Chlodowechs Söhne bis zum Tode Theuderichs.
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die ripuarischen und oberfränkischen Gebiete und dazu ein Stück des ehemaligen Westgotenlandes, nämlich die Auvergne mit den angrenzenden Landschaften, Chlodomer Aquitanien d. H. das übrige von Chlodowech den Westgoten entrissene Land, Childebert den Strich zwischen Seine und Loire mit der Bretagne und Normandie, Chlothar die altsalischen Lande und den Küstenstrich westlich bis zur Seine. Das alte Reich des Syagrius wurde dabei ziemlich gleichmäßig verteilt, und hier im Mittelpunkt des Reiches lagen auch nicht weit voneinander, damit die Höfe sich leicht zusammen verständigen konnten, die Residenzen der vier Brüder: Theuderich hauste in Metz, Chlodomer in Orleans, Childebert in Paris, Chlothar in Soissons.
Die Söhne strebten dem Vater nachzuahmen und erweiterten das ererbte Reich mit Glück und Erfolg; namentlich Theuderich war ihm nicht unähnlich an Kraft und Verstand; aber sie hatten auch des Vaters Tücke und Treulosigkeit geerbt und ahmten sein Beispiel auch in der durch die schlimmsten Künste herbeigeführten Ausrottung der Verwandten nach. Die Frevel des Ahnherrn wucherten fort, sie vergifteten durch mehrere Menschenalter sein Geschlecht, das die ärgsten Feinde in seinem eigenen Schoße fand. Es war, als ob das von Chlodowech so unmenschlich vergossene Blut der fränkischen Fürsten, um Rache zum Himmel schreiend, die Nachkommen des Thäters wider einander selbst aufregte, ihnen zu rastloser Verfolgung Schwert und Dolch in die Hand gab.*)
Zunächst hielten die Brüder allerdings fest zusammen; war auch ein jeder von ihnen selbständiger Landesfürst, so betrachteten sie doch ihre Reiche als ein zusammengehöriges Ganzes. Dieser Zusammenhang zeigte sich namentlich in kirchlichen Angelegenheiten. Es wurden Konzilien von mehreren Königen gemeinsam berufen, und auch bei den Kirchenversammlungen der Teilreiche konnten Bischöfe aus den andern Teilreichen erscheinen. Aber auch in kriegerischen Unternehmungen sehen wir die Brüder oft gemeinschaftlich vorgehen, obwohl es nicht immer in brüderlicher Eintracht geschah.
Die politischen Ereignisse, die unter den Nachfolgern Chlodowechs vorfielen, alle in möglichst gleichmäßiger Ausführlichkeit zu erzählen ist weder möglich noch ratsam, da es uns vielfach an einem zuverlässigen Quellenberichte fehlt und in andern Fällen die Thatsachen oft nicht geeignet sind, die Teilnahme heutiger Leser zu erregen. Wichtiger als die äußeren Ereignisse an sich erscheinen oft die lebensvollen Schilderungen und halb sagenhaften Berichte, die wir hauptsächlich Gregors Werke entnehmen und die für die Kenntnis des Zeitcharakters im allgemeinen, insbesondere der Sitten und Anschauungen von höchstem Werte sind.
Schon 516 mischte sich König Theuderich in die Angelegenheiten des
*) Vgl. Loebell, Gregor von Tours und seine Zeit. 2. Aufl. S. 19 f.
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Extrahierte Personennamen: Chlodowechs Chlodomer_Aquitanien Chlodowechs Gregors König_Theuderich Gregor_von_Tours Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Westgotenlandes Bretagne Paris Soissons
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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
ließ er sofort die gefangene Königsfamilie bei Coulmier, einem Dorfe im Gebiet von Orleans, in einen Brunnen werfen. Dann zog er gegen Burgund zu Felde und rief auch den König Theuderich von Austrasien zum Beistände herbei; und dieser versprach wirklich zu kommen; den Tod seines Schwiegervaters zu rächen fiel ihm nicht ein, Aussicht auf Beute und Landerwerb war stärker als die Pflicht der Blutrache. Bei Veseronce im Gebiete von Vienne kam es zur Schlacht. Godomar siegte, während Chlodomer selbst das Leben verlor. Die Feinde hieben ihm das Haupt ab und steckten es triumphierend auf eine Stange. So war Burgund noch einmal gerettet (524).
