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1. Teil 2 - S. 91

1882 - Leipzig : Brandstetter
Bibel, Predigt und Kirchenlied im 15. Jahrhundert. 91 14. Bibel, predigt und Kirchenlied int 15. Jahrhundert. (Nach: Geffcken, Der Bilderkatechismus des 15. Jahrhunderts. Leipzig. 1855. @.1—16. Hoffmann von Fallersleben, Geschichte des deutscheu Kirchenliedes. Hannover. 1861. S. 150-198.) Das 15. Jahrhundert ist oft, aber mit Unrecht, gering geschätzt worden. Die unendliche geistige Arbeit dieses Jahrhunderts, auf die allein schon die wunderbare Entfaltung der Buchdruckerkunst hinweist, und ohne welche der geistige Umschwung des 16. Jahrhunderts unmöglich gewesen sein würde, blieb größtenteils unerkannt. Die Wiedererweckung der klassischen Studien von Italien aus, die Entwickelung der Universitäten, die Männer, die man Vorläufer der Reformation oder Reformatoren vor der Reformation genannt hat, waren es, worauf allein die Aufmerksamkeit sich richtete. Aber der Gesichtspunkt „Reformatoren vor der Reformation" ist nur ein einzelner, nicht allein berechtigter. Wir treffen im 15. Jahrhundert viele Männer an, denen die großen informatorischen Gedanken des 16. Jahrhunderts fern lageu, und die doch in ihrer Weise trefflich und nach dem Maße ihrer Kräfte eifrig wirkten. Ihre treue Arbeit trug auch eitteu Teil dazu bei, eine neue Zeit herbeizuführen. Vor allem lastete schwer auf dem 15. Jahrhundert, daß die Bestrebungen nach einer wahren Besserung der Kirche an Haupt und Gliedern wieder und immer wieder zurückgedrängt wurden. Mit dem Eintritt der Reformation nahm die geistige Strömung der Zeit eine ganz andere Richtung, und wenn der Strom mächtig anschwoll, so konnte es leicht geschehen, daß in seinen Wogen gar nicht mehr unterschieden wurde, was doch aus den Quellen des 15. Jahrhunderts geflossen war. Zu den Vorurteilen gegen das 15. Jahrhundert gehören besonders die Meinungen, die Heilige Schrift sei unter den Geistlichen, besonders aber unter dem Volke gänzlich unbekannt und in deutscher Sprache nicht vorhanden gewesen, es sei wenig oder gar nicht in deutscher Sprache gepredigt worden und es habe vor Luther kein deutsches Kirchenlied gegeben. Bezüglich der Meinung von der Unbekanntschaft des Volkes mit der Bibel hat man einige Äußerungen von Luther und Matthesius, die gewiß ihre eigenen Lebenserfahrungen in voller Wahrheit ausdrücken, fälschlich dazu benutzt, die Zustände von ganz Deutschland damit zu schildern. Nun war aber die Gegend, in der Luther und Matthesius aufwuchsen, hinter anderen Teilen Deutschlands in geistiger Beziehung weit zurück, und die Erfahrungen, die ein armer Bettelmönch in seiner Jugend machte, sind noch nicht geeignet, den Bildungszustand des ganzen deutschen Volkes zu bezeichnen. In den Werken des 15. Jahrhunderts liegen die unzweideutigsten Zeugnisse dafür vor, daß eine genauere Bekanntschaft mit der Heiligen Schrift bnrchaus keine Seltenheit war. Nehmen wir z. B. Sebastian Braut, so würde wohl in unsern Tagen ein Jurist nicht geringe Aufmerksamkeit erregen, wenn er eine so genaue Kenntnis der Heiligen Schrift zeigte, wie

