155
187. 188.
187. Einladung.
Lieber Paul!
Künftigen Sonntag wird in unserm Dorfe ein Erntekranz
gehalten werden, und diesmal gerade in unserm Hause. Du weißt
wohl nicht, was ein Erntekranz ist? Nun, von Blumen ist er nicht
gewunden; aber mehr sage ich nicht, — es ist besser, Du siehst es
selber an und nimmst teil an unserer Freude über den Ernte-
segen.
Am Sonntag, morgens um 6 Uhr, bin ich mit unserm Wagen
vor Eurem Stadtthore, um Dich und einige andere Freunde ab-
zuholen. Es ist freilich ein Bauerwagen mit Strohsitzen und
hat kein herrschaftliches Ansehen; aber dafür hat man auch eine
freiere Aussicht und atmet voller die frische Morgenluft, als wenn
man in einen Kutschkasten eingepackt sitzt. Und fahren wird der
Knecht, daß die Funken stieben; denn er mag nichts von den Fest-
lichkeiten versäumen. Wie freue ick mich schon aufdiemusik! Wie
wollen wir herumspringen! Also morgens 6 Uhr am Stadtthore!
Verschlaf' die Zeit nicht! Dein Freund August.
188, predigt der Garben.
1. Bringet her dem Herrn Ehre und preis! Danket
dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewig-
lich I Er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute; er läßt
regnen über Gerechte und Ungerechte. Aller Augen warten auf
ihn, und er giebt ihnen Speise zu seiner Zeit. Jahrtausende sind
über die Erde gegangen, und jedes Jahr hat Ernten gesammelt
und Speise bereitet. Immer noch deckt der Herr seinen Tisch,
und Millionen werden gesättigt. Seine Güte ist alle Morgen
neu. Darum bringet her dem Herrn Ehre und Preis!
2. 3u Gottes Legen ist alles gelegen. Der
Landmann rührt seine thätige Hand, pflügt den Acker und streuet
Körner in seine Furchen; aber vom Herrn kommt das Gedeihen.
Viele kalte Nächte und heiße Sommertage liegen zwischen dem
Säen und Ernten. Menschenhand kann die Regenwolken nicht
herbeiführen, noch den Hagel abwehren. Der Herr behütet das
Körnlein im Schoße der Erde, behütet die grünende Saat und die
reifende Ähre. An seinem Segen ist alles gelegen.
3. Wohlzuthun und mitzuteilen vergesset
nicht; denn solche Opfergetallen Gott wohu — Wen
der Herr gesegnet hat, der soll auch seine mildehand aufthun, daß
er gleiche dem redlichen Boas, der an der frommen Ruth Barm-
herzigkeit übte. Wohlzuthun und mitzuteilen vergesset nicht.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
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312.
322
nicht, wo man anfangen und wo man enden soll. Die Erde ist
überall des Herrn; überall hat er sie mit seinen Gaben geschmückt;
überall hat er seine milde Hand aufgethan und erfüllet alles, was
da lebet, mit Wohlgefallen.
31s. Die Menschen ans der Erde.
1. In allen Erdteilen zusammen genommen rechnet man über
tausend Millionen Menschen. Eine ungeheuer große Zahl! Die Hälfte
derselben wohnt in Asien, ein Viertel in Europa; das letzte Viertel
ist auf die übrigen Erdteile verteilt. Am wenigsten Einwohner hat
Australien, nämlich noch nicht so viele, wie das Königreich Preußen.
