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Studentenleben im 16. und 17. Jahrhundert. 359
teit Zuschauer, hielt eine Anrede und begann dann den Akt in folgender Weise. Eine mit Sand oder Kleien gefüllte Wurst in der Hand, ließ er die Beanen bald hierhin, bald dorthin laufen, legte ihnen verfängliche Fragen vor, und wenn sie dieselben nicht nach seinem Geschmacke beantworten konnten, schlug er sie mit der Wurst. Hatte ein jeder sein Teil, so hieß er sie die Instrumente weglegen und sich der Länge nach an die Erde strecken, so daß die Köpfe zusammenkamen und die Körper einen Kreis bildeten. Dann bearbeitete er die einzelnen mit seinen Werkzeugen; er behieb ihre Schultern mit der Axt wie Bretter, bohrte mit dem Bohrer an den Knöcheln re., bis er sie wieder aufstehen hieß. Dann setzte er ihnen Hörner an und hieb sie mit dem Beile wieder ab, gab jedem einen ungeheuer großen Zahn, den sogenannten Baechantenzahn, in den Mund und zog ihn mit der Zange wieder aus. Darauf mußten sie sich der Reihe nach auf einen einbeinigen Stuhl setzen und er rasierte sie, wobei er sich eines hölzernen Messers und statt Seife eines Ziegelsteines bediente. Dann warf er ihnen Hobelspäne in die Haare und kämmte sie mit einem großen Holzkamme wieder aus. Zuletzt prügelte er sie mit der Wurst ans dem Zimmer und lief dann selbst hinterdrein. Draußen brachten die Beanen ihre Kleidung wieder in Ordnung, auch der Depositor zog sich wieder anständig an und führte sie ins Zimmer zurück. Da empfahl er in lateinischer Rede die Neulinge dem Dekan und bat ihn in ihrem Namen um das Zeugnis der Deposition. Der Dekan antwortete ebenfalls lateinisch und erklärte die symbolische Bedeutung der Ceremonien nicht ohne väterliche Ermahnungen. Darauf reichte er ihnen Salz zu kosten als Symbol der Weisheit, weil wie das Salz alles vor Verderben und Fäulnis bewahre und die beste Würze der Speisen sei, so sei auch das einzige Mittel, das menschliche Gemüt vor dem Verderben und der Fäulnis der Laster zu bewahren, die Weisheit, der sie von nun an emsig nachtrachten müßten. Endlich goß er ihnen Wein aufs Haupt als Wahrzeichen der Freude, denn wie der Wein des Menschen Herz erfreue, so würden sie eine besondere Freude empfinden, wenn sie der Weisheit nach allen Kräften oblägen. War das alles vorüber, so stellte ihnen der Dekan das Zeugnis über die ausgehaltene Deposition aus, und sie waren nun wirkliche Studenten.
In einer uns erhaltenen Depositionsrede des 17. Jahrhunderts werden die einzelnen Verrichtungen des Depositors mit Versen begleitet, z. B. bei dem Ausziehen des Zahnes:
„Laß dir der Lästerung Bacchantenzahn ausziehen;
Verleumdung sollst du stets gleich als die Hölle fliehen."
In derselben Rede werden auch noch andere Gebräuche, als die oben angeführten erwähnt, z. B. der Gebrauch eines Ohrlöffels, das Polieren der Fingernägel, der Gebrauch eines Zirkels und Maßstabes u. s. w. Anderwärts wird auch die Anwendung eines Schleifsteines erwähnt, und die Ausdrücke: „ungehobelter" und „ungeschliffener" Mensch, hängen jedenfalls mit der Sitte der Deposition zusammen. Das ist um so wahrscheinlicher,
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Das deutsche Kunstgewerbe im 16. und 17. Jahrhundert. 399
Die Goldschmiedekunst stand im Kreise des deutschen Knnsthandwerkes obenan. Als ihr berühmtester Vertreter tritt uns Wenzel Jamnitzer entgegen, welcher 1508 in Wien geboren wurde, den Schanplatz seiner Thätigkeit aber in Nürnberg fand, wo er 1588 starb. Das Lob, welches ihm sein Zeitgenosse, der alte Biograph Nürnberger Künstler, Johann Nendörffer erteilt: „Was er von Tierlein, Würmlein, Kräutern und Schnecken von selber goß, um die silbernen Gefäße damit zu zieren, das ist vorhin nicht erhöret worden", empfangt seine Bestätigung durch den in Fig. 23 abgebildeten Tafelaufsatz, der als eius der schönsten Werke Jamnitzers sich jetzt im Besitz der Familie Rothschild befindet. Der Fuß desselben ist mit Tieren und Blumen aller Art bedeckt. Eine weibliche Gewandfigur entsteigt demselben und trägt mit ausgebreiteten Armen einen Korb, über welchem sich eine Blumenvase erhebt. Ein anderes Hauptwerk seiner Hand ist ein ähnlich verzierter Schmuckkasten int Grünen Gewölbe in Dresden. Sein Ruhm brachte es mit sich, daß fast alle hervorragenden Goldschmiedearbeiten des 16. Jahrhunderts auf seinen Namen geschrieben wurden. Immerhin entfaltete er eine große Thätigkeit, die sich nicht bloß in feinen ausgeführten Werken, sondern auch in seinen zahlreichen gestochenen Entwürfen bekundet.