2. Teil 2 - S. 129

1882 - Leipzig : Brandstetter
Einfluß der humanistischen Richtung auf Wissenschaft und Volkstum. 129 durch den Druck möglichst zu verbreiten. Alte Autoren, mit oder ohne Anmerkungen, wurden herausgegeben und zwar von allen Gattungen, Redner, Philosophen, Historiker, Dichter. Da jedoch die griechische Sprache weniger bekannt war, so bemühte man sich, die griechischen Schriftsteller ins Lateinische zu übersetzen, um sie so zugänglicher zu machen. Pirkheimer übersetzte mehrere kleine Schriften von Lncian, Jsokrates, den Thnkydides und Xenophon. Celtes machte ihm sogar den Vorschlag, den Homer zu übersehen, was er jedoch ablehnte. In der Wahl der übersetzten Stücke tritt immer die praktische Tendenz hervor. Es ist Pirkheimer darum zu thun, solche Schriften zu übersetzen, deren Inhalt irgend eine Beziehung zur Gegenwart hat, aus denen die Zeitgenossen sich etwas abnehmen können. Es sind meist Regeln der Lebensklugheit, wie denn gerade Luciau und Plntarch, Pirkheimers Lieblingsschriftsteller, hierin ausgezeichnet sind. Nächst der Herausgabe und Verbreitung der Klassiker war man auch bemüht, bessere Schulbücher herauszugeben, Wörterbücher, Grammatiken und Anleitungen zum lateinischen Stil, um statt des bisherigen barbarischen ein reineres Latein einzuführen. Um den bessern Unterricht der Jugend hatte sich früher Dringenberg verdient gemacht. Renchlin half durch ein lateinisches Wörterbuch und eine griechische Grammatik nach. Am ausgedehntesten aber wirkte in dieser Richtung Jakob Wimpheling, der in seinen Schulschristeu kaum eine Seite der Erziehung und des Unterrichts unberücksichtigt läßt. Wenn seine Schriften uns gegenwärtig nicht mehr befriedigen, so waren sie doch für ihre Zeit von großer Bedeutung, und sie gewannen in den Schulen große Verbreitung und großen Einfluß. Auch in Tübingen tauchten in den ersten Zeiten des 16. Jahrhunderts eine Menge von Schulbüchern, Grammatiken, Wörterbüchern und Anweisungen zum Stil auf. Der Mittelpunkt, von dein biefe Bestrebungen ausgingen, war Heinrich Bebel, ein Mann, der sich namentlich um den lateinischen Stil große Verdienste erworben hat. Er drang auf die Entfernung der barbarischen Sprachlehren, zeigte an dem Beispiele der besten römischen Autoren, wie man Latein schreiben müsse, ging sogar ins Einzelne ein und setzte an die Stelle der bisherigen barbarischen Phrasen und Wörter die besseren. An Bebel schlossen sich eine Menge von Schülern an: Altersteig, Henrichmann, Brassieanns, Nikolaus Kretz gaben Grammatiken heraus, und auch in anderen Gegenden verfolgte man ähnliche Ziele. So haben wir Grammatiken von Aventinus und von dem Nürnberger Cochleus. Einen anderen, fehr bedeutenden Zweig der neueren Litteratur bildeten die lateinischen Poesien, welche als eine Hauptbeschäftigung der Humanisten galten. Nicht nur wurden ganze Sammlungen lateinischer Gedichte herausgegeben, sondern fast jedem philologischen Werke finden wir etliche Poesien, Distichen oder Oden, angehängt. Man kann nicht sagen, daß alle diese Dinge als Poesien von Bedeutung seien; es ist meist versisieierte Prosa, die Form mit mehr oder weniger Glück den Alten entlehnt oder nachge- Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. Ii. 9