In den kalten Ländern von Europa, Asien und Amerika müssen
die Menschen ein gar kümmerliches Leben führen. Der Boden giebt
ihnen nicht, was sie zu ihrem Unterhalte nötig haben, und in der
schrecklichen Kälte können Leib und Seele nicht gedeihen. Aber auch
da, wo die Hitze so groß ist, wie in Afrika, werden sie in ihrer Aus-
bildung gehindert. Zwar bietet ihnen die Natur alles dar, was
sie bedürfen, ohne daß sie sich viel darum zu bemühen brauchen;
aber in all' dem Überfluß werden die Menschen schlaff und träge,
und die Hitze drückt ihren Geist darnieder. Die besten Wohnplätze
für das Menschengeschlecht liegen in den gemäßigten Erdstrichen, be-
sonders in unserm Erdteil Europa. Da bringt der Acker, wenn er
im Schweiße des Angesichts gebaut wird, seine Frucht zu seiner
Zeit. Während in den kalten Gegenden die Menschen nur stets
auf Jagd ausgehen und viele Bewohner der heißen Länder als
Hirten oder Nomaden mit ihren Herden von einem Weideplätze
zum andern ziehen, wie wir es schon in der heiligen Schrift von den
Erzvätern lesen, haben sich die Menschen in den gemäßigten Erd-
strichen feste Wohnsitze gegründet. Auch leben sie nicht bloß einzeln,
wie die Jäger und Fischer, oder in Familien oder Stämmen,
wie die Nomaden, sondern sie haben große Gesellschaften oder Staaten
begründet und leben in denselben nach bestimmten Gesetzen und Rechten.
Künste und Wissenschaften sind nur unter ihnen zu Hause. Darum
nennt man sie gebildete Völker.
2. Auch in Hinsicht auf ihren Körperbau stimmen die Men-
schen auf der Erde nicht überein. Sie stammen zwar alle von einem
Elternpaare her, von den ersten Menschen Adam und Eva; aber sie
haben doch im Verlaufe der Zeit in den fünf Erdteilen verschiedene
Merkmale angenommen. Darnach bringt man sie in fünf große
Hauptabteilungen oder Rassen. Am besten kann man sich die-
selben an ihrer Farbe merken. Außer den weißen Menschen oder
Kaukasiern in Europa giebt es gelbe oder Mongolen im mittlern
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Extrahierte Personennamen: Fischer
Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa Australien Europa Asien Amerika Afrika Europa Europa
153
185.
Bambusrohr, das auch zu den "Verwandten des Ge-
treides gehört. Dem Indianer wird dasselbe so nützlich,
wie uns das Getreide. Aus seinen dünnsten Sprossen
macht er sich Pfeile; ein langer Schößling liefert ihm
den Schaft zur Lanze; aus dem Stamme fertigt er sich
den Bogen ; aus den stärksten Stämmen baut er die
Wände seines Hauses; mit den Blättern deckt er dasselbe.
2. Wenngleich die Getreidepflanzen schmucklos sind,
so spenden sie dem Menschen doch reichen Segen. Und
das haben sie schon seit Jahrtausenden gethan. Wie
ganz anders sah es doch auf der Erde und unter den
Menschen aus, ehe sie das Getreide bauten! — Heimat-
los streifte der Jäger durch den Wald, das Wild zu
beschleichen und zu erlegen. In das Fell desselben hüllte
er sich; mit dem Fleische stillte er seinen Hunger. —
Manches änderte sich wohl, als die Menschen Hirten
wurden. Da zähmten und pflegten sie die Tiere. Aber
auch als Hirten waren sie noch ohne Heimat auf der
Erde. Sie folgten mit beweglichen Zelten der Herde
von Steppe zu Steppe. — Erst dann lebten die Menschen
in Gemeinschaft und in festen Wohnplätzen, als sie an-
fingen, das Getreide zu bauen. Hütte entstand neben
Hütte, und um die festen Wohnstätten breiteten sich
eingefriedigte Acker aus.
Reichen Segen spendet uns das Getreide auch noch
jetzt. Es liefert uns das tägliche Brot, und das ist
eine große Gabe Gottes. Deshalb sagt auch ein alter
Spruch: Es ist etwas Großes, Gottes Wort und ein
Stück Brot haben. Aus den Körnern der Gerste bereitet
der Mensch ein nahrhaftes Getränk, das Bier. Die
trocknen Halme des Getreides geben das Stroh. Das-
selbe dient manchen Haustieren zur Nahrung und die-
tet ihnen ein weiches Lager. Auch zum Dachdecken
wird es benutzt. Die untersten Teile der Halme, welche
beim Mähen als Stoppeln stehen bleiben, düngen den
Boden zu neuer Frucht. Aus dem Stroh werden auch Hüte
geflochten. Es wird zu diesem Zwecke besonders getrock-
net und gespalten. In Italien, Frankreich und Deutsch-
land beschäftigen sich viele Hände mit dieser Arbeit.
