I
56 Vi. Ztk. Karl V. bis zum weftph. Fried 1520 — 1648.
hörten, der Oberste von Büren sey mit der Hülfe ans
den Niederlanden bereits über den Rhein gegangen, bra-
ch cnsie plötzlich mit ihrem Langer auf, ihm entgegen. Der
Kaiser traute seinen Augen kaum, als er das große Heer
so unverrichteter Sache abziehen sah, und ritt selbst mit
dem Herzog von Alba aus dem Lager, um den Abzug zu
beobachten.
Die Vereinigung des Grafen von Büren mit dem Kai-
ser konnten die Verbündeten dennoch nicht hindern, und
dieser, so ansehnlich verstärkt, fing nun an, vorzurücken,
einen Ort nach dem andern an der Donau wegzunehmen
und sich zum Herrn des Flusses zu machen. Als darauf
auch Augsburg von ihm bedroht wurde, riefen die Bürger
ihren Obersten Schärtlin von dem Bundeshecre zum Schütze
ihrer Stadt zurück.
Der Winter kam heran; es fehlte an Vorräthen und
an Gelde; in dem Verbündeten Heere zeigte sich Mißmuth
und Zaghaftigkeit, weil die Heerführer kein Vertrauen ein-
zuflößen wußten; die schwäbischen Bundesgenossen waren
am verdrossensten, weil die ganze Last des Krieges auf ihnen
ruhte und die Heere nun schon sechs Wochen unthätig ge-
gen einander lagen.x Da schickten die Fürsten ein Schrei-
den in des Kaisers Lager und versuchten, wegen des Frie-
dens oder doch eines Anstandes zu unterhandeln. Dadurch
aber thatcn sie ihre Schwäche ganz laut und offenbar kund
und gaben sich auch ohne Schlacht besiegt. Voller Freude
ließ der Kaiser das Schreiben vor der ganzen Schlachtord-
nung ablesen, und statt aller weiteren Antwort mußte der
Markgraf von Brandenburg den Fürsten kund thun: „Er
wisse keinen Weg, den Frieden einzuleiten, als wenn der
Churfürst und der Landgraf sich selbst und alle ihre Anhän-
ger, ihr ganzes Heer und Land und Unterthanen, der Gnade
und Ungnade des Kaisers Hingaben."
Nach solchem Bescheide brachen die Bundesfürsten in den
letzten Tagen des Novembers von G iengen auf und zo-
gen in ihre Länder zurück. ^ '
Der Herzog Moritz und der Churfürsi. — Den
Churfürstcn von Sachsen rief auch die Bothschaft dringend
in sein Land, daß der Herzog Moritz dasselbe, bis auf we-
nige Oerter, eingenommen habe. Der Kaiser nemlich hatte
seinem Bruder Ferdinand, als Könige von Böhmen, auf-
getragen, gemeinschaftlich mit dem Herzog Moritz die Acht
gegen den Chnrfürsten zu vollziehen ; und die Lage der Din-
ge war so, daß, wenn Montz nicht Theil nahm und die
churfürstlichen Länder nicht selbst besetzte, diese auf
immer verlöre» schienen. So wenigstens stellte es Moritz
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Mißmuth Moritz Moritz Ferdinand Ferdinand Moritz
100 Vi 2tr. Karlv. bis zum westph. Fried. 1520 — 1643.
mcyt oiui^cn. vielleicht habe er dieses Aeußerste geschehen las-
sen damit sich die Herrn auf einmahl dieser Knechtschaft ihrer
eigenen Unterthanen entledigten. Demnach batte er dafür,
daß jetzt nichts übrig bleibe, als zu den Waffen zu greifen. "
Aus diesem Schreiben Ferdinands lernen wir am besten
die Festigkeit seiner Grundsätze kennen. Zu den Worten
fügte er sogleich die That hinzu, ließ aller Orten Krieger wer-
den und zeigte solchen Ernst, daß man sah, erwerbe sich
- durch des-Kaisers Unentschlossenheit nicht hemmen lassen.
