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nung der Dinge ein. Besonders war dieses mit dem Gerichtswesen
der Fall. Das Parlament, bisher noch der Lehnshof des Königs,
wurde zu einem höchsten Gerichte in neuerem Sinne umgewandelt,
und mit dreizehn geistlichen und dreizehn weltlichen Räthen besetzt.
Zu Rouen wurde für die Normandie, zu Troyes für die Champagne,
zu Toulouse für Languedoc ein Appellationshof eingerichtet. Indem
Philipp die Appellationen von den Gerichten an die seinigen begün-
stigte, brachte er allmälig die Gerichtsbarkeit über das ganze Reich
in seine Hände. Philipp führte, wo er konnte, das der Monarchie
günstige römische Recht ein, suchte das ganze Leben unter polizeiliche
Aufsicht zu stellen und bestimmte selbst die Kleidungen und Vergnü-
gungen der verschiedenen Stände durch Verordnungen. Die Noth-
wendigkeit, Geld für seine auswärtigen Unternehmungen und zur
Besoldung der von ihm zahlreich vermehrten Beamten zu erhalten,
zwang Philipp Iv. sein Volk mit schweren Auflagen zu bedrücken.
Noch viel schlimmer war ein anderes Finanzmittel, welches Philipps
Habgier erfand. Er verfälschte zu wiederholten Malen die Münze,
setzte dann die ausgegebenen schlechten Münzen im Werthe herab
und richtete dadurch die Münzstätten der Barone, Bischöfe und
Städte, welche das Münzrecht hatten, zu Grunde. Wenn die Ver-
wirrungen, die durch die schlechte Münze entstanden waren, den
höchsten Grad erreicht halten, ließ er plötzlich vollwichtiges Geld
schlagen und wandte dadurch den Haß des zur Verzweiflung getrie-
benen Volkes auf die ebenfalls falschmünzenden Großen. Unter dem
Vorwand zu verhüten, daß nicht ferner schlechte Münzen geprägt
würden, brachte er das Münzrccht theils ganz an sich, theils unter
seine nähere Aufsicht. Philipps Herrschaft war eine harte Tyrannei;
sie verschaffte aher der Regierung und Verwaltung größere Einheit
und Kraft. Philipp starb 1314.
Unter Philipps Sohn Ludwig X. (1314 — 1316) konnte der
drohende Ausbruch des Unwillens über den bisherigen Druck des
Volkes nur durch Abstellung einiger Beschwerden und die Hinrichtung
des Oberaufsehers der Finanzen verhütet werden. Um Geld zu
einem Kriege mit Flandern zu erhalten, verstattete Ludwig den Leib-
eignen in den Kronlanden sich loszukaufen und gewährte den ver-
triebenen Juden die Erlaubniß zur Rückkehr. Auf Ludwig X. folgte
mit Uebergehung von dessen Tochter Johanna sein Bruder Philipp V.
(1316 — 1322) und dann dessen Bruder Karl Iv. (1322—1328).
Die drei Söhne Philipps Iv. beförderten im Geiste ihres Vaters
die Entwickelung der königlichen Gewalt.
In England stellte Eduard I. (1272—1307), schon als Engiandunter
Kronprinz der siegreiche Befreier seines Vaters (S. 444), das un- ^untii.1'
ter seinem Vorgänger gesunkene königliche Ansehen wieder her und
strebte mit Tapferkeit und Beharrlichkeit, aber nicht ohne Gewalt-
maßregeln nach Unterwerfung der ganzen Insel. Er bezwang die
Walliser, deren Abhängigkeit von England unter den unruhigen
Regierungen Johann's und Heinrich's Ili. sehr lose geworden war
und deren Fürst Lewellyn die Lehnshuldigung verweigerte. Als in
Schottland mit Alexander Iii. (1286) das alte Herrscherhaus
ousstarb und dreizehn Thronbewerber auftraten, unter denen Johann
33*
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]
Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Philipp Philipp_Iv Philipp Philipps
Habgier Philipps Philipps Philipps Philipp Philipp Philipps Ludwig_X Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig_X Ludwig Johanna Philipp_V. Philipp_V. Karl_Iv Karl Philipps Eduard_I. Alexander_Iii Alexander Johann
Extrahierte Ortsnamen: Rouen England England Johann's Heinrich's_Ili Schottland
no
dann von jedem ihrer Höfe ein Bestimmtes zu zahlen. Juden muß-
ten dann einen Zehnten, Handelsleute ein Elftel entrichten.
Im südlichen Gallien dauerten die römischen Steuereinrichtun-
gen fort. Die Hauptsache war eine Grundsteuer, welche von
jedem Tausend Solidi des in Gelde abgeschätzten Grundeigenthums
gezahlt wurde. Wer keinen Grundbesitz hatte, zahlte eine Kopf-
steuer; diese galt aber als Zeichen des geringeren Standes und
Rechtes. Die freien Franken dagegen waren nicht an Steuern ge-
wöhnt und weigerten sich hartnäckig solche zu zahlen, sie wurden diesen
jedoch in den romanischen Ländern, wie es scheint, ebenfalls unter-
worfen. Die Kopfsteuer wurde von Knechten und Colonen und al-
len, die auf fremdem Boden wohnten, gezahlt. Selbst die Kinder
waren ihr von einem gewissen Alter an unterworfen. Für ganz
Arme und Hülflose, für Wittwen und Waisen galt wie in römischer
Zeit der Grundsatz, daß sie von öffentlichen Leistungen frei waren.