Neben Jamnitzer werden noch zahlreiche deutsche Goldschmiede gerühmt. So Melchior Bayr, Jonas Silber, Christof Jamnitzer, Hans Kellner in Nürnberg, Heinrich Reitz in Leipzig, Daniel Kellerthaler in Dresden, Anton Eisenhoidt in Westfalen u. a. Auch in Augsburg erfreute sich die Kunst der Gold- und Silberschmiede bis tief in das 17. Jahrhundert einer großen Blüte. Die Hauptarbeit der Goldschmiede war hier namentlich der Ausschmückung der Kirchen gewidmet. Die katholische Kirche gebot über reiche Schätze und zog fürstliche Einkommen aus ihren Sprengeln. Eben als die Reformation sie bedrohte und in die Einfachheit der apostolischen Zeit zurückführen wollte, entfaltete sie auffallend die Neigung, ihre Kirchen aufs kostbarste zu schmücken. Der fromme Sinn, der sich den Himmel durch gute Werke verdienen wollte, nahm den Goldschmied zu Hilfe, um für die Kirchen wertvolle Geschenke, Kreuze, Kelche, Monstranzen, Reliquienkästen u. s. w. zu liefern. Gerade um die Zeit, da in Augsburg die Goldschmiede in solchen Kirchenzierden ihr Höchstes an Kunst zu leisten wußten, da der berühmte Goldschmied David Altenstetter an den Kunstwerken schuf, mit denen Herzog Albrecht die Kirchen von München schmücken wollte, da Alten-stetters Werkstatt das Wanderziel vornehmer Herren wurde, die Bestellungen bei ihm machen oder die Arbeiten besichtigen wollten, an denen der Meister schuf, gerade damals hatte die Synode von Aix u. a. bestimmt, wie prächtig ein Tabernakel oder Sakramentshäuschen fein müsse. „Es soll auf das Herrlichste ausgeschmückt sein und wenn es möglich ist, von Purem Golde, an gewissen Teilen mit kostbaren Steinen schön besetzt; sollte aber das Kirchentiermögen ein Tabernakel von Metall nicht anschaffen können, so muß es wenigstens von Holz, nicht von Nußbaum- oder Eichenholz, worin
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Nürnberg Dresden Nürnberg Leipzig Dresden Westfalen
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Das deutsche Kunstgewerbe im 16. und 17. Jahrhundert. 401
Feuchtigkeit zu entstehen pflegt, sondern von Pappeln- oder Weidenholz, auswendig ganz oder doch größtenteils vergoldet und bemalt sein."
Nürnberg war die vornehmste Stätte der Kleinkunst, die oft zu Spielereien überging, bei denen die Kunst an ihre Grenze geriet, aber doch noch rechte Kunst blieb. Es errang sich damit einen Ruhm, der noch bis heute, wenn auch nicht in dem edlen Sinne wie im 16. und 17. Jahrhundert den Nürnberger Spielwaren verblieben ist. Ein berühmter Meister solcher Kleinkunst war Joh. Jakob Wolrat aus Regensburg, der 1662 in Nürnberg Bürger- und Meisterrecht erwarb und die Werkstätte eröffnete, die bald durch ihre Wunderwerke einen Weltruf erhalten sollte. Besonders geschah dies durch ein mechanisches Kunstwerk, welches er in Gemeinschaft mit dem Kunstschlosser Gottfried Hautsch verfertigte und das durch König Ludwig Xiv. bestellt war. Dasselbe bestand aus einem, nach den Angaben des Marschalls Bauban hergestellten Bataillon silberner Soldaten zu Fuß und zu Pferde, welche durch mechanische Vorrichtungen und eingelegte Maschinerien alle Griffe und Bewegungen des französischen Exercitiums machten. Die Figuren, deren es einige Hundert waren, hatten eine Höhe von fünf Centimetern und waren in jeder Beziehung meisterhaft ausgeführt. Dieses Nürnberger Spielzeug hatte die Bestimmung, dem Dauphin eine Anschauung der Kriegsmanöver zu gewähren.
