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verbreitete Schrecken um seinen Thron. Glorreich wie sein Le-
den war auch sein Tod. An- einem Tage, wo er Heerschau
hielt über das Volk, verfinsterte sich plötzlich die Sonne, ein
Sturm erhob sich mit Donner und Blitz, und eine schwarze
Wetterwolke umhüllte den König, der von da an auf Erdeu
nicht mehr gesehen wurde. Das Volk, wurde unruhig und for-
derte Rechenschaft von den Senatoren. Da versicherten diese:
der Kriegesgott selbst habe den vollendeten Sohn auf feurigem
Wagen gen Himmel geführt. Ja, der Senator Proculus Julius
verkündigte einige Tage später in öffentlicher Volksversammlung:
Romulus Geist sei ihm in glorreicher Gestalt vom Himmel er-
schienen, habe Roms Bürgern Glück und Segen verheißen und
verlangt, daß sie ihn, jetzt zum Gotte erhoben, auch göttlich,
unter dem Namen Quirinus, verehren sollten. Seitdem ver-
ehrte ihn das Volk wirklich als seinen Gott Quirinus und ver-
gaß, daß er vielleicht von den herrschsüchtigen Senatoren er-
mordet sei.
Nach dem Tode des Nomulus blieb der Thron ein ganzes
Jahr hindurch unbesetzt, und der Senat selbst übernahm die Re-
gierung.^) Von den zehn ersten Senatoren — und das waren
die Vorsteher der zehn Decurien der Ramnes — regierte Jeder,
in wechselnder Ordnung, fünf Tage lang und hatte als Jnter-
rer die königliche Gewalt und ihre Insignien. Hätte das Volk
dazu geschwiegen, so würde wohl gar kein König wieder erwählt
sein. Allein es klagte laut über die neue Vielherrschaft und
drang mit Gewalt auf die Abstellung derselben. Zugleich regte
sich die Stammeifersucht der Römer und Sabiner. Der ganze
Streit wurde endlich mit dem Vergleiche geschlichtet, daß die
Römer aus dem Stamme der Sabiner wählen sollten. Ihre
Wahl fiel auf den durch Frömmigkeit und Weisheit hochberühm-
ten Sabiner Numa Pompilius.
tz. 12. Auma Pompilius. 715—672.
Dieser hatte zwar nicht den kriegerischen Sinn des Romu-
lus, aber alle Eigenschaften eines großen Gesetzgebers und eines
gerechten und weisen Regenten. Durch seine religiösen Einrich-
8) Eine solche Zwischenregierung wurde Interregnum genannt.
t
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Extrahierte Personennamen: Julius Romulus Numa_Pompilius Pompilius
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gesandten Schild des Gottes, nebst elf andern, diesem Hochgebil-
deten.^ Jährlich wurden diese Weihgeschenke in öffentlichen Auf-
zügen von den Priestern umhergeführt. — 5. Die Auguren
oder Wahrsager, welche aus dem Fluge und Gesänge gewisser
Vögel, und aus besondern Erscheinungen am Himmel oder auch
auf der Erde selbst den Willen der Götter deuteten; denn keine
Sache von irgend einer Wichtigkeit wurde unternommen, ohne
vorher die Augurien zu beobachten. — 6. Die Flaminesd
ßf waren Tempelpriester einzelner Gottheiten; es gab deren drei,
und der vornehmste unter ihnen war der Flamen Dialis, der
Priester des Jupiter. Mit der Bestimmung der Feste, die er
zu Ehren der Götter anordnete, hing auch die Einrichtung des
Kalenders zusammen, der von ihm verbessert wurde; — das
Jahr, welches früher zehn Monate hatte, wurde unter ihm in
zwölf eingetheilt. Mit der Einrichtung selbst befaßten sich vor-
züglich die Pontifices, weil sie die Tage für die Feste und Opfer
der Götter zu bestimmen hatten. So waren überhaupt die zwei-
undvierzig Jahre der Regierung dieses Königes eben so viele
Jahre des Glückes und des Friedens. Er starb hochbejahrt,
von Göttern und Menschen geliebt. Wie die Sage die Göttin
Egeria zur Freundin und Rathgeberin dieses ausgezeichneten
Mannes gemacht hat, so läßt dieselbe Sage auch die Göttin um
seinen Tod weinen und in einen Quell zerfließen.^)
§. 13. Tullus Hostilius. 672—640.
