m
Neuntes Hauptstück.
glaubte bis auf den letzte» Augenblick nichts weniger, als
daß Moritz die Waffen wider ihn kehren würde, und
äusserte: „er führe ja einen Bären bei sich, den er nur
loslassen dürfe, um Jenen gar leicht in die Flucht zu
jagen." Er meinte hiemit den gefangnen Churfürsten
Johann Friedrich, welchen auch König Ferdinand zu einer
geheimen Unterredung im insprucker Schloßgarten einlud,
um zu erforschen, ob er etwa geneigt wäre, sich nöthigcn-
falls gegen Moritz brauchen zu lassen. Ferdinand fand
den Churfürsten in erwünschter Stimmung: er werde, so-
bald der Kaiser cs befehle, sein Churfürstenthum wieder
fordern. Der Gedanke an mögliche Plane dieser Art be-
wog wohl auch den vorsichtigen Moritz, einer von König
Ferdinand an ihn ergangnen Einladung nach Linz zum
Versuch friedlicher Unterhandlung Folge zu leisten. Es
kam aber dort nur zu unbestimmten Erklärungen, und auf
den 26. Mai ward eine neue Zusammenkunft verabredet,
die in Passau Statt finden, und wozu die übrigen Chur-
fürsten und andre Reichsfürsten eingeladen werden sollten.
Moritz eilte zu seinen Bundesgenossen und entwarf mit
ihnen den Plan, Karl V. in Jnspruck zu überfallen und
sammt seinem Hofe gefangen zu nehmen. Am 12. Mai
brachen die Verbündeten von Lauingen an der Donau auf,
und nahmen am 19. die ehrenbcrger Klause, wo sie nur zwei
Tagereisen von Jnspruck entfernt waren. Da trat ein un-
erwartetes Ereigniß in den Weg: das reifenbergische
Regiment forderte für die Einnahme der Klause eine aus-
serordentliche Löhnung; als Moritz dicß verweigerte, ent-
stand eine Meuterei, wobei er selbst beinahe ums Leben
gekommen wäre, und worüber ein voller Tag verloren
gieng. Der Kaiser hatte indessen von dem drohenden
Ueberfalle Nachricht bekommen, und war schleunig von
Jnspruck aufgebrochen. Da er wegen heftiger Gichtschmer-
zen weder fahren noch 'reiten konnte, mußte er sich in
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Extrahierte Personennamen: Moritz Johann_Friedrich Johann Friedrich Ferdinand Moritz Ferdinand Moritz Ferdinand Moritz Karl_V. Karl_V. Moritz
Nordischer Krieg.
343
schlagnen Feind über die Elbe nach, wurde dann von
Sachsen und Russen im Rücken gefaßt, mußte sich nach
Tönningen werfen, und dort, weil ihm die Lebensmittel
ausgiengcn, am 19. Mai 1713 mit 11,000 Schweden
ergeben. Auch der Befehlshaber von Stettin war nicht
länger im Stande, seinen Platz zu behaupten: mit Ver-
gnügen zahlte der preussische König auf Rechnung Schwe-
dens 400,000 Thaler (wovon Menschikow die Hälfte für
sich behielt) den Verbündeten aus, und besetzte dafür an
Pfandes Statt einen Theil von Pommern nebst Stettin.
Erst als der nach Dcmotika abgesandte Graf von
Liewen zu verstehen gab, wenn der König nicht rasch
zurückkehre, werde man in Schweden einen Reichsverwc-
scr bestellen, trat Karl den 1. Okt. 1714 die Reise an,
ritt in der Wallachei eine Zeitlang Tag und Nacht un-
unterbrochen fort, so daß es auch Oberst Düring nicht
mehr ertrug, reiste dann bei Tage zu Pferd, Nachts im
Wagen, und erreichte den 22. Nov. um Mitternacht das
Thor von Stralsund. Man wollte dem Kvurier, wie er
sich nannte, nicht recht trauen. «Aufgemacht,-> schrie
Karl, «wenn ihr nicht hängen wollt!" Dieß flößte dem
wachthabenden Offiziere Respekt ein. Sofort kam ein
Vermummter mit langem Bart durchs Thor, den man
gleichwohl als König erkannte und froh begrüßte: man
mußte ihm die schweren Reiterstiefeln vom Fuße schnei-
den ; dann legte er sich nach 16 Tagen zum erstenmale
wieder in ein Bett. Im Pommerschen war der holstei-
nische Minister, Baron, nachmals Graf von Görz,
ein galanter, verschwenderischer, aller Finanzkniffe kundi-
ger, ganz für jene Zeit gemachter Diplomat, mit ihm
zusammengetroffen, welchem Karl die trostlosen Finanzen
feines Reichs anbefaht. Görz that, was er konnte; die
Nvth aber stieg immer noch höher. Denn jene zwei
Staaten, die bisher unter der Maske von Geldgeschäften
auf schwedische Länder spckulirt hatten, warfen den Schein
des Friedens endlich ab: Preussen im April 1715, und
zwar angegriffen von Karl, der gebieterisch verlangt hatte,
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Finis Poloniae.
