Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
Sieben Tage lang wahrte das Blutbad; die meisten
Opfer sielen aber in den ersten drei Tagen. Doch kamen
bei weitem nicht alle Hugenotten um; viele hatten sick-
versteckt, viele sich gerettet, indem sie wie die Katholiken
ein weißes Sacktuch um den Arm banden. Der König
durchzog am Ende mit seinen Höflingen die Straßen und
ergötzte sich an dem Anblick der herumliegenden Leichname,
die schon ansingen die Luft zu verpesten. Er ritt auch
hinaus und beschaute den aufgehangten Rumpf des Admi-
rals Coligni an dem Galgen von Montfaucon. Man
sagte ihm, er verbreite schon einen abscheulichen Gestank,
der König aber erwiederte, der Leichnam eines tobten Fein-
des riecht immer gut.
Eben solche Mordgrauel wie zu Paris, sielen auch in
den Provinzen vor. Vater wurden in den Armen ihrer
Kinder und Gattinnen, Kinder an dem Halse ihrer Mütter
erwürgt, Brüder von Brüdern erdrosselt, Säuglinge von
katholischen Kindern umgebracht. Habsucht und Privat-
rache mischten sich in das Spiel. Man war schon Huge-
notte, wenn man Geld oder einen rachgierigen Feind hatte.
So wurden mit den Ketzern auch eine Menge Rechtgläubiger
hingemordet. Zu Orleans kamen 3000, zu Lyon 900, zu
Rouen 500 und nach Verhältniß eben so viel in andern
Städten des Reichs um. Es waren von dem König ver-
siegelte Befehle zur Ausrottung der Hugenotten an alle
Statthalter der Provinzen ausgegangen, die sie vor dem
23. August nicht erbrechen durften; daher brach die Verfol-
gung allenthalben zu gleicher Zeit aus. Viele der Ver-
folgten flüchteten sich; Karl bewog sie durch Morte des
Friedens und Versprechungen zur Rückkehr. Die aber
zurückkamen, wurden, eben so wie die andern, ergriffen
und ermordet.
Für das glückliche Gelingen dieser Abscheulichkeiten
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung]]
Extrahierte Personennamen: Montfaucon August Karl Karl
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
153
glückliche Kaiserin endlich einwilligen, und kaum konnte
sie erlangen, daß man ihm die letzte Beichte vergönnte.
So wurde er denn mit kaltem Blute gemordet. Natal ia
und Sophie nahmen ihn weinend in die Mitte und
führten ihn in die Kirche. Die Schlange tröstete ihn,
sprach ihm Muth zu, versicherte ihn ihres zärtlichen Mit-
leids und bejammerte die traurige Nothwendigkeit. Als
der unglückliche Prinz gebeichtet und das Abendmahl ge-
nommen hatte, erschien er vor den Strelitzen mit einem
Crucifix in der Hand. Natalia flehte nochmals auf den
Knien um Erbarmen für den Bruder. Umsonst! Sie
sprangen auf ihn los, zerstückten ihn mit Tigerwuth und
traten die Stücke mit Füßen.
So raseten die Barbaren fort, bis endlich Iwan
zum Kaiser ausgerufen ward. Der gutmüthige schwache
Knabe, der sich fühlte, trat vor und bat sich, zum großen
Verdruß seiner Schwester, den lieben Peter zum Mit-
regenten aus. Doch da auch Iwan noch minderjährig
war, so kam die Negierung in ihre Hände; dies war es,
was sie wünschte, ihr Zweck schien erreicht
Sophia dankte den Strelitzen für ihren glühenden
Eifer für die Wohlfahrt des Reichs; da sie aber den Ober-
sten nicht nach seiner Erwartung belohnte, so zettelte er
eine neue Verschwörung an, bei, welcher es auf nichts Ge-
ringeres abgesehen war, als die beiden jungen Czaare und
die ganze kaiserliche Familie zu ermorden. Der Hof, der
noch zu rechter Zeit Nachricht davon erhielt, flüchtete sich
in ein festes Kloster, sechs Stunden von Moskau. Cho-
wansky — so hieß der Anführer der Strelitzen — er-
mangelte nicht, es zu belagern; er wurde aber, unter
dem Vorwände, mit ihm zu unterhandeln, hineingelockt,
fest genommen und mit 37 seiner Begleiter hingcrichtet.
