ist Osnabrück mit 40000 Einwohnern in der Provinz Han-
nover die zweitgrößte Stadt, und Handel und Gewerbe stehen hier in
hoher Blüte.
Aus dem Osnabrückschen wird uns viel Pumpernickel geliefert
und der berühmte, westfälische Schinken; das Wort Schinken wird aber
von den Bewohnern dieser Gegenden Skinken gesprochen nach ihrer
Gewohnheit, das sch in sk umzuwandeln.
Eine Eigentümlichkeit des Landkreises Osnabrück bilden die vielen
Kolonate, das sind einzelne Gehöfte, deren Häuser an der Giebelseite
meistens grün oder blau bemalt sind, und deren Besitzer Kolone ge-
nannt werden.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karl_der_Große Karl Karls Wilhelm_I. Wilhelm_I. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa
— 3 —
Mit Augustus begann eine Zeit allgemeinen Friedens, wie ihn die alte Welt noch nicht gesonnt hatte, und die glückliche Entwickelung in den Provinzen. In ihnen wor die Zeit des römischen Koiserreiches eine Periode des großartigsten Fortschrittes. Besonders baten die Londschoften westlich und südlich von Germanien, das Alpengebiet, Gallien, Spanien immer kräftiger in das Kulturleben ein und gediehen schnell zu hoher Blüte. Aus jenen Gebieten stammten einige der berühmtesten Schriftsteller, wie die Seneea, Martial, Quintilian aus Spanien; Virgil, Livius, beide Plinius aus dem transpadanischen Gallien. Wo die Römer längere Zeit weilten, zeigten sich die Spuren ihrer Einwirkung. Ritter mit bedeutendem Kapital wanderten ein und großartige Bauten, Bäder und Wasserleitungen, Amphitheater und Heerstraßen entstanden. Besonders schnell vollzog sich die völlige Romani-sternng in Gallia transalpine Massilia war schon lange ein Brennpunkt griechisch-römischer Bildung. Auch Lugdunum (Sport), Vienna, Nemausus Qiimet:), ^Naibo, Bui digala (Bordeaux), Arelate, Tolosa und besonders Augusta Treverorum (Trier) erhielten früh eine hohe Bedeutung für die Verbreitung römischer Kultur. „In den Jahrhunderten des Kaiserreichs glänzten diese Städte als Pflanzstätten der Kunst und Wissenschaft. Brücken und Straßen verbanden das Land. Zahlreiche Villen zierten die User der $lüffe, und die vornehme Jugend besuchte die Schulen in Rom und Athen. Latein wurde die Sprache der Gebildeten; römischer Gottesdienst, römische Sitten und römische Moden zogen ein. In den Bauten von Trier finden sich alle die kostbaren Steine, welche die wechselnde Mode der römischen Hauptstadt nacheinander dem Reichen vorschrieb"x).
Wie das römische Gebiet von Westen her bis an die Grenzen Gerummen» anfangs nicht überall bis an den Rhein — vorgerückt wurde, so geschah es auch vom Süden her, da die keltischen und illyrischen Stamme in Raetien, Vindelicien und Noricum schnell und leicht von den Stiefsöhnen des Kaisers Drusus und Tiberius unterworfen wurden. So wurden die Germanen Grenznachbarn der Römer und mußten immer mehr in den Kreis der römischen Kultur hineingezogen werden.
Die Germanen bis auf Augustus.
Die Germanen sind aus Asien eingewandert und wohnten vielleicht lange in vorgeschichtlicher Zeit mit Slaven und den denselben verwandten Letten in Rußland. Sie gehören mit den Kelten, Graeko - Italikern und Slaven zu den Ariern oder Jndogermanen. Welche Gründe die Answande-
*) Aus Georg Kaufmanns Deutsche Geschichte bis auf Karl den Großen.