179
Benningsen, »du siehst, wohin wir gehen.« Der Soldat
verstand, was man vorhabe, und rief, um den Kaiser
zu täuschen: »Patrouille, vorbei H Hierauf schritt Arka»
makow schnell vorwärts, und klopfte sachte an: »ich habe
meine Meldung zu machen.« »Sind Sie bei Sinnen?»
fragte der Kammerdiener, »es ist Mitternacht." »Was
sagen Sie? cs ist 6 Uhr und Morgen: öffnen Sie un«
gesäumt, oder ich werde den Kaiser gegen Sie aufzubrin-
gen wissen.« Der Kammerdiener öffnete, und kroch in
einen Winkel, als er 7 oder 8 Personen mit Degen in
der Hand eintrfjen sah: ein Husar wurde uiedergehauen,
der andre verschwand. Sv drangen Benningsen und Su-
bow in Pauls Zimmer. »Gott! er ist entronnen,« sagte
Subow, wie er das Bett des Kaisers leer sah. In der
That hätte sich Paul rette/i können, entweder durch eine
Fallthüre unter dem Bett, oder in die Gemächer der
Kaiserin; aber gerade unter ihm wohnte Alexander, und er
traute weder seinem Sohne, noch seiner Gattin. Blaß
vor Schrecken , in der Nachtmütze und im Flanellwamms,
ohne Schuhe und Strümpfe, flüchtete er zuerst unter das
Bett, dann hinter einen Feuerschirm, wo ihn Benningsen
beim Schimmer der Nachtlampc entdeckte. Der General
begrüßte ihn mit dem Degen: »Sie sind Gefangner auf
Befehl des Kaisers Alexander; Ihr Leben wird geachtet
werden, Ihre Sicherheit aber erheischt unerläßlich, daß
Sie keinen Widerstand leisten.« Paul blickte stumm und
regungslos vor sich hin. Während Benningsen die Thür
ren abschloß, welche zur Kaiserin, nach der Garderobe
und in 2 andre Räume ohne Ausgang führten, wie«
derholte Subow auf russisch die Worte: »Sire, Sie
sind auf Befehl des Kaisers Alexander Gefangner.» »Wie?
Gefangner?" Einen Augenblick nachher fügte er hinzu:
»was habe ich euch gcthan?» »Die 4 Jahre hindurch
haben Sie uns gequält,« erwiederte Einer der Verschwor«
nen. Plötzlich hörte man Geräusch, worauf Subow hin-
unter zum Großfürsten Alexander eilte; denn die Mör«
der, welche ans Trunkenheit zuerst den Weg verfehlten,
12*
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Extrahierte Personennamen: Finis_Poloniae Subow Paul Alexander Alexander Alexander Alexander Subow Alexander_Gefangner Alexander Subow Alexander Alexander
Finís Poloniae.