Ein anderer Nürnberger Tausendkünstler war Leo Prunner aus Thalhausen in Kärnten. Aus Gold und Silber, aus Elfenbein und Holz machte er Altäre, Kruzifixe, Denkringe, Tiere rc. in einem so kleinen Maßstabe, daß man nur unter dem Vergrößerungsglase die ganze Zierlichkeit der Arbeit zu erkennen vermochte. Zugleich schrieb und stach er so klein in Fraktur, daß er das ganze Vaterunser aus eine pfenniggroße Fläche brachte. Aus Elfenbein schnitzte er ein Nähpnlt von Haselnußgröße, in welchem sich alles befand, was in ein solches Möbel hineingehört. Auf einen Kirschkern schnitzte er in sauberster Ausarbeitung acht Köpfe, die einen Kaiser, König, Kurfürsten, Bischof, Fürsten, Grafen, Bürger und Bauer darstellten, wie aus der jedem Bildnisse gegebenen Kopfbedeckung ersichtlich wurde. Daneben fanden auf demselben Kern noch ein paar Inschriften, ein Wappen der Stadt Nürnberg und der Name des Künstlers Platz. Der Kern hatte einen abnehmbaren Deckel, und im Innern befanden sich „gar viele Dinge von Hausrat und Handwerkszeug, die doch nicht viel über die Hälfte solches ausfüllten." Auf einem andern Kirschkern brachte Prunner die zwölf Apostel mit ihren zugehörigen Marterzeichen an und mit Inschriften so klein, daß sie bloßen Auges nicht zu lesen waren, unter dem Vergrößerungsglas sich aber in jedem Buchstaben deutlich zeigten. Durch ähnliche Kirschkernschnitzereien zeichnete sich Peter Flötner in Nürnberg aus (f 1546). Das bewnndertste Kunstwerk Prunners war ein Federmesser für den Erzherzog Ferdinand von Österreich. Das Heft des Messers barg in seinem Innern dreizehn kleine Kästen von Elfenbein, die man nach Öffnung der Deckel auf beiden Seiten herausnehmen konnte. Auf dem untern Teil des einen Deckels war der
Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. Ii. 26
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402 Das deutsche Kunstgewerbe im 16. und 17. Jahrhundert.
vollständige Kalender des Jahres 1606 auf Pergament geschrieben, in dem andern Deckel befand sich der Spruch: „Lobet den Herrn, alle Heiden, und preiset ihn, alle Völker" in nicht weniger denn 21 Sprachen, dazu noch das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. In zehn von jenen dreizehn kleinen Kästen waren über tausend Kleinigkeiten aus allerhand Stoffen, Hausgeräte, Handwerkszeuge, alles was zum Schreiben und Nähen gehört; in den drei andern befanden sich eine eiserne Kasse, die ein geheimes Schloß besaß, im Innern mit hundert Goldstücken gefüllt, auf denen ein F. eingeprägt war, ferner eine elfenbeinerne Kette von acht Gliedern, die aus einem Stück gearbeitet war, eine goldene Kette, eine Spanne lang und von hundert Gliedern, ferner ein Kirschkern, in dessen Innerem sich zwei Dutzend zinnerne Teller, ein Dutzend Messer, die Klingen von Stahl und die Hefte aus Holz, und ein Dutzend Löffel aus Buchsbaum befanden.
