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1. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 104

1880 - Halle : Anton
104 Deutschland — Ferdinand I. und Maxmilian Ii. — hielten diesen Religionsfrieden aufrecht. Ferdinand!, war zwar der katholischen Lehre von Herzen zugethan, aber in seiner Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit duldete er nicht, daß den Protestanten irgend ein Unrecht geschähe. Und sein Sohn Maxmilian Ii. war ein so milder und menschenfreundlicher Herr, daß man ihn die Freude der Menschen nannte; ja, er war ein so großer Freund der evangelischen Lehre, daß er lieber selbst zur protestantischen Kirche übergetreten wäre, wenn er nicht gefürchtet hätte, dadurch in seinen katholischen Ländern ein Aergerniß zu geben und Unruhe zu erregen. Anders wurde der Zustand, als nach seinem plötzlichen Tode sein Sohn Rudolf 11. die Regierung übernahm. Zwar war derselbe ein Mann ohne kräftigen Willen und klaren Verstand, ein Mann, der sich um die Reichsverwaltung sehr wenig kümmerte und dafür lieber an seinen Pferden sich erfreute, den Stein der Weisen (— die Kunst, Gold zu machen) suchte und die Zukunft in den Sternen lesen wollte; aber er war auch ein Zögling der Jesuiten, und den Grundsätzen zufolge, die sie ihm eingeprägt hatten, bedrückte er seine evangelischen Unterthanen. Noch während der Regierung Karls V. nämlich war durch einen spanischen Edelmann — Ignaz Loyola — ein Orden gestiftet worden, der sich den Namen „Gesellschaft Jesu" oder „Jesuiten" beilegte. Diese Jesuiten wollten nichts anders sein als Kämpfer für den Papst und oie katholische Kirche. Die protestantische Lehre zu unterdrücken und die katholische zu fördern, war ihr einziges Bestreben. Jedes Mittel war ihnen recht, um diesen Zweck zu erreichen. Vor allem gründeten sie Anstalten, in denen sie die Jugend in ihrem Sinne und Geiste unterrichteten und erzogen und ihr Haß gegen die Evangelischen einflößten. So begannen unter Rudolf Ii. die religiösen Streitigkeiten von neuem. Um sich gegen etwaige Angriffe zu schützen, schlossen die protestantischen Fürsten einen Bund, den nannten sie die Union; das Haupt derselben war der Kurfürst Friedrich von der Pfalz. Diesem evangelischen Bunde trat bald ein katholischer, die Liga, gegenüber, an dessen Spitze der Herzog Marmilian von Baiern stand. So waren die beiden Parteien abermals zum Kampfe bereit, und es bedurfte nur eines Funkens, um das unter der Asche glimmende Kriegsfeuer von neuem zu entzünden. 2. Ruhig sah Rudolf dem allen zu. Immer mehr versank er in Schwäche und Unthätigkeit. Ein Land nach dem andern mußte er an seinen Bruder Mathias abtreten, nur Böhmen blieb ihm noch. Um sich wenigstens dies zu sichern, gab er denböhmen d e n sogenannten Majestätsbrief. Darin versprach er ihnen noch einmal volle Religionsfreiheit. Aber Dank erwarb er sich damit nicht. Die Böhmen riesen Mathias doch herbei, und Rudolf mußte diesem auch die letzte Krone abtreten. Voll Zorn schied er von Prag, der undankbaren Stadt, die ihm viel zu danken hatte. „Die Rache Gottes soll dich ereilen und mein Fluch über dich und ganz Böhmen kommen" — das war sein Ab-

2. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 79

1880 - Halle : Anton
79 bewaffnet und mit einer Unzahl von Wagen zogen sie in die Schlacht. Die Wagen stellten sie in zwei Reihen, zwischen ihnen schritten die Fußgänger/ außen au den Wagenreihen hatten die Reiter ihren Platz. Sollte der Kampf beginnen, so umfuhren die Wagenlenker schnell einen Theil des feindlichen Heeres und schlossen ihn so von allen Seiten ein. Eingeengt und eingesperrt zwischen den Wagen, wurden dann die Feinde von den Fußgängern oder von den von den Wagen herab kämpfenden Männern und Weibern mit leichter Mühe erschlagen. So ging der Schrecken vor den Hussiteu her und ergriff alle, die wider sie stritten. Wenn das dumpse Rollen der Wagenzüge in der Ferne hörbar wurde und der hufsitifche Schlachtgesang erschallte, dann hielt niemand stand; in wilder Flucht löste sich das Heer auf, oft ehe die furchtbaren Feinde noch sichtbar wurden. 2. Am Ende aber entstand Zwiespalt in den Reihen der Hussi-ten: sie schieden sich in zwei Parteien. Die einen wollten sich zufrieden geben, wenn man ihnen nur erlauben würde, den Kelch im Abendmahle zu genießen und die Predigt in ihrer Landessprache zu halten; das waren die Calixtiner oder Kelchleute (— vom lateinischen Worte calix — Kelch —); die andern aber wollten von einer Aussöhnung mit der katholischen Kirche gar nichts wiffen, das waren die Ta-bor'iten; fo hießen sie von einem Berge bei Prag, den sie Tabor genannt und auf welchen sie eine Stadt gebaut hatten. Da Kaiser Siegismund einsehen gelernt hatte, daß er mit Waffengewalt nichts gegen die Hufsiten auszurichten vermochte, so versuchte er den Weg der Güte. Nach mancherlei Unterhandlungen wurden den Calixtinern die gestellten Forderungen (— Kelch im Abendmahl und Predigt in der Landessprache) bewilligt; darauf vereinigten sie sich wieder mit den Katholiken und verschmolzen am Ende wieder mit denselben. Dietaboriten dagegen blieben als gesonderte Partei bestehen. Die Calixtiner kehrten nun ihre Waffen gegen die alten Bundesgenossen; von ihnen geschlagen, zogen sich die Reste der Taboriten an die Grenze von Böhmen und Mähren zurück; hier lebten sic als böhmisch-mährische Brüd er still ihrem alten Glauben, bis viele von ihnen durch neue Verfolgungen zur Auswanderung gezwungen wurden. Iii, 1. Im Kampfe gegen die Hufsiten fand Siegismund eine kräftige Stütze an dem Meißner Markgrafen Friedrich dem Streitbaren. Er regierte von 1381 — 1428. Wegen seiner vielen Kriegszüge und Fehden — es waren deren wohl gegen 40 — führt er jenen Beinamen „der Streitbare". Obschon er das Schwert nicht sehr aus der Hand legen durfte, so blieb ihm doch noch Zeit zu Werken des Friedens; eins derselben verdient besondere Beachtung. Damals gab es in Deutschland nur wenige Universitäten; eine der berühmtesten war die zu Prag. Hier fanden sich aus fast allen deutschen Ländern diejenigen zusammen, welche sich eine höhere Bildung aneignen und für ein höheres Amt vorbereiten wollten. Solcher Studen-

3. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 131

1880 - Halle : Anton
131 6. Allein das folgende Jahr 1 7 59 brachte noch mehr Unglück. Als Friedrich die vereinigten Russen und Oestreich er bei Kunersdorf (— unweit Frankfurt an der Oder —) angriff, wurde er gänzlich geschlagen. Mit gewohnter Tapferkeit stürmten die Preußen die verschanzten Anhöhen, von denen zahlreiche Geschütze Tod und Verderben herabsandten, und am Abend des heißen Tages hatten sie den einen Theil des russischen Heeres geschlagen und 70 Kanonen erbeutet. Als aber die schon ermatteten Truppen auch den andern Theil noch werfen sollten, da schlug der Sieg in die schwerste Niederlage um, die Friedrich je erlitten. Ganze Regimenter lagen blutend am Boden, und das preußische Heer war aufgelöst. Obschon alles verloren war, wollte der König das Schlachtfeld doch nicht verlassen. „Giebt es denn keine verwünschte Kugel für mich?" rief er in dumpfer Verzweiflung; gewaltsam mußten ihn die Seinen aus dem Getümmel reißen. „Alles ist verloren, retten Sie die königliche Familie!" schrieb er an seinen Minister in Berlin und ein paar Stunden später: „Ich werde den Sturz des Vaterlandes nicht überleben, Gott befohlen auf immer!" So düster fah es in des Königs Seele aus, und schrecklich genug war seine Lage: sein ganzes Geschütz war in den Händen des Feindes, und 20000 Mann waren gefallen. Glücklicherweise benutzten die unter sich uneinigen Russen und Oestreichs ihren Sieg nicht, und so ließen sie Friedrich Zeit, sich zu erholen und sein Heer wieder kriegstüchtig zu machen. Aber noch war das Unglück nicht zu Ende. Fast an derselben Stelle, wo Friedrich einst das sächsische Heer zur Ergebung gezwungen halte, bei Maxen (— nicht allzufern von Pirna —), wurde der preußische General Fink sammt 12000 Soldaten von den Oestreichern gefangen genommen; spottend nannten diese die glückliche Unternehmung den „Finkensang bei Maxen". 7. Zwar gewann Friedrich im folgenden Jahre noch einige Schlachten, aber feine Lage wurde immer mißlicher. Während feine Feinde immer größere Anstrengungen machten, um ihn doch noch zu Boden zu werfen, schmolz sein Heer immer mehr zusammen, und seine Vorrathshäuser und Kassen waren leer. Rathlos blickte er nach Hilfe umher. Da tröstete ihn sein Feldherr Ziethen: „Der alte Bundesgenosse da droben verläßt uns gewiß nicht." Und er half. Plötzlich starb Friedrichs erbitterte Feindin, die Kaiserin Elisabeth von Ruß- land. Ihr Nachfolger aber, Peter Hl., war ein begeisterter Verehrer des großen Königs. Sofort nach seiner Thronbesteigung schloß er Frieden und sogar ein Bündniß mit Friedrich. Leider dauerte die Freude nicht lange. Peter wurde schon nach einem halben Jahre ermordet, und seine Gemahlin Katharina, die nun Kaiserin wurde, hob sogleich das Bündniß mit Preußen aus, ließ aber wenigstens den Frieden bestehen. Auch die andern kriegführenden Mächte waren indeß des langen Kampfes müde geworden und zeigten sich bereit, ihn zu beenden. Im Jahre 1763 wurde zu Hubertusburg (—unweit Oschatz —) der 9*

4. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 5

1880 - Halle : Anton
Stuhle sitzend, zum Zeichen seiner Gewalt einen Stab in der Hand —, umgeben von den Beisitzern oder Geschwornen, sprach er nach altem Brauche das Recht. Diese Beisitzer waren freie Männer, die ihm daß Urtheil finden halfen; sie schöpften gleichsam das Recht, darum hießen sie Schöpfen, Schöppen oder Schöffen. Verbrechen wurden durch Wehrgeld gebüßt (Eigentlich „Wergeld^, d. h. Manngeld, denn „Wer" war die Bezeichnung des waffenfähigen Mannes.) Eigentlich geprägtes Geld hatte man freilich noch nicht; der Verbrecher mußte seine That durch Erlegung von Vieh oder Waffen sühnen. Die Höhe des Wehrgeldes richtete sich nach der Größe des Verbrechens und nach dem Stande des Beleidigten: wer Richter, Edle und Freie kränkte, mußte doppelt und dreifach so viel zahlen, als wer unfreie Männer und zumal Sklaven versehrt hatte. In unklaren Fällen entschied das Gottesurtheil. Man setzte dabei voraus, die allezeit gerechte Gottheit werde dem Unschuldigen beistehen, ihn im Kampfe siegen lassen oder in der mit ihm vorzunehmenden Probe durch ein Wunder retten. Für freie Männer galt der Zweikampf als Probe. Kläger und Angeklagter kämpften mit einander; siegte der letztere, so war seine Unschuld bewiesen. Frauen und Sklaven mußten sich der Wasser- oder Feuer- oder Kreuzcsprobe unterwerfen. Bei der heißen Wafferprobe mußte der Angeklagte aus einem Kessel voll siedenden Wassers (— daher auch Kefselprobe genannt —) einen Ring oder Stein mit blosem Arme herausholen; blieb er unversehrt, so galt er als unschuldig. Bei der kalten Wasserprobe aber wurde er in's Wasser geworfen; sank er unter, so war er unschuldig; schwamm er oben, so war seine Schuld erwiesen (— er war in dem letzteren Falle gleichsam vom Wasser ausgeworfen worden, denn nach dem altheidnischen Volksglauben nahm die reine Fluth keinen Missethäter in sich auf). Bei der Feuerprobe mußte der Angeklagte die blose Hand eine Zeit lang in's Feuer halten und dann zum Beweise seiner Unschuld unversehrt wieder herausziehen — over er mußte im blosen Hemd durch einen brennenden Holzstoß oder mit blosen Füßen über glühendes Eisen gehen oder auch wohl das letztere mit blosen Händen eine Strecke weit tragen. — Wenn endlich die Kreuzesprobe vorgenommen wurde, so hatten Kläger und Angeklagter regungslos mit erhobenen Armen cm einem Kreuz zu stehen; wer zuerst die Hände rührte oder die Arme sinken ließ, hatte verloren. 9. Die alten Germanen waren Heiden. Ihre Gottesdienste hielten sie auf Bergesgipfeln und in Hainen, also unter freiem Himmel ab. Hier opferten sie Früchte, Thiere, sogar Menschen (— Kriegsgefangene). Ein Gang nach dem heiligen Haine hieß „Waldfahrt". In unserem „Wallfahrt" klingt Wort und Sache wieder. Wodann oder Odin war der Himmelsgott, der Allvater. Er trägt den grauen Wolkenhut und den blauen Sturm- mantel; alles weiß er, denn auf seinen Schultern sitzen zwei Raben — Gedanke und Erinnerung —, die ihm Kunde von allem, was sie

5. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 80

1880 - Halle : Anton
80 ten gab es viele Tausende. Zu der Zeit nun, als Huß als Professor an der Prager Universität wirkte, entstand zwischen den böhmischen und den ausländischen Professoren und Studenten Streit. Die letzteren glaubten, es sei ihnen Unrecht geschehen; viele Tausende verließen darum Prag und suchten anderwärts ein Unterkommen. Etwa 2000 dieser Studenten wendeten sich sammt ihren Lehrern nach Meißen. Friedrich der Streitbare nahm sie mit Freuden in sein Land ans und wies ihnen Leipzig zum Aufenthalte an. So gründete er im Jahre 1409 die Universität zu Leipzig. 2. Zu den alten deutschen Herzogtümern gehörte auch das Herzogthum Sachsen. Es dehnte sich von der Elbe bis zur Weser und vom Harz bis zur Nordsee. Hier wohnte jener nrdentsche Stamm, mit welchem einst Karl der Große einen 30jährigen Krieg geführt hatte. Dieses alte Herzogthmn Sachsen bestand bis zum Ende des 12. Jahrhunderts. Damals, als Kaiser Friedrich Barbarossa dem untreuen Heinrich dem Löwen Baiern und Sachsen nahm, wurde das letztere zersplittert; jeder der Nachbarn nahm sich davon, was er eben gern haben mochte. Damit der alte berühmte Name aber nicht zugleich mit unterginge, wurde er aus die Gegend von Torgau und Wittenberg übertragen. Der Graf, dem diese Gebiete gehörten, erhielt vom Kaiser den Titel „Herzog von Sachsen". So entstand ein neues, freilich viel kleineres Herzogthum Sachsen. — Um das Jahr 1350 wurde von dem damaligen deutschen Kaiser Karl Iv. ein Gesetz in Bezug auf die Kaiserwahl erlassen (— man nannte es die goldne Bulle —), nach welchem dieselbe stets durch sieben bestimmte, theils weltliche, theils geistliche Fürsten erfolgen sollte; diese Fürsten sollten den Kaiser wählen oder — nach altdeutschem Ausdruck — küren, deshalb hießen sie von da ab Kurfürsten. Zu ihnen gehörte auch der Herzog von Sachsen. Aus diese Weise wurde aus dem bisherigen Herzogthum ein Kurfürstenthum Sachsen. — Als nun im Jahre 1422 das sächsische Kurfürstengeschlecht ausstarb und das Land als erledigtes Lehen wieder an den Kaiser fiel, schenkte es dieser dem Markgrafen Friedrich zum Danke für die Dienste, welche ihm derselbe im Kampfe gegen die Hufsiten geleistet hatte. So wurde Friedrich der Streitbare im Jahre 1423 Kurfürst von Sachsen. Er nahm nun diesen höheren Titel an, und seitdem ging der Name „Sachsen" allmählich auch auf Meißen und Thüringen über. 3. Der neue Kurfürst glaubte nun erst recht verpflichtet zu seiu, den Kaiser gegen die Hnssiten zu unterstützen. Allein das Glück war ihm nicht hold; er vermochte keine Siege zu erringen; bei Aussig in Böhmen namentlich wurde beinahe sein ganzes Heer vernichtet. Kummer und Schmerz über solche Unglücksfälle erschütterten seine Gesundheit und stürzten ihn 1428 in's Grab. Aus Furcht, die racheschnaubenden Hufsiten möchten sich noch an seinem Leichnam vergreifen, begrub man ihn nicht in Altzelle — der Familiengruft der Wettiner Fürsten —, sondern setzte ihn in aller Stille im Dome zu Meißen bei. Iv. 1. Sein Nachfolger war sein Sohn Friedrich der

6. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 116

1880 - Halle : Anton
116 Was kostet unser Fried? O wie viel Ströme Blut! Was kostet unser Fried? O wie viel Tonnen Gut! Ergetzt er auch dafür und lohnt so viel Veröden? Ja; — wem? — Frag' Echo drum! — Wem meint es wohl? — Den Schweden. 2. Schrecklich waren die Wunden, die der Krieg geschlagen; nur langsam konnten Land und Volk sich wieder erholen. Deutschland war verödet. Tausende von Ortschaften waren verschwunden, und statt volkreicher Städte und blühender Dörfer fand der heimkehrende Soldat nur Aschenhaufen und Trümmer. Zwei Drittheile der Bewohner waren durch Schwert, Hunger, Krankheit und Martern hinweggerafft. Augsburg zählte einst 90000 Einwohner, nach dem Kriege schlichen noch 6000 durch die weiten, stillen Gassen; Freiberg war vorher eine blühende Stadt von 30000 Seelen, nach dem Friedensschlüsse waren nur noch einige Tausend übrig. Man konnte wohl viele Meilen weit wandern und sah nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling; hie und da nur fanden sich vielleicht in einem Orte ein alter Mann, ein Kind oder ein paar alte Frauen. — Der Ackerbau lag völlig darnieder. Ueberall fehlte es an Zugvieh zur Bestellung, und wer hätte sich auch während des Krieges die Mühe nehmen sollen, etwas zu säen, da er doch gewiß sein konnte, nichts ernten zu dürfen oder daß ihm, was er geerntet, alsbald wieder geraubt werden würde! So blieben die Aecker brack liegen, und viele der Felder und Wiesen waren mit Buschwerk überdecktes Haideland geworden. — Gewerbe und Handel, die früher so geblüht hatten, stockten gänzlich, und Kunst und Wissenschaft, die nur im Frieden gedeihen, waren aus Deutschland verscheucht. — An Kirche und Gottes Wort wurde wenig gedacht; dafür war der Unglaube allgemein, und mit dem Unglauben wuchs der Aberglaube. Wo irgend Unglück auftrat, Mißwachs, Ungewitter, Viehseuche und dergleichen, da schob man es den Hexen zur Schuld, die man im Bunde mit dem Teufel wähnte, und verbrannte sie massenhaft. Sitten-losigkeit und Rohheit war überall eingerissen. Und wie jämmerlich stand Deutschland den andern Völkern und Staaten gegenüber da! Durch den langen Krieg hatte es sich selbst zerfleischt, seine Macht war gesunken, sein Ansehen und seine Ehre dahin; fremde Völker hatten sich auf seine Kosten bereichert und redeten nun in alles hinein, was sie doch im Grunde nichts anging — und das wurde um so schlimmer, je mehr die deutschen Fürsten selbst von einer Unterordnung unter einen Oberherrn nichts wissen mochten, je mehr sie in ihrer Selbstsucht vergaßen, was ihnen der Dichter zurief: „Der Fürsten gleiche Macht und Würde ist stets des Reiches Schmach und Bürde." Die kaiserliche Macht sank zum 6losen Schatten herab, Deutschland war in eine Menge einzelner kleiner Ländchen zersplittert.

7. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 4

1880 - Halle : Anton
4 Die Unfreien zerfielen in Halbfreie und ganz Unfreie. Die Halbfreien oder „Hinterfassen" hatten von einem Freien ein Stück Land zur Bewirtschaftung erhalten und mußten ihm dafür Pacht zahlen und Dienste leisten. Die ganz Unfreien oder Sklaven waren Kriegsgefangene oder solche, welche ihre Freiheit verspielt hatten; sie wurden als blose Waare angesehen, die man beliebig kaufen und verkaufen konnte. — 7. Die Freien allein besaßen das Recht, Waffen zu tragen; aber sie allein auch hatten die Pflicht, das Vaterland zu vertheidigen. Die Einberufung aller Freien zum Kriege nannte man Heerbann. Vor Beginn des Krieges wurde der Tapferste auf einen Schild gehoben und damit zum Anführer im Kampfe erwählt; man nannte ihn Herzog, weil er vor dem Heere herzog. — Den Männern folgten Frauen und Kinder auf Wagen in die Schlacht. Als Helme trugen die Krieger oft die Schädelhaut eines Thieres, woran die Hörner und Ohren stehen geblieben waren; dadurch wollten sie sich noch größer und den Feinden noch schrecklicher machen. Aus weiter Ferne schleuderten sie mit großer Sicherheit den furchtbaren Speer; er bestand aus einer Stange mit scharfer Spitze aus Stein oder Eisen; im Handgemenge dienten Streithämmer und Streitäxte aus Stein, kurze Schwerter und Meffer als Waffen. Der große Schild deckte den ganzen Körper; er bestand aus Holz oder Flechtwerk, war mit Leder überzogen und mit glänzenden Farben bemalt. Hinter den Kämpfenden, auf der Wagenburg, pflegten die Frauen die Verwundeten, sangen den Ermatteten Muth ein, erdolchten die feigen Flüchtlinge, und wenn alles verloren war, erwürgten sie ihre Kinder und tödteten zuletzt sich selbst, um verhaßter Knechtschaft zu entgehen. — Freie ohne Eigenthum (— das Besitzthum erbte immer vom Vater auf den ältesten Sohn —), kriegs - und abenteuerlustige junge Männer begaben sich wohl auch freiwillig in den Waffendienst eines Edlen. Sie bildeten fein „Gesinde" oder sein „Gefolge"; er war ihr „Gefolgsherr" oder „Kuning" (—König); sie lebten und wohnten mit ihm und schmausten in seiner Halle, zogen aber auch unter seiner Führung auf Krieg und Beute aus. Ihm waren sie in unwandelbarer Treue ergeben; ihn selbst mit Ausopferung des eigenen Lebens zu vertheidigen und zu schützen, war Pflicht und Ehre; ihn zu überleben, galt als Schimpf. Als Belohnung erhielten sie Waffen und Rosse und von der Kriegsbeute ihren Antheil. 8. Ueber dem Gaue stand ein von den freien Männern gewählter Gaugraf. Auf der Malstätte unter freiem Himmel — auf einer Bergeshöhe oder unter einem heiligen Baume auf einem

8. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 11

1880 - Halle : Anton
11 Um sich neue Wohnsitze zu suchen, drängte und stieß ein Volk auf das andre. Die Hauptrichtung ging nach Süden, die Stöße richteten sich gegen das Römerreich. Dieses jahrhundertelange Drängen und Treiben nennt man die Völkerwanderung. Den Anstoß zur Völkerwanderung gaben die Hunnen, ein asiatisches Nomadenvolk. Ihre Körperbildung war häßlich. Sie waren klein von Wuchs, aber starkknochig und breitschulterig; das Gesicht war braun gefärbt; die kleinen Augen lagen tief in ihren Höhlen; der Kopf war übermäßig dick, der Hals fleischig, die Beine krumm. Da sie den Knaben gleich nach der Geburt Kinn und Wangen zerfetzten, um durch die Narben den Bartwuchs zu hindern, so batten sie ein äußerst häßliches Aussehen, so häßlich, daß man sie eher für wilde Thiere oder für gwb zugehauene Pfähle als für Menschen halten konnte. Ihre Lebens- und Kampfweise war roh. Von früher Jugend an gegen Hunger und Durst, gegen Hitze und Kälte und alle Beschwerden abgehärtet, schweiften sie durch Gebirge und Wald heimathlos umher; auf unzähligen Wagen folgten ihnen Weiber und Kinder. Wurzeln wildwachsender Kräuter und rohes Fleisch, welches sie zuvor als Sattel gebrauchten und zwischen ihren Schenkeln mürbe ritten, war ihre Nahrung. Sie kleideten sich in leinene Kittel oder in zusammengenähte Felle von Waldmäusen, die Beine umwickelten sie mit Bocksfellen. Diese Kleider trugen sie so lange, bis sie in Fetzen vom Körper herabfielen. Auf ihren häßlichen, aber dauerhaften Pferden waren sie wie angewachsen; sie aßen und tranken, kauften und verkauften zu Pferde und schliefen, an den Hals des Thieres gelehnt; selbst bei ihren Berathungen und Versammlungen stiegen sie nicht ab. Im Kampfe bedienten sie sich des Wurfspießes, der statt der eisernen Spitze mit einem scharfen Knochen versehen war, und des Schwertes; am furchtbarsten aber war die Schlinge; welche sie mit außerordentlicher Schnelligkeit und Gewandtheit über ihren Gegner warfen, um ihn so wehrlos zu machen. Krieg und Raub war ihre höchste Lust; Ackerbau und Gewerbe kannten sie nicht, ebensowenig Gesetze und Religion. — Die aus Asien kommenden Hunnen überschritten 375 die Wolga und stießen auf die Alanen. Dieselben wohnten zwischen Wolga und Don. Zum Widerstande zu schwach, unterwarfen sie sich und schlossen sich den Hunnen an. Die vereinigten Hunnen und Alanen gingen über den Don und stießen auf die Gothen. Die letzteren zerfielen in die zwischen Don und Dnjepr wohnenden Ostgothen und in die westlich vom Dnjepr wohnenden West-gothen. Auch die Ostgothen konnten dem Angriffe der Hunnen und Alanen nicht widerstehen; besiegt, schlossen sie sich den Siegern an und warfen sich mit ihnen auf die Westgothen. 2. Die bereits christlichen Westgothen baten um Aufnahme in das Römerreich. Der damalige römische Kaiser Valens

9. Deutsche Geschichte mit entsprechender Berücksichtigung der sächsischen - S. 72

1880 - Halle : Anton
72 liche 'Ansehen war so sehr gesunken, daß kein deutscher Fürst die Krone haben mochte. Ausländer führten den %i5n t g s t i t c l, erlangten aber keine Geltung und kümmerten sich nicht um Deutschland. Diese „kaiserlose" Zeit war eine schreckliche Zeit; überall herrschte Unordnung; die Gesetze wurden nicht geachtet; jeder that, was ihm gut dünkte; daö^Faustrecht stand in höchster Blüthe; Raub und Gewaltthat Krieg und Fehde war etwas Alltägliches geworden. Man nennt diese traurige Zeit das Zwischenreich {= Interregnum); sie dauerte von 1254 — 1273. 2. Durch die Wahl des Grafen Rudolf von Habsburg im Jahre 1 2 7 3 wurde diesem Zustande ein Ende gemacht. Rudolfs Stammburg, die Habsburg, lag in der nördlichen Schweiz; dort sind ihre Trümmer heute noch zu sehen. Schon vor seiner Wahl zeichnete sich Rudolf durch Tapferkeit, Gerechtigkeit und Frömmigkeit aus. Fast beständig lebte er in Kampf und Fehde; in der Regel schützte er die Büger gegen die übermüthigen Ritter; darum hatten ihn auch mehrere große Städte zu ihrem Schirmherrn gewählt. Die Züge der Pilger, Reisenden und Kaufleute geleitete er durch die unsichern Wege der Alpen. Den gleichen Dienst hatte er auch dem Erzbischof Werner von Mainz erwiesen, als derselbe einst nach Rom reisen mußte. Beim Abschiede sagte der Erzbischof: „Wollte Gott, Herr Graf, ich lebte nur noch so lange, um Euch für den mir erwiesenen Dienst belohnen zu können". Von dem frommen Sinne Rudolfs giebt das Gedicht Schillers „Der Graf von Habsburg" Kunde. (Strophe 6 bis 10: Aufs Waidwerk hinaus ritt ein edler Held — bis Und Seele und Athem und Leben). Als nun die deutschen Fürsten in Frankfurt zur Wahl zusammenkamen, da lenkte der dankbare Erzbischof Werner von Mainz dieselbe auf den Grafen Rudolf. Derselbe belagerte damals gerade die Stadt Basel, denn mit ihr und ihrem Bischof lag er in Streit. Hier empfing er die Nachricht von seiner Wahl. Sofort schickte er Boten in die Stadt, setzte sie von seiner Erhebung in Kenntniß und bot ihr den Frieden an. Dankbar nahmen ihn die Bürger an; sie öffneten die Thore und waren die ersten, welche ihm Glück wünschten, als er unter lautem Jubel in die Stadt einzog. Der Bischof aber, als er hörte, was geschah, rief aus: „Sitze fest auf deinem Thron, lieber Gott, sonst wird sich dieser Rudolf noch an deine Stelle setzen". Der neue König reiste nun nach Aachen und wurde daselbst feierlich gekrönt. Nach der Krönung versammelten sich die Fürsten in der Kirche, um ihm Treue zu schwören. Als sie schon am Altare standen, vermißte man das Reichsscepter, aus welches der Eid geleistet werden mußte. Leicht konnte das als üble Vorbedeutung angesehen werden; aber schnell besonnen ergriff Rudolf das auf dem Altare stehende Crucifix, küßte es und sagte: „Dies Zeichen, durch welches die Welt erlöst wurde, wird wohl auch die Stelle eines Scepters vertreten können".