Da Chlodomer nur drei noch unmündige Knaben als Erben seines Reiches hinterließ, so bemächtigten sich seine Vollbrüder Chlothar und Childebert des Erbes und teilten Chlodomers Reich unter sich, so daß es seitdem nur noch drei fränkische Königreiche gab. Um aber des Raubes sicherer zu sein, beschlossen die Unmenschen auch ihres Bruders Söhne zu ermorden. Gregor berichtet hierüber folgende herzzerreißende Geschichte, die einen Blick in die schauerliche Roheit und Herzenshärte dieser Merowinge thun läßt. Die alte Königin Chlothilde, die sich damals in Paris aufhielt, hatte die armen Waisen, ihre Enkel, zu sich genommen, um sie zu pflegen und zu erziehen. Da bemerkte Childebert, daß seine Mutter mit besonderer Zärtlichkeit an den Söhnen Chlodomers hing, und er ward neidisch und fürchtete, sie möchten durch die Gunst der Großmutter zum Throne gelangen. Deshalb schickte er heimlich Boten an seinen Bruder Chlothar und ließ ihm
sagen: „Unsere Mutter läßt die Söhne unseres Bruders nicht von sich
und will ihnen die Herrschaft wieder verschaffen. Komm also schnell nach
Paris; denn wir müssen Rat pflegen und bedenken, was mit ihnen geschehen soll, ob wir ihnen die Locken abschneiden und sie so dem andern Volke gleich machen, oder ob wir sie lieber töten und das Reich unsers Bruders behalten." Über solche Botschaft hocherfreut kam Chlothar nach Paris. Darauf breiteten die beiden Bosewichter unter der Menge das Gerücht aus, sie seien zusammengekommen, um jenen Kindern ihr elterliches Erbe wiederzugeben und sie zu Königen einzusetzen. Dann schickten sie gemeinsam Boten zu ihrer Mutter mit der Bitte: „Schicke uns die Kinder, daß wir sie auf den Thron erheben." Die Großmutter war voll Freude über diese Botschaft, denn sie ahnte nicht die Hinterlist. Sie gab den Boten Speise und Trank und entsandte zwei der Kinder, die gerade bei ihr weilten, indem sie zu ihnen sprach: „Nun wird mir sein, als ob ich meinen Sohn nicht verloren hätte, wenn ich euch an seiner Statt zu Königen erhoben sehe." Sobald aber die Knaben bei Childebert und Chlothar an-
kamen, wurden sie sofort festgenommen und von ihren Begleitern getrennt. Dann sandten Childebert und Chlothar einen Vertrauten an Chlothilde
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Extrahierte Personennamen: Godomar Chlothar Gregor Gregor Childebert
Chlodowechs Söhne bis zum Tode Theuderichs.
mit einer Schere und einem entblößten Schwert. Und als dieser zu der alten Königin kam, zeigte er ihr beides und sprach: „Deine Söhne, unsre Gebieter, wünschen zu erfahren, was du meinst, daß mit jenen Knaben geschehen müsse: ob ihnen die Locken geschoren oder ob sie beide getötet werden sollen." Die Greisin, aufs tiefste erschrocken und in ihrem bittern Schmerz kaum selber ihrer mächtig, rief wie außer sich: „Lieber will ich sie tot sehen als der Locken beraubt." Der Bote achtete nicht auf ihren Schmerz und wartete auch nicht ab, ob sie bei reiflicher Überlegung etwas anderes sagen werde, sondern kehrte eiligst zurück und sprach zu den Königen: „Vollendet nur die That; die Königin selbst wünscht, daß es geschehe."