Man glaubte die Belagerer damit abzuschrecken; allein
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]
Extrahierte Personennamen: Muth Natalia Peter Sophia
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
190 ^rr-
Da Karl Vi. zwei Jahre vorher nicht ein einziges
Dorf von der ganzen großen spanischen Monarchie hatte
entbehren wollen, so konnte ihm ein solcher Friede un-
möglich gefallen; er versagte ihm daher seine Beistim-
mung, und setzte den Krieg allein fort. Allein die Glücks-
göttin wendete mißmuthig das Gesicht von ihm ab; er
verlor in den Niederlanden einen wichtigen Platz nach dem
andern, und mußte sich so nothgedrungen zum Ziel legen.
Eugen und Villars traten zusammen und Unterzeich-
neten am 6. Marz 1714 die vorläufigen Bedingungen
und zu Baden in der Schweiz sechs Monate spater den
Frieden zwischen Frankreich, dem Kaiser und dem teutschen
Reiche.
So endete nach vielem Blutvergießen der vierzehn-
jährige spanische Successionskrieg.
36. Alexei Petrowitsch, Sohn Peters des
Großen, wird von seinem eigenen Vater
zum Tode verurtheilt.
(I. 1718.)
Alexei Petro witsch, der unglückliche Sohn der
noch unglücklichern Eudoxia Lapuchin und Peters
des Großen, war im Jahre 1690 geboren. Meinen
Lesern ist bekannt, was für traurige Mißverständnisse schon
ein Jahr nach seiner Geburt unter seinen Acltern eintra-
ten. Der Vater trennte sich von der Mutter, und die Er-
ziehung des Sohns gcrieth darüber in schlimme Hände.
Sie wurde, als der Prinz hcranwuchs, Pfaffen überlassen,
die dem Vater abhold und Feinde seiner Neuerungen wa-
ren. Ihre Gesinnungen und Grundsätze, ihre Abneigung
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Eugen Alexei_Petrowitsch Peters Alexei_Petro Eudoxia_Lapuchin Peters
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
165
29. Eudoxia, Peters des Großen Gemahlin,
die unglücklichste aller Fürstinnen ihrer Zeit.
(Vermählt 1689.)
Als Peter der Große sein siebenzehntes Jahr er-
reicht hatte, wollte er sich, auf den Rath seiner Mutter,
vermahlen, und die schönste unter den Töchtern des Lan-
des sollte seine Gemahlin werden. Zu dem Ende wurden
mehrere Hundert der lieblichsten Jungfrauen nach Moskau
berufen, daß der junge Czaar unter ihnen wählen möchte.
An einem bestimmten Tage gingen die Thore eines großen
Saals im Kreml auf, wo Peter sie, an Nataliens
Seite, erwartete und mit flammenden Blicken musterte.
Aber keine unter den vielen herrlichen Gestalten, die sich
seinen Augen vorstellten, machte einen mächtigeren Ein-
druck auf sein Herz als Eudoxia Lapuchnin, die
Schönste unter den Schönen, und zugleich die Anmuthigste,
die Geistreichste, die Bescheidenste. Sie war aus einem
edlen russischen Geschlechte, und ihre Aeltern, deren ein-
ziges Kind sie war, hatten ihr die sorgfältigste Erziehung
gegeben. Durch ihren Verstand, ihre Güte und Freund-
lichkeit hatte sie sich schon in: Vaterhause allgemeine Liebe
und Achtung erworben. Ihre Schönheit hob sie nun bis
auf den Thron; nur sie allein, keine andere, konnte Pe-
ters Gemahlin werden; er erklärte sich gleich auf den
ersten Blick für sic, und seine Wahl fand allgemeinen
Beifall. Im Jahr 1689 wurde die Vermählung mit groß-
ßer Pracht gefeiert.
Eudoxia wurde von ihrem jungen Gatten leiden-
schaftlich geliebt, und sie erwiederte herzlich seine Liebe.
So vergingen ihnen zwei Jahre im Freudenräusche, und
zwei Prinzen, womit sie den Czaar in dieser Zeit be-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Peters Peter_der_Große Peter Eudoxia_Lapuchnin
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
166
schenkte, schienen ihr Band noch fester knüpfen zu müssen.
Eitle Hoffnung! Eine Französin raubte ihr das Herz ihres
Gemahls, und die Sonne ihres Glücks sing an zu sinken.