Geistliche und Kirchen dagegen genossen an und für sich keinerlei
Freiheit, sondern empfingen diese nur durch besonderes königliches
Privilegium.
Der König erhielt bei einer Erbtheilung, die durch seinen Ab-
geordneten vorgenommen wurde, den Zehnten von dem gesummten
Vermögen, das vorhanden war. Andere fiscalische Einkünfte flös-
sen aus den Friedensgeldern und Bannbußen, aus den häufigen
Confiscationen und aus der Einziehung erbloser Güter. Zölle,
Weg-, Brücken-, Fährgelder und ähnliche Gefälle erhob der Fis-
cus auf den öffentlichen Wegen und Flüssen und in seinen Besitzun-
gen; eben so aber auch Privaten, welche solche Anlagen in ihren
Besitzungen machten. Zölle wurden gezahlt überall, woeinewaare
eine Zollstätte passirte, und diese waren immer da angelegt, wo
ein lebhafter Verkehr stattfand, nicht bloß an Häfen oder Grenzen,
sondern auch in allen bedeutenden Städten. Die Entrichtung des
Zolls an einer Stelle schützte nicht gegen die wiederholte Forderung
innerhalb derselben Grenzen. Die Zahlung geschah regelmäßig nicht
in Geld, sondern in den Waaren selbst, die durchgeführt wurden.
Andere Gefälle sollten nur für das verlangt werden, wodurch dem
Bedürfnisse der Reisenden wirklich genützt worden war. Regelmäßig
war mit jedem Markt eine Zollerhebung verbnnden; sie wurde er-
lassen, um einen neuen Markt zu begünstigen, oder sie fiel biswei-
len demjenigen zu, dem der Markt gehörte. Stiften und Klöstern
wurde häufig die Einnahme von bestimmten Zollstätten geschenkt
oder ihnen mit dem Marktrecht auch die Erhebung des darauf be-
züglichen Zolles überlassen.
Der König ließ die Münzen schlagen. Es durfte nur im
königlichen Palatium und in den vom König bezeichneten Städten
gemünzt werben. Es waren dabei unter der Aufsicht des Grafen
vereidete Münzmeister angestellt. Auch beim Münzen wird der Kö-
nig seinen Vortheil gehabt haben; denn das Münzrecht war später
ein eifrig gesuchtes Privilegium. Die Haupteinkünfte der Krone
bestanden in dem Ertrage der Reichsgüter. Ein wichtiger Theil
der Reichsgüter waren auch die königlichen Forsten, weniger des
Holzes als des Wildes wegen, welches in denselben für die köni-
glichen Jagden durch den Bann geschützt war. Bergwerke gehörten
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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den mittlern und nordwestlichen Theilen zu, und die vorzugsweise
landwirthschaftliche Bestimmung des südlichen Deutschlands offenbarte
sich bereits zu einer Zeit, wo die Fabrikation nur Handarbeit war
und aller mechanischen Hülfsmittel fast ganz entbehrte.
Ganz besonders wichtig für die Vermehrnng des Nationalver-
mögens wurde die reiche Ausbeute, welche seit dem zehnten Jahr-
hundert der Bergbau, sowohl in edlen, als unedlen Metallen im
Harz, dem Fichtel- und Erzgebirge, sowie in Böhmen lieferte. An
Silber und Gold waren diese Gruben in jener frühen Zeit ungleich
ergiebiger, als heutzutage. Etwa um dieselbe Zeit erscheinen auch
die Salzwerke in Baiern und die Salinen bei Halle. Die Ver-
mehrung der edlen Metalle hatte eine Vermehrung des
gemünzten Geldes zur Folge; doch blieb es bei größeren Zah-
lungen noch lange Zeit üblich, das Gold zu wägen, statt es zu
zählen. Es fehlte an einer allgemein gültigen Münze und an fe-
sten Kursberechnungen; jeder Handelsplatz hatte seine eigne Gold-
währung. Das Münzrecht wurde von dem Kaiser und dem Lan-
desherrn gegen Entrichtung einer Abgabe ertheilt und nicht selten
angesehenen Bürgern erblich überlassen, welche dann für den Voll-
gehalt des gemünzten Geldes Bürgschaft leisten mußten. Im übri-
gen war der Geldhandel fast ausschließlich in den Händen der Ju-
den und Lombarden, die sich auch in die andern Geschäfts-
zweige eingedrängt hatten. Die Juden hatten den Vortheil, daß
lange Zeit durch das kanonische Recht den Christen das Geldauslei-
hen auf Zinsen verboten war. Man fand natürlich Mittel genug,
ein so unverständiges Gesetz zu umgehen; insbesondere durch fingir-
ten Kauf, durch Pfandlehen u. s. w., allein den privilegirten Ju-
den blieb noch immer ein weiter Spielraum, und der Mißbrauch,
den sie damit trieben, hat zum großen Theil den tiefwurzelndcn
Haß gegen die Juden und deren grausame Verfolgung hervorgeru-
fen. Die sächsischen und fränkischen Kaiser schützten den Handel,
weniger freilich weil sie dessen Bedeutung erkannten und fördern
wollten, als vorzugsweise aus den Beweggründen einer Politik,
welche in der Stärkung der Städte und des Bürgerthums eine
Stütze der monarchischen Gewalt gegen die wachsende Macht und
die Uebergriffe der Fürsten suchte. Aus dieser Zeit stammt das
Stapelrecht d. h. das gewissen Städten, welche Waarenlager und
Kaufhäuser hatten, ertheilte Recht, daß bald alle Waaren aus ei-
nem gewissen Umkreis, bald nur gewisse Waaren aus allen Gegen-
den nicht durchgeführt werden durften, ohne abgeladen und- eine ge-
wisse Zeit zum Verkauf ausgestellt worden zu sein. Für die da-
maligen Zustände, wo es galt, dem erst entstehenden Handel feste
Stätten zu gründen, ist das Stapelrecht zweckentsprechend gewesen.