185. Die Ernte.
Die Erntezeit bringt den Landleuten saure Arbeit, aber auch
große Freude. Früh, noch ehe die Sonne ausgeht, zieht der Bauer
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Gottes Gottes Italien Frankreich
29
auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der
des Weges kam und eine Kuh vor sich her trieb. Hans suchte seine
Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war
aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer: „Es ist ein schlechter
Spaß, das Reiten, zumal wenn man auf so eine Mähre gerät,
wie diese, die einen herabwirft, daß man den Hals brechen kann;
ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da lob' ich mir
Eure Kuh; da kann einer mit Gemächlichkeit hinterher gehen und
hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiß. Was
gab' ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!" — „Nun," sprach der
Bauer, „geschieht Euch so ein großer Gefallen, fo will ich Euch
wohl die Kuh für das Pferd vertauschen." H^ris willigte mit
tausend Freuden ein; der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt
eilig davon.
3. Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den
glücklichen Handel. „Hab' ich nur ein Stück Brot, und daran wird
mir's doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mir's beliebt, Butter und
Käse dazu essen; hab' ich Durst, so melk' ich meine Kuh und trinke
Milch. Herz, was verlangst du mehr?" Als er zu einem Wirts-
hause kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er
bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot, rein auf, und ließ sich
für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann
trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu.
Die Hitze ward drückender, je näher der Mittag kam, und Hans be-
fand sich in einer Einöde, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da
ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gau-
men klebte. „Dem Ding ist zu helfen," dachte Hans; „jetzt will ich
meine Kuh melken und mich an der Milch laben!" Er band sie an
einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte, so stellte er
seine Ledermütze unter; aber wie er sich auch bemühte, es kam kein
Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil er sich ungeschickt dabei
anstellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der
Hinterfüße einen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte
und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte, wo er war. Glück-
licherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schieb-
karren ein junges Schwein liegen hatte. „Was sind das für
Streiche!" rief er, und half dem guten Hans auf. Hans erzählte,
was vorgefallen war. Der Metzger sprach: „Die Kuh will wohl
keine Milch geben? Das ist ein altes Tier, das höchstens noch
zum Ziehen taugt oder zum Schlachten." — „Ei, ei." sprach Hans,
und strich sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht!
Es ist freilich gut, wenn man so ein Tier abschlachten kann; was
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Extrahierte Personennamen: Hans Hans Hans Hans Hans Hans
33.
26
ten nicht weiter ziehen, denn sie hatten kein Geld mehr.
Da sah es übel aus. Zuletzt erbarmte sich ihrer ein Mann
und nahm sie als Tagelöhner an. Allein der Tagedieb
durfte kein Morgenpfeifchen mehr rauchen und der Sie-
benschläfer nicht mehr den Kopf mit der Nachtmütze aus
dem Fenster strecken. Und sie wären nun froh gewesen,
wenn sie in der Schule etwas mehr gelernt hätten. Denn
dann hätte ihr Brotherr sie doch noch zu etwas anderm
brauchen können, als zum Holzhacken und Wassertragen.
Arbeitsamkeit bringt Ehr’ und Brot,
Müßiggang nnr Behänd' und Not.
33. Zwei Auswanderer.
Hans war der bravste Knecht im Dorfe. Grete war
eine tüchtige, ehrliche Magd. Beide waren Brautleute und
wollten nun bald in Gottes Namen in den Ehestand treten.