Dem milden und friedliebenden Ruma folgte der rohe und
kriegerische Tullus Hostilius, der wieder aus dem Stamme der
Ramnes gewählt wurde. Unter ihm brach die Eifersucht, die bisher
zwischen Alba Longa und ihrer Tochterstadt Rom geherrscht hatte,
in einen offenen Krieg aus. Der albanische Feldherr, Mettus
Fuffctius, brach mit einem wohlgerüsteten Heere auf und bezog
ein verschanztes Lager unweit Rom. Tullus rückte ihm kühn ent-
3) Sie fuhrten diesen Namen von ihrer priesterlichen Kopfbedeckung:
,,a filio, quo utebantur, flamines dicti sunt, quasi filamines.“ Serv. ad
Aen. Viii. 664.
4) Eine verbreitete Meinung war, Numa sei ein Zeitgenosse und Schu-
ler des Philosophen Pythagoras (584-504) gewesen; und diese Sage
suchten schon Cicero, Livius u. A. aus der Chronologie zu widerlegen.
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55
sicht war, hier den Ausgang der Schlacht zu beobachten und es
alsdann mit der Partei zu halten, zu welcher sich das Glück
Hinneigen würde. Als dem Tullns dieses gemeldet wurde, faßte
er sich schnell und rief so laut, daß selbst die Feinde es hören
konnten: ans seinen Befehl ziehe sich das albanische Heer seit-
wärts, um dem Feinde in den Rücken zu fallen. Dies erregte
Schrecken unter den Fidenatern und Vejentern. Zuerst nahmen die
Fidenater die Flucht, weil sie wirklich fürchteten, von den ver.-
rätherischen Albanern umzingelt und von-ihrer Stadt abgeschnit-
ten zu werden. Die Flucht der Fidenater zog auch bald die der
Bejenter nach sich. Jetzt eilte Mettus in die Ebene hinab zum
Tullns und wünschte ihm Glück zu seinem herrlichen Siege.
Tullns verbarg seinen Zorn. Er empfing den Verräther mit
Güte, als ob er nichts bemerkt hätte; beschicd aber beide Heere
ans den folgenden Tag zu einer Versammlung. Die Albaner
erschienen zuerst, alle ohne Waffen; bewaffnet stellten sich die
Römer um sie herum. Jetzt trat Tullns auf und enthüllte den
schändlichen Verrath des Mettus und verkündete die Strafe, die
er ihm und seinem Volke bestimmt hatte. Er selbst wurde an
zwei Wagen festgebunden, die Gespanne nach entgegengesetzter
Richtung angetrieben, und der Körper des Unglücklichen jämmer
lich zerrissen. Alle wandten voll Entsetzen ihre Augen ab von
einem so gräßlichen Schauspiele, das in der ganzen römischen
Geschichte das erste und letzte in seiner Art gewesen ist. Höchst
traurig war auch das Schicksal der Stadt Alba. Sie ward
geschleift, und der größte Thei! der Einwohmner nach Rom
abgeführt. Hier wies ihnen Tullns den Hügel Cälius zum
Wohnsitze an und zog diesen mit in das Gebiet der Stadt
Vierhundert Jahre hatte die ehrwürdige Mutterstadt Roms
gestanden, als dieser Schlag der Vernichtung sie traf. Frü-
her war sie das Haupt der latinischen Bundesstädte gewesen;
seit dieses gefallen, siährte Rom den Wunsch und die Hoffnung,
das erledigte Oberhoheitsrecht der Mntterstadt an sich zu bringen.