Man braucht nur einen Blick in des alten Nendörffers „Nachrichten von Nürnbergs Künstlern und Werkleuten" (1547) und in Guldens Fortsetzung dieser Nachrichten zu werfen, um sich von der Fülle tüchtiger Kunstkräfte, welche sich der Bearbeitung der Metalle widmeten, zu überzeugen. Kändelgießer, Eisenschneider, Plattner, Schlosser, Rotschmiede, Büchsenschmiede 2c. wetteiferten mit einander in dem Bestreben, durch Formenreichtum und mannigfachen erhabenen und vertieften Zierat den Wert der Gefäße und Geräte zu erhöhen und die Freude am Gebrauch derselben zu wecken. Da das Kunsthandwerk in kleinbürgerlichen Kreisen eine so reiche Pflege fand und in feinen Aufgaben vielfach auf die Ausschmückung der bürgerlichen Wohnstube und der Prunkküche angewiesen war, so kann die künstlerische Bearbeitung auch unedler Metalle nicht befremden. Wo die vornehmen Kreise Silber verlangten, begnügten sich die unteren Stände mit Zinn und Messing. Aber auch bei dem Zinn- und Messinggerät wünschte man Veredlung des Stoffes durch die Form. Nur zwang die Natur des Materials dem Kunsthandwerker feste Formschranken auf, die nicht ungestraft überschritten werden durften. Jeder Versuch, an Zinngeräten die feinere Gliederung der Silbergefäße nachzuahmen, würde die Schwierigkeiten des Gnsses erhöht haben, ohne eine rechte Wirkung zu erzielen. Die Ornamente wurden lieber eingeätzt und eingegraben, als im Relief modelliert. Das Massive in der Form herrscht mit Recht im deutschen Zinngerät vor. Ebenso wies die Natur des Messings auf gedrehte Glieder und glänzende, polierte Flächen hin, und in der That offenbaren die messingnen Kronleuchter mit ihren zahlreichen Kugeln und Knöpfen, die Leuchter 2c. ein strenges Festhalten an dieser Regel; das gravierte Ornament zeigen sie nur maßvoll angewendet. Von der Tüchtigkeit der Schmiedekunst der damaligen Zeit legen die vielen uns erhaltenen schönen Eisengitter Zeugnis ab. Durch das Treiben des Eisens wurden die kühnsten Spiralen, die feinsten Blumen und Arabesken hergestellt. Zu nicht geringerem Ruhme brachten es die deutschen Plattner, denen die Herstellung der Rüstungen oblag. Angesehene Künstler machten die Entwürfe, nach welchen die Plattner die Helme und Harnische arbeiteten.
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478 Soldatenleben im 18. Jahrhundert.
daß sich der Soldat darin kaum zu rühren vermag, und die Hemden, die nicht selten von der Frau Kapitän eigenhändig genäht werden, schrumpfen zu unglaublicher Kürze zusammen. Und doch müssen die Leute die Sachen Jahr und Tag, gewöhnlich über die gesetzmäßige Frist hinaus tragen, in und außer dem Dienst.
Die Ausrüstung für den Krieg war eine durchaus veraltete, mit einer Menge von Überflüssigkeiten beladene. Während die Franzosen bereits bivouakieren, führen Preußen und Österreicher noch Zelte mit ins Feld. Ein ungeheurer Troß folgte der Armee, der eine unglaubliche Menge von Gepäck für die Offiziere mitschleppte. Der Kompagniechef der Infanterie, der Artillerie und der Pontoniere erhält fünf, der der Füsiliere und Jäger i>rei Packpferde, jeder Subalternoffizier eins, was für das preußische Heer eine Anzahl von mehr als 9000 Packpferden und nahezu 3000 Knechten erfordert. Der gesamte Troß der Armee braucht über 33 400 Pferde und nahezu 12000 Knechte. Das Packpferd eines Lieutenants hat folgende Gegenstände zu tragen: einen dreißig Pfund schweren Packsattel und auf demselben einen Koffer mit den Uniformstücken und der Wäsche des Offiziers, das viereckige doppelte Zelt, einen Feldtisch, einen Feldstuhl und das Feldbett, eine Feldkrippe, einen Eimer, zwei Pfähle, Putzzeug, Sichel, Fouragierleiueu, einiges Kochgeschirr, Futter für zwei Pferde auf drei Tage, das Gepäck und die Lebensmittel des Packknechts, auch wohl des Offizierburschen, und über dies alles eine weite grauzwillichene Decke.
Zu all diesen Mißstünden kam noch eine sehr mangelhafte Bewaffnung, die viel mehr auf einen blendenden Augenschein, als auf Brauchbarkeit berechnet war. Die Gewehre des Fußvolkes haben eine gerade Schäftung und einen kleinen Kolben, damit sie sich um so besser senkrecht tragen lassen; man hat ihnen daher den noch heute nicht vergessenen Spottnamen „Kuhsüße" beigelegt. Der Lauf ist spiegelblank poliert, so daß sicheres Zielen zur Unmöglichkeit wird. Die Schlösser sind von riesigem Umfange und versagen nicht selten den Dienst. Alle Verbindungsteile des Gewehres sind gelockert, „damit bei den verschiedenen Griffen der gehörige Schlag herauskommt". Das Exerzitium ist steif, jede Bewegung schleppend und plump. Viel mehr als auf rasche Manövrierfähigkeit sieht man auf Exaktheit der Griffe am Gewehr, und alle „hundert und acht Griffe muß das Bataillon auf ein gewisses Kommando hinter einander durchmachen" können.