Wo es dagegen jetzt noch besteht, kann es nur schädlich wirken.
Kaiserliche Gnadenbriefe bewilligten den Kaufleuten eigenen Gerichts-
stand und vielerlei Vergünstigungen, wie Zollfreiheiten und Markt-
polizei, Geleitsbriefe, bewaffnete Bedeckung, das Recht Waffen zu
tragen und das Schutzrecht des sogenannten Gottesfriedens (Treuga
Dei).
Bei der Zerstückelung Deutschlands und der großen Anzahl
verschiedener Landesgrenzen bietet das deutsche Zollwesen jener
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Philipps Prachtliebe und Verschwendung und die Kriegsnoth Erneuerung
hatten ungeheure Summen gekostet und hatten außer der Verschlech- Frankreichs
terung der Münze einen großen Steuerdruck herbeigeführt. Unter “"m* Ät
schwierigen Verhältnissen übernahm daher Philipps Sohn Johann
der Gute (1350 — 1376) die Regierung. Die Versuche zur Er-
neuerung des Waffenstillstandes mit England schlugen fehl, und in
Frankreich selbst hatte Johann an Karl dem Bösen von Navarra
einen erbitterten Gegner. Um Geld zum bevorstehenden Feldzug zu
erhalten, versammelte Johann 1355 zu Paris die Stände. Karl
von Navarra wirkte dem König entgegen, und dieser erhielt nur ge-
gen bedeutende Zugeständnisse die nöthigen Summen bewilligt. Aus
Besorgniß, Karl werde sich mit den Engländern verbünden, nahm
Johann den König von Navarra durch einen hinterlistigen Gewalt-
streich gefangen. Er vermehrte aber dadurch nur das Uebel, denn
die Anhänger Karls riefen die Engländer herbei.
Mit 12,000 Mann näherte jich der schwarze Prinz von Bor-
deaux aus der Loire. Unweit Poitiers, bei Maupertuis (1356)
wurde er von Johann mit einem viermal stärkeren Heere angegriffen,
erfocht aber nicht nur einen entscheidenden Sieg, sondern nahm auch
Johann und dessen Sohn Philipp gefangen. Die Gefangenen wur-
den nach England gebracht, und eine zweijährige Einstellung der
Feindseligkeiten verabredet.
Johanns vierjährige Gefangenschaft rief die schrecklichste Ver-
wirrung in Frankreich hervor. Die Städte hatten bedeutende Fort-
schritte in Handel und Gewerben gemacht und hatten Reichthum
und Einfluß im Staate gewonnen. Fast alle Communen der nörd-
lichen Provinzen hatten das Recht errungen, ihre Prevots selbstän-
dig zu wählen. Auch in den großen Schlachten bei Crecy und
Maupertuis war von den Contingenten der Städte tapfer gekämpft
worden. Philipp Iv. hatte in seinem Streit mit dem Papst die
Städte zuerst zu den Reichsversammlungen berufen; die Geldnoth
zwang seine Nachfolger dieses Beispiel immer häufiger nachzuah-
men. Sollten aber die Bürger große Summen bewilligen, so ver-
langten sie die Abstellung der großen Mißbräuche in der Verwal-
tung, in der Erhebung der Steuern und Verbesserung der Münze.