Lange konnte, lange wollte Eudoxia Peters Untreue
nicht glauben; als sie aber nicht langer daran zweifeln
konnte, verwandelte sich ihre Liebe in kalte Gleichgültig-
keit. Die Vorwürfe, die sie ihm machte, führten ihn nicht
zurück und verschlimmerten das Uebel. Peter wurde erst
empfindlich darüber, dann zornig, dann gleichgültig. Wei-
ter ging er vor der Hand noch nicht, denn seine Mutter
Natalia schützte die tugendhafte Tochter. So verflossen
sieben Jahre in wechselseitigem Kaltsinne. Indessen brach
die schon erzählte Empörung der Strelitzen aus. Peter
beschuldigte Eudoxien, eben sowie seine Schwester, An-
theil daran genommen zu haben, er wurde ihr Ankläger,
ihr Richter, ihr Peiniger. Natalia lebte jetzt nicht mehr,
Niemand nahm sich mehr der unglücklichen jungen Czaarin
an, sie wurde von dem Thron herab in ein Kloster der
Stadt Rostow verstoßen, wo sie layge den Unbestand
menschlicher Größe beweinte (1699).
Noch schmerzlicher als der Verlust ihrer Freiheit war
ihr die Trennung von ihrem Sohne Alex ei, den der Va-
ter eben so sehr haßte als sie selbst. Ihr zweiter Prinz
war gestorben; sie hatte nur noch .dieses einzige Kind.
Einen Briefwechsel mit ihm und den wenigen Getreuen,
die ihr geblieben waren, zu unterhalten, war ihr vor-
nehmster Trost in der Einsamkeit ihrer traurigen Zelle,
denn aller Verkehr mit der Gefangenen war bei schwerer
Strafe verboten.
Jndeß Eudoxia hier trauerte, machte Peter Be-
kanntschaft mit der schönen Haushälterin des Prinzen
Menzikow und heirathete sie. Die verstoßene Czaarin
wollte es nicht glauben, denn ihr Ehebund war ja noch
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder]]
Extrahierte Personennamen: Eudoxia_Peters Natalia Alex Jndeß_Eudoxia Peter_Be-
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
Schönheit und dem Verstände des hübschen achtzehnjähri-
gen Mädchens, daß er dem Fürsten den Antrag machte,
sie ihm abzutreten. Menzikoff hatte sie lange vor den
Augen des Czaars verborgen gehalten, weil er fürchtete,
sie möchte mit zu vielem Wohlgefallen von ihm angesehen
werden; nun aber war doch das Unglück da. Er gab sie
hin, weil er sie nicht versagen konnte, ohne sich die Un-
gnade seines Herrn zuzuziehen.
So kam Katharina an den Hof Peters des
Großen. Sie trat zur griechischen Kirche über, und
jetzt erst, da sie umgetauft wurde, legte sie den Namen
Martha ab. Des Czaars junger Sohn Alexei mußte
der Pathe der Nebenbuhlerin seiner noch lebenden Mutter
Eudoxia werden, die im Kerker schmachtete. Durch
ihre Schönheit, ihre Freundlichkeit, Gefälligkeit und ihr
anmuthiges Betragen gelang es ihr bald, Peters Herz
so fest zu bestricken, daß er sich heimlich mit ihr trauen
ließ, und nun wurde sie von dem ganzen Hofe als gnä-
dige Frau begrüßt. Bis jetzt galt sie blos für Peters
Geliebte, und als solche begleitete sie ihn auf allen seinen
Feldzügen, rettete ihn auch am Pruth, wo er mit seinem
ganzen Heere von den Türken aufs engste eingeschlossen
war, durch ihren Berstand, in einem Augenblick, wo keine
Hülfe mehr möglich schien, und der Czaar nur Tod oder
Gefangenschaft vor sich sah (1711). Sie wußte sich näm-
lich Ueberzeugung von der Bestechlichkeit des Großveziers
zu verschaffen, und erkaufte mit allen ihren Juwelen, allen
ihren Kostbarkeiten, allem Gold, das sie bei den Gene-
ralen und andern hohen Ofsicicren auftreiben konnte., ohne
dem Czaar Etwas zu sagen, ihm und seinem Heere freien
Abzug. Es wurde mit den Türken ein Vertrag geschlossen.
Peter konnte sich die Nachgiebigkeit oder Dummheit des
Großveziers gar nicht erklären, konnte sein Glück kaum
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
252
rina erschrak über diese armseligen Anstalten und erblaßte.