Sogleich wurde nun zum Morde geschritten. Chlothar ergriff den älteren
der Knaben beim Arm, warf ihn auf die Erde, stieß ihm ein Messer in das Herz und ermordete ihn grausam. Und als das arme Kind entsetzlich schrie, stürzte sich fein jüngerer Bruder in der gräßlichsten Todesangst zu Child'eberts Füßen, umschlang seine Knie und rief unter heißen Thränen: „Schütze mich, liebster Oheim, daß ich nicht umkomme wie mein Bruder!" Ein menschliches Gefühl regte sich in Childebert, -thränen rannen über sein Antlitz, und er sprach: „Ich bitte dich, teuerster Bruder, sei barmherzig und schenke mir das Leben dieses Knaben; ich will dir dafür zahlen, was du verlangst; nur töte ihn nicht." Aber Chlothar fuhr wütend auf: „Stoße ihn von dir," schrie er, „oder du stirbst statt seiner! Du selbst hast den ganzen Anschlag gemacht, und nun willst du dich feige zurückziehen?" Diese Worte reichten hin, Childeberts flüchtige^ Rührung zu ersticken ; beschämt, der Unentschlossenheit angeklagt zu sein, stieß er das arme Schlachtopfer in die Hände des Mörders. Chlothar erstach auch den zweiten
Knaben. Als sie darauf auch die Diener und Erzieher der Kinder um-
gebracht hatten, fchwang sich Chlothar auf fein Roß und ritt von dannen, Childebert aber zog sich außerhalb der Mauern von Paris in die Vorstädte zurück. Unbeschreiblich war der Schmerz der Großmutter. Sie legte die Leichen der Kinder auf eine Bahre; mit unsäglicher Trauer, unter den Chorgesängen der Priester folgte sie ihnen zur Kirche des heiligen Petrus und bestattete sie dort nebeneinander. Der eine war zehn, der andre sieben Jahre alt gewesen. Es war noch ein dritter Bruder der Ermordeten am Leben, Chlodowald mit Namen, dem die Ruchlosen gern dasselbe Los bereitet hätten. Doch konnten sie seiner nicht habhaft werden, weil er durch den Beistand vornehmer Franken ihren Mörderbänden entzogen wurde. Chlodowald sagte dem weltlichen Leben ab und wandte sich dem Herrn zu; mit eigner Hand schnitt er sich die Königslocken vom Haupte und wurde Geistlicher. Als solcher ist er um das Jahr 560 in dem von ihm gegründeten Kloster Saint Clond eines sanften Todes gestorben.
Mit dem Reiche Chlodomers konnten nun Childebert und Chlothar
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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
nach Belieben schalten. Jener nahm die Gebiete an beiden Loire-Ufern mit Orleans; Chlothar, der des gefallenen Chlodomer Gattin, die Mutter der später so scheußlich Ermordeten, geheiratet hatte, Touraine und Poitou. Darauf unternahmen die beiden Brüder den dritten Angriff auf Burgund, das schon so lange das Ziel der merowingischen Ländergier gewesen war. In der That mußte die Staatsklugheil der Frankenkönige danach streben, dieses Reich, durch welches allein noch die Länder ihres Hauses an einem ununterbrochenen Zusammenhang und einer zweckmäßigen Abrundung verhindert wurden, zu erobern; und seit Theoderich der Große nicht mehr warnend und drohend seine Stimme erheben konnte, stand dem Streben nach diesem wichtigen Besitz nichts mehr im Wege. So rüsteten sich Chlothar und Childebert zum Kriege gegen das Burgundenreich, und diesmal (532) glückte das Unternehmen vollständig. Sie belagerten Autun und schlugen den König Godomar, der vermutlich zum Entsatz herbeieilte, in die Flucht. Sein Schicksal ist unbekannt, er wird seitdem nicht wieder genannt. Sein Reich aber, das sich zu beiden Seiten der Rhone und Saone ausdehnte und sich östlich bis zum Jura und den Alpen erstreckte, kam in die Gewalt der beiden Könige Childebert und Chlothar, die es unter sich teilten.