1*
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Extrahierte Personennamen: Augustus Livius Nemausus_Qiimet Drusus Tiberius Augustus Georg_Kaufmanns Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Germanien Gallien Spanien Spanien Gallien Gallia Massilia Rom Athen Rhein Asien Rußland
— 11 —
noch jetzt an manchen Stellen mehrere Fuß hoch) vorhanden sind. Schon von den Zeiten des Augustus an waren an wichtigen Punkten Kastelle und Burgen angelegt. Besonders wichtig aber wurde der Psahlgraben oder Grenzwall, zu dem wahrscheinlich Hadrian den ersten Plan entwarf. Der Wall ging streckenweise mit Benutzung des Main und der Taunuslinie von der Altmühl über Miltenberg und östlich an Hanau vorbei nach Koblenz; er war durch Wälle, feste Lager und Türme geschützt, die eine großartige Kette bildeten.
Dieser „limes“ sollte die römischen Provinzen Raetien und Obergermanien gegen die freien Germanen schützen. Die Wachttürme scheinen auf die Weite von Trompetensignalen errichtet worden zu sein; vielleicht wurden auch Feuersignale angewendet.
Zwischen diesem Walle, dem Rhein und der Donau, in dem heutigen Würtemberg und Baden, lag das Zehntland, die agri decumates, in welchen sich die römische Kultur sehr kräftig entwickelte. An die festen Lager der römischen Soldaten schlossen sich die Wohnungen des Trosses und die Tempel, Bäder, Wasserleitungen, welche der römische Soldat nicht entbehren mochte. Die germanische Bevölkerung war stark gelichtet, daher strömten von allen Seiten Ansiedler herbei, besonders aus Gallien, welche das Land urbar machten und trocken legten.
„Große Veränderungen erfuhr der Charakter der Landschaft, das Aussehen des Landes. Die Germanen hatten nur einzelne Striche und flüchtig bebaut; jetzt begann die kunstmäßige Ausnutzung des Bodens, und manche Waldstrecke wurde neu geordnet, mancher Sumpf getrocknet. Die Germanendörfer blieben zumeist wohl bei ihrer Mark-verfaffung, bei ihrem gemeinsamen Besitze der Flur; alles Land dagegen, das in römische Hände kam, ward Eigentum des Einzelnen und von ihm verwertet, wie er wollte und konnte. Aus Gallien und Italien wurden zahlreiche Kulturpflanzen eingeführt, Blumen in die Gärten, Obstbäume, Getreidearten, Reben auf die Felder und die Hügel. So wurden die Germanen auch wirtschaftlich mehr oder weniger romanisiert. Wie sie vielfach römische Zeuge und Geräte annahmen, römischen Hausbau und römische Kulte, so lernten sie auch Wiesen bewässern und Gärten pflegen. Das Land ward eine Stätte römischen Lebens, und das Neckarthal bot denselben Anblick wie das Rhone- und das Moselthal." (Kaufmann.)
Diese wirtschaftlichen Umgestaltungen hatten allmählich die Auslösung der alten Staatsverfassung, ihre Umbildung in die Lehnsversassung zur Folge.
Beginn der Wanderzeit.
Die Angriffsbewegung der Germanen gegen die römischen Grenzen begann um 165 unter Marc Aurel mit den sogenannten Markomanncnkriegcn, einer Reihe verschiedener Kämpfe, welche von zahlreichen, auch nichtgermanischen Völkern an der Donaulinie geführt wurden, und welche die römische Grenze in hohem Grade gefährdeten. Vielleicht waren diese Völkerschaften
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Extrahierte Personennamen: Augustus Hadrian Marc_Aurel
— 43 —
Unfriede zerstört. Dies lernten wir schon aus der Geschichte vom
Kaiser Napoleon. Hier sieht man es wieder.) — Zusammenfassung
mit Entflechtung aller Resultate der Besprechung unter der
Überschrift: Wie aus Sorabia die Markgrafschaft Meißen wurde.
b.
Ziel: Wie sich die Deutschen in der Markgrafschaft Meißen
wohnlich eingerichtet haben.
I. Zeige die Mark! Ich denke, das ist das Sorbenland? (Ja,
früher war es das Sorbenland, jetzt aber heißt es anders, denn jetzt
wohnen keine Sorben mehr darin u. f. w.)