Mit Fleiß und Sparsamkeit wollten sie ihr Werk beginnen
und auf den vertrauen, der auch den Vöglein ihr Futter
giebt. Als sie aber ihr Vermögen zusammenzählten, brachten
sie fünfundsiebenzig Thaler und zwanzig Silbergroschen her-
aus. Das reichte nun freilich nicht einmal zur ersten Ein-
richtung hin. „In Amerika wird’s uns leichter gemacht,u
sagte Hans. „Laß uns noch ein paar Jahre dienen, bis
wir das Reisegeld erspart haben. Dann wollen wir über
das Weltmeer segeln in den neuen Erdteil, wo das gute
Land wohlfeil ist. Da kann es uns nicht fehlen /“ Und
wie gesagt, so gethan. Wurde ihnen die Arbeit sauer, so
dachten sie daran, wie sie ihren Acker in Amerika mit Axt
und Hacke zurecht machen wollten; und wenn sie sich alle
die Kartoffeln vorstellten, die ihnen da zuwachsen würden,
so waren sie schon ganz vergnügt in ihrer Hoffnung und
wünschten sich weiter nichts.
Aber es kam doch anders, als sie es meinten, nämlich
gerade so, wie es in der Bibel steht.
Die hundert Thaler Reisegeld waren endlich beisammen,
und noch etwas mehr. Jetzt sollte die weite Reise ange-
treten werden. Da gingen Hans und Grete am Sonntag-
Nachmittag noch einmal in Deutschland spazieren. Von
ungefähr kamen sie an die Stelle, wo Hansens Dienstherr
den Ackerpflug zerbrochen hatte, als er das Land urbar
machen wollte. Denn es war ein harter Fleck dicht am
Walde. Tiefe Wurzeln liefen aus der Erde hervor; in den
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Grete Hans Hans Hansens
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Amerika Amerika Deutschland
248.
210
spät. Oder wenn eine Feuersbrunst das ganze Haus
bedroht? Es ist vielleicht schon zusammen gestürzt, ehe
die Leute aus der Umgegend zur Rettung herbei eilen
konnten. Und wie übel ist es schon, daß kein Nachbar
zur Hand ist, den sie um Rat fragen können, der an
ihrer Freude und an ihrem ¡Schmerze Anteil nimmt 1
Denn geteilte Freude ist doppelte Freude, geteil-
ter Schmerz ist halber Schmerz.
Wer darum nicht durch sein Geschäft oder seine
Berufspflicht genötigt ist, für sich allein zu wohnen,
der läßt sein Haus dicht neben andern Häusern erbauen
und sucht mit andern Menschen in eine Gesellschaft
oder Gemeinschaft zu treten. Wenn er dann gute
Nachbarschaft und Freundschaft hält, jedem gewähret,
was recht ist, und sich die goldne Regel merkt: Was
du nicht willst, daß man dir thu', das füg’ auch keinem
andern zu! — dann wird ihm auch die Achtung und
Ehre erwiesen, die ihm gebührt; dann geht man gern
mit ihm um und läßt es ihm an Beistand nicht fehlen,
wenn er dessen bedürftig ist. So sind in unserm Vater-
lande schon seit vielen Jahrhunderten die Dörfer und
Städte entstanden.
Die Dörfer sind klein oder groß; es wohnen wenige
oder viele Menschen darin, in manchen tausend und noch
mehr. Kleinere Dörfer nennt man auch wohl Weiler;
froße Dörfer, in denen sich eine Kirche befindet, heißen
Kirchdörfer. Gewöhnlich ist die Kirche für mehrere
benachbarte Dörfer zugleich bestimmt, die ein Kirch-
spiel ausmachen. Eine Schule ist aber bei uns zu
Lande fast in jedem Dorfe. In manchen Dörfern fallt
uns sogleich auch noch ein schönes, großes Haus in die
Augen, das dem reichen Gutsherrn gehört. Sonst aber
sieht man sich meistens vergeblich nach schönen Häusern
um. Fast alle sind aus Fachwerk erbaut, und zu ihrer
Verzierung ist nicht viel geschehen. Manche sind so
niedrig und klein, daß sie nur Hütten genannt werden
können. Dabei liegen sie unregelmäßig durcheinander
und sind mit Scheunen und Ställen umgeben, deren Dächer
oft noch mit Stroh gedeckt sind. Die Wege, die sich
zwischen den Häusern durchziehen, biegen sich hin und
her; sie sind meistens schmal und nur selten mit Steinen
belegt oder gar gepflastert. Es sind Gassen, keine
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
248.