Oie Bödmen rüsteten gleichfalls und besetzten alle Städte
ihres Landes, bis auf Budw ei s und Pilsen, die dem
Kaiser treu blieben. Ihnen kam eine ganz unerwartete Hülfe
durch einen Mann, welcher Zu den merkwürdigen Kriegshel-
den jener Zeit gehört und das erste Beispiel gab, wie ein
Einzelner, ohne Land und Leute, bloß durch seines Namens
Zstss. tapfere Schaaren um sich sammelte, und gleich den
alten Kriegsfürsten der Deutschen zu der Römer Zeit,
mit seinem Gefolge für Lohn und Beute dabin zog, wo
man ,eines, Armes bedurfte. Solche Männer fanden sich
auch damals ein, als Zeichen einer außerordentlichen, aus
ihren Fugen getretenen, Zeit. Ihre Schaaren erhielten
und ergänzten sich durch den Krieg; cs mußte der Krieg sich
selbst ernähren, nno hierin liegt das Geheimniß, wie er drei-
ßig Jahre lang auf dem deutschen Boden fortwütben konnte.
Jener Mann war der Gras Ernst von Mansfeld, ein
Krieger von Jugend auf, kühn und von unternehmendem
Geiste, der schon in vielen Gefahren mit gewesen war, und
jebt für den Herzog von Savoyen, gegen die Spanier, Trup-
pen geworben hatte. Der Herzog, der sie gerade nicht brauch-
te, gab ihm die Crlaubniß, den Umnen in Deutschland zu
dienen; und diese schickten ihn mit 3000 Mann nach Böhmen,
als habe er von dorr eure Bestallung erhalten. Er erschien
ganz unerwartet und nahm den Kaiserlichen gleich die wichtige
Stadt Pilsen weg.
Indeß starb der Kaiser Matthias den 10. Marz 1619,
und die Böhmen, welche ihn als König aiierkannt hatten,
so lange er lebte, beschlossen nun, von dem feindlich gesinn-
ten Ferdinand abzufallen.
25. Kaiser Ferdinand Íj\ 1619 — 1607.
Ferdinand kam unter den schwierigsten Umständen zur
Regierung. Die Böhmen in den Waffen und Wien selbst
mit einem Uederfalle bedrohend; Schlesien und Mähren
ihnen befreundet; Obstreich sehr geneigt, sich will ihnen zu
verbinden; Ungarn nur an schwachen ^aden gehalten und
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Extrahierte Personennamen: Karlv Ferdinands Ernst Ernst_von_Mansfeld Ernst Matthias Ferdinand Ferdinand_Íj\ Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Pilsen Deutschland Pilsen Wien
104 Vi. Ztr. Karl V. bis zum westph. Fried. 1-20 — Í648.
Schlacht auf dem weißen &ergr bei Prag. 1620,
8 November. Bey der Annäherung der Feinde zogen sich
die böhmischen Schaaren nach Prag und verschanzten sich
auf dem weißen Berge b.i der Stadt. Ehe die Verschan--
zungen aber fertig waren, zogen die Oeftreicher und Baiern
heran, und die Schlacht fing an, indem Marimilians Un-
geduld kerne Stunde die Entscheidung ungewiß lachen wollte.
Und ui weniger als einer Stunde war das Schicksal Böh-
mens entschieden, Friedrichs Heer geschlagen, und alles
Geschütz nebst 100 Fahnen von dem Feinde erobert. Friedrich
selbst hatte die Schlacht nur aus der Ferne, von den Wallen
der Stadt, mit angesehen und verlor mit ihrem Verluste so-
gleich alle Entschlossenheit. Gegen den Rath kühnerer Freun-
de entsiok er in der folgenden Nacht mit dem Grafen von
Thurn und einigen andern aus Prag nach Schlesien; konnte
sich auch hier nicht zu bleiben entschließen, um seine Freunde
zu sammeln , sondern floh weiter, nach Holland, und lebte
dort, ohne Länder und ohne inner« Much, auf Kosten sei-
nes Schwiegervaters des englischen Königs. Der Kaiser
aber erließ gegen ihn die Achtserklarnng, wodurch ihm alle
seine Länder abgesprochen wurden.