Auch ihren Halbbruder Theuderich hatten sie aufgefordert, sich an der Eroberung Burgunds zu beteiligen. Dieser aber lehnte, wir wissen nicht warum, ab. Da zürnten ihm seine beutegierigen Franken und erklärten ihrem Könige — man sieht, daß die Königsgewalt seit Chlodowechs Tode doch durch die Reichsteilungen wieder gesunken war — ganz offen heraus: „Wenn du nicht mit deinen Brüdern nach Burgund ziehen willst, so verlassen wir dich und ziehen es vor, jenen zu folgen." Und der König kann so wenig daran denken, sie wegen des offen angekündigten Abfalls zu strafen, daß er sie vielmehr zu beschwichtigen sucht. Er gedachte, so berichtet Gregor, an die ungetreuen Arverner, die romanischen Einwohner der zu seinen Besitzungen gehörenden Auvergne, und sprach zu seinen Mannen: „Folget nur mir! Ich werde euch in ein Land führen, wo ihr Gold und Silber finden werdet, so viel euer Herz verlangt; Herden und Sklaven und Kleider könnt ihr dort in Hülle und Fülle erbeuten. Folget nur ja meinen Brüdern nicht!" Durch diese Versprechungen berückt, versprachen sie ihm seinen Willen zu thun.
In demselben Jahre nämlich, wo Burgund dem Frankenreiche einverleibt wurde, versuchten die Arverner Theuderichs Joch abzuschütteln. Als dieser noch in Thüringen weilte, verbreitete sich in der Auvergne einst die Kunde, er sei gefallen; und ein vornehmer Römer Namens Arkadius, ein Enkel des berühmten Sidonius Apollinaris, forderte im Namen einer zahlreichen Partei den Childebert auf, von dem Lande Besitz zu ergreifen. Childebert war auch sogleich bereit gewesen, dem Sohne Theuderichs, Theude-
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Childebert
282 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
wingern fast unerhörten Tugend — treten bei ihm nicht selten hervor?) Theuderich hatte einen Verwandten, den oben erwähnten Sigiwald, ermordet und sandte seinem Sohn Theudebert, der damals gegen die Westgoten zu Felde lag, den Befehl, dem Giwald, einem Sohn des Getöteten, der bei ihm war, ebenso zu thun. Theudebert aber zeigte diesem den Brief des Vaters. „Flieh," sprach er, „und wenn du hörst, daß mein Vater gestorben ist und ich statt seiner herrsche, so kehre ruhig zurück." Giwald banste seinem Retter und ging erst nach Arles, dann, als er sich dort nicht sicher glaubte, weiter nach Italien. Bei der Nachricht vom Tode seines Verfolgers verließ er der erhaltenen Weisung zufolge feinen Verbannungsort und erschien vor Theudebert. Dieser empfing ihn mit großer Freude und gab ihm nicht nur alle Güter Sigiwalds, die sein Vater eingezogen hatte, zurück, sondern fügte großmütig auch noch den Dritten Teil reichlicher und glänzender Geschenke hinzu, die er eben von seinem Oheim Childebert erhalten hatte. Er war der Pate Giwalds, aber einen andern Merowinger würde dies schwerlich zur Schonung vermocht haben. Da Beweise so hochherziger Gesinnung ganz selten sind in dieser wilden Zeit und unter diesem gewaltsamen Geschlecht, und es wohlthut, einige Lichtblicke in das finstere