10. Enthaltend der neuesten Geschichte erste Hälfte - S. 3

1845 - Halle : Anton
3 Mit einer Schnelligkeit, als würde sie vom Winde getragen, kam die Erklärung der neuen Republik zu der Armee, und wir haben bereits dargestelt, welchen Einfluß sie auf den Gang der Kriegseräugnisse gewan. Mit zwei Dingen wurden auf diese Weise die empör- ten Franzosen in den lezten Septembertagen fertig; die auswärtigen Feinde wurden zum Rükzuge gezwungen, und das Königtum ward abgeschaft. Es war aber dies leztere nichts Geringes. Man kö'nte denken, man sei ja Schrit für Schrit dazu gekommen; es sei also die lezte Erklärung, daß kein König mehr fein sollst, bloß die formelle Anerken- nung eines tatsächlich bereits vorhandenen Verhältnisses ge- wesen. Ohngeachtet dies ganz richtig ist, ist dennoch der Moment, wo der Schmetterling, der Schrit für Schrit die Puppe sprengt, sie nun abfchüttelt, die Flügel ausbreitet und fortflattert, für fein Leben ein neuer, großer Abfchnit. In dem ganzen Processe der Verwandlung ist kein Sprung; ein Moment folgt aus dem anderen, und doch begint für das Tier ein neues, ein ungekantes Leben, wenn es nun ganz frei sich bewegt, und durch die Lüfte zieht. So war es auch in Frankreich: Schrit für Schrit war man zu al- lem gekommen — die Erklärung der Republik war in der Tat nur' die formelle Anerkennung des seit dem loten August factisch bestehenden Zustandes, und dennoch wirkte diese Erklärung wie ein Wunder. Der König halte die Stände zuerst in neuer Weise berufen, und dadurch den ersten revolutionären Schrit ge- tan. Die so berufenen Stände taten den zweiten, indem sie nun confequent auch das abzutun zwangen, was der König von den Rechten der alten Stände gern gehalten hätte. Diefe Reste früherer Verfaßung hatten keinen Grund und Boden mehr im Rechte, denn überal konte man ant- worten: hättet ihr das Alte, hättet ihr das Recht gewolt, so hättet ihr auch die alten Stände berufen, und mit ih- nen in rechtlich hergebrachten Formen Aenderungen beschlie- ßen müßen. In diesem Kampfe aber für das, was man von Seiten des Hofes von den alten ständischen Rechten 1 *
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TM Hauptwörter (200)200

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