Prag ergab sich sogleich; ganz Böhmen außer Pilsen, wel-
ches Ernst von Mansfeld kühn besetzt hielt, folgte dem Bei-
spiel; die pfälzischen Länder wurden durch die Spanier un-
ter Spin ola besetzt, und die Union löste sich, aus Furcht
vor ihrer Nähe, 1621 ganz auf. Sie hat ein gleich unrühm-
liches Ende genommen, als der schmalkaldische Bund, und
beide sind, gleichfals durch übereinstimmendes Schicksal,
von den Niederlanden aus zerstört worden; denn erst durch
die niederländischen Truppen unter dem Grafen von Büren
wurde auch ehemals Karl V. der Sieger. *)' N .
Schmerzhaft für Böhmen war die Strafe, welche der Kai-
ser an dem Lande übte. Drei Monate lang geschah nichts;
dann, plötzlich, da viele d^r Geflohenen zurückgekehrt wa-
ren, wurden an Einem Tage, und in einer Stunde, 48 der
'Anführer der prolestanrischen Parthei gefangen genommen,
uno nach vorgenommener Untersuchung 27 von ihnen zum
Tode verurtheut, drei vom Herrenstande, sieben vom Rit-
terstanve, die übrigen aus den Bürgern. Das Vermögen
der Hiugerichteteu wurde eingezogen, so wie auch dasjenige
der Äbweicuden und als Verbrecher Erklärten ; unter diesen
war der Graf von Thurn begriffen. — Daraui wurden nach
uno nach alle protejcaniischen Prediger aus dem Laude
mi tn Wink für das nördliche Deutschland, ws seine schwache
Sette zu suchen sey.
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Marimilians Friedrichs Friedrich Friedrich Ernst_von_Mansfeld Ernst Karl_V. Karl_V.
Extrahierte Ortsnamen: Prag Prag Baiern Friedrichs Prag Holland Pilsen Deutschland
106 Vi» Ztr.karl V.'bks zum westph. Fried. 1520 — 1648.
Da fand Mansfeld einen neuen Helfer an dem Herzog
Christian von Braun schweig, des reaierendcn Her-
zogs Bruder, der in jugendlichem Feuer sich gleichfalls zum
Kämpfer für den vertriebenen 'Churfürsten anfwarf. Mit
einem ansehnlichen Haufen stieß er nach manchen Abentheucrn
zu Mansfeld, und nun suchten beide zum zweitenmahle das
Elsaß heim; dann wandten sie sich bald hier, bald dorthin,
fielen in Lothringen, machten sogar Paris einen Augenblick
^zittern, indem sie den Hugonotten zu Hülfe zu ziehen drob,
ten, und trieben das kühne Kriegsspiel zum Schrecken al-
ler Länder umher. s Zuletzt gingen sie den Holländern gegen
die Spanier zu Hülfe.
Tilly hielt indeß die pfälzischen Länder besetzt, und in
dieser Zeit war es, als er sich der vortrefflichen Heidelber-
ger Bücher-Sammlung bemächtigte, die der Herzog von
Baiern dem Papste Gregor Xv. schenkte. Sie wurde nach
Rom gebracht und mit der großen vatikanischen Bibliothek
vereinigt *).
Jetzt schien wiederum ein Augenblick gekommen zu seyn,
da die Ruhe in Deutschland hergestcllt werden konnte, wenn
die Sieger Mäßigung übten. Allein Ferdinand gedachte in
seinen Umwandlungen nicht inne zu halten. Er hielt sich,
wie er sich in einem eigenhändigen Schreiben nach Spanien
ausdrückt, „zur Ausrottung der aufrührerischen Factionen,
welche durch die kalvinischeketzerei am meisten genährt wür-
den," von der Vorsehung berufen, und sah in den bishe-
rigerfi glücklichen Begebenheiten einen Fingerzeig Gottes,
auf dem betretenen Wege fortzugehen.