Johann hatte, um die zum Kriege nöthigen Summen zu erhalten,
den Ständen zugestanden, daß die Steuern auf alle Klassen des
Volkes ohne Vorrecht für Adel und Geistlichkeit vertheilt, von den
Ständen jährlich neu bewilligt und von denselben die Erhebung
beaufsichtigt werden solle. Außerdem hatte Johann versprochen künf-
tig nur gute Münze zu prägen und niemanden seinem natürlichen
Richter zu entziehen. Diese Zusicherungen waren aber nicht gehal-
ten worden. Als daher während der Gefangenschaft Johann's der
Dauphin Karl, den sein Vater zum Generalstatthalter ernannt hatte,
die Stände berief, drangen diese nicht nur auf Abstellung der von
ihnen erhobenen Beschwerden und auf die Theilnahme an der Re-
gierung, sondern auch auf die Entfernung aller Minister des ge-
fangenen Königs. Der Dauphin sträubte sich und hob die Versamm-
lung auf; aber in seiner Geldverlegenheit mußte er sie wieder beru-
fen und alles zugestehen. Die Stimmführer der Stände waren
Stephan Marcel, der erste Magistratsbeamte von Paris, le Coq,
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Extrahierte Personennamen: Philipps Philipps Philipps Johann Johann Karl_dem_Bösen_von_Navarra Karl Johann Johann Karl
von_Navarra Karl Karl Karl Johann_den_König_von_Navarra Johann Karls Maupertuis Johann Johann Johann Johann Philipp Philipp Johanns Johanns Maupertuis Philipp_Iv Philipp Johann Johann Johann Karl Karl Stephan_Marcel
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs England Frankreich Paris Karls Poitiers England Frankreich Crecy Paris
137
andere Geschäfte zugewiesen, namentlich die Aufsicht über das Münz-
wesen, die Obhut gegen Erhöhung oder Anlegung neuer Zölle, die Vor-
berathung wichtiger Reichstagssachen.
Das Reichsheer bestand aus den Contingenten der Reichsstände;
der Kaiser als solcher unterhielt keine Truppen. Ueber die Größe des
von jedem Reichsstande zu stellenden Contingentes wurden je nach Be-
dürfniß wechselnde Anschläge gemacht. Jeder Kreiß hatte seine Kreis-
generalität und besondere Operationskafse. Für Sold, Kleidung und
Unterhalt hatte auch im Kriege jeder Reichsstand in Beziehung auf sein
Comingent zu sorgen. Die Schwäche der Reichsarmee lag in der Zu-
sammensetzung aus kleinen Contingenten, die schlecht ausgerüstet, schlecht
eingeübt, ohne gemeinsame Verpflegungsanstalten, von unbekannten Oft
ficieren befehligt und durch keinen gemeinsamen Geist verbunden waren.
Unter diesen Umständen war es ein Vortheil, daß der Kaiser zu einem
Reichskrieg insgemein eine besondere Truppenmacht aus seinen Erbstaa-
ten stellte.
Die Art, wie ein Reichsstand sein Contingent aufbrachte, war die-
sem überlassen. Man griff immer mehr zu dem Mittel, sein Contingent
durch Söldner zu stellen, vie für eine bestimmte Zeit geworben und
dann wieder entlassen wurden. Es bildeten sich für den Fußdienst Schaa-
ren von Landsknechten, die gegen Sold für jeden zu haben waren.
Die Reiterei aber warb man größtentheils aus Rittersleuten, die aus
Kriegslust oder zu ihrem Unterhalt mit einer gewissen Zahl von Knech-
ten gegen Sold in Dienst traten. Bald trat das System stehender
Heere ein. Zu einem Reichskrieg gehörte ein Beschluß des Reichs-
tages; die Kriegserklärung aber erließ der Kaiser in seinem Namen.
Die Einkünfte des Reiches waren sehr zusammengeschmolzen.
Die Reichsgüter und Regalien waren als Lehen vergeben; die Einlösung
der an Reichsstände verpfändeten Reichsgüter war dem Kaiser fast un-
möglich gemacht. Als Einkünfte, die der Kaiser bezog, kamen nur noch
vor: der jährliche Tribut aus einigen Reichsstädten, der Opferpfennig
der frankfurter und wormser Juden, die Subsidien der Reichsritterschaft
bei einem Reichskriege, mehrere Einnahmen aus Italien und einiges
Andere. Für vorübergehende außerordentliche Bedürfnisse waren jedoch
Reichssteuern aufgekommen. Die Erhebung derselben setzte jederzeit eine
Bewilligung des Reichstags voraus.
Ueber den Schutz des Landfriedens und der Landessicherheit, die
besonders durch die Schaaren herrenloser umherziehender Söldner bedroht
war, wurde eine ausführliche Verordnung erlassen. Ueber die Ehrbar-
keit des Lebens und der Sitten und was sonst das gemeine Wohl an-
ging, namentlich über den Luxus der Kleidertracht, über Pfeifer, Schalks-
narren, Bettler, Zigeuner, Zutrinker, Gotteslästerer und Schwörer wurden
Bestimmungen gegeben. Später kamen Bestimmungen über Duelle, über
Handwerksmißbräuche, über eine allgemeine Getraidesperre dazu. Ueber
das Bücherwesen und die Censur wurden die ersten Verordnungen durch
die Heftigkeit der Religionshändel veranlaßt. Für den Verkehr wurde
daß um 1516 unter der Leitung der Herren von Taxis beginnende, zu-
nächst nur für die Verbindung zwischen den burgundischen Ländern und
Die Reiche-
kriegsver-
fassung.
Diereichsein
Fünfte, daß
Reichßpolizci
wesen.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
29
hatten. Früher hatte er alles auf eigenes Risiko übernehmen und die
Ware nicht selten auf die fremden Märkte begleiten müssen.