*) Roma interim crescit Albae ruinis , duplicatur civium numerus,
Caelius additur urbi mons. Livius I. 30. Übrigens darf man bei Alba
an eine gänzliche Schleifung wohl eben so wenig denken, als bei Mai-
land unter Friedrich I.
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82
tors auszuführen hatte; und die Consuln legten ihr Amt für die
Zeit der Dietatur nieder. Diese sollte gesetzlich nicht länger als
sechs Monate dauern; einmal, damit nicht diese unumschränkte
Gewalt in eine vollständige Alleinherrschaft ausarte, dann aber
auch wohl aus Rücksicht für die Consuln selbst, die ja ihr Amt
für ein ganzes Jahr erhalten hatten, durch die Ernennung
eines Diktators aber für eine gewisse Zeit gleichsam abgesctzt wur-
den. In der Regel jedoch legte der Diktator noch vor Ablauf
dieser Zeit sein Amt nieder, und zwar immer, wenn das erfüllt
war, weswegen man ihn gewählt hatte. Sofort traten dann
die Consuln wieder ihr Amt an. Bei jeder drohenden Gefahr
des Staates, wenn schleunige Entschließung und Ausführung
nöthig war, wurde ein Diktator erwählt, in der Regel aus den
Consularen; und vierundzwanzig Lictoren mit ihren Fasces ver-
sinnlichten äußerlich seine furchtbare Machtfülle Schrecken ging
durch das Volk, das nun auch seines letzten Schutzmittels, der
Provokation, beraubt war, und es wagte nicht, sich den Anord-
nungen des Diktators zu widersetzen. Zweimal nach einander
zog es aus und bekämpfte siegreich die Feinde, welche Tarqui-
nius gegen Rom in Bewegung gesetzt hatte.
Die Patricier, wenigstens die Mehrzahl derselben, hatten
noch immer einige Schonung gegen die Gemeinde bewiesen, so
lange sie fürchteten, diese mögte den Tarquinius zurückberufen.
Als aber der Tod desselben sie von dieser Furcht befreiet hatte,
da verdoppelten sie ihre Bedrückungen, und die furchtbaren Rechte
der Gläubiger gegen ihre Schuldner kamen zur vollen Ausfüh-
rung. Den Patriciern gegenüber nahm die Gemeinde eine immer
drohendere Stellung an. Appius Claudius war zum Consul
erwählt worden, neben ihm aber der sanfte Servilius, damit bei
der Verwaltung Milde mit Strenge sich paare. Letzterer trug
im Senate darauf an, den Schuldnern Erleichterung zu gewäh-
2) Creato dictatore — magnus plebem metus incessit, ut inten-
tiores essent ad dicto parendum, biv. Ii. 18. — Vvn dem mächtigen
gegen die Plebejer gewählten Dictator muß man den Dictator unter-
scheiden, der zuweilen ernannt wurde, um einen Jahresnagel in die
Cellenwand des Jupitertempels auf dem Capitol einzuschlagen, weil eine
alte Sage ging, daß durch das Einschlagen eines solchen Nagels einst
einer Pest oder einem Aufruhr das Ziel gesetzt worden sei.
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85
heimkehren. Der Senat fürchtete vor ihrer Rückkehr, und unter
dem Vorwände, die Sabiner machten neue Kriegesrüstungen,
wurden sie noch unter Waffen gehalten. Allein das Volk durch-
fchauete bald diese Arglist; und jetzt, nachdem es bei aller Hin-
gebung in seinen gerechtesten Erwartungen wieder und wieder
auf das grausamste war getäuscht worden, nahm es zu einem
verzweifelten Mittel seine Zuflucht. Mit den Waffen in der
Hand, seine Feldzeichen an der Spitze, brach es unter Anführung
des aus seiner Mitte gewählten Plebejers Sicinius Bellu-
tus auf, und lagerte sich auf einem anderthalb Stunden von
Rom, am Einflüsse des Anio in die Tiber gelegenen Berge,
welcher später der „heilige Berg" genannt wurde. Von hieraus
schauete es trotzig hinunter auf die verhaßte Tyrannenstadt.