Ein großer Schritt zu seinem Ziele war, wenn sein
Freund, der Herzog von Baiern,. zur Belohnung treuer
Dienste, mit der pfälzischen Churwürde belehnt
wurde; so hatten beide schon in's Geheim verabredet. In
dem erwähnten Schreiben nach Spanien sagt Ferdinand:
„Wenn wir eine Stimme mehr im churfürstlichen Collegio
haben, so werden wir für immer sicher seyn, daß das
Reich in den Händen der Katholischen, und bei dem Hause
Oestreich bleiben werde."
Aber der Schritt war bedenklich, weil er alle Protestan-
ten zu dem heftigsten Widerstande zu reizen, und besonders
das bis jetzt treue chursachsische Haus zum Feinde zu »machen
drohte. Dennoch setzte Ferdinand seinen Willen durch ; auf
*) Im I. 1815. auf Verwenden des Kaisers von Oestreich und des
Königs von Preußen, ist sie zurückgegeben und wieder nach Heidel-
berg gebracht.
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Extrahierte Personennamen: Christian_von_Braun Tilly Gregor_Xv. Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ferdinand Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Mansfeld Lothringen Baiern Rom Deutschland Spanien Gottes Baiern Spanien Katholischen Heidel-
107
Dreißigjähriger Krieg.
dem Churfürstcntage zu Regensburg 1023 schritt er rasch
zur Belehnung Maximilians, und nach manchen Unterhand-
lungen wurde auch Sachsen durch die Eiuräumuug der Lau-
sitz zur Einwilligung bewogen.
In demselben Jahr wurde der Herzog Christian von
Braunschweig durch Tilly bei Stadt loo geschlagen, da
er sich eben wieder im Felde zeigte; und so schien das Glück
des Kaisers Zuversicht nur mit Erfolgen zu krönen. Aber
noch viele Glieder sollten sich in der Kette dieses wechselvol-
len Krieges an einander reihen.
28. Krieg mit Dänemark. 1624 — 1629.
Die Protestänten glaubten jetzt nicht unthätig ihr Schick-
sal erwarten zu dürfen, so lange noch einige Kraft und Be-
sonnenheit in ihnen sey. Zuerst regten sich die Stände
des niedersächsischen Kreises, an dessen Gränzen der furcht-
bare Tilly mit seinem Heere stand. Da ihre Vorstellungen
um seine Zurückberufung nicht fruchteten, fingen sie an zu
rüsten und erwählten den König Christian Iv. von Dä-
nemark, als Herzog von Holstein, zum Kriegsobersten
des Kreises. Er versprach eine ansehnliche Hülfe, und auch
England hatte eine solche zugesagt. Christian von Braun-
schweig und Mansfeld erschienen wieder, und warben
Krieger mit englischem Gelde.
Bisher war der Krieg in Deutschland von katholischer
Seite fast einzig mit dem Heere der Ligue geführt worden;
bei den größeren Anstalten der Gegner forderte diese auch
vom Kaiser eine nachdrücklichere Unterstützung. Der Kai-
ser wünschte selbst, ein eignes ansehnliches Heer in's Feld zu
stellen, damit nicht Alles durch das Haus Baiern allein
geschehe; aber es fehlte an den nöthigen Mitteln zur Rü-
stung. Da erbot sich ein Mann, welcher als Einzelner,
in Mansfelds Sinne, den Krieg im großen zu führen ge-
dachte , diese Verlegenheit durch eigne Kräfte zu lösen.
Albrechr von wallenstein, eigentlich Waldstein,
war aus einem edlen, böhmischen Geschlechts entsprossen,
und 1583 zu Prag von lutherischen Eltern geboren; später
war er zur katholischen Religion übergetrcten. Sein feu-
riger , rastloser Geist hatte ihn von Kindheit an in vielen
menschlichen Verhältnissen und in den Ländern Europa's
Herumgetrieben, und mtt Erfahrungen und Kentnissen ge-
rn et ging er in die Dienste des Kaisers Rudolf. Ein un-
begränzter Ehrgeiz füllte seine Seele, und er fühlte in sich
dre Kraft, ein ganzes Zeitalter mit sich fortzureißen. Dar-
um hielt er das Größte nicht für unerreichtbar. — Ein ge-
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Extrahierte Personennamen: Maximilians Christian_von
Braunschweig Tilly Tilly Christian_Iv Christian_von_Braun- Waldstein Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Maximilians Sachsen Holstein England Mansfeld Deutschland Baiern Mansfelds
m
Dreißigjähriger Krieg.