Groß ist der Wechsel des Schauplatzes, auf welchem der
Handel sich bewegte. Von den Phöniciern bis zu den Venetianern war
das Mittelmeer nebst den Landwegen nach dem persischen und arabischen
Meerbusen der enge Raum, auf welchem sich der internationale Verkehr
bewegte. Das Mittel mee r sank jetzt zu einem Binnensee herab, deffen
Verkehr nicht über seine natürlichen Grenzen reichte und dabei den
Räubereien ausgesetzt war; seine Häfen verödeten und die glänzendsten
Erscheinungen seines früheren Handels, wie Venedig und Genua, hatten
bald nicht viel mehr als monumentale Bedeutung. Wurde auch Italien
nicht unterjocht, wie Griechenland, doch welkte seine Blüthe und Macht
dahin, als ihm die besten Quellen seines Lebens versiegten. In schöpfe-
rischer Lebensfülle entfalteten sich dagegen die Küstenländer des
westlichen Europa. Der Westen Europa's wurde der Mittelpunkt,
wo alle Strömungen des neuen Lebens ein- und ausliefen, und die
offne Lage an dem Weltmeer, das die Länder jetzt ebenso verband als
vordem trennte, gab ihm schnell einen Vorzug über den Osten.
Ein so gewaltiger Umschwung ist nicht bloß aus geographischen
Ursachen, sondern auch aus politischen und gesellschaftlichen Einflüffen zu
erklären. Im Mittelalter fehlte dem Volke das Bewußtsein ein Ganzes
darzustellen; Fürst, Adel, Geistlichkeit und Bürgerstand sehen sich als
koordinirte Gewalten an; das Recht des Einzelnen und des Standes
galt mehr als das Recht der Gesammtheit. Die vielen Kriege der
Fürsten waren mehr aus Begründung einer Hausmacht, als einer Na-
tionalmacht berechnet. Die Unterthänigkeit unter das monarchische Ober-
haupt ging nicht viel weiter, als auf Leistung von Kriegsdiensten und
Abgaben. Alle übrigen Verrichtungen und Bestrebungen des öffent-
lichen Lebens blieben der Selbstbestimmung der Einzelnen überlasten.
Daher ließ man auch den Handel, abgesehen von willkürlichen Berau-
bungen durch Sperren und Zölle, seine Wege gehen und seine Mittel
zum Fortkommen wählen. Die Staatsgewalt war weit entfernt ihn
auf die vorgeschriebene Bahn eines Regierungssystems zu zwingen. In
den großen Monarchien Europa's kam der Gedanke, den Handel zum
eigenen Staatszweck zu machen, das ganze Mittelalter hindurch nur in
einzelnen schwachen Versuchen zum Vorschein. Man ließ einzelne Städte
und Bündnisse frei gewähren, opferte denselben sogar gegen Abgaben
und Zölle nicht selten den innern Markt und die inländische Production;
diese nationalökonomische Hebel für Macht, Reichthum und Einkommen
selbst auszubilden fehlte es den Fürsten an Einsicht, gutem Willen und
Kraft. Die ganze Kunst der Staatswirthschaft ging nur dahin, für die
Hofhaltung und Kriegführung möglichst viel Geld aufzubringen; man
dachte nicht daran, daß man dazu auch die Steuerkrast des Volkes durch
ein erhöhtes Einkommen befähigen müsse. Das Feudalwesen des Mittel-
alters war das unübersteiglichste Hinderniß für die Begründung einer
wahren Staats - und Volkswirthschaft, es widerstrebte nicht nur einer
Gleichstellung der Rechte, sondern auch einer Gleichstellung der Inter-
essen, welche doch allein die verschiedenen Klassen und Stände einer
Staats-Gesellschaft nach außen als National-Einheit darzustellen vermag.
Außer Stand den Aufschwung der Städte zu verhindern, bekämpfte man
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Ortsnamen: Venedig Genua Italien Griechenland Europa Europa's
50
Mann, welcher für das Wohl des Reiches, die Sicherung ständischer
Rechte, die Ehre des kaiserlichen Namens mit Nachdruck sprach, war
der Reichskanzler, der Kurfürst Berthold von Mainz, geborener
Graf von Herrn eg au. Als alle Stände Maximilian erklärten, ehe
beständiges Gericht, Friede und Recht angeordnet wären, sei an keine
Hülfe zu denken, gab er nach. Es wurde ein ewiger Landfriede
geboten (1495). Niemand solle von nun an mehr den andern befehden,
berauben oder beschädigen, niemand einen, der es thäte, beherbergen;
wer es aber thäte, der solle in die Reichsacht verfallen, und damit sein
Leib und Gut jedem preisgegeben sein. Ueber die Beobachtung des
Landfriedens solle das Reich skam m er geri cht wachen; dieses solle aus
einem Kammerrichter, als Vorsitzer, und sechzehn Urtheilern (Beisitzern)bestehen;
die Letzteren sollten zur Hälfte aus der Ritterschaft, zur Hälfte Rechtsgelehrte
sein. Die Kosten der ersten Einrichtung und die Besoldungen der Richter
sollten aus einer allgemeinen Auflage, die man den gemeinen Pfennig nannte,
bestritten werden. Nach der Einsetzung des Kammergerichts erhielt Maximilian
auch eine geringe Beihülfe zum Zuge nach Italien. Er erschien jedoch
zu spät, um gegen Karl Viii. zu kämpfen. Im Jahre 1499 führte
Maximilian einen Krieg mit den Schweizern, mit welchen er theils
als Herr seiner Erblande in Grenzstreitigkeiten, theils als Kaiser in
Streit gerathen war, da die Schweizer den Eintritt in den schwäbischen
Bund, die Anerkennung des Kammergerichts und die Zahlung des ge-
meinen Pfennigs verweigerten. Maximilian erwarb sich keine Lorbeeren,
und die Eidgenossenschaft zeigte sich nach dem zu Basel 1499 geschlossenen
Frieden noch matter als Mitglied des deutschen Reiches.