Diese unerwartete Unternehmung belehrte den Senat, wie
sehr er sich durch seine Härte und Ungerechtigkeit geschadet hatte.
Das Volk strömte in ganzen Massen aus Rom nach dem heili-
gen Berge; die Wachen an den Thoren waren nicht im Stande,
dasselbe aufzuhalten. Durch Tumult in: Innern und Krieg von
Außen geänstigt, entschloß sich der Senat jetzt endlich zur Nach-
giebigkeit. Er schickte eine Gesandtschaft, und an der Spitze der-
selben M e n e n i u s A g r i p p a, den Liebling des Volkes, in das
Lager der Ausgewanderten, sie freundlich zur Rückkehr einzula-
den. Dieser führte das Wort und belehrte das Volk über die
bösen Folgen der Zwietracht durch eine Fabel. „Einst, — sprach
er - empörten sich die Glieder des Körpers wider den Magen.
Sie wollten es nicht länger dulden, daß dieser allein in behag-
licher Ruhe in der Mitte sitze und sich von den andern füttern
und tragen lasse. Sie versagten ihm also ihren Dienst. Die
Hände wollten keine Speisen mehr an den Mund bringen, der
Mund sie nicht aufnehmen, die Zähne sie nicht zermalmen.
Diesen Vorsatz führten die Glieder eine Zeitlang aus. Aber bald
merkten sie, daß sie sich selbst dadurch schadeten. Sie fühlten
nämlich, daß es der Magen sei, der die Säfte der empfangenen
Speisen durch alle Glieder vertheile und dadurch ihnen allen
Kraft und Munterkeit gebe. Sie ließen daher von ihrem Vor-
haben ab und söhnten sich wieder mit dem Magen aus." Das
Volk begriff bald den Sinn dieser Worte und sah ein, daß seine
Empöruug und seine Trennung dieselbe Schwäche und Hinfällig-
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136
Heuer, welche hölzerne Thürme mit Kriegern auf ihrem Rücken
trugen in die Reihen der Römer ein und verbreiteten Schrecken
und Verwirrung. Noch nie hatten diese solchen Ungeheuern ge-
genüber gestanden. Selbst die Pferde wurden scheu und warfen
ihre Reiter ab. Was sich nicht durch die Flucht rettete, wurde
von den Elephanten zertreten oder von den Soldaten aus den
Thürmen niedergeschossen. Blutig war die Niederlage der Rö-
mer 2). Jedoch hatte auch Pyrrhus diesen Sieg theuer erkaufen
müssen. Er selbst war in höchster Lebensgefahr gewesen; seine
besten Führer und Soldaten waren gefallen. Als er am folgen-
den Tage das Schlachtfeld, den Zeugen der römischen Tapfer-
keit, besuchte, äußerte er voll Bewunderung: „O, wie leicht
wäre es, die ganze Welt zu erobern, wenn die Römer meine
Soldaten, oder ich ihr König wäre3)!"
Nach diesem Siege fielen ihm die Sammler, Lucaner,
Apuler und Bruttier zu, und mit ihnen vereint drang er vor
bis nach Präneste, das nur sieben Meilen von Rom selbst ent-
fernt ist. Von hieraus schickte er seinen Freund, den großen
griechischen Redner Eineas, der, wie Pyrrhus behauptete, mehr
Städte mit seiner Zunge, als er selbst mit dem Schwerte ero-
bert hatte, mit Friedensanträgen nach Rom, hoffend, daß die
Römer, nach ihrer großen Niederlage und bei der Nähe der neuen
Gefahr, jetzt gewiß zum Frieden ganz geneigt sein würden. Die
Bedingungen desselben waren: es sollte in den Frieden mit
Pyrrhus auch Tarent mit ausgenommen, allen Griechen in
Italien Unabhängigkeit eingeräumt, deu vier mit Tarent ver-
bundenen Völkern alles, was ihnen die Römer entrissen, zurück-
gegeben werden. Allein es war Grundsatz der Römer, nie nach
Niederlagen, sondern nur uach Siegen Frieden zu schließen.