Indessen kamen auch die andern zum Vorschein. Die
Kaiserin sagte ihnen in einer Anrede, die sie hielt, sie
komme, sich in ihre Arme zu werfen und Schutz und
Rettung zu suchen vor ihrem Gemahl, der Befehl ertheilt
habe, sie und ihren Sohn zu tödten. Sie sprach nicht
vergeblich. Alle schrieen und schwuren, für sie zu sterben.
Die Ofsiciere eilten herbei und der Haufe vergrößerte sich
mit jeder Minute. Es wurde ein Priester gerufen, der
Allen beim Crucisix den Eid der Treue abnahm. Auch
sammtliche Häupter der Verschwörung fanden sich ein, und
der verhaftete Paffig wurde wieder frei gemacht. Or-
loff war zum Artillerieregimcnte geeilt, dessen Schatzmei-
ster er war. Bald sah sich die Kaiserin von 10,000 Mann
umgeben. Nun zog sie, von den Truppen und einer un-
zähligen Menschenmenge begleitet, nach der Hauptkirche
der Stadt, um ihre Andacht zu verrichten und ihrem Un-
ternehmen den Schein einer heiligen Pflicht zu geben.
Don da ging der Zug nach einem großen Palaste, der
mit Soldaten umstellt wurde.
Schon vorher hatte Orloff die Brücke verrammeln
lassen, die von Petersburg nach Oranienbaum führte,
damit Peter nichts von dem, was vorgegangen war, er-
fahren möchte; allein schon war es zu spat. Ein ehema-
liger Haarkräusler, Namens Bressan, der dem Kaiser
sein Glück verdankte, hatte einen Knecht, als Bauer ver-
kleidet, mit einem Schreiben an ihn abgeschickt, worin er
ihm Nachricht von den Ereignissen dieses Tages ertheilte,
mnd der Bote kam glücklich über die Brücke, ehe sie ab-
gebrochen war.
Indessen ließ die Kaiserin ihren Prinzen aus dem
Schlafe wecken und zu sich bringen. Von einem Balkon
herab stellte sie ihn den Soldaten und der zahllosen Volks-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin]]
TM Hauptwörter (200): [T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
2 54
konnte aber sein ganzes Unglück noch nicht glauben. An-
gelangt zu Petershof, eilte er auf Katharinens gewöhn-
liches Zimmer, suchte sie in dem Bette, unter dem Bette,
in den Schranken, hinter der Wand. Umsonst, sie war
nirgends. Sagte ichs nicht., schrie er, daß für sie kein
Entschluß zu kühn ist? Alle Höflinge schwiegen. Ein jun-
ger Franzose aber drängte sich heran und versicherte, man
könne ganz ruhig seyn, die Kaiserin sey in Petersburg,
wo man das St. - Petersfest ganz glänzend feiere, denn
alle Truppen stehen unter den Waffen. In demselben
Augenblicke kam auch Bressans abgeschickter Knecht un-
ter einer Menge Fußfalle und Kreuze, die er schlug, und
überreichte das ihm anvertraute Papier. Peter las darin,
daß das Regiment der Leibwache in .vollem Aufruhr und
die Kaiserin an seiner Spitze sey.
Eiligst ließ nun der Kaiser seine holsteinischen Trup-
pen, 3000 Mann an der Zahl, von Oranienbaum herbei-
rufen. Er lief unschlüssig hin und her wie ein Mensch,
der den Kopf verliert. Der berühmte Marschall Mün-
nich, den er aus Sibérien zurückgerufen hatte, und der
ihm zur Seite stand, rieth ihm, sich eiligst der Stadt
Kronstadt und der Flotte zu versichern; Peter wollte
aber nicht wie ein Feigherziger gehen, ohne vorher den
Feind gesehen zu haben. Jndeß er so zauderte, eilte ihm
ein Abgeordneter der Kaiserin nach Kronstadt zuvor.
Bald darauf kam einer von seinen Adjutanten mit der
Nachricht angesprengt, es nähere sich Katharina mit
einem Heere von 20,000 Mann. Jetzt säumte Peter
nicht langer und eilte nach dem Gestade, wo zwei Pachten
ihn mit seinem ganzen Gefolge aufnahmen.
Abends um zehn Uhr langte er in Kronstadt an.