212
pflastert, auch laufen sie mehr gerade aus, als auf den
Dörfern. Selbst die Nebenstraßen und Gassen sind
mit Steinen belegt. Die Häuser stehen weit mehr in
regelmäßigen Reihen; dabei sind sie meistens weit größer
und besser gebaut, als auf den Dörfern. Manche be-
stehen aus drei, vier und noch mehr Stockwerken. Der
Kirchen sind gewöhnlich mehrere vorhanden; ein groß-
ßes Rathaus liegt mitten in der Stadt, und noch so
manche andere öffentliche Gebäude sind vorhan-
den, die auf den Dörfern fehlen und dort auch gar nicht
nötig sind. Hier und da erweitern sich die Straßen zu
großen Plätzen, die entweder zur Erholung dienen und
mit Bäumen bepflanzt sind, oder die zur Abhaltung der
Märkte bestimmt sind. Dann nennt man sie Markt-
plätze. In jeder Woche bringen die Bauersleute aus
der Umgegend Korn, Gemüse, Butter, Eier und andere
Nahrungsmittel zu Markte, die dann von den Städtern
aufgekauft werden. Aber es werden in jeder Stadt
einigemal im Jahre auch größere Märkte abgehalten, zu
denen die Verkäufer und Käufer aus weiter Entfernung
kommen. Da werden Pferde, Kühe, Schweine verkauft;
auch werden bretterne Buden aufgeschlagen, deren Be-
sitzer Eßwaaren, oder Zeuge, oder allerlei Kram zum
Verkaufe auslegen. So giebt es Vieh- und Kram-
märkte. Und weil auf solchen Märkten immer gar viele
Menschen zusammen kommen, so finden sich in der Regel
auch solche ein, die fremde Tiere und andere Merk-
würdigkeiten besehen lassen und damit ihr Geld ver-
dienen wollen.
Aber auch zu anderer Zeit ist ein bedeutender Ver-
kehr in der Stadt und viel Leben auf den Straßen. Da
wohnen ja mehrere tausend Menschen beisammen; es
giebt Städte, die 10, 20, 50,000, ja 100,000 und noch viel
mehr Einwohner haben. Berlin, die große Stadt, in
der unser König wohnt, hat sogar eine ganze Million
Einwohner! Und das ist noch lange nicht die größte
Stadt. Die volkreichste Stadt auf der ganzen Erde ist
London, die Hauptstadt von England, in der über drei
Millionen Menschen leben, d. i. 3 mal so viel, als in
Berlin. Auch Paris, die Hauptstadt von Frankreich,
ist eine ungeheuer große Stadt. — Da wohnen nun zwar
in den prächtigen Häusern und Palästen dieser gewal-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin London England Berlin Paris Frankreich
249.
— L'lt> -
weiter rückt auch der Himmel fort, und wenn es aussieht, als könne
man ihn bald mit den Händen fassen, so ist er noch eben so weit ent-
fernt, wie zuvor. Immer neues taucht vor deinen Blicken auf, während
hinter dir dasjenige verschwindet, was du längst gesehen hast. End-
lich hast du einen ganz neuen Gesichtskreis, aber immer ist es ein
Kreis, in dessen Mittelpunkt du dich befindest, und bis zum Ende ist
noch niemand gekommen. Geht es nicht auch so mit vielen Gütern des
Lebens? Sie sehen lieblich aus; die Menschen jagen ihnen nach, um
sie zu erreichen; schon meinen sie, sie brauchten bloß die Hand auszu-
strecken , um sie zu fassen, — da sind sie wieder weit in die Ferne
gerückt, und alle Hoffnung, sie zu erlangen, ist vergebens. Wohl
dem, der über diesem Trachten nach irdischen Gütern den Himmel sel-
der nicht verliert!