Vergebens bot der große Schüler des Demosthenes die ganze
sieggewohnte Kraft seiner Beredsamkeit auf, um die Absicht seines
Herrn zu erreichen; hier aber scheiterte seine Kunst an der Rede
des blinden, greisen Appius Claudius, der, schon längst
nicht mehr gewohnt, in der Versammlung zu erscheinen, dieses
2) V. Laevinus parum prospere adversus Pyrrhum pugnavit, ele-
phantorum maxiine inusitata facie territis militibus. Liv. epit. I. 13.
3) 0 quam facile erat, orbis terrarum Imperium occupare, aut
mihi Romanis militibus, aut me rege. Flor, I. 18.
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Extrahierte Personennamen: Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Schwerte Rom Tarent Italien Tarent
99
denbefehl ergehen, ihn zu verhaften. Allein durch die Freunde
des Virginius wurde das Schreiben aufgefangen, und der Vater
von der ganzen Sache benachrichtigt. Voll Bestürzung eilte die-
ser nach Rom und erschien am andern Tage mit seiner Tochter
in Trauerkleidern vor dem Richterstuhle des Appius. Dieser
hörte nicht auf die Einrede des Vaters, er sprach sie seinem
Clienten zu und gab den Lictoren Befehl, sie ihm zu überliefern.
Da bat der verzweifelnde Vater um die einzige Erlaubniß, von
seiner Tochter den letzten Abschied zu nehmen. Er schloß sie in
seine Arme, trocknete ihre Thränen, ergriff von einer nahen
Bude ein Messer und stieß es ihr in die Brust, mit den Wor-
ten: „Gehe zu deinen Vätern, Virginia, noch rein und frei;
der einzige Weg deiner Ehre!" Dann hielt er, wie einst Bru-
tus, das von Blut rauchende Messer empor und rief: „Durch
dieses Blut der Unschuld weihe ich deinen Kopf, Appius, den
Göttern der Unterwelt!" Sogleich gab Appius den Lictoren
Befehl, ihn zu verhaften. Sie aber wurden von der Menge
zurückgeworfen, und Virginius stürmte, zur Rache aufrufend,
mitten durch das Volk fort, hin nach dem Thore, hinaus zum
Lager, und Tausende strömten ihm nach. Hier erregte er eine
noch größere Bewegung, als er in der Stadt zurückgelassen hatte.
Das empörte Heer brach sogleich nach Rom auf und lagerte sich
auf dem Aventinus; die von der sabinischen Grenze zurückkeh-
renden Legionen vereinigten sich mit ihm. Da kamen Abgeord-
nete des Senates und warfen ihnen ihr Vergehen vor; verspra-
chen aber Verzeihung, wenn sie ruhig auseinander gingen. Die-
sen aber wurde kurz erwiedert: nur wenn das Decemvirat ab-
geschafft würde, könne von Unterhandlung die Rede sein. Als
der Senat schwankte, zogen die Heere und mit ihnen der größte
Theil des Volkes abermals auf den heiligen Berg, wo die Frei-
heit der Plebejer begründet worden war. Nun erst gaben die
Patricier nach. Die Senatoren Valerius und Horatius,
zwei Volksfreunde, wurden nach dem Berge geschickt, mit den
Ausgewanderten zu unterhandeln. Diese verlangten: Herstellung
des Tribunats und der Provokation, Amnestie für Alle, die zu dem
Aufstande mitgewirkt hatten, endlich Auslieferung der Decemvirn,
die lebendig verbrannt werden sollten. Die Gesandten bewillig-
ten Alles; nur die Auslieferung der Decemvirn baten sie zu
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104
gewählt und so auch durch den Stand der Gewählten die neuere
Würde mit einem größern Glanze umgeben. Ihr Amt dauerte
anfangs fünf Jahre, von einem Lustrum bis zum andern; später
aber, seit 434, achtzehn Monate.