181
dürfen, um von der Armee anerkannt zu werden." „Und
was wird aus meiner Marter?" „Im Augenblicke," fiel
Pahlen ein, „werde ich zu Ihrer Majestät eilen." Er
sandte die Gräfin Lieven, eine der ersten Hofdamen,
ins Schlafgemach: unbegreiflicherweise war Maria Fcdo-
rowna nicht einmal aufgxwacht: „ist meine Tochter Ale-
xandra gestorben?" fragte sie, „ist die Palatinin von Un-
garn todt?" „Nein, gnädigste Frau, Ihre Majestät muß
ein größres Unglück überleben: der Kaiser ist am Schlag-
flusse gestorben." „O!" rief die Kaiserin, „er ist ermor-
det!" schritt im Gefolg der weinenden Großfürstinnen
Maria und t h a r i na durch den Saal zwischen ih-
ren und Pauls Gemächern, gab dem sie aufhaltenden Garde-
lieutcnant Pettorotzkoi eine Ohrfeige, sank dann ohn-
mächtig in einen Armstuhl, erholte sich durch ein Glas
Wasser, und kehrte in ihr Zimmer zurück, wo Pahlen
eintrat. „Ich bin gekrönt," sagte sie zu Diesem, „bin
regierende Kaiserin: mir muß der Eid der Treue ge-
schworen werden." „Wieder ein unerwartetes Hinder-
niß!" ausserte hierüber Alexander. Doch Pahlen nö-
thigte ihn, sich zu zeigen: ein Wagen, den man schein-
bar zur Wegführnng Pauls in die Citadelle bereit gehal-^
ten hatte, führte ihn in den Winterpallast, und dort
huldigten ihm die vornehmsten Offiziere, während Ben-
ningsen mit äusserster Mühe die Kaiserin umstimmte. Bald
aber behauptete ein Priester, auf wunderbare Weise ein
Bild empfangen zu haben, mit der Unterschrift: „Gott
wird alle Mörder Pauls I. strafen." Pahlen klagte bei
Alexander, bekam Erlaubniß, dem Betrug zu steuern,
ließ den Priester peitschen, und erfuhr von ihm: «die
Kaiserin Mutter habe es befohlen, und bei ihr finde sich
ein ähnliches Bild." Pahlen setzte es durch, daß das-
selbe aus der Kapelle Maria Fedorownas entfernt wur-
de: sie forderte Genugthuung, und Beckietschew er-
hielt Befehl von Alexander, dem Grafen Pahlen zu be-
deuten, daß er Petersburg ohne Aufsehen verlasse: Pah-
len legte sogleich seine Aemter nieder. „Der Plan ist
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Finís_Poloniae Maria_Fcdo- Maria Maria Pauls Alexander Alexander Alexander Alexander Maria_Fedorownas Maria Beckietschew Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Maria Pettorotzkoi Wegführnng_Pauls Petersburg
Kaiser Napoleon «. die französische Universalmonarchier 514.
sches Einhalt. Den 12. warf Kutusow kaum eine Stunde
vor Moskau, als ob er neuen Widerstand beabsichtigte,
einige Derschanzungen auf; den 13. hielt er Kriegsrath
die Mehrzahl wünschte sich zu schlagen: er und Barclay
entschieden für das Gegentheil. Sofort besprach er mit
dem Gouverneur, Grafen Rostvpschin, die gänzliche
Räumung Moskaus: alle Einwohner sollten die Stadt
verlassen; denn hiedurch wurde dem Feinde die Gelegen-
heit zu Brandschatzungen und Requisitionen, zur Ver-
ständigung mit den Russen und zur Spionerie abgeschnit-
ten, und der menschenleere Ort konnte nicht mehr als
Pfand des Friedens gelten. Rostopschiu, ein glühender
Franzoseufeind, der Feuer in seine eignen Landhäuser
schleuderte, damit sie nicht „durch die Gegenwart der Frev.
ler besudelt" würden, gab jener Maßregel Nachdruck:
Moskau brauste wie von einer Völkerwanderung: ein
Pferd, ein kleiner Bauerwagen kosteten sechsmal soviel
Miethe, als vor etlichen Monaten im Kauf: der Adel,
überhaupt nur den Winter über hier seßhaft, war vor-
her schon verreist: nur 12 bis 15,000 Menschen, theils
Fremde, theils von der untersten Klasse, blieben zurück:
am 14. Morgens eilte auch Kutusow südostwärts nach
Kolomna. Nachmittags 1 Uhr staunte Murat, als er
vom Berge des Grußes aus die asiatisch bunte Pracht
der Czarcustadt herniederschaute, auf ihre 9000, mei-
stens patlastähnlichcu, mit Sturzblech gedeckten Häuser,
auf ihre 800 Kirchen, 30 Klöster und 1600 Thürme, de-
ren vergoldete Kuppeln in der Sonne glänzten. Napo.
leon erschien vor den Thoren, und Alles war still, keine
Deputation zeigte sich, um seinen Schutz anzuflehen. Un-
ter unheimlichen Gefühlen eingezogen, wurden die Fran-
zosen Nachts durch Jeuerlärm geweckt: an verschiednen
Stellen zugleich loderten die Flammen auf: man löschte:
da wirbelte anderswo der Rauch. Es mochte Folge von
Unvorsichtigkeit seyn; denn Manche zündeten Holzstöße
vor Pallästen an, die ihnen steinern schienen, während
sie aus Balken gezimmert waren, und weiten Spielraum
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T17: [Uhr Feind Truppe General Schlacht Armee Napoleon Kampf Angriff Stellung], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]