Wer da? rief der Pacht eine Schildwache zu — Der Kai-
ser — Es ist kein Kaiser mehr. Wirklich ließ man ihn
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
302
einen einzigen zu viel waren. Männer und Frauen, Greise
und Kinder, Vornehme und Gemeine, Schuldige und Un-
schuldige mußten sterben. Am 3. September verlor unter
andern auch die Prinzessin von La mb alle, eine vertraute
Freundin der Königin, das Leben. Sie war allgemein
beliebt wegen ihrer Schönheit, ihrer Sanftmut!), ihrer
Wohlthatigkeit; nichts vermochte sie aus den Händen sol-
cher Tiger zu retten. Die Art, wie sie gemordet und be-
handelt wurde, mag als Beispiel der viehischen Wuth
dienen, mit welcher man gegen so viele Unschuldige rasete.
Die Prinzessin saß im Hotel de Forye gefangen. Als
die Reihe an sie gekommen war, führte man sie hinab
vor die Commission, die sich unten im Gefangniß ver-
sammelt hatte. Man schleppte sie an den Armen über
einen kleinen Hof, der noch rein von Blut war, in den
großen, der einer Schlachtbank glich. Sie sank ohnmäch-
tig nieder vor Entsetzen bei dem Anblick des Blutes, das
man hier bereits vergossen hatte. Man zog sie aber wei-
ter fort bis an den Ort, wo die Blutmenschen mit auf-
gestreiften Hemdarmeln, mit blutigen Armen und Waffen
in der Hand, Gericht über die Eingekerkerten hielten.
Nach einigen unbedeutenden Fragen verlangte man von
ihr, sie solle Freiheit und Gleichheit, Haß dem König,
der Königin und dem Königthume schwören. Sie gelobte
Freiheit und Gleichheit, Nichts aber konnte sie bewegen,
der Königin und dem König, ihren Freunden, von denen
sie nie beleidigt worden war, Haß zu schwören. Sogleich
wurde ihr befohlen, abzutreten. Diese Redensart hieß bei
dem damaligen Blutgerichte, zum Tode gehen. Im Ab-
gehen wurde ihr leise, vielleicht um sie zu retten, der Rath
gegeben, es lebe die Nation zu rufen. Aber bei dem
ersten Schritte aus der Gefangnißthür erblickte sie die
letzten Zuckungen einiger Sterbenden, die man soeben nie-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
288
Ministers, Grafen von Stadion, in die Nähe von Bie-
berach kam, wo dieser Staatsmann auf den Gütern, die
er in der Gegend hatte, in Ruhe sein Leben genießen
wollte. Wieland wurde zu ihm geladen und verlebte
da in einem Kreise alter und neuer geistreicher Freunde in
heiterm Lebensgenuß die seligsten Tage. In ihrer Nahe
übersetzte er die Werke Shakspeares, und schrieb sei-
nen Don Silvio, seinen Aga thon, Jdris und Ze-
nide, Musarion und den neuen Amadis.
Fünf Jahre spater tröstete ihn für den Verlust der
ersten Geliebten, die nun seine Freundin geworden war,
eine zweite, die bald darauf seine Gattin wurde. Es war
die nicht schöne aber sehr anziehende und liebenswürdige
Tochter eines augsburger Kaufmanns, Namens Hillen-
brand. Bald darauf erhielt er einen Nus nach Erfurt
als Professor der Philosophie, mit einem Gehalt von
600 Thalern. Er folgte ihm, vertauschte aber im Jahr
1772 diese Stelle mit einer andern und übernahm mit
dem Titel eines Sachsen-Weimarschen Hofraths die Er-
ziehung der beiden weimarschen Prinzen. Nach ihm ka-
men auch Göthe, Herder, Schiller nach Weimar;
er war aber der erste auf diesem Musensitz und der
Schöpfer desselben durch die ästhetische Bildung, die er
seinen Zöglingen, besonders dem Erbprinzen, gab. Im-
mer mehr entwickelten sich nun in den angenehmen Ver-
hältnissen, in denen er lebte, Wieland's Talente als
Schriftsteller und Philosoph für die Welt, als Dichter,
Historiker, Uebersetzer. Sein vorzüglichstes Gedicht, Obe-
ron, das allein schon genügt hatte, ihm einen dauerhaf-
ten Ruhm zu bereiten, war eins seiner letzten Dichter-
werke, so jugendlich auch noch seine Phantasie darin spielt.
So arbeitete er, immer jung an Geist, mit seiner gewohn-
ten Thatigkeit fort, bis er endlich 1813, in seinem 81. Jahre,
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler]]