Den Deutschen kam es erst in der Mark Meißen gar nicht
wohnlich vor. Warum wohl? (Ihnen konnten wahrscheinlich die
großen Wälder nicht gefallen, sie mochten gewiß auch nicht in Holzhütten
wohnen, wollten vielleicht auch mehr Wiesen und Felder sehen.) Was
werden sie nun gethan haben, damit es schöner wurde? (Sie
haben gewiß die Wälder umgeschlagen, haben Dörfer und Städte gebaut
mit steinernen Häusern, haben Brücken über die Elbe und Mulde ge-
schlagen und Korn und Weizen gesäet. Sie haben vielleicht auch die
heidnischen Altäre umgerissen und Kirchen gebaut.
Ii. Es ist so, wie ihr sagt!
1. Die Deutschen schlugen einen großen Teil des Waldes um und
machten aus den leeren Stellen Gärten, Wiesen und Felder.
2. Sie bauten neue Städte, Dörfer und Schlöffer.
3. Sie rissen die heidnischen Altäre um und bauten schöne Kirchen.
Eine von denen, die König Heinrich bauen ließ, steht noch heute, es ist
die Domkirche zu Meißeu. — Zusammenfassung.
Vergleich.
a.
Ziel: Wir wollen die alten Sorben mit den Leuten ver-
gleichen, die jetzt an der Elbe wohnen.
Was können wir vergleichen? (Wohnung, Beschäftigung, Aus-
sehen, Sprache, ihr Wissen über den lieben Gott, ihre Art zu begraben.)
Wir beginnen mit dem
Jl. Aussehen: Die Sorben hatten dunklere Haut und dunkleres
Haar als wir und die Leute, die jetzt an der Elbe wohnen. Unter den
Sorbenkindern gab es keine Mädchen mit blauen Augen und blonden
Zöpfen wie bei uns.
2. Sprache: Die Sorben redeten die sorbische Sprache. Wir und
die Leute, die jetzt an der Elbe wohnen, reden die deutsche Sprache^
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Heinrich Heinrich
Dritte methodische Einheit.
1. Die sächsische Wende!.
-(Sprache und Kleidung der Weuden. — Wendendörfer. — Wendische Heide. —
Beschäftigung der Wenden. — Bautzen und Löbau.)
3icl: Wie es bei den Sorben zugeht, die jetzt noch in
unserem Vaterlande wohnen.
I. Von den Sorben haben wir schon mancherlei gehört. Ihr wißt:
1. Wie es bei den Sorben zuging, die vor tausend Jahren
lebten. Wie? (Sie wohnteu in hölzernen Hütten, beschäftigten
sich mit Ackerbau, Viehzucht, Töpferei und Weberei. Sie beteten
Zu Bielebog und Czernebog und opferten Tiere, Früchte oder gar ge-
sangene Feinde auf den Altären, die unter hohen Bäumen oder auf
Bergen standen. Sie sprachen eine andere Sprache.) So war es bei
den Sorben vor tausend Jahren.
2. Ob es bei denen, die jetzt noch leben, auch so ist? (Ge-
wiß nicht. In den tausend Jahren wird sich wohl manches geändert
haben. Die Sorben werden wohl nicht mehr zu Bielebog und Czerne-
bog beten, sie werden gewiß keine Opfer mehr darbringen; sie werden
sicher auch keine Toten mehr verbrennen wie einst. Sie haben vielleicht
schöne Friedhöfe wie wir, und nicht nur Plätze, aus denen Urnen
vergraben werden.)
3. Manches kann aber auch so geblieben sein wie früher!
Die Sorben reden vielleicht noch immer eine fremde Sprache. Sie be--
schäftigen sich vielleicht noch jetzt mit Ackerbau, Viehzucht oder Töpferei.
Sie haben vielleicht auch heute noch eine Kleidung, die anders ist als
die uusrige.
4. .Und in welcher Gegend unseres Vaterlandes mögen
diese Sorben wohnen? (Sicherlich wohnen sie östlich vom Elbstrom.
König Heinrich hatte sie ja über die Elbe getrieben und feste Burgen,
Z. B. Meißen, am Elbufer angelegt, um ihnen die Rückkehr unmöglich
zu machen.)
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]