Der erste Kammerrichter, Gras Eitel Fritz von Zollern, dankte
schon im ersten Jahre wieder ab. Die Sporteln reichten zur Unterhaltung
des Kammergerichts nicht zu, und der gemeine Pfennig ging nicht ein.
Jährliche Versammlungen der Stände, die man angeordnet hatte, um
dem Landfrieden und dem Kammergericht Kraft und Nachdruck zu geben,
kamen nicht in Gang. Daher wurde auf einem 1500 zu Augsburg
gehaltenen Reichstag aus Betrieb des Kurfürsten Berthold von Mainz
die Einsetzung des immer währen den Reichsraths (Reichsregi-
ments) beschlossen. Der Reichsrath sollte aus 20 von den Ständen
abgeordneten Beisitzern bestehen, sich jährlich unter abwechselndem Vor-
sitze eines Kurfürsten versammeln und nicht nur über die neuen Einrich-
tungen wachen, sondern über alle Reichssachen berathen und Beschlüsse
fassen. Aber noch in demselben Jahre ging das Reichsregiment wieder
ein; den Beisitzern wurde die Besoldung nicht gezahlt; die unteren
Stände fürchteten die Herrschaft der oberen; Maximilian sah in dem
Reichsrath die Vernichtung der kaiserlichen Gewalt. Unsicherheit und
Fehdewesen dauerten fort. Als ob kein Landfriede verkündet worden
wäre, entstand 1503 nach dem Tode des Herzogs Georg von Baiern-
Landshut zwischen dem nächsten Lehnsvetter, dem Herzog Albrecht von
München, und dem Schwiegersöhne des verstorbenen, dem Pfalzgrafen
Ruprecht, eine blutige Fehde um das Erbe. Maximilian vermochte selbst
mit den Waffen nicht seinem Rechtsspruche gegen den Pfalzgcafen Gel-
tung zu verschaffen. Erst 1505 wurde der Streit durch einen Vertrag
beendigt. Daß Kammergericht wurde wieder hergestellt und um die Aus-
sprüche des Gerichtes gegen mächtige Stände vollziehen zu können, wurde
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten]]
Extrahierte Personennamen: Berthold_von_Mainz Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Karl_Viii Karl Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Fritz_von_Zollern Berthold_von_Mainz Maximilian Maximilian Georg_von_Baiern- Albrecht_von
München Albrecht Maximilian Maximilian
90
der meisten Herrn standen nicht glänzend. Einzelne hohe Häuser
hatten durch Schenkungen an Klöster und Kirchen ihren Grund-
besitz vermindert. Am meisten aber trug zum Ruin des adeligen Ver-
mögens die schlechte Bewirthschaftung der Güter bei. Der
Adel vernachlässigte die Landwirthschaft, und darum waren auch seine
Finanzen selten in Ordnung. Selbst große Güter warfen dem Grund-
herrn nur geringes Einkommen ab. Immer wiederkehrender Mangel
an baarem Gelde war die nothwendige Folge davon. Der Adelige
aber, der Geld bedurfte, siel in schlimme Hände, mochte er bei Juden,
Klöstern oder Bürgern Anleihen machen. Zehn, fünfzehn, ja zwanzig
Procent mußte er zahlen, trotz aller Sicherheit des Unterpfandes. Aus-
stattungen von Töchtern, Ausrüstungen von Söhnen, Feldzüge und Tur-
niere, festliche Gelegenheiten machten auch für den sparsamen adeligen
Hausvater größeren Aufwand nothwendig. Mancher Adlige hielt sogar
Verschwendung für eine Ehrensache.
Das Schießpulver zehrte auf mancherlei Weise am Vermögen
des Adels. Eine Burg hatte jetzt festere Mauern, kostspielige Geschütze
und Büchsenmeister nöthig, und ein Schloß wurde durch die Karthaunen
leicht zusammengeschossen, das früher für unbezwinglich galt. Das
Schießpulver veränderte das Kriegswesen, indem es dem Fußvolk den
Vorzug vor der Reiterei verschaffte. Der Kriegsdienst um Sold war ein
Hauptverdienst des Adels gewesen. Das aus Bauern geworbene Fuß-
volk, der Landsknechr, diente weit wohlfeiler als der Ritter. Auch
minderten die strengen Landfriedensgesetze, welche seit der Mitte des
fünfzehnten Jahrhunderts oft recht nachdrücklich vollzogen wurden, das
Fehdewesen und das ritterliche Gewerbe, sich wegelagernd an reichen
Städten zu erholen, und das saustrechtliche Beutemachen. Der Fürsten-
dienst am Hof? kostete dem Adel meistens mehr, als er eintrug.