3. Teil 2 - S. 131

1882 - Leipzig : Brandstetter
Einfluß der humanistischen Richtung auf Wissenschaft und Volkstum. 131 Der Einfluß der alten Muster machte sich zunächst bezüglich der Form geltend. Man bemühte sich nicht nur, schön, deutlich und angenehm zu schreiben, sondern überall tritt auch das Bestreben hervor, das nachzuahmen, was die Alten besonders auszeichnet: die Darstellung der Affekte, der Leidenschaften, der Beweggründe, der Folgen einer Handlung; man wollte pragmatisch schreiben. Doch war der Einfluß der alten Muster nicht so groß, daß sie auch den Stoff geboten hätten. Nur wenige beschäftigten sich mit der Darstellung der alten Geschichte. Viel näher lag die deutsche Geschichte, welche als solche noch gar nicht bearbeitet worden war. Wie bei der Poesie, lernte man von den Alten die Form, aber den Inhalt nahm man aus der Gegenwart. Man wünschte einen deutschen Nationalsinn zu erwecken, eine Vaterlandsliebe, ähnlich der der Alten. Zu diesem Zwecke wollte man die großen Thaten der Vorfahren dem gegenwärtigen Geschlecht vor die Seele rufen. Man suchte die ältesten Denkmäler deutscher Geschichte hervor. Da man aber die ältesten Zeiten nur aus den Überlieferungen der Römer kannte, welche den Deutschen als Partei gegenüberstanden, wurde man zur Kritik der Quellen geleitet. Man nahm nicht alles mehr auf Treu und Glauben an, sondern sichtete und schied aus. Der Erste, welcher den Gedanken faßte, eine deutsche Geschichte in patriotischem Sinne zu verfassen, war Konrad Celtes. Seine Reisen machte er besonders in der Absicht, Denkmäler der alten deutschen Geschichte aufzusuchen, und manches von dem, was er gefunden, veröffentlichte er, z. B. die Dramen der Roswitha. Allein seinen eigentlichen Plan brachte er nicht zur Ausführung. Jakob Wimpheling aber unterzog sich dieser Aufgabe. Seine deutsche Geschichte ist nur ein kurzes Handbuch, vieles ist darin unberücksichtigt. Aber sür ihren Zweck war sie vortrefflich. Er hebt überall hervor, wie die Deutschen in früheren Zeiten sich ausgezeichnet, was sie für gewaltige Kaiser gehabt, wie sie auch in der Gegenwart in vielen Stücken, z. B. in Tapferkeit, Reinheit der Sitte, Erfindungsgabe re. den Vorrang behaupten. In demselben Sinne waren die historischen Arbeiten Heinrich Bebels. Er verherrlichte in verschiedenen Schriften den Ruhm der Deutschen, immer mit Anwendung auf das gegenwärtige Geschlecht, das er zur Nacheiferung ermuntert. In der Kritik der römischen Schriftsteller ist er am entschiedensten. Das Studium der älteren deutschen Geschichte ward in kurzer Zeit sehr allgemein. Man bemühte sich namentlich über die Wohnsitze der alten deutschen Völkerschaften sich klar zu werden, und in dieser Beziehung hat sich Pentinger durch die nach ihm benannte Tafel große Verdienste erworben. Ausgezeichnet sind auch die Geschichtswerke des Jreuicus (1518) und des Beatus Rhenanus. Beide fassen die gemachten Forschungen zusammen und bringen sie in ein Ganzes. Jenes umfaßt das alte wie das 9*