Gemälde hereinfallen zu sehen, so teilen wir noch einen andern Zug des Wohlwollens mit, den Gregor**) von Theudebert berichtet. „Der Bischof Desiderius von Verdun, dem einst König Theuderich großes Unrecht angethan, und der nach vielen Leiden und Trübsalen nach Gottes Willen endlich seine Freiheit wiedergewonnen hatte und — wie wir eben jagten — Bischof von Verdun geworden war, sah, wie die Bewohner von Verdun sehr arm und hilflos waren, und fühlte inniges Mitleid mit ihnen. Da er jedoch durch Theuderich feines Eigentums beraubt worden war und selbst nichts besaß, um sie zu unterstützen, zugleich aber König Theudeberts Gnade und Güte gegen jedermann kannte, schickte er Gesandte an ihn, die also sprachen: „Der Ruf von deiner Güte ist über das ganze Land verbreitet, da deine Freigebigkeit so groß ist, daß du selbst denen spendest, die nichts von dir verlangen. Ich bitte dich daher, daß deine Liebe uns einiges Geld leihe, aus daß wir damit unsere Mitbürger unterstützen können. Und wenn sie ihren Geschäften damit aufgeholfen und es genutzt haben werden, wie es in andern Städten geschieht, so werden wir dir dein Geld mit den gesetzlichen Zinsen zurückerstatten." Da wurde der König gerührt und schickte ihnen 7000 Goldschillinge.***) Der Bischof aber nahm sie und ver-
*) Löbell, Gregor von Tours und seine Zeit, S. 28.
**) Buch 3, Kap. 34. Gief ebrecht 1, S. 145 f.
***) Man vergesse nicht, daß das Geld damals etwa den zehnfachen Wert wie heutzutage besaß. Das vom Könige geliehene Geld würde nach heutigen Verhältnissen einer Summe von 7 — 800 000 Mark gleichkommen.
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Extrahierte Personennamen: Theuderich Giwald Childebert Bischof_Desiderius_von_Verdun Gregor_von_Tours Gregor
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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
Rede gewesen. Noch schwierigere Aufgaben harrten aber seiner, nachdem er den Thron seines Vaters bestiegen und die Herrschaft über dessen weitausgedehnte Länder übernommen hatte.
Die gefährliche Eifersucht seiner Oheime wußte Theudebert durch das kluge Auftreten, womit er sich der Treue seiner Großen versicherte, zu entwaffnen, und wenigstens Childebert war schlau genug, um sich den mächtigen Neffen nicht zum Feinde zu machen. Als Childebert sah, erzählt Gregor, daß er nichts gegen ihn ausrichten konnte, schlug seine feindselige Haltung gegen Theudebert völlig in ihr Gegenteil um. Er lud ihn zu sich ein, nahm ihn, da er selbst keine Söhne hatte, an Sohnesstatt an und überhäufte ihn mit so vielen Geschenken, daß sich alle darüber wunderten. Denn von allen Kostbarkeiten, die er besaß und die Könige haben müssen, als Waffen, Kleider und allerlei Schmuck, gab er ihm je drei Paare; desgleichen auch von seinen Rossen und großen Gold- und Silberschüsseln. Von da an waren Childebert und Theudebert eng verbündete Freunde; vermutlich durch Childeberts Vermittlung erhielt Theudebert auch noch einen Teil von dem burgundischen Reich.