Der Graf von Mansfeld rückte gegen Wallenstein an die
Elbe, wnrde zwar an der Dessauer Brücke zurückgetrieben,
wandte sich aber mit kühner Entschlossenheit plötzlich nach
Schlesien, um sich mit dem siebenbürgischen Fürsten Bcth-
len Gabor zu vereinigen und den Krieg mitten in die
östreichischen Lander zu versehen. Wallenstein war wider
Willen gezwungen ihm mit feinem Heere zu folgen. Nach
beschwerlichen Zügen kam Mansfeld in Ungarn bei Berhleu
an. fand aber keine gute Aufnahme weiter nicht wie jener
erwartet harre, große Geldsummen mitbrachte. Verfolgt von
Wallenstein, vom Rückwege abgeschnitten, ohne Mittel, sich
in dem fernen Lande zu behaupten, verkaufteer Geschütz und
Heergcräth, entließ seine Krieger, und nahm mit kleinem Ge-
folge den Weg durch Bosnien und Dalmatien nach Venedig.
Von da wollte er nach England schiffen, um dort von neuem
Geld zu holen. Aber in dem Dorfe Urakowitz bei Z a ra über-
wa tigte die übermenschliche Anstrengung seinen starken
Körper. Er wurde krank. Als er die Annährung des To-
des fühlte, zog er seinen Kriegsrock an, gürtete seinen De-
gen um, und erwartete stehend, auf zwei Kriegsgenossen
geiützt, sein Ende.^ Er starb den 20 November 1620, im
46,reu Jahre seines Alters. In Spalatro liegt er begraben^
In diesem selben Jahre starb auch sein Freund, der
Hergog E hri stia n von Braunschweig, erst 29 Jahre alt;
-und.so hatten die Protestanten ihre besten Anführer verlo-
ren. Der König Ehristian von Dänemark konnte sie nicht
ersetzen; ihm fehlte der kriegerische, entschlossene Sinn.
Odwohl Riedersachsen durch Wallensteins Abzug sehr er-
leichtert war, konnte er es doch nicht gegen Tilly verthei-
digen, sondern wurde von ihm am 24. August bei Lutter
am Barenberge im Hanöverschcn gänzlich aufs Haupt
geschlagen und verlor sein ganzes Geschütz und 60 Fahnen.
Im Jahr 162/drang Gallenstein wieder durch Schlesien
nach Norddeutschlaud vor, durchzog Brandenburg undmeck-
lenourg, und fiel mit Tilly in Holstein, um den däni-
schen König ganz aus Deutschland zu vertreiben. Das
Land war bald , bis auf einige feste Platze, erobert, dann
auch Schleswig und Jüctand überschwemmt, und oer
König mußte auf seine Inseln fliehen. Die eroberten Lan-
der aber wurden .auf so unmenschliche Weise von den wil-
den Schaaren verwüstet, daß die Erzählung schon Schau-
der erregt.
Wallenstein Herzog -von Mecklenburg, 16^8. —
Wallengerns Heer war unterdeß bis auf 100,009 Mann an-
gewachsen , und der unbegreifliche Mann betrieb die Wer-
bungen um so eifriger, je mehr die Feinde verschwanden.
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Extrahierte Personennamen: Gabor Tilly August Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Mansfeld Schlesien Mansfeld Ungarn Bosnien Dalmatien Venedig England Dorfe_Urakowitz Spalatro Braunschweig Gallenstein Norddeutschlaud Brandenburg Holstein Deutschland
111
Dreißigjähriger Krieg.
Mauren trefflich und die Könige von Dänemark und Schwe-
den schickten Ueberfluß an Kriegsvorrathen von der Sceseitech
Ihre Hartnäckigkeit erzürnte den stolzen Feldherrn; „und
wenn Stralsund mit Ketten an den Himmel gebunden wäre,
rief er aus, so müßte es herunter!" Und nun rückte er
selbst vor die Stadt und ließ stürmen; aber da erfuhr er,
was der Heldenmuty deutscher Bürger, unter besonnener
Leitung, vermogte. Nachdem er einige Wochen im Lager
geharret und wohl 12,000 Krieger in den wüthenden Stür-
men verloren hatte mußte er abziehen.