4. Teil 2 - S. 171

1882 - Leipzig : Brandstetter
Die Meistersänger. 171 Auch auf die geistige Bildung der Städte wirkte die Genossenschaft segensreich: die Beschäftigung mit der Kunst, war sie auch noch so handwerksmäßig, mußte den schlichten Handwerker geistig erheben, seinen Verstand schärfen, und vor allem ihn für höhere Verhältnisse des Sehens empfänglich machen. Und es ist gewiß nicht zufällig, daß gerade die Städte, in welchen der Meistergesang blühte, sich vor allen der Reformation zuwandten. , „ „ ( ™ ,r, r„ Vergessen werden darf auch nicht der Einfluß, den dte Meistersanger aus die Entwickelung und Fortbildung des deutschen Dramas gehabt haben. Hans Sachs, Georg Hager von Nürnberg, Sebastian Wild von Augsburg, Adam Puschmann von Görlitz u. a. sind auch als dramatische Dichter bekannt, und bei geistlichen wie bei Fastnachts-Spielen waren oft Mitglieder der Meistersängerzunft die Darstellenden. Hans Sachs sagt in einem vom 3. Dezember 1550 datierten Meisterliede: Auch wollen wir, wie andre jar, da ein Comedi halten auch aus göttlicher schriffte klar von Jsaac dem alten; und im Jahre 1593 bitten die Meistersänger von Freiburg im Breisgau den Rat der Stadt um Erlaubnis zur Ausführung einer „Eomödie aus der heiligen göttlichen Gschrifft." Die Zeit, welche den Untergang des deutschen Meistergesangs mit sich gebracht hat, ist die des dreißigjährigen Krieges. Auch hier begegnen wir seiner rauhen Spur, wie überall, wo wir Spuren mittelalterlicher Überlieferungen bis auf unsere Zeit herab verfolgen. Während die Nürnberger Singfchnle zur Zeit des Hans Sachs mehr als 200 Meistersänger zählte, konnte 1639 der Nürnberger Meistersänger Hachenberger in einer Urkunde über Schenkung von Meistergesangbüchern verfügen, daß dieselben vorgezeigt werden sollten, „wofern noch vorhanden oder sich finden möchten gute Lenthe und Liebhaber dieser hochlichen Kunst des Meistersingens, die Lust und Lieb hätten, in bemeldten Meistergesängen sich zu exerciren und zu erlustigeu." In Nürnberg wurde 1774 die letzte öffentliche Singschule gehalten. Die Meistersängergesellschaft zu Straßburg bat, nachdem sie vielen zum Gespött geworden^ 1781 den Magistrat um Aufhebung ihrer Einrichtung, und um nützliche Verwendung ihrer Einkünfte. Eine deutsche Zeitung von 1792 berichtet, daß zu Ulm die Meistersänger ans der Weberzunft noch im besten Flore seien, und in der That gab es 1830 in Ulm noch zwölf Meistersänger, und erst im Jahre 1839 lösten die letzten vier ihre Gesellschaft anf, um den dortigen Männergefangverein „Liederkranz" zum Erben ihrer Überlieferungen und ihres Eigentums einzusetzen.

5. Teil 2 - S. 216

1882 - Leipzig : Brandstetter
216 Nürnbergs Kunstleben gegen Ausgang des Mittelalters. licher sind die Passionsscenen von der Mehrzahl der damaligen Meister geschildert worden; rührender, ergreifender von keinem. Und diese Wahrheit der Empfindung verklärt alle seine Gestalten und giebt ihrem schlichten, bürgerlichen Wesen einen Hauch jener seelenvollen Schönheit, der selbst den Mangel idealer Schönheit vergessen macht. Von Humor umspielt ist ein genrebildliches Relief, welches Krafft 1497 an dem Portal der städtischen Wage anbrachte, wo es sich noch heute befindet. Wenn in der Malerei, Holzbildnerei und Steinskülptur mit Nürnberg noch mehrere andere Städte Süd-Deutschlands wie Würzburg, Ulm, Augsburg in erfolgreicher Weise wetteiferten, fo scheint dagegen nirgendwo ein ernstlicher Versuch gemacht worden zu sein, der Vaterstadt Peter Wischers den alten Ruf im Erz- und Rotguß streitig zu machen. Es ist nicht bekannt, daß irgend eine Gießhütte Deutschlands auch nur annähernd eine Bedeutung erlangt hätte, wie die des genannten Meisters, von dessen Familie die Gießkunst mehrere Generationen hindurch betrieben und zu hoher Vollkommenheit gebracht wurde. Daß Nürnberg der Hauptort für Rotgießerei war, erhellt fchon aus dem Umstande, daß man sich mit Bestellungen aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands au die Vischersche Gießhütte wandte. In dieser berühmten Anstalt wurden Gegenstände aller Art angefertigt, von den alltäglichsten Gerätschaften bis zu den feinsten Kunstarbeiten. Unter den letzteren nahmen die Grabdenkmäler fürstlicher Personen die erste Stelle ein. So findet man Vischersche Grabplatten in Wittenberg, Erfurt, Breslau, Regensburg, Aschaffenburg u. s. w. Von den Lebensschicksalen Peter Wischers sind nur dürftige Nachrichten auf die Nachwelt gekommen, man weiß nicht einmal mit Bestimmtheit das Jahr seiner Geburt anzugeben. Schon sein Vater Hermann Bischer genoß eines großen Rufes, obwohl er als Künstler weit hinter dem genialen Sohne zurücksteht. Sichere Kunde von Peters Wirksamkeit besitzen wir erst von der Zeit an, wo der Meister in das reifere Lebensalter getreten war und seine Arbeiten mit Jahreszahl, Namen oder Monogramm zu bezeichnen pflegte. Diese auch von Dürer befolgte Neuerung, Kunsterzeugnisse mit dem Namen des Urhebers zu versehen, deutet auf eine wesentliche Veränderung in der Lebensstellung, welche die Künstler in Deutschland einnahmen, auf eine bewußte Erhebung über das Handwerk. Das künstlerische Selbstgefühl begnügt sich nicht mehr mit dem kurzlebigen Beifall der Mitlebenden, es rechnet schon auf den Nachruf, auf die Bewunderung kommender Geschlechter. So von einem edlen Ehrgeiz gespornt, sucht der Künstler sich selbst zu steigern, sich immer weitere und höhere Ziele zu stecken und seine Kräfte in reichster Weise zu entfalten. Und wirklich gewährt der Lebensgang Wischers ähnlich wie der Dürers die Thatsache eines unablässigen künstlerischen Fortschreitend Von unvergleichlicher Schönheit ist das Hauptwerk seines Lebens, das von 1508 bis 1519 ausgeführte Sebaldusgrab. Es galt hier in der Kirche St. Sebald dem (Schutzpatron der Vaterstadt, dessen Gebeine ein aus dem