Bald darauf — die Zeit läßt sich nicht genauer bestimmen — verbanden sich die neuen Freunde zu einem Feldzug gegen Chlothar, den Bruder Childeberts. Ein Grund oder Vorwand wird nicht erwähnt, und es bedurfte wohl auch keines solchen bei diesem sippenmordenden, macht-durstigen Geschlecht. Vielleicht waren Streitigkeiten über die Teilung der burgundischen Beute entstanden. Gregor berichtet über den merkwürdigen Zug folgende Sage, die recht gut auf ein wirkliches Ereignis zurückgehen kann: „Childebert und Theudebert brachen mit ihrem Heere auf und wollten gegen Chlothar zu Felde ziehen. Und da dieser davon hörte und meinte, er könne es mit ihrer Heeresmacht nicht aufnehmen, floh er in einen Wald — eine spätere Quelle nennt den Wald von Arelaunum, der an der untern Seine lag — und legte hier im Gebüsch große Verhaue an. Seine ganze Hoffnung setzte er — der Verwandtenmörder! — allein auf die Gnabe Gottes. Auch die greise Königin Chlothilbe wanbte sich, als sie bies vernahm, an Gott; sie kam zum Grabe des heiligen Martin von Tours, warf sich zum Gebete nteber und wachte die ganze Nacht, zu Gott flehenb, daß zwischen ihren Söhnen nicht der Bürgerkrieg ausbrechen möchte. Jene aber zogen mit ihrem Kriegsvolk heran, belagerten Chlothar und machten einen Anschlag, wie sie ihn am folgenben Tage töteten. Doch als der Morgen anbrach, erhob sich an dem Orte, wo sie lagerten, ein Sturm, warf die Zelte um, zerstreute das Gepäck und kehrte alles von oben nach unten. Blitze, Donner und Steine wetterten burch-einanber auf sie herab. Sie selbst fielen vornüber auf den mit Hagel fieberten Boben und würden von den herabfallenben Steinen schwer getroffen;
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Childeberts Gregor Martin_von_Tours
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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
Da erhoben sie sich wütend gegen den König, zerrissen sein Zelt, verfolgten ihn mit Schmähungen, ergriffen ihn mit Gewalt und drohten ihn zu töten, wenn er sich noch länger weigere, mit ihnen zu ziehen. Unwillig mußte Chlothar nachgeben. Doch als es zur Schlacht kam, wurden die Franken von den Feinden unter gewaltigem Blutvergießen aufs Haupt geschlagen. Darauf bat der König die Sachsen sehr beschämt um Frieden, indem er beteuerte, daß er nicht mit seinem Willen gegen sie gezogen sei; und als er den Frieden erhalten hatte, zog er heim.
So erzählt Gregor; auffallend ist es aber allerdings, daß, wie eine andere zuverlässige Duette berichtet, Chlothar den Sachsen einen jährlichen Tribut von achthundert Kühen auferlegte, den erst König Dagobert im Jahre 631 ihnen erließ. Mag daher wohl auch Gregor die Niederlage Chlothars mindestens stark übertreiben, so ist doch sein Bericht von höchstem Wert, „insofern er zeigt, daß, nach Auffassung eines Zeitgenossen, das Volksheer der Franken (wie einst dem Theuderich gegenüber, als er nicht nach Burgund ziehen wollte) so grimmig auf Kampf besteht, aus Kriegslust und Rachsucht, zumal aber aus Beutegier, daß es jedes andere Anerbieten ausschlägt; es ist die fortreißende, alles überwiegende Leidenschaft, die herrschende, des fränkischen Nationalcharakters. Zweitens aber ist lehrreich, daß ein Zeitgenosse daran glaubt, der König sei dem in seinen Waffen gescharten Volksheer gegenüber völlig unfähig, seinen Willen durchzusetzen; nicht der König entscheidet über Krieg und Frieden, vielmehr der Wille des Volksheers, und jener wird unter äußerster Demütigung und unter Androhung des Todes zum Nachgeben gezwungen."