§• 24. Sp. Mlälins. — Eroberung von Idfjt durch Eamillus.
Kaum hatte dieser Sturm ausgetobt, als in Rom eine große
Hungersnoth ausbrach (440), die neue Bewegungen veranlagte.
Vergebens trat der Senat helfend ein, vergebens errichtete er
ein besonderes Verpflegungsamt (praeleetma annonae) und über-
trug dasselbe dem L. Minucius; sie erreichte eine solche Höhe,
daß ungeachtet aller Vorkehrungen viele arme Hausväter bis
zum Selbstmorde verzweifelten. Da erbarmte sich der reiche
plebejische Ritter Spurius Mälius der hungernden Menge. Mit
Aufbietung seines ganzen Vermögens kaufte er in Etrurien ei-
nen großen Vorrath Getreide ein und vertheilte diesen den ganz
Armen umsonst, den Dürftigen zu einem niedrigen Preise. Da-
durch ward er so recht der Mann des Volkes, das nunmehr ihn
als seinen Wohlthäter und Schutzherrn fast vergötterte. Ob bei
jener Wohlthätigkeit des Mälius ehrsüchtige Absichten im Hinter-
gründe lagen, ob der etwas eitle Mann nach der höchsten ihm
bisher verschlossenen Ehrenftelle lüstern war, ist ungewiß; aber
die Patricier hegten diesen Verdacht und beschlossen jetzt, die
Plebejer in ihrem Gelüsten nach dem Consulat und Kriegestri-
bunat durch Schrecken zu lähmen. Auf eine von Minucius ge-
machte Anzeige, daß im Hause des Mälius geheime Versamm-
lungen gehalten, und Waffen dahin zusammengebracht würden,
ernannte der Senat sofort, unter dem Scheine hochverrätherischer
Umtriebe, den achtzigjährigen Greis Q. Cincinnatus zum Dik-
tator und besetzte während der Nacht das Capitol und die festen
Plätze der Stadt. Am andern Morgen erschien der Diktator
mit seinem Magister Equitum, Servius, Ahäla im kriegerischen
Gepränge auf dem Markte. Neugierig strömte von allen Seiten
das Volk herbei, um die Ursache dieses Auftrittes zu erfahren.
Auch Sp. Mälius befand sich unter demselben. Ans diesen ging
Ahala los und forderte ihn auf, sofort vor den Richterftuhl des
Diktators zu treten, um sich wegen der von Minucius gegen
ihn erhobenen Anklage zu rechtfertigen. Mit lautem Hülfsge-
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Extrahierte Personennamen: Mlälins L._Minucius Ritter_Spurius_Mälius Minucius Servius Mälius
155
gerieben (225). Mit diesem glänzenden Siege wicb in Rom
die Furcht der zuversichtlichen Hoffnung: es werde gelingen,
die nordischen Fremdlinge ganz aus der Po--Ebene zu verdrän-
gen. Schon im nächsten Jahre 224 wurden die Bojer unter-
worfen ; und die Römer gingen nun auf die Jnsubrer los. Der
Cónsul C. Flaminius schlug sie an der Ad ua; einen noch glän-
zenderen Sieg erfocht M. Claudius Marcellus bei C l a st i -
d ium, wo er selbst den feindlichen Anführer Viridomar erlegte,
und die spolia opima gewann. Nachdem Stamm auf Stamm ge-
schlagen und zuletzt auch Mailand, die Hauptstadt der Jnsubrer,
gefallen war, erfolgte eine völlige Unterwerfung. Überlegung
und Besonnenheit hatte über den ungestüinen planlosen Muth
und die rohe Kraft den Sieg davongetragen. Um den Besitz
des eroberten Landes zu sichern, wurden in demselben die Kolo-
nien Placentia und Cremona angelegt (210). Jedoch blieb gäh-
render Mißmuth, der nur auf eine günstige Gelegenheit wartete,
die drückende Unterthänigkeit abzuwerfen.