6. Teil 2 - S. 217

1882 - Leipzig : Brandstetter
Nürnbergs Kunstleben gegen Ausgang des Mittelalters. 217 Mittelalter stammender Sarkophag umschloß, ein würdiges Denkmal zu errichten. Was Bischer an Kunstfertigkeit und Erfindungsgabe besaß, brachte Fig. 8. Sebalbusgrab. Von Peter Bischer. (Sebalduskirche in Nürnberg.) er, in der Ausführung von seinen fünf Söhnen unterstützt, bei diesem Werke zur Geltung. Der Sarkophag des Heiligen ruht auf einem Unterbau, dessen Flächen ^ ^

7. Teil 2 - S. 209

1882 - Leipzig : Brandstetter
Nürnbergs Kunstleben gegen Ausgang des Mittelalters. 209 dessen Handwerk ist Hauen, Stechen, Rauben, Morden, Brennen, Spielen, Saufen, Gotteslüstern, freventlich Witwen und Waisen machen, ja, das sich mit jedermanns Schaden nähret und außerhalb und innerhalb des Krieges auf den Bauern liegt." Wiewohl das Volk unter der Plage der Landsknechte viel zu leiden hatte, fehlte es doch auch nicht an allerlei Schwänken, die man von ihnen erzählte. Da wurde sowohl erzählt von Landsknechten, die durch einen pfiffigen Bauer oder gar durch ein Weib geprellt worden waren, wie auch von Bürgern und Bauern, die durch einen Landsknecht in lächerlichen Schaden gebracht worden waren. Vortreffliche Schilderungen der Landsknechtssitten enthalten namentlich einige Schwänke von Hans Sachs, derbem Treiben der Landsknechte mehr die humoristische Seite abzugewinnen verstand. 26. Nürnbergs Runstleben gegen Ausgang des Mittelalters. (Nach: Becker, Charakterbilder aus der Kunstgeschichte. Leipzig. 1865. S. 393—422.) "Aürnberg, die deutsche Stadt vor allen, giebt bis auf den heutigen Tag noch ein so eigentümlich-liebenswürdiges Bild von unserer Väter echt deutscher, treuherziger, biederer Gemütlichkeit und Kernhastigkeit im häuslichen Leben, in Kunst und Wissenschaft, daß es in jeder Weise, namentlich für den Kunstfreund, erfreulich ist, in ihren Mauern zu weilen und die Spuren eines Adam Kr afft, Veit Stoß, Albrecht Dürer und Peter Bischer zu verfolgen. Der bauliche Charakter der Stadt, wie wir ihn noch heute sehen, weist in allen seinen Grnndzügen darauf hin, daß hier einst mächtige Geschlechter, durch Reichtum, Betriebsamkeit und patriotische Gesinnung ausgezeichnet, geblüht und geherrscht haben. Nicht das Rittertum, nicht kirchlicher Einfluß hat Nürnberg zu Glanz und Ruhm verhelfen. Des Schutzes, den die Kaiser der Stadt in der Person des Burggrafen verliehen, waren die wackeren Bürger bald überdrüssig und vertrauten lieber der eigenen Kraft, als den Waffen der fremden Herren, von denen sie ihre Unabhängigkeit, ihr reichsstädtisches Recht zu wiederholten Malen bedroht sahen. Das verfallene Gemäuer der Burg weiß darum auch wenig von einer glänzenden und ruhmreichen Vergangenheit zu erzählen. Aber die Stadt — ist sie nicht reich an Kirchen und Kapellen? Weisen nicht diese und andere Denkmäler des christlichen Kultus, in Stein gemeißelt, in Holz geschnitzt, aus Erz geformt oder von kunstreicher Malerhand geschaffen, darauf hin, daß reiche Klosterherren, Bischöfe und Prälaten in der Stadt oder um dieselbe gesessen und sie mit besonderer Vorliebe zur Ehre Gottes und der Kirche geziert und geschmückt haben? Es ist wahr, Nürnberg ist wie wenige deutsche Städte reich an bildgeschmückten Gotteshäusern Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. Ii. 14