So war das preußische Heer beschaffen, als es den Kämpfen des Jahres 1806 entgegenging.
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516 Kulturzustände am Anfang des 19. Jahrhunderts.
haben waren, hielten die sogenannten Italiener, d. i. Kaufleute, die mit Rosinen, Mandeln, Feigen, Citronen, Sardellen, Schweizerkäse, wohl auch mit Tabak handelten.
Den Tabak rauchte man aus weißen holländischen Thonpfeifen von 2 bis 3 Fuß Länge, auf die man wohl einen neuen Federkiel als Spitze setzte. Bei Familienfesten stand auf einem besonderen Tischchen ein zinnerner Teller mit geschnittenem Tabak, eine Wachsstockschachtel aus Messing oder ein Teller mit Fidibus und ein brennendes Licht neben den Thonpfeifen. Leute geringeren Standes führten die kurze, spannenlange Thonpfeife. Daneben gab es sogenannte Stiefelpfeifen mit Köpfen aus Meerschaum, Holzmaser und Porzellan. Wer Pfeife rauchte, führte auch den Tabaksbeutel aus Blase, buntem Leder, oder mit Perlen und Seide bestickt. Cigarren wurden erst nach Aushebung der Kontinentalsperre allgemeiner, vor den Napoleonischen Kriegen waren sie nur als etwas Seltenes aus Spanien und Amerika bekannt. Schnupftabak führten nicht selten auch Damen in goldenen Döschen. Die Dofen aus Birkenrinde kamen seit 1814 auf.
Au der Kleidung sah man entschieden mehr bunte Farben als jetzt. Es gab himmelblaue, zeisiggrüne, hechtgraue, zimmetbranne Männerröcke mit entsprechenden Aufschlägen. Oft konnte man die Stände nach der Kleidung unterscheiden. Der Müller trug den nach ihm genannten bläulichhellgrauen, müllerfarbeueu Rock, der Jäger einen hellgrünen, der Schmiede-, Maurer- und Leinwebergesell einen blauen, der Geistliche und Gelehrte einen kaffeebraunen, der Fleischer einen rotbraunen. Schwarz trugen außer den Ratsherren, Geistlichen und Schulmännern, wie auch den Schülern, nur wertige Mäurter, Frauen aber nur in tiefer Trauer. Gelb war sehr beliebt für Beinkleid und Weste; das Halstuch der Männer war hell, nicht weiß. Der runde Hut und die Stiefeln kamen erst nach dem Kriege zu allgemeinerer Geltung, und zwar erst mit dem Wegfall des Puders und des Zopfes. Vor 1806 trug ein anständiger Mann Schuhe und Strümpfe und kurze Beinkleider, die an den Knien, wo sie endigten, mit Schnallen gegürtet waren, an deren Stelle später Knöpfe traten. Die lange Weste mit geräumigen Taschen saß ebenso bequem wie der Rock, der nur selten über der Brust zugeknöpft ward, um dm schön gefältelten Busenstreifen nicht zu verdecken. Das Gesicht war glatt rasiert. Wer noch den Zopf trug, der umwickelte ihn mit einem schwarzen Bande, das im Nacken oder am Ende eine zierliche Schleife bildete. Sehr elegante Leute steckten das Haar in einen Haarbeutel von schwarzer Seide, der dann die Stelle des Zopfes vertrat. Den dreieckigen Hut trug man unter dem Arm, den Degen an der linken Seite, in der rechten Hand einen langen Stock mit großem Knopf. Ein solcher Anzug erforderte viel Mühe, Sorgfalt und Zeit, bedingte ein ruhiges und gemessenes Wesen.
Für die Frauen war mit dem 19. Jahrhundert die Zeit der Reifröcke meist vorüber. Ihr folgte eine Tracht, die für schöne und ebenmäßige Gestalten sehr kleidsam war und den Gliederbau zur Anschauung brachte.
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Kulturzustände am Anfang des 19. Jahrhunderts. - 523
Schmuck und zur größeren Verwunderung des Publikums aufgestellt. Im 17. Jahrhundert hatte der Besitzer der Löwenapotheke in Leipzig, Linke, ein Natnralienkabinet gegründet, das einer seiner Enkel in drei starken Bänden beschrieb und das sich noch im Jahre 1836 in gutem Zustande befand.