Der König von Dänemark hatte indeß um Frieden
angehalten, und wider Erwarten ricth Wallensteiu selbst
dem Kaiser zu ihn zu schließen. Da er selbst Reichsfürst
geworden, mogte er die Vernichtung der deutschen Fürsten-
macht nicht mehr für dienlich halten. Der König erhielt
durch ihn einen sehr günstigen Frieden zu Lübeck den
12. May 1629, er bekam alle seine Länder wieder, ohne
Kriegskosten zu bezahlen; aber rühmlich war der Friede
nicht, denn der König opferte in den Herzogen von Meck-
lenburg zwei treue Bundesgenossen für seine eigene Rettung
auf. Er versprach, sie nicht wieder mit den Waffen in ihre
Länder einzusetzen.
29. Das R esti tu t i on s e dic t, 1629.
Wie mochten die Gemüther der so hart geängsteten,
friedlichen Bürger in Deutschland bei der Friedcnsnachricht
freudig aufleben? Der arge Streit konnte ja nun nicht
länger dauern , da kein Feind mehr dem Kaiser entgenstand,
da Baiern ruhig im Besitze der Cburwürde des Theilcs der
pfälzischen Länder war, welche ihm als Kostencrsatz zuge-
sprochen war, und da die Protestanten, so ohne Hoffnung
schienen, daß von ihnen gewiß keine neue Feindseligkeit
ausgeheu konnte. Der Krieg hatte schon zwölf Jahre ge-
dauert und jedes Jahr hatte er Greuel genug gebracht.
— Und wohl hätte jetzt das Ende gefunden werden mögen,
wenn die siegende Parthei die rechte Granze und das Maaß
ihres Laufes erkannt hätte; wenn der Kaiser nun, nachdem
seine Lander von der neuen Lehre gesäubert und in seiner
vollen Gewalt waren, für die selbstständigen Glieder des
deutschen Reiches den Religionsfrieden in seiner ganzen
Kraft bestätigt, sein Heer abgedankt und das entkräftete.
Unglückliche Land von dieser Bürde befreit hätte. Aber dem
menichlichen Gemüthe ist nichts schwerer, als sich selbst im
kaufe des Glücks zu bezähmen. Der Augenblick schien der
katholischen Parthei zu günstig, um nicht einen großen Ge-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Dänemark
Extrahierte Ortsnamen: Dänemark Deutschland Baiern
114 Vi. Ztr. Karl V. dis zum wcstph. Fried. 164^.
dann zu thun v s ist damit nicht ansgcr.chret, daß män's
wisse und beklaw. Man muß wenn ruan s ics werden
will, durch rechte Mittel, dazu thun, und- kein ander Mit-
tei als gute Krrcgödisclplin, welche, wo cs an Zahlung und
Sold mangelt, nicht kann ge Hand habt werden."
Den einstimmigen Klagen tonnte Ferdinand nicht wi-
derstehen; und als die Fürsten darauf drangen, daß Wal-
lcnstein, den ihr gesammter, gränzenloser Hch traf, vom
Oberbefehl entfernt werde, und besonders Marünlftan von
Baiein sehr entschlossen rcde-e, willigte der Kaiser, nach
einigem Zaudern ein. Zweifelhaft war es jedoch, ob der
stolze, mächtige Mann auch gutwillig gehorchen werde,
aber wieder alles Erwarten folgte er sogleich. Seine asrro-
loglnycn Berechnungen, schienen ihn ¿u besau-'eigen. , Er
messe dem uaiser keine Schuld bei, sagte er, denn die Sterne
zeigten, da?; des Ehurfttrsten von Baiern Spiritus den des
Kaisers beherrsche. Uevrlgenö werfe dieser mrt dem slb-
danten ferner Truppen den edelsten Stein ans seiner Krone
weg.'" — Er zog sich auf seine Güter nach Mähren zurück.