8. Teil 2 - S. 215

1882 - Leipzig : Brandstetter
Nürnbergs Kunstleben gegen Ausgang des Mittelalters. 215 Blütezeit, und neben diesen Jüngern war der alte Wohlgemnth an der Spitze einer großen Werkstatt noch immer unermüdlich mit Malen und Bildschnitzen beschäftigt. Zu den frühesten Arbeiten, die Veit Stoß in Nürnberg hervorgebracht, gehört das Flachrelief der Krönung Mariä durch Gottvater und Christus, das jetzt in der Burgkapelle aufbewahrt wird und dessen Ausführung von meisterlicher Vollendung ist. Ein Geist liebenswürdiger Reinheit und Milde waltet in der Scene, die eher etwas still Gemütliches als etwas Feierliches hat. Die Mctdomta ist ein echter Typus der lieblichen und feinen Frauenköpfe des Meisters. In dem prächtigen Kopse Gottvaters liegt, wenn auch nicht gewaltige Kraft, fo doch milde, väterliche Würde. Hauptwerke des Meisters sind der Englische Gruß in der Lorenzkirche, von dem Patrizier Anton Tuch er 1518 gestiftet, und ein Altar in Krakau. Nicht minder bedeutend als Veit Stoß in der Holzskulptur zeigt sich Adam Krasst als Steinbildner. Das erste nachweisbare Skulpturwerk Kraffts sind die sieben Stationen, Reliefs von ergreifender Wirkung. Die Figuren erscheinen keineswegs ideal, vielmehr kurz und derb, meistens in die damalige Nürnberger Tracht gekleidet; nur die Gestalt Christi zeigt schlichten Adel. Je weniger die „sieben Fälle" Christi auf dem Gange nach Golgatha dem Bildhauer dankbare Motive zur Entfaltung darzubieten scheinen, desto größer ist die Kunst des Meisters in Schattierung und dramatischer Steigerung der Scenen. Wie kummervoll niedergebeugt sehen wir den „Mann der Schmerzen" ans dem ersten Bilde, wo ihm seine Mutter begegnet! Wie tief ist dort das Seelenleid der gramgebeugten Mutter ausgedrückt! Die folgende Station, wo der unter der Last Zusammengebrochene von dem Schergen emporgerissen wird, giebt mehr äußerlich einen Moment empörender Gewaltthat. Aber zu den schönsten dieser Darstellungen gehört die dritte, wo Christus zu den ihn beklagenden Frauen das warnende Wort ausspricht: „Ihr Töchter von Jerusalem, weinet nicht über mich, sondern über Euch und Eure Kinder." Hier ist alles voll innerer Seelenbewegung, voll dramatischen Ausdrucks. Auch die vierte Station, Christi Begegnung mit Veronika, gehört zu den tief empfundenen. Die fünfte zeigt wieder das rohe Treiben und Drängen der Peiniger; auf der sechsten ist der Erbarmenswerte unter der Last des Kreuzes hingestürzt. Die letzte und zugleich die schönste, ergreifendste zeigt den Leichnam Christi im Schoße der Mutter, die noch einmal einen Knß auf die verstummten Lippen drückt, während Maria Jacobi sanft die herabgefunkene Hand des Toten ergreift und Magdalena bitterlich weinend sich über den Leichnam beugt. Krafft ist vielleicht der treuste Spiegel deutschen Wesens. Der Kreis feiner Darstellungen ist nicht weit. Er beschränkt sich fast ohne Ausnahme auf die Verherrlichung der Maria und die Leidensgeschichte ihres Sohnes. Aber in diese Gegenstände hat er sich mit ganzem Gemüte versenkt und schildert sie mit einer Herzlichkeit, welche um so beweglicher wirkt, als der Meister mit zarter Scheu alles Pathetische vermeidet. Heftiger, leideufchaft-