Der gegenseitige Verkehr zwischen den einzelnen Ortschaften war zu Anfang unseres Jahrhunderts noch ein geringer. Die Straßen waren meist in übelster Verfassung; es fehlte nicht an argen Hohlwegen, an fußtiefen Löchern. Au manchen Stellen wurde der Weg immer breiter, weil jeder mehr nach den Rande zulenkte, da die Mitte des Weges grundlos geworden. Ohne eine Hacke konnte ein Fuhrmann nicht sein, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, stecken zu bleiben. An vielen Stellen hielten Gastwirte oder Bauern Vorspannpserde, die der Fuhrmann mieten mußte, wenn er weiter kommen wollte. Unfälle aller Art, Umstürzen der Wagen, Verletzungen der Fahrenden, waren nicht selten. Manche Stellen waren wegen der daselbst sich wiederholenden Unfälle berüchtigt und man dankte Gott, wenn man glücklich vorüber war. Straßen zu bessern, fiel den Grundbesitzern nicht ein. Sie selbst kannten die Gefahren und verstanden es, sie zu umgehen; warum hätten sie für Fremde etwas thun follen? Übrigens brachte eine recht grundlose Straße einer Ortschaft auch Nutzen. Je mehr Unglücksfälle sich ereigneten, desto besser befanden sich Schmied, Wagner, Sattler, Seiler, Gastwirt und manche andere. Reisende waren ohnehin selten; warum sollte man nicht die wenigen möglichst lange festzuhalten suchen? Brücken waren noch sehr selten; häufig führte die Fahrstraße mitten durch den Bach oder Fluß. Wo es Brücken gab, da bestanden sie oft nur aus einem Holzbau. Größere Brücken dieser Art schützte man vor den dieselben rasch zerstörenden Unbilden der Witterung durch einen mit Fenstern versehenen Überbau.
Die nicht an den großen Straßen gelegenen Dörfer hatten ihre Schenke, in welcher Sonntags die Bauern zusammen kamen. Außer Brot und Butter, Bier und Schnaps war in derselben nichts zu bekommen. Auch Messer erhielt mau nicht; man setzte voraus, daß der Gast sein eigenes bei sich habe. Auf das Übernachten von Gästen waren sie nicht eingerichtet; höchstens fanden Hausierer und andere Umherziehende eine Streu. Die Wirtshäuser der größeren an der Landstraße gelegenen Dörfer waren meist sehr stattliche Gehöfte, ihre Besitzer zum Teil die Lehnrichter, meist wohlhabende Fleischer. In diesen Gasthöfen übernachteten meist die Frachrfuhrleute. Der Wirt, zumal als Lehurichter, war, wo kein Rittergutsbesitzer im Dorse, die vornehmste weltliche Person und dieses Vorzuges sich auch bewußt. Die große Gaststube war mit gewaltigen Tischen und Bänken besetzt. Neben dem Eingang befand sich um einen Fuß erhöht ein Schrank mit Gläsern, davor eine schmale Tafel, welche die große Bierlase, ein paar Schnapsflaschen, ein brennendes Licht und einen Teller voll Späne oder Fidibusse trug und hinter welcher die Wirtin saß. Eine Holzwand mit Thüre trennte das Honoratiorenstübchen von dein Gastzimmer. Hier hatte
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524 Kulturzustände am Anfang des 19. Jahrhunderts.
die Wirtin ihre Schränk- mit Tassen, Tellern ic.; hier befand sich auch ein Kanapee. Hierher wurden vornehmere Gäste geführt, welche einen Kaffee »der ein Frühstück genießen wollten. Die Beköstigung in diesen Dorsaast-hofen war einfach aber kräftig und gut. Die meisten Wirt- führten auch Wem, den ihnen die Fuhrleute vom Rhein und von der Mosel von der Saale und Elbe mitbrachten.