Die kaiserlichen Kriegsschaaren, die nicht entlassen wür-
den, verernrgten sich mrr denen der Ligue, und daö gesammte
Hccr kam unter den Oberbefehl Titly's.
3i. Gustav Adolf in Deutschland.
i63o — 32.
Die Kraft der protestantischen Fürsten war gelahmt und
das Restitutronsedict wurde an vrelen Orten bereits in
Vollzug gesetzt. Wcrferdinands Gemüthsart kannte, konn-
te wohl vorherschen, was er der neuen Kirche bereite, und
daß wobl überhaupt die Frage die sey, ob m Zukunft eure
protestantische Kirche rn Deutschland seyn werde? In
dieser Gefahr kam derselben die Hülfe von einem Volke, wel-
ches bis dahin, fast unbekannt, ru fernen nördlichen Wohnstz-
zen gelebt hatte; es waren die Schwede n, ein Volk, tapfer
u?;d gettesfürchtig, vom gorhisch - deutschen Stamme, ei-
nes der edelsten, welche sich germanischen Ursprungs rüh-
iren. Bisher hatte es rn seinem, mit mancherlei Schönbeit
geschmücktcn, aber rauhen, Lande, an Seen und Küsten,
auf Hügeln und in Wäroern, auf alt-germanische Werse
gelebt und teil den ältesten Zeiten, Da es unter dem gemein-
schaftlichen Namen der Normannen an-den großen Scezügerr
L.terr genommen, sich Nicht nach Außen gewendet. Aber
in iclen inneren Kämpfen harte es die Kräfte für die größere
Bone gcüoc. — Im Jahre 1611^ foftste Gustav Adolf
seinem Tater Kart Ix, aufdem Throne, und er war es den
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]
Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Ferdinand Marünlftan_von
Baiein Gustav_Adolf Gustav Adolf Wcrferdinands_Gemüthsart Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Baiern Deutschland Deutschland Wäroern
Dreißigjähriger Krieg. _______ 151
53. Gustav Adolf, und Tilly. Die Schlacht
bei Leipzig. (17. Sept 1631.)
Nach der Eroberung Magdeburgs hätte Tillydeu schwe-
dischen König gern zu einer Schlacht gebracht, denn er litt
in der ausgezehrten Gegend bald Mangel an allem Röthi-
gen; allein Gustav hielt sich noch nicht für stark genug, und
blieb fest in seinem verschanzten Lager bei Werben in der
Altmark. Da wendete Tllly seine Augen auf das reiche
sächsische Land, welches, noch unberührt von dem verbec-
reuden Kriege, ihm zur Seite lag. Freilich war cs un-
gerecht und undankbar, den Churfürsten von Sachsen, wel-
cher sich so treu gegen das östreichische Haus gezeigt hatte,
mit der Last des Krieges heunzusuckien, allein Lilly wußte
bald einen Grund aufzufiudcn; er berief sich auf den kai-
serlichen Befehl, die Glieder des Leipziger Bundes zu ent-
waffnen, und weil der Churfürft noch immer gerüstet war,
so rückte er, statt aller Kriegserklärung, in Sachsen ein,
ließ die Städte Merseburg, Zeiz, Naumburg und Weiften-
fels plündern, und zog auf Leipzig. Solche Gewaltthätig-
keitbewirkte, was alle Ueberredung nicht vermögt hatte; der
Churfürst warf sich nun unbedingt in die Arme des schwe-
dischen Königs, schloß mit ihm ein festes Bündniß zu Schutz
und Trutz und stieß mit seinem Heere bei Düben, den 14.
September, zu ihm.