Nur zweierlei blieb dem Adel zu ergreifen, um die Ausfälle redlich
zu decken, die Landwirthschaft und die Wissenschaften, zu welchen
beiden aber wenige sich wandten. Wollten nämlich die Adeligen die
Vogteien, die sie bisher inne gehabt hatten, ihre Sitze als Räthe an den
Fürstenhöfen und am Kaiserhof, ferner behalten, so mußten sie studiren.
Denn die Fürsten fingen theilweise an, die Doktoren, die wissenschaftlich
Gebildeten, bei der Wahl ihrer Räthe vorzuziehen und nur solchen Ge-
halt zu geben. Das brachte wirklich hier und da einige Adelige zur
Einsicht, daß es an der Zeit sei, ihrem Rang und ihrer Stellung eine
geistige Unterlage oder Stütze zu geben, und rühmlich zeichneten sich
einzelne durch tüchtigen Gebrauch ihrer geistigen Fähigkeiten aus. Viele
verzehrten freilich nur ihr Geld auf den Universitäten und z. B. Albert
Rechberg ließ sich vor seinem Weggang von Tübingen bezeugen, daß ec
nichts Lateinisches mit sich forttrage.
Mitten unter dieses Versiegen alter Erwerbsquellen und das Her-
vorbrechen neuer Bedürfnisse und Ausgaben drang, alles mit sich fort-
reißend, ein Luxus herein, eine Prachtliebe und Genußsucht, wie sie
vorher nie gekannt oder erhört war. Da konnte es nicht anders kom-
men, als daß man immer weiter und weiter hinabdrückte und erpreßte,
nicht mehr um der Hab- und Herrschsucht, sondern um dem unmäßigen
Aufwand zu genügen. Die Fürsten griffen, um ihre Bedürfnisse zu
decken, in die Kaffen der Klöster, die Klöster erholten sich wieder an
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nungen genehmigt wurden. Eine besondere Wichtigkeit erlangten diesel-
den dadurch, daß die Landesherren von der aus mehreren Ursachen stei-
genden Finanznoth gedrängt die Geistlichkeit und Ritterschaft häufig um
Bewilligung einer Nothbede von ihren Hintersassen angingen. Auch
Abgeordnete der Städte wurden nun zur Berathung gezogen, da diese
viel aufbringen konnten, und mit ihnen über Steuern schon früher be-
sonders verhandelt wurde. Die Stände, wenn auch insgemein zur Hülfe
willig, unterließen selten, sich für dieselbe mancherlei Privilegien auszu-
bedingen; sie schlossen sogar, als die Ansinnen zu häufig kamen, unter
einander zur Wahrung ihrer Rechte und Freiheiten Bündnisse, constituir-
ten sich dem Landeßherrn gegenüber zu einer das Landesinteresse wah-
renden Corporation und verhandelten mit demselben in dieser Eigenschaft.
Sie theilten sich gewöhnlich in drei Curien: Geistlichkeit, Ritter-
schaft und Städte; hier und da kamen auch Abgeordnete des
Bauernstandes hinzu. Jeder Stand berathschlagte und beschloß für
sich, und man suchte sich durch gegenseitige Verhandlungen oder durch
Vermittelung des Landeßherrn zu einem gemeinsamen Schluß zu ver-
einigen. So erlangten die Landstände die Mitwirkung bei der Besteue-
rung, bei neuen Gesetzen, Kriegserklärungen, Bündnissen; die Mitaufsicht
bei der Verwendung der Steuern und selbst eine abgesonderte Landschafts-
kasse; die Wahrung der Landeswohlfahrt, insbesondere gegen Veräuße-
rung, Theilung, Verpfändung; den Schutz der Personen und des Grund-
eigenthums; das Recht der Beschwerde und selbst die Besugniß sich aus
eigenem Antrieb zu versammeln und sich Eingriffen in ihre Rechte und
Freiheiten zu widersetzen. Seit dem siebzehnten Jahrhundert fing aber
für sie durch die Fortschritte der Alleinherrschaft und die Theorieen der
Publicisten eine ungünstige Zeit an. Sie wurden beschränkt, nicht mehr
einberufen, in Schattenbilder verwandelt.
Das Territorialkriegswesen beruhte auf dem Lehndienst der
Ritterschaft, der Landfolge, welche die Städte und das Landvolk kraft
der alten Heerbannspflicht zu leisten hatten und auf den für den ein-
zelnen Fall geworbenen Reitern und Fußknechten. Die Lehnsritterschaft
war beschwerlich, kostspielig und immer weniger brauchbar. Die Land-
folge wurde für die Landesvertheidigung organisirt und eingeübt und aus
den jüngeren Leuten ein Ausschuß als Landmiliz gebildet; allein für ent-
ferntere Kriege war sie nicht geeignet. Das Wichtigste blieben daher die
geworbenen Söldner. Dieses führte dann weiter dahin, daß Maximilian I.
für leine Erblande ein stehendes, auch in Friedenszeiten zusammenblei-
bendes Fußvolk errichtete. Dieses ahmten andere Reichsstände nach. Nach
dem dreißigjährigen Kriege behielt man einen Theil der Truppen bei und
ergänzte sie durch Werbung und durch Aushebung aus den dienstfähigen
Unterthanen der niederen Stände/ Der Ritterdienst kam durch die Rei-
terregimenter und die veränderten Kriegßverhältlrisse gegen das Ende deß
siebzehnten Jahrhunderts ganz außer Gebrauch.