9. Teil 2 - S. 227

1882 - Leipzig : Brandstetter
Deutsche Kunst im 16. Jahrhundert. 227 nicht wieder erreicht haben. Durch sie gelangte die Kunst in den Handel, ließen ihre Erzeugnisse auf Jahrmärkten und in armen Bürgerhäusern sich finden und erlangten in mehr als einer Beziehung eine große Popularität. Es ist ein bekanntes charakteristisches Merkmal der antiken Kunst, namentlich der antiken Plastik, daß sie nicht eben nach bedeutenden und bedeutungsvollen Motiven für ihre Darstellung sucht, sondern daß sie oft die geringfügigsten gleichsam nur als Vorwand nimmt, um ihren Gestalten eine Bewegung zu verleihen, daß diese selbst aber immer die Hauptsache bleiben. Etwas ganz Ähnliches kommt im 16. Jahrhundert vor. Finden wir unter den Kupferstichen und Holzschnitten damaliger Zeit ausgezählt: der kleine Reiter, Ute Dame zu Pferde, der Bauer und feine Frau, die Wirtin und der Koch, der Fahnenträger, der Dudelsackpfeifer k., so haben wir Gegenstände, wie sie damals im Geschmacke der Kunst waren. Es sind in ihnen die antiken Vorwürfe: der Fechter, der Diskuswerfer, der Knabe mit dem Vogel, das Mädchen mit den Knöcheln rc. nur ins Nordische übertragen. Es sind Gegenstände aus dem L^den, die man nun für wert hielt, sie künstlerisch zu behandeln, sich an ihnen im Bilde zu erfreuen. Das Leben ist diesen Künstlern und denen, die sich ihrer Bilder freuen, kein verdammliches mehr; es ist eingetreten in die Reihe der sittlichen Mächte, welche die Gotteswelt ausmachen. Wie das menschliche Leben trat nun auch die Natur in das Recht künstlerischer Bearbeitung, und die Landschaft, etwas später auch das Stillleben, wurden eigene Zweige der Knnstübnng. Albrecht Dürers Figuren leben und weilen in den Landschaften und er führt diese, namentlich in seinen Kupferstichen und Holzschnitten, mit außerordentlicher Liebe und Sorgfalt aus. Aber er behandelt sie trotzdem noch sehr willkürlich und phantastisch. Solche Berge, Felsen und Bäume, wie er sie zeichnet, giebt es nirgend. Häufig haben seine Landschaften geradezu einen symbolischen Charakter, wie in dem berühmten Kupferstiche „Ritter, Tod und Tenfel". Mit mehr Naturwahrheit behandelte Dürers Schüler Albrecht Altdorfer die Landschaft, und er machte bereits einige Versuche, sie selbständig zu 6erhandeln. Er brachte bereits den tiefen, gemütvollen Sinn mit, dem es 5rmon Ax'einmon . i o • fli Fig. 15. Tanzende Bauern. (Nach tern Kupferstich: Die Monate, von S. Beharn.)