An diesem Tage beschoß der kaiserliche Feldherr die Stadt
Leipzig, welche ihm den Einzug verwehrt hatte, und
nahm sie am folgenden ein; aber der König rückte näher
mit dem vereinigten Heere und nun sollte ein Tag zwischen
dem alten, noch nie besiegten, Feldherrn und dem königli-
chen Helden entscheiden. Dieser, erkennend, daß er durch
eine große That erst das Vertrauen zu seinem Geiste und
Glücke in Deutschland erwecken müsse, fühlte die Wichtig-
keit dieses Tages und zauderte; es schien ihm noch immer
zu gewagt, das ganze Schicksal des Krieges auf eine ein-
zige Schlacht anlommen zu lassen; denn verlor er sie, so
war seines Bleibens diesseits des Meeres mcht mehr,- und
das Verderben der Churfürsten von Sachsen und Branden-
burg, ja der ganzen protestantischen Kirche in Deutschland,
schien gewiß zu seyn. Allein der Chnrfürst von Sachsen,
der seine Länder nicht länger von dem harten Feinde zer-
treten sehen konnte, verlangte dringend die Schlacht und
der König, nachgebcud, zog gegen Leipzig. Aut den Fel-
dern des Dorfes Br eiten seid trafen die Heere am 17.
Sept. zum entscheidenden Streite zusammen. Gustav
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Magdeburgs Altmark Sachsen Sachsen Naumburg Leipzig Leipzig Deutschland Sachsen Deutschland Sachsen Leipzig
124 Vi. Ztr. Karl'v. bis zum westph. Fried. 1520 — 1648.
riigen zur Gegenwehr auf. Er starb 15 Tage nach seiner
Verwundung. Ein strenger, eiserner Mann, der es sich
selbst zum Ruhme rechnete, niemahls die Liebe gekannt zu
haben, übrigens entschlossen und unbestechlich, und soweit
die Berechnung eines scharfen Verstandes reicht, ein treff-
licher Feldherr. Sein Körper entsprach dem Geiste. Er
war von mittlerer Größe und hager; die Augen waren groß,
aber blickten ssnster unter den grauen Wimpern hervor, und
das Gesicht mit scharfen, eckigen Zügen und großer Nase,
drückte die Schärfe seines Gcmütheö aus. Ein Zeitgenosse
schilderte ihn, noie er ldn gesehen, auf einem kleinen Grau-
schimmel reitend, im grünen atlassenen Kleide, nach spa-
nischem Schnitt, und eine rothe Straußfeder auf dem hoch-
aufgestutzten Hute die ihm über dem Rücken herabhiug;
und nach dieser Beschreibung ist er vielfältig abgebildet.
Der schwedische König gab die Belagerung von Ingol-
stadt auf und zog nach der Hauptstadt München. Die
Stadt Zitterte vor seiner Ankunft. Das baicrilche Volk
hatte, im Haß gegen die Schweden, einzelne von ihnen
ans grausame Weise mißhandelt, gemordet, ihre Leichname
noch verstümmelt, und des Königs Zorn aufs heftigste ge-
reizt. Dennoch empfing er die Abgeordneten der Stadt
gnäoig, als sie ibm die Schlüssel überbrachten. „Ihr habt
es gut gemacht, sagte er , und eure Unterwerfung entwaff-
net mich. Mit Recht hatte ich an euerer Sradt das Unglück
Magdeburgs rächen können; allein fürchtet nichts geht in
Frieden , und seyd eurer Güter und eurer Religion wegen
unbesorgt. Mein Wort gilt mehr, als alle Kapitulationen
von der Welt."
Das baicrische Land war größtentheils in des Königs
Hanven und der Churfürst hatte nach Regensburg fliehen
müssen.
8ss. Gustav Adolf und Wallenstein. Gu-
stavs Tod November 1632
Die Sachsen waren indeß, dem Kriegsplane gemäß,
unter dem Feldmarschall von Arnim, in Böhmen emgedrun-
gcn, und hatten das schlecht vertheidigte Prag leicht er-
obert. Am 11. November 1631 hielt der Churfürst selbst
seinen feierlichen Einzug in die Stadt. So hatte der einzi-
ge Tag bei Leipzig dem Kaiser die Früchte eines zwölfjäh-
rigen Krieges geraubt, er fah sich in seinen eigenen Erblan-
den bedroht, und wie ein Donner aus blauem Himmel her-
ab , jo war ihm diese Gefahr plötzlich und wider Erwarten
gekommen. In solcher Noth schien ihm und seinen Rathen
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Feldmarschall_von_Arnim