Wie vielerlei Dinge sehen wir nicht in unserm Gesichtskreise!
Zu unsern Füßen breitet sich die weite Fläche des Landes mit ihren
Gärten und Feldern, mit ihren Fluren und Wäldern aus.
Dort, wo der Rauch empor steigt, liegt die große S t a d t; dort zwischen
den Obsthainen blickt gar manches freundliche Dörflein hervor;
hier und da weiset auch ein Kirchturm zum Himmel hinauf. Von den
Hügeln schlängeln sich die Bächlein in die Wiesengründe hinab.
Ihre Wellen haben sich ein tiefes Bett gewühlt, so daß wir ihr Ge-
wässer nicht erblicken können. Zahllose Wege ziehen sich zwischen
den Fluren hin, auf denen die Menschen mit ihren Wagen und Zug-
tieren zu ihren Feldern gelangen, oder auf denen sie gar in die Ferne
reisen können. Da sind nicht bloß Fußsteige und Feldwege, sondern
auch breite Landstraßen, die mit einer Steindecke belegt und in der
Mitte höher sind, als an den Seilen, so daß das Wasser leicht abfließen
kann. Gräben ziehen sich neben ihnen hin, und damit es den Wan-
derern nicht an Schatten fehle, so werden sie von zwei Reihen von
Bäumen eingeschlossen. Durch manche Gegenden windet sich jetzt sogar
eine Eisenbahn, auf der die Menschen mit der Schnelligkeit des
Vogels dahin eilen, viel rascher, als die Pferde vor dem Postwagen
laufen können. Aber wer in der Fremde viel sehen und lernen will,
der darf nicht bloß mit der Eisenbahn reisen.
2.
Und wie viele Erscheinungen nehmen wir nicht am Himmel
wahr, der doch auch noch zu unserm Gesichtskreise gehört!
Auf den Bergen sieht er noch eben so hoch und blau aus, wie
in den Thälern. Sehr oft ist der Himmel mit Wolken bedeckt;
ganz heiler ist er selten. Am Tage können wir außer den Wol-
ken nur die Sonne und zu Zeiten den M o n d am Himmel unter-
scheiden , bei Nacht auch die Sterne. In die Sonne kann man nicht
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
219
250.
kann auch leicht die sieben Sterne finden, welche zusammen den Him-
melswagen bilden. Auch die Milchstraße, welche Uber den ganzen
Himmel hinwegläuft, kann jeder selbst an demselben aufsuchen. Wie
man aber durch den Wagen und die Milchstraße den merkwürdigen Po-
larstern auffinden kann, das sollt ihr später auch noch erfahren.
T5o. Reichtum der Berge.
Die 'prächtigen Wälder sind ein großer Reichtum
unserer Berge, der uns so von selber entgegen kommt und
ohne viel Arbeit zuwächst. Aber der größte Schatz liegt doch
in der Tiefe der Erde verborgen. Aus dem Innern der
Berge holt der Mensch das edle Gold, das feine Silber, das
nützliche Eisen, das klangreiche Kupfer, das biegsame Blei,
den brennbaren Schwefel und noch so vieles andere hervor.
Das alles erhält er aber nur mit großer Mühe. Senkrecht
in den Berg hinein wird ein Schacht gegraben, so tief,
daß ein hoher Turm nicht heraus schauen könnte, wenn er
darin stände; und damit die Felswände nicht zusammen
stürzen, werden sie mit Holz umkleidet. In diese Grube
hinab steigt der Bergmann, wenn er ans Werk will. Er
zieht seinen schwarzen Kittel an und nimmt das Gruben-
licht in die Hand, denn da unten ist es gar finster. Dann
versammelt er sich mit seinen Genossen im Bethause und
klettert nun an den Hangeleitern hinab in die grausige
Tiefe, oder er läßt sich in einem großen Eimer hinunter
leiem. Unten geht er rechts und links in niedrige Gänge
oder Stollen, in denen man oftmals kaum aufrecht stehen
kann; und hier schlägt der Bergmann das schimmernde
Erz mit seiner Hacke los. Wenn es zu stark ist und zu
fest aneinander hängt, so brennt er es mit gewaltigem Feuer
mürbe, oder er zersprengt es mit Pidver. Ein anderer
ladet das Erz in einen Karren, Hund genannt, und schiebt
es bis an den Schacht. Nun wird es zu Tage geför-
dert, d. h. in großen Eimern empor gewunden.