Die Frachtwagen wurden von den Aufläderu, die in Handelsstädten wie Leipzig, Breslau und Hamburg eine Zunft bildeten, kunstgerecht bepackt; die verschiedenen Fässer und Kisten wurden mit Stricken und Ketten festgeschnürt und mit Bastmatten überdeckt, um den Regen abzuhalten. Uber das Ganze wurde eine Leinwand über Reifen ausgespannt Unter
dem Wagen schwebte an Ketten ein viereckiges Holzgefäß, das sogenannte Schiff, worm der Fuhrmann allerlei eigene Habseligkeiten aufbewahrte Zwischen den Hinderrädern hing die Büchse mit Wagenschmiere, die Winde' Hemmkette und Radehaue, an der Seite des Wagens die Hornlaterne und das Futtersieb. Vier bis sechs kräftige Pferde waren vor den Wagen ge-fpannt. Das Kummet des Handpferdes war mit Mefsingknanfen, einem roten Frieslappen und einem Kamm von blankem Messing verziert. Mit blank geputzten Messingscheiben war auch das Riemenzeug der andern Pferde ausgestattet. Zur vollständigen Ausrüstung des Frachtwagens gehörte auch der Spitzhund, der vor den Pferden oder unter dem Wagen mitlief; war er müde, so nahm er seinen Sitz in der Schoßkelle ein; seinen Einzug in die Städte hielt er oft auf dem Rücken des Handpferdes stehend. Der
wettergebräunte Fuhrmann trug Hosen von Sammet oder Leder, um den Hals ein buntes Tuch mit ansehnlicher Schleife, einen blauen Kittel, auf dem Kopfe eine Zipfelmütze und darüber den runden Filzhut mit Sammetband und einem Strauße gemachter Blumen. Im Munde führte er die
kurze Tabakspfeife, in der Hand die Peitsche. War alles in gehörigem Gang, so hing er die Zügel an den Wagen, und schritt bald rechts bald links neben dem Wagen her. Bevor er in einen Hohlweg oder um eine Straßen-biegung vor, klatschte er mit der Peitsche, um entgegenkommendes Fuhrwerk von seiner Nähe zu benachrichtigen. Begegneten sich ein paar Fuhrleute, so tauschten sie Nachrichten aus. Ein Fuhrmann mußte lesen und schreiben können; er erhielt nicht selten Aufträge von den Handelshäusern, auch bare Summen wurden ihm anvertraut, die er unter dem Kittel in seiner um den Leib geschnallten Geldkatze bei sich trug. Mit den Straßen und Gasthäusern war der Fuhrmann wohlbekannt; er mußte auch wissen, welches das niedrigste Stadtthor war, das er ans seiner Reise zu passieren hatte. Darnach richtete sich die Höhe der Bepackung des Wagens. Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen verschwanden die Fuhrleute allmählich.
Druck von C. Grurnbach in Leipzig.
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ß2 Das Leben in einem deutschen Cistercienser-Kloster.
richt ganz entzogen werden. Streng wnrde Verleumdung der Klosterbrüder geahndet. War es ein Laienbruder, so fastete er sechs Tage hintereinander bei Wasser und Brot, aß auf der Erde und bekam des Tages nur eine Kochspeise. Ein Mönch bekam sechs Tage lang Schläge und war einen Monat lang der letzte im Chor. Hat sich der Prior oder Subprior dieses Vergehens gegen den Abt schuldig gemacht, so wird er für immer aus diesem Kloster verwiesen, denn „der Frieden und die Verstörnng des Klosters hängt allermeist an ihm."
Übrigens war man nicht nur auf Bestrafung, souderu auch aus Besserung bedacht. Außerdem wird ein zuverlässiger, bejahrter Mönch zur Seelsorge beigegeben, der sie aufrichtet, zur Demnt ermahnt und vor Verzweiflung behütet. Zugleich wird allen Brüdern die Fürbitte für den büßenden Bruder eingeschärft.
Ihre einfache Lebensweise hatten die Cistercienser mit allen sittenstrengen Mönchsorden gemein, eigentümlich aber war ihnen, daß sie diese Einfachheit durch alle ihre Lebensverhältnisse, auch die gottesdienstlichen, hindurchgehen ließen. Ihre Kirchen beschränkten sich auf das Notwendigste. Sie sollten feine steinernen Türme haben; hölzerne Dachreiter auf der Mitte der Vierung genügten für ihre kleinen Glocken, die nicht über 500 Pfund wiegen follten'. Die Kirchthüren weiß anzustreichen, war gestattet; oft blieben sie aber auch roh. Buute Fußböden, Glasmalereien in den Fenstern, Bilder und Sknlp-tnren waren nicht gestattet, außer dem Bilde des Gekreuzigten. Die Kreuze sollen von Holz, nicht mit Gold verziert sein. Nur an den Hauptsesttageu durfte man den Altar mit seidenen und halbseidenen Decken schmücken, doch mußten sie einfarbig sein. Die Leuchter sollen die Höhe von iy2 Fuß nicht übersteigen. Kelch und Weinkanne sollen nicht von Gold, sondern höchstens vergoldet sein. Der Abt soll bei der Feier der Messe keinen Teppich unter seinen Füßen haben. Auf den Kirchhöfen sollen keine ausrecht stehenden Grabsteine errichtet werden.