In demselben Jahre 210 brach ein neuer Krieg mit Jllp-
rien aus. Derselbe Demetrius von Pharus, welcher früher an
seiner Königin zum Verräther geworden war, wurde jetzt zum
Verräther an den Römern selbst. Unzufrieden mit der geringen
Gebietserweiterung, die er für seine Verrätherei erhalten hatte,
benutzte er die Gelegenheit, wo die Römer in den gallischen Krieg
verwickelt waren, um ganz Jllprien gegen sie in Aufstand zu
bringen. Allein er wurde durch den Cónsul L. Ämilius Paulus
besiegt, aus dem Lande getrieben, und ganz Jllprien unter-
worfen.
Der zweite punische Krieg. 218—201 ').
§. 37. Veranlassung zum Kriege.
Mit Recht nennt Livius diesen Krieg den größten und
merkwürdigsten, der bis dahin geführt worden war. Er wurde
x) Vgl. L. v. Vincke, der zweite punische Krieg und der Krieges-
plan der Karthager. Berlin 1841.
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160
37 Elephanten von Karthagena auf und überschritt den Ebro.
In kurzer Zeit, aber nur nach einem äußerst blutigen Kampfe,
unterwarf er sich das ganze zwischen diesem Flusse und dem
Pyrenäengebirge gelegene Land und ließ zur Deckung desselben
den Unterfeldherrn Hanno mit 11,000 Mann zurück. Er selbst
überstieg mit 50,000 Fußgängern und 9000 Reitern die Pyre-
näen und durchzog rasch das südliche Frankreich, über Ruscino,
das heutige Russillon, Narbonne, Nismes (Nemausus). Gegen
das Ende des Septembers kam er an die Rhone, über die er
zwischen Orange und Avignon setzte. Hier kam es zu einem
blutigen Vorpostengefechte. Der römische Cónsul Scipio, wel-
cher auf seiner Fahrt nach Spanien zu derselben Zeit bei Mar-
seille landete, und erst hier Kunde von dem Übergange seines
Gegners über die Pyrenäen erhielt, war entschlossen, ihm hier
den Weg zu verlegen und schickte eine Abtheilung Reiter aus,
Erkundigung einzuziehen. Zu demselben Zwecke hatte auch Han-
nibal eine Reiterschar abwärts geschickt, die bald mit der römi-
schen in einem zwar kleinen aber blutigen Gefechte zusammentraf,
wie zum Vorspiel der großen Kämpfe, die bald folgen sollten.
Dem römischen Cónsul wich er listig aus. Er wandte sich nörd-
lich längs der Rhone, ging dann über die Jsere (Zsara), welche
in die Rhone fließt und langte, gestärkt durch die Bündnisse gal-
lischer Fürsten, in der letzten Hälfte des Oktobers an dem Fuße
der Alpen an. Hier aber schien die Natur der Gegend seinem
Siegeszuge eine Grenze setzen zu wollen.
Zn der Mitte zwischen Italien und Gallien ragt in furcht-
barer Höhe das Alpengebirge, gleichsam als eine feste unüber-
steigbare Mauer zwischen beiden Ländern aufgethürmt. Rings-
umher starret alles von Eis und Schnee, zackige Felsenspitzen ra-
gen bis in die Wolken hin. Hier war nicht Stadt nicht Dorf;
kein gebahnter Weg führte über das entsetzliche Gebirge. Nur
wilde Thiere schweiften umher und halbwerwilderte Menschen,
die, erstarrt von Kälte, in elenden Hütten oder in Felsenschluch-
ten ihr trauriges Leben zubrachten. Hierüber sollte nun zum
erstenmal ein ganzes Heer setzen, Menschen, Pferde, Elephanten,
Wagen und Gepäck, und das gerade in der rauhen Herbstzeit,
wo Alles um so schrecklicher war, zumal für die Karthager, die
aus dem heißen Afrika kamen. Betroffen stand das Heer vor
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Extrahierte Personennamen: Karthagena Hanno Cónsul_Scipio Scipio
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Nismes Avignon Spanien Italien Gallien Afrika