Da haben es die Menschen nun freilich am Tageslichte;
aber es ist noch zu nichts nütze. Denn das Metall ist mit
anderm Gestein vermischt und kann erst durch viel saure
Arbeit herausgelöst werden. Das Erz wird verlesen, zer-
stampft, ausgewaschen und in haushohen Schmelzöfen ge-
schmolzen; dann erst wandert das Metall in die Eisenhütten
und Kupferhämmer, wo es zu weiterer Verarbeitung zube-
reitet wird. In diesen Werken ist ein rastloses Treiben, ein
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
37
Oswald mußte den Ring herausgeben und wurde auf ein
Jahr zum Gefängniß verurtheilt. „Da," sagte der Richter, „wirft
du Zeit finden, die große Wahrheit zu bedenken:
Es kommt dereinst der Tag der Schrecken,
Der jede Lüge wird entdecken."
Sirach 20, 26. 28. Die Luge ist ein häßlicher Schandsteck
an einem Menschen, und ist gemein bei ungezogenen Leuten.
Lügen ist dem Menschen ein schändliches Ding, und er Kann
nimmermehr zu Ehren Kommen.
Ephescr 4, 25. Leget die Lügen ab und redet die Wahr-
heit, ein Jeglicher mit seinem Wehsten^ sintemal wir unter ein-
ander Glieder sind.
45. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.
1. Auch gegen Thiere soll der Mensch nicht undankbar sein, wie
jener Kaufmann in der alten Stadt Wineta, den sein Schimmel
wegen Undanks verklagte. — Der Schimmel hatte dem Herrn
schon viele Jahre treu gedient und ihm einmal sogar durch seine
Schnelligkeit das Leben gerettet, als er in einem Walde von Räu-
bern überfallen wurde. Der Kaufmann" that deßhalb ein Gelübde,
er wolle den Schimmel niemals verstoßen und ihn aufs beste ver-
pfiegen, so lange er leben werde. Weil aber der Schimmel auf
der Flucht vor den Räubern sich sehr erhitzt hatte, so ward er balo
darauf erst steif und lahm und endlich auch blind, und der Kauf-
mann vergaß seiner Dienste, so wie seines eigenen Gelübdes. Erst
ließ er das Pferd bei kärglichem Futter darben, und weil ihm eine
Metze Hafer tägstch zu viel schien für ein Pferd, das ihm zu nichts
mehr nützte, so befahl er seinem Knechte, den Schimmel wegzu-
jagen. Der nahm einen Stock, weil das Pferd nicht weichen
wollte, und trieb es aus dem Stalle. Da blieb es sieben Stunden
vm Thore stehen mit niedergebeugtem Kopfe und spitzte seine
Ohren, wenn etwas'im Hause sich regte. Die Nacht schlief es da-
selbst auf den harten Steinen, während es kalt war und schneiete.
Endlich trieb der Hunger das Thier, weg zu gehen; aber weil es
blind war, Pieß es überall an. Mit seiner Nase roch es links und
rechts, ob nicht ein Hälmchen Stroh da läge; doch es fand nur
wenig.
2 Es war aber in selbiger Stadt ein Glockenbaus, das stand
Tag und Nacht offen. Man hatte es gebaut, um Unrecht zu ver-
hindern. Denn wenn Jemand meinte, es geschähe ihm Unrecht
von einem Andern, so ging er hin ins Glockenhaus, faßte an den
Glockenstrick und läutete; sogleich kamen die Richter der Stadt
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