Im gewöhnlichen Leben wurde diese Einfachheit noch mehr erstrebt. Kein Abt oder Mönch soll Handschuhe tragen, Becher von Silber oder mit silbernen Füßen sind nicht erlaubt. Auch der Abt soll keinen silbernen Löffel gebrauchen. Hefteln sollen nur von Holz, von Horn oder von Eisen sein und ohne alle Verzierung. Die Zäume der Pferde sollen feine metallenen Blättchen als Schmuck tragen, ebenso sollen die Sättel nicht verziert sein. Hirsche, Kraniche, Pfauen oder dergleichen Tiere zum Vergnügen im Kloster zu haben, ist nicht gestattet.
Der Einzelbesitz von Eigentum wurde mit aller Strenge unterdrückt. Die, welche im Kloster besonderes Eigentum besaßen, wurden mit den Dieben in eine Linie gestellt. Der Abt Nieolaus von Hardenhausen bei Paderborn ließ seinen leiblichen Bruder außerhalb des Kirchhofs begraben, weil man bei seinem Tode einen Obolus bei ihm gefunden hatte, und denen, die ihn wegen solcher Strenge tadelten, erwiderte er, er habe es gethan andern zum abschreckenden Beispiele.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
174 Das Äußere einer mittelalterlichen Stadt.
Je beschränkter die Wohnung, desto geringer der Luxus in der häuslichen Einrichtung. Auch die städtischen Ritter kannten die luxuriösen Bequemlichkeiten unserer Tage noch nicht. Ein Schränkchen in der Mauer barg die Kleinode und Schriftstücke der Familie, eine schwere Truhe die Gewänder und den Schatz der Frauen — die Leinwand; in dem engen Zimmer, das der Kamin noch zur Hälfte einnahm, hatten nur die notwendigsten Geräte, Tisch und Stühle, Platz. Alles war fest und schwer wie die Mauer, welche es einschloß.
Etwas heiterer und lustiger baute der patrizische Großhändler. War er reich, so wagte auch er einen Steinbau. Aber wie all sein Denken und Sinnen, so war auch sein Haus dem fröhlichen Markte zugewendet. Der untere Raum gestaltete sich zu einer großen Halle, in der Weinfässer angezapft wurden. Hier kehrte der Wallfahrer ein, der an einem berühmten Altare im Dome Ablaß suchte, hier der lebenslustige Junker, der die Stille seines Landsitzes auf einige Tage mit den geräuschvollen Lustbarkeiten der Stadt vertauschte. Besonders die süddeutschen Herrenhäuser zeichneten sich durch ihre Trinkhallen aus. In den Häusern der hanseatischen Handelsherren war die große Halle, die „Diele", Warenlager und Geschäftsraum, wo gewogen, gepackt, gekauft und verkauft wurde.
Die große Masse der Bürgerwohnungen bestand aus „Baumhäusern",
die ähnlich den Blockhäusern ganz oder wenigstens zum größten Teil aus Holz bestanden und deren Schindel- oder Strohdächer nach rechts und links steil abfielen. Zwischen je zwei Häusern war in der Regel ein schmaler Raum leer gelassen, in den sich der Abfluß der Waffersteine ergoß. Wer Vermögen^besaß und seinen guten Geschmack zeigen wollte, suchte auch sein hölzernes Haus schmucker und zierlicher herzustellen. Gewerbthätige Städte erhielten dadurch ein freundlicheres Ansehen. So wird von Frankenberg in Hessen schon am Ende des 13. Jahrhunderts berichtet: „Die Häuser waren von geschnittenem Holze gemacht, vorn mit schönen Vorgesperren, köstlich durchschnitten und mit Spangen beschlagen. Die Stuben lagen hinten hinaus, vorn war ein breiter Raum, mit viereckigen Steinen gepflastert. Viele Häuser hatten zwei Keller, mit gehauenen Steinen' gepflastert und in der Mitte einen tiefen steinernen Sarg, welcher ein Fuder Wein faßte, damit, wenn einem Fasse der Boden ausfiel, der Wein behalten wnrde. Die Häuser waren übersetzt, inwendig mit hübschen Kammern und Lauben durchbaut, mit schöner Malerei und mit Bildwerk."
Bei dem vorherrschenden Holzbau mußten Feuersbrünste in ziemlich bedrohlicher Weise auftreten. Wehe der Stadt, wenn unter den Lauben ein
Feuer aufging und ein Luftzug die Flammen nach den am dichtesten bevölkerten Vierteln hinlenkte! Blitzschnell schlug die Lohe über dem dürren Wandgebälk und dem Schindeldache des Hauses zusammen, blitzschnell sprang sie von dem Erker über die enge Straße hinüber auf die andere Seite, unaufhaltsam flog sie die Häuserreihe hinunter, drang in die Getreidespeicher und Warenlager, bis sie endlich an der Stadtmauer ihr Ziel fand. Nie-
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