Die landesherrlichen Einkünfte flössen aus den Kammer-
gütern, Beden und Steuern und aus den vielfach erweiterten Regalien.
Die schlechte Finanzverwaltung, der steigende Luxus, die Kosten des ver-
änderten Kriegswesens führten aber dazu, daß die Landesherren häufig
Geld gegen hohe Zinsen aufnahmen und Zölle oder Stücke des Territo-
riums verpfändeten oder mit Vorbehalt der Wiedereinlösung verkauften.
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zige Stadt hat den Ruhm, sich der Ausführung deß Restitutionßedictes
widersetzt zu haben, nämlich Magdeburg. Wallenstein erhielt vom
Kaiser den Befehl, die widerspenstige Stadt zum Gehorsam zu nöthigen,
und verlangte gebieterisch entweder die Einnahme eines Regiments oder
die Zahlung von 200,000 Thalern. Aber die Bürgerschaft war entflammt
von Liebe für die Lehre ihrer Väter; alle Stürme wurden zurückgeschla-
gen. Nach 26 Wochen kam ein Vertrag zu Stande, und Wallenstein
hob die Belagerung auf.
Die Zahl von Wallensteins Schaaren soll im Frühjahr 1629 gegen
150,000 Mann betragen haben. Ueberall wurden von den Generalen
willkürlich Steuern ausgeschrieben und die fürchterlichsten Erpressungen
verübt. Was die Soldaten nicht verzehren konnten, das verdarben sie
aus Muthwillen. Von allen Seiten erhoben sich die lautesten Klagen
über diese Tyrannei und allgemeine Bedrückung.
Vorzüglich um die Wohl seines Sohnes zum römischen Könige zu
erreichen, berief Ferdinand Ii. 1630 einen Reichstag nach Regensburg.
Der Kaiser mußte auf eine bedeutende Opposition gefaßt sein, da er die
Stände des Reiches bisher um keine Maßregel befragt hatte. Aber er
glaubte doch die Erfüllung seines Wunsches keinem Zweifel unterworfen.
Da geschah es, daß der Kaiser von dem Glanzpunkte seiner Macht durch
eben jenen Maximilian herabgestürzt wurde, welcher ihm vor 10jah-
ren durch die Schlacht am weißen Berge die Krone gerettet hatte. Die
Bevollmächtigten der evangelischen Fürsten vereinigten sich mit den Für-
sten der Liga, und für alle führte Maximilian beredt und unerschrocken
das Wort. Des Reiches alter Glanz, klagte man, sei dahin, die Kur-
fürsten ihrer Würde beraubt, den wallensteinschen Obersten hintangesetzt;
der Kaiser sei hintergangen, er kenne nicht des Landes Noth, die von
der Soldateska verübten Erpressungen, die Verheerungen der blühendsten
Landschaften. Die Nachricht von der Landung der Schweden erhöhte
den Muth der Sprechenden, deren ungetheilter Haß aus den Herzog von
Friedland fiel. Schrecklich war der Bericht der pommerschen Abgeord-
neten. Bogislav, sagten sie, nahm die kaiserlichen Soldaten als Freunde
auf, und sie peinigten seine Unterthanen bis aufs Blut; das einzige
Fürstenthum Stettin habe 10 Millionen Thaler als Kontribution entrich-
ten müssen; die Kirchen seien beraubt und geschändet; der Gottesdienst
untersagt, die herzogliche Tafel dürftiger bestellt, als die eines kaiserlichen
Rittmeisters; sieben pommecsche Städte seien durch die zügellose Solda-
teska bis auf den Grund abgebrannt, und ein gleiches Schicksal stehe den
übrigen bevor, deren Feldmark muthwillig verheert sei. Brandenburg
berechnete seinen Schaden auf 20, Mecklenburg-Schwerin auf 10, Hes-
sen-Kassel aus 7 Millionen Gulden. Es sei der Rechtsgang, klagte der
Kurfürst von Baiern, in der Verurtheilung der Herzöge von Mecklenburg
hart verletzt; des Reiches Ehre erheische, daß der Kaiser den Abzug der
Spanier aus der Pfalz gebiete. Alle Fürsten zeigten sich durch den
Hochmuth des Herzogs Friedland tief verletzt. Katholische und evangeli-
sche Herrn führte die Erbitterung gegen den Friedländer zu gemeinsamen
Streben. Es machten alle Fürsten die Wahl des römischen Königs von
der Abdankung deß Generalissimus abhängig. So sehr die Fürsten der
Liga mit der Herstellung des Katholicismus zufrieden waren, so sehr
Reichstag zu
Rcgensburg.
Wallensteins
Entlassung.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ii Ferdinand Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Bogislav Hochmuth