Als Chlothar seinen Umritt antrat, hatte er seinen Sohn Chramm nach der Auvergne geschickt, da ihm diese Provinz seines neuen Reiches sehr unzuverlässig erschien. In Clermont hielt nun der junge, leichtsinnige Prinz seinen Hof. „Er that," wie Gregor sagt, „viele Dinge wider Vernunft und Recht, weshalb er auch vor der Zeit aus der Welt geschafft wurde. Das Volk fluchte ihm. Keinen Menschen liebte er, von dem er ersprießlichen Rat hätte hören sönnen, nur schlechte, lockere junge Leute
scharte er um sich, hielt sie wert und hörte auf ihren Rat, so daß selbst
Mädchen aus vornehmen römischen Familien auf feinen Befehl ihren Eltern
entrissen wurden." Den Firminus, den königlichen Grafen der Stadt,
entsetzte er ohne weiteres seines Amtes, verurteilte ihn zur Verbannung und ließ seine Güter einziehen, nur um einen seiner Günstlinge, den Satust i u s, an dessen Stelle zu bringen. Der Bischof Canti uns, den er auch zu beseitigen strebte, wußte sich vor seinem Verfolger nur durch Flucht in die Kirche zu retten. Infolge feines ausschweifenden Lebenswandels verfiel Chramm bald in eine hitzige Krankheit und verlor sein Haupthaar. Nach seiner Genesung begab er sich nach Poitiers, um hier seinen Oheim Childe-
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Gregor Gregor Gregor Canti Chramm
Chlodowechs Sohne und Enkel bis zum Tode Chlothars.
bert zu einem Bündnisse wider seinen eignen Vater zu bereden. Die Aufforderung war dem Childebert willkommen, der seinem Bruder grollte, weil er Theudobalds Reich allein in Besitz genommen halte. Um sich dafür zu rächen, bestärkte er den Sohn in feinem Vorhaben, sich gegen den Vater zu empören und ließ jenen Sachsen melden, jetzt sei es Zeit sich von Chlothars Herrschaft zu befreien. Die Sachsen brachen darauf zum drittenmal in Anstrasien ein und plünderten bis in die Gegend von Deutz bei Köln. Nachdem die beiden sich gegen Chlothar verschworen und ihre Verabredung getroffen hatten, kehrte Chramm nach der Auvergne zurück, ging aber zunächst nicht nach Clermont, sondern nach Limoges. Denn als die Einwohner von Clermont von Chramms beabsichtigtem Aufruhr hörten, verschlossen sie vor ihm die Thore und weigerten ihm den Eintritt. Und obwohl Chramm sie einschließen und belagern ließ und verheerende Krankheiten die Einwohner heimsuchten, so verteidigten sie sich doch wacker und hielten treu zu König Chlothar, von dem sie wenigstens eine mildere Behandlung als von seinem Sohne erwarten dursten. Chramm aber hielt seinen Umritt durch das Land, als ob er selbst König wäre.
Als Chlothar dies hörte, sandte er, durch seinen neuen Feldzug gegen die Sachsen behindert selbst zu kommen, seine beiden andern Söhne Chari-bert und Guntram gegen den Ausrührer zu Felde. Childebert aber machte zu gleicher Zeit einen Einfall in die Champagne, die er von dem Reiche Theudobalds für sich beanspruchte (557). Wie nun Charibert und Guntram in die Auvergne kamen und vernahmen, daß Chramm sich zu Limoges befinde, zogen sie ihm entgegen und trafen ihn bei dem „Schwarzen Berge" (jetzt noch Montagne noire). Daselbst, so erzählt Gregor, schlugen sie ihr Lager auf und schickten Gesandte an ihn, er solle des Baters
Eigentum, das er sich mit Unrecht angeeignet, herausgeben; wo nicht, so solle er sich zum Kampfe rüsten. Jener aber gab sich das Ansehn, als ob er sich gar nicht gegen seinen Vater ausgelehnt hätte, und antwortete: „Alles Land, was ich umritten habe, kann ich nicht mehr aus den Händen
lassen, weil ich verpflichtet bin, es zu schützen; aber ich wünsche es nur
mit Genehmigung meines Vaters in meiner Gewalt zu behalten." Da beschlossen die beiden andern Brüder, den Kampf entscheiden zu lassen.