10. Teil 2 - S. 228

1882 - Leipzig : Brandstetter
228 Deutsche Kunst im 1v. Jahrhundert. allein gelingt, den toten Stoff poetisch zu erwärmen. Die Landschaften des gleichzeitigen Hans Sebald Lautensack sind zwar einfacher, doch eben so poetisch wie die der Niederländer, welche gegen Ende des 16. Jahrhunderts sich dieses Kunstzweiges bemächtigten. Den frühesten Spuren des Stilllebens begegnen wir in den Stammbüchern, die im 16. Jahrhundert aufkamen. Studien-, Reise- oder Schicksalsgenossen malten hier zu gegenseitigem Andenken die Räume, Umgebungen oder stummen Teilnehmer gemeinschaftlicher Erlebniffe oder geselliger Freuden. Auch die Wappenmalerei ist hier zu erwähnen, deren Blüte im 16. Jahrhundert zwar von geringer Wichtigkeit für die Kunst im engern Sinne, aber doch sehr bedeutsam für den Charakter'der Zeit war. Sie kennzeichnet das erwachende Vaterlands- und Familienbewußtsein, von dem in früheren Jahrhunderten nur schwache Spuren sich zeigten. Im 16. Jahrhundert suchte bis in die bürgerlichen Schichten hinab mit Wappenschmuck sich zu versehen, was nur irgend Berechtigung oder Vorwand dazu finden konnte. Wo ein fchicklicher Platz in oder außer dem Hause war, wurde im Wappen jedem Mitglieds der Familie die abgekürzte Chronik und das Ehreugedächtuis derselben vorgehalten. Über Begräbnisplätzen in den Kirchen brachte man das Wappen an, auf Altar- und Gedenktafeln, auf Fenstern, die frommer Sinn gestiftet hatte, fehlte auch das Wappen des Stifters nicht. In reichen patrizifchen oder adeligen Hänfern, wo fönst über der Hausthüre, an Treppengeländern re. der drachentötende St. Georg zu edlem Rittcrtume gemahnt hatte, mußte nun das Familienwappen diesen Dienst versehen; fand man sonst auf dem Grunde der Schüsseln und Teller Adam und Eva unter dem Baume oder die Verkündigung Mariä n. dgl., so trat nun an die Stelle solcher Bildwerke das Wappen. In den patrizischen Familien, namentlich in Nürnberg, Augsburg und anderen Städten, wo die Anwesenheit von Künstlern Gelegenheit gab, wurde es Sitte, sogenannte Geschlechts-Stammbücher zu führen, in welchen Abstammung und Verzweigung der Familie verzeichnet war. Diefe Bücher sind meistens prachtvoll ausgestattet, oft dicke Folianten vom feinsten Pergament, in kostbarem Einbande. Jedem einzelnen Namen ist in der Regel das Wappen und häufig auch die Figur in feiner Malerei beigefügt. Es bildete sich mit der Zeit eine eigene Klaffe von Wappenmalern, die wenigstens das Verdienst hatten, daß sie es vorzugsweise waren, welche in der stürmischen Zeit des dreißigjährigen Krieges die Kunst für bessere Tage bewahrten. Demselben Grnude, wie die Lust am Wappenwesen, entsprang auch die Sitte, sich im Portrait darstellen zu lassen; mit dem Familienbewußtsein hob sich auch das persönliche. Ward so im 16. Jahrhundert das sogenannte profane Leben als Gegenstand der Kunst gewürdigt, so ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß auch das heilige und biblische noch bearbeitet wurde. Die Hauptwerke der größten Meister jener Zeit haben noch religiöse Gegenstände zum Vorwurf und
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