Alsbald brachen beide Heere aus, und als sie mit großer Kriegsmacht auseinander los gingen, erhob sich plötzlich ein gewaltiges Ungewitter mit fürchterlichen Blitzen und Donnerfchlägen und nötigte sie, ihre Kriegemannen ins Lager zurückzuführen. Um aber seine Brüder zum Rückzug zu bewegen, ließ der schlaue Chramm ihnen durch einen unbekannten Mann melden, ihr Vater sei im Sachsenkriege ums Leben gekommen. Jene nahmen die Nachricht auf Treu' und Glauben an, voll Besorgnis wegen der Erbschaft machten sie sich sofort auf und rückten nach Burgund, um sich dieser Pro-
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Die Franken bis zum Untergange der Merowinger.
vinz alsbald zu versichern. Chramm aber setzte ihnen mit seinem Heere nach und kam bis zur Stadt Chalons an der Saone, die er belagerte und eroberte. Hierauf wandte er sich gegen Dijon und schlug hier sein Lager auf. Aber die Stadt war zu fest, als daß er sie einnehmen konnte, und die Besatzung verweigerte die Übergabe. Da zog er ab, vermählte sich mit Chalda, der Tochter des Herzogs Wilichar von Aquitanien, und gewann damit diesen mächtigen Vasallen seines Vaters für sich. Dann begab er sich nach Paris, um mit Childebert weitere Verabredungen für den Krieg gegen Chlothar zu treffen. Childebert hatte inzwischen die ganze Champagne in seine Gewalt gebracht und war bis Reims vorgedrungen, während Chlothar noch immer gegen die Sachsen kämpfte.
Darauf brach Chramm in das Gebiet von Tours und Poitiers ein, das ganz und gar nicht auf einen feindlichen Überfall vorbereitet war. Der dortige Herzog Austrap flüchtete sich in die Kirche des heiligen Martin, wo ihn Chramm streng bewachen ließ und verbot, ihm irgend etwas zu essen oder zu trinken zu reichen, damit er verhungere. Dennoch gelang es aufopfernden Freunden, ihm Nahrungsmittel zu bringen, so daß er dem Hungertode entkam.
Chramms Unternehmen machte ganz bedeutende Fortschritte, und Chlothar eilte, nachdem er die Sachsen beruhigt hatte, nach Westen, um zunächst seinen Bruder Childebert anzugreifen. Da starb dieser, nachdem er längere Zeit bettlägerig gewesen war, zu Paris gegen Ende des Jahres 558. Seine Großen aber wandten sich sofort dem König Chlothar zu, so daß derselbe von dem Reiche seines Bruders ohne Widerstand Besitz ergreifen konnte. Da nun Chramm ganz allein stand, so hielt er es für ratsam die Verzeihung seines Vaters zu erstehen, die ihm auch zuteil ward. So war Chlothar Alleinherrscher des fränkischen Reiches geworden; Chlodowechs Scepter lag, freilich nur für kaum drei Jahre, wieder in einer Hand.
Von noch kürzerer Dauer war die Eintracht zwischen Chramm und seinem Vetter. Jener versuchte noch einmal das Banner des Aufruhrs zu erheben. Doch sein Unternehmen schlug fehl, und er mußte sich mit seiner Gemahlin und seinen Töchtern nach der Bretagne zu dem keltischen Grafen Chonober flüchten. Auch sein Schwiegervater, der Herzog Wilichar von Aquitanien, stoh und barg sich mit seinem Weibe vor der Rache Chlothars in der Kirche des heiligen Martin zu Tours. Mit ihm hatten sich noch mehrere Empörer hierhin geflüchtet; aber die Kirche geriet, natürlich nicht zufällig, in Brand, und die Unglücklichen kamen in den Flammen um. Über das schreckliche Ende des meuterischen Sohnes berichtet Gregor ungefähr Folgendes: Er-gimmt zog König Chlothar mit einem Heere gegen Chramm in die Bretagne. Der Sohn aber scheute sich nicht, ihm mit den Waffen Trotz zu bieten. Und als beide dicht beieinander auf einer Ebene lagerten und Chramm die
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Extrahierte Ortsnamen: Dijon Paris Reims Sachsen Poitiers Sachsen Bretagne