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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 580

1910 - Dortmund : Crüwell
580 Unter den Insektenlarven sind solche, die eine scharfe Flüssig- keit auf eine ziemliche Entfernung zu schleudern vermögen. Bei uns tut das namentlich die dicke fleischfarbige, oben braune Raupe des Weidenbohrers; sie spritzt in der Bedrängnis einen grünlichen Saft etwa zwei Fuß weit ans dem Maul. Dieser ist stark ätzend und von so eigentümlich scharfem Geruch, daß eine geübte Nase das Tier mehrere Meter weit wahrnimmt, selbst dann, wenn es ruhig im Holze nagt. Die Ameisen beißen und stechen nicht bloß, sondern sie spritzen auch ihre Säure aufs Geratewohl dem Feinde entgegen. Stört man einen Haufen der gewöhnlichen braunen Waldameisen, schlägt etwa ein paarmal mit der Hand aus ihn und halt dann die Hand in 1h Fuß Höhe über den Haufen, so kann man sehen, wie die laufenden Tierchen anhalten und ihren Hinterleib aufwärts krünm men. Betrachtet man dann die Sache von der Seite, in der Art. daß man über den Haufen weg gegen das Helle blickt, so sieht man Hunderte von feinen Flüssigkeitsstrahlen emporschießen, die etwa zwei Dezimeter hoch reichen; das ist die Abwehr der Ameisen. Manche Seetiere schießen dein, der sie aus dem Meere her- vorhebt, einen kräftigen Wasserstrahl entgegen. In diesem wie in andern Füllen ist die ausgespritzte Flüssigkeit nicht gerade schädlich, aber das Plötzliche des Schusses genügt, um einen zaghafteren Feind zu schrecken, und damit ist sein Zweck erfüllt. Selbst der Mensch läßt sich, wenn er nicht vorbereitet ist, durch derartige Mittel sehr leicht zum Loslassen bewegen. Es mag unter den kleinen und verborgenen Tieren, deren Lebensweise wenig genau bekannt ist, noch manche ähnliche Ein- richtung geben, von der wir nichts wissen. Im Pflanzenreich sind die Schleudervorrichtungen gleichfalls weit verbreitet, und dort sind sie noch auffallender als im Tierreich. Denn das Tier benutzt seine Muskeln, regelrechte Bewegungsorgane, zum Auswerfen des Ge- schosses; die Pflanze aber hat keine Muskeln, und demgemäß müssen ihre Wurforgane jedesmal besondere Einrichtungen sein. Diese die- nen durchweg ein und demselben Hauptzweck, der Samenverbreitung, und sie beruhen auch durchgängig auf ein und demselben Prinzip: durch das Wachstum werden in einzelnen Fruchtteilen elastische Spannungen hergestellt, die schließlich zu einem jähen Platzen führen. Schon bei sehr niedrig stehenden Gewächsen, wie Pilzen und Flechten, findet man in den Fruchthältern eigene Schleuderorgane, meist in Form von Spiralzellen aus stark elastischem Zellstoff. Zur Zeit der Reife sind diese Spiralen gespannt wie elastisch zusammen- gedrückte Sprungfedern; es kommt ein Augenblick, wo die umliegen-

2. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 581

1910 - Dortmund : Crüwell
581 den Gewebe nicht mehr stark genug sind, um sie zurückzuhalten, die Feder schnellt los, streckt sich gewaltsam gerade, fliegt aus ihrem Behältnis heraus, reißt dabei die benachbarten Keimkörner mit sich und verstreut sie über die Umgebung der Mutterpflanze. Von den höhern, blühenden Gewächsen besitzen viele Kapseln, die zur Zeit der Reife elastisch gespannt sind, mit einer gewissen Gewalt aufspringen und ihre Samenkörner kräftig umherschleudern. Setzt man sich an wannen Sommertagen an den Rand eines Ge- treidefeldes, so hört man oft bei einiger Aufmerksamkeit ringsum eiu feiues Knisteru und Rasseln; das sind die Samenkapseln der llnkränter, welche in der Sonnenhitze zerspringen und ihren Inhalt über den Boden verstreuen. Eine bei uns sehr bekannte Pflanze hat diese Schleuder- fähigkeit zu besonderer Vollkommenheit ausgebildet, das ist das „Kräutchen rühr mich nicht an", die gelbblühende wilde Balsamine, welche in ganz Deutschland an feuchten Standorten häufig zu finden ist. Sie gehört sicherlich zu den Gewächsen, die zuerst die Aufmerk- samkeit der Menscheu auf die Wuuder der Botauik geleukt haben; denn man kann annehmen, daß schon seit Jahrtausenden die Hälfte aller spielenden Kinder sich gelegentlich mit dem Abfeuern der Balsaminenfrüchte unterhalten hat. Diese sind aus fünf Lüngs- streifen zusammengewachsen; jeder einzelne Streifen besitzt noch eine innere Verstärkungsleiste, und zur Zeit der Reife sind diese stark elastisch gespannt, so daß sie das Bestreben haben, sich aufzurollen. Solange die Pflanze in Ruhe bleibt, kanu die Spannung einen ziemlich hohen Grad erreichen, ohne daß die Frucht zerreißt; wenn aber der leiseste Druck den Zusammenhang der Fasern irgendwie lockert, gewinnen die elastischen Kräfte die Oberhand, die ganze Frucht springt der Länge nach auf, die Streifen rollen sich mit äußerster Plötzlichkeit gegen die Spitze hin zusammen, und die Samenkörner werden heftig abgeschleudert; sie spritzen oft zwei Meter weit. Auch das Veilchen kann dieses Kunststück. Es klemmt seine harten glatten Samen zwischen die vertrocknenden Fruchtklappen und knipst sie dann weg, ähnlich wie ein mutwilliger Junge einen Kirschkern zwischen beu Fingern wegqiletscht. Noch besser aber verstehen einige ausländische Vettern die Schießknnst. Berühmt ist namentlich ein südamerikanischer Baum, der deu Namen Sandbüchsenbanin führt. Die abgefallenen Früchte trocknen ein und zerspringen dann mit lautem Knall. Dabei schleudern sie den Samen weit umher, manchmal 15 m weit. Ein englischer Ge- lehrter hatte ein Exemplar der Frucht mit nach England gebracht

3. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 582

1910 - Dortmund : Crüwell
582 und in einem Kästchen verwahrt. Eines Tages zersprang dieses mit einem pistolenschußähnlichen Knall, und es fanden sich nachher nicht bloß die Stücke der Frucht, sondern auch Trümmer des Käst- chen im Zimmer verstreut. 268. Blumen und Insekten. B°» K°°isch, ^sie Pflanze sitzt im Boden fest. Da sie aber für das Wichtigste ^ in ihrem Leben, die Fruchtbildung, in vielen Fällen der Mit- wirkung anderer Pflanzen nicht entraten kann, so ist sie ans fremde Hilfe angewiesen. Als solche werden außer dem Wind in der Regel die Insekten in Anspruch genomnlen, aber auch Schnecken und Wirbeltiere (Vögel) haben gelegentlich als Spediteure des Pollen- staubes zu dienen. Nim liefert freilich kein Tier diesen Dienst ohne entsprechende Gegenleistung, und diese Gegenleistung muß von der Psianze in auffälliger Weise dargeboten werden, um Zugkraft für das Tier zu haben. Das beliebteste Mittel der Pflanze zur Anlockung des ge- waltigen Heeres der Kerbtiere besteht in der Verabreichung bevor- zugter Nahrungsstoffe. Die Pflanze bietet den Insekten Honig an und sucht sich ihnen durch Ausstreuung süßer Düfte, manchmal auch dkirch glänzende Farben auf weite Strecken hin bemerkbar zu machen. Viele der honigsuchenden Insekten sind recht bequeme Herren, die sich nur dort niederlassen, wo das Absitzen ohne Unannehmlich- keit geschehen kann. Deshalb haben viele Pflanzen besondere Flug- bretter ausgebildet, Sitzbänkchen sozusagen, die sie vors Haus stellen als Einladung an Madame Hummel, daß sie gütigst ein wenig Platz nehmen und sehen möge, wie herrlich man eingerichtet sei. Zu diesen Pflanzen gehören die Knabenkräuter und die meisten Lippenblütler, und ihre Unterlippe ist der besagte Stuhl. Weil es aber auch ungebetene Gäste gibt, mit denen die Pflanze um alles in der Welt nichts zu schaffen haben mag, so setzt sie diesen schon von vornherein dadurch den Stuhl vor die Tür, daß sie ihre Kronenröhre, die ja der Eingang zum Honigkeller ist, mit beson- deren Haardickichten, Vorsprüngen kind Leisten oder kleinen Dörn- chen auskleidet, die dem Zudringlichen jeden Eintritt umnöglich machen, geradeso wie ein Stacheldrahtzaun. Indessen der Besuch allein tut es noch nicht, und damit, daß Madame Hummel oder Biene ihren Rüssel in die Kronenröhre steckt und den Honig so schmackhaft findet, daß sie bereit ist, bald wieder-

4. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 584

1910 - Dortmund : Crüwell
584 schmalen Plättchen verbinden, an dessen Fuß ein Honigtröglein steht. Das aus dem Flugbrett sitzende Insekt, das seinen Rüssel in die Tiefe versenkt, kann aber nicht zu diesem Tröglein gelangen, ohne dabei jenes kleine federnde Plättchen zu berühren, auf dem die beiden Staubgefäße festgemacht sind. - Da nun schon der leiseste Druck auf das Plättchen genügt, um es nach unten zu bewegen, so klappen dadurch die schlagbaumartigen Staubgefäße, die auf ihm sitzen, notwendig — etwa wie zwei Klavierhämmerchen beim Be- rühren der Taste — nach unten und klopfen ihren Pollenstaub dem ahnungslosen Insekt auf den Rücken. In dem Augenblick jedoch, wo sich der Rüssel zurückzieht, schnellen auch sie wieder zurück und verstecken sich wie vorher in der Helmhaube. Von den Knabenkräutern kann man gar sagen, daß sie den Insekten wahrhaftige Hörner aufsetzen. Die Pollenkörnchen jedes Stanbbentelfaches werden durch einen besonderen Klebstoff zu einem soliden, keulenförmigen Klumpen verbunden, der oft so handfest ist, daß man mit ihm in dieser kleinen Welt wohl Fenster einwerfen könnte, wenn es Fenster gäbe. Diese Blütenstaubklumpen bleiben zunächst in den Staubbeuteln verborgen, sitzen aber mit einem feinen Stielchen ans einer Klebscheibe auf, die in der Blüte stets so angebracht ist, daß jedes Insekt, das auf die Honiglippe fliegt und seinen Rüssel in die Röhre steckt, unfehlbar mit seinem Kopf an die Klebscheibe rennt. Diese heftet sich sofort in den Stirnhaaren des Sechsbeiners fest, und wenn das Insekt die Blüte verläßt, hat es auf der Stirne zwei Hörner sitzen, weil es, ohne daß es wollte, beim Zurückweichen die Pollenklumpen aus den Staubbeutelfächern herausgezogen hat. Alles Putzen und Wischen hilft nichts. Die H örner sitzen fest. Durch alle diese Vorrichtungen wird indessen nur erreicht, daß das honigsuchende Tier in dem Augenblick, in dem es sich zur Tafel setzt, mit Pollenstaub beladen wird. Damit ist aber der Pflanze noch nicht gedient; ein fast noch größeres Interesse muß sie ja dar- an haben, daß der entnommene Blütenstaub nun auch wirklich aus eine andere Blüte derselben Art gelangt. Nur in diesem Fall er- füllt ja der Pollen seine Bestimmung. Auch dafür wird durch die allerverschiedensten Mittel gesorgt. Zuvörderst werden Vorkehrungen dafür getroffen, daß dieselbe Kör perstelle, an der der Pollen befestigt wurde, in der Blüte, die das Insekt später besucht, mit den aufnahmefähigen Narbenflächen iu Berührung kommt. Beim Stiefmütterchen z. B. ist das dadurch erreicht, daß der noch unbestäubte Griffel sich dein eindringenden Insekt tu den Weg stellt, so daß es unbedingt mit seinen Rüssel-

5. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 585

1910 - Dortmund : Crüwell
585 haaren über die Narbe Hinstreifen muß. Hat das Insekt nun zu- fällig Pollen mitgebracht, und ist von diesen beim Eintauchen des Rüssels ein Teil an der Narbe abgestreift worden, so wird diese sofort durch eine Klappe, die am Griffelkopf angebracht ist und bisher offen stand, geschlossen; der Griffel biegt sich zur Seite, und nun erst kann das Insekt zu dem in der Tiefe sitzenden Honigtrög- chen und den das Tröglein umgebenden Staubgefäßen gelangen, wo es sich ungewollt mit neuen Pollen belädt. Besonders merkwürdig sind diejenigen Fälle, in denen von der Pflanze ein Teil der sich ausbildenden Samen geopfert wird, um die Bestäubung zu erreichen. Ein Beispiel dafür liefern manche unserer einheimischen Nelkenarten, indem die kleinen Eulen-Schmet- terlinge, von denen sie besucht werden, nicht nur den Honig san- gen, sondern auch vermittels einer langen, an ihrem Hinterleib angebrachten Legeröhre ihre Eier ins Innere der Blüte versenken. Die jungen auskriechenden Larven fressen dann einen Teil des Samens auf, während die übrigbleibenden Früchtchen den Fortbe- stand der Pflanze zu sichern haben. Die Pflanze gibt also ein Stück ihrer eigenen Zukunft hin, um den Spediteur des Pollens an sich zu fesseln! Ist das nicht verblüffend? Das sind nur wenige Beispiele aus dein merkwürdigen Zu- sammenleben zwischen Blumen und Insekten. Welch tiefe Weisheit spricht sich in diesem Zusammenhang aus! Keines dieser Lebewesen weiß voneinander, jedes denkt und sorgt nur für sich, und doch kann keins für sich sorgen, ohne dem andern zu helfen. 260. Hlls Ö61ti Idalöe. von dmanuel von Deibel. Itfit dem alten Förster heut Bin ich durch den Wald gegangen, Während hell im Festgeläut Kus dem Vors die Glocken klangen. 2. Golden floß ins Laub der Tag, väglein sangen Gottes Ehre, Fast als ob's der ganze lfag Wüßte, daß es Zonntag wäre. 3. Und wir kamen ins Uevier, Wo, umrauscht von alten Bäumen, Junge Ztämmlein sonder Zier Lproßten aus besonnten Bäumen.

6. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 545

1910 - Dortmund : Crüwell
545 Wie oft habe ich inein Vergnügen an den Hausrotschwänzchen gehabt, wenn sie in ihrem Gebiete einer herumschleichenden Katze gewahr wurden! Sie verfolgen sie — versteht sich in der gehörigen Entfernung — und verlieren sie nicht aus den Augen. „Whiest, tetetete! Whiest, tetetete!" schallt es über und neben dem Katzentier von Ästen und Zweigen. Der Katze ist das sehr unangenehm, sie blinzelt ärgerlich nach den kleinen, unermüdlichen Aufpassern, sie kann ihnen aber nicht zu Leibe. Ihre Schliche sind erkannt, sie zieht, es für diesmal vor, das Feld zu räumen. Genau so wie das Hausrotschwünzchen verfahren viele andere Vögel: die Amseln gegen Katze und Hund und die Schwalben gegen die Raubvögel. Besonders hübsch ist der Anblick, wenn ein win- ziger Zaunkönig, der ja überhaupt viel Drolliges in seinem Wesen hat, gegen eine Katze zankt und räsonniert, „haßt" nennt es der Weidmann. Bekannt ist auch, daß Eulen arges Ungemach zu er- dulden haben, wenn sie sich einmal bei Tage zeigen. Es dauert keine fünf Minuten, so haben sie das ganze gefiederte Korps eines Bezirkes hinter sich her. Es ist sehr komisch, wie sich so ein groß- ßer Waldkauz vor den kleinen Schwalben fürchtet. Wenn sie ihn im Freien, während er fliegt, überraschen, so ist sein erstes, einen dichten Baum aufzusuchen, in dessen Geäst er sich so nahe als nur irgend möglich an den Stamm drückt. Eine Pfote mit geöffneten Krallen streckt er zur Abwehr in die Luft, knappt mit dein Schna- bel und verdreht den Kopf auf eine greuliche, unnatürliche Weise. Dann faucht er und gibt alle Zeichen großer Aufregung üon sich. Endlich fängt die Sache an, die kleinen Vögel zu langweilen. Einer verzieht sich nach dem andern. Aber wehe dem Kauz, wenn er es wagen wollte, zu vertrauensselig seinen Schlupfwinkel aufzu- geben und sich wieder ins Freie zu machen! Sofort hätte er aber- mals das ganze lästige Gefolge hinter sich her, das ein wachsames Auge auf ihn behalten hatte. Vortreffliche Aufpasser sind die Eichelhäher. Geht ein ge- wöhnlicher Sterblicher durch den Wald, so nehmen sie nicht die ge- ringste Notiz von ihm, sobald sich aber nur von fern und ver- stohlen ein Jäger mit Gewehr und Hund zeigt, gleich ist, wie man zu sagen pflegt, der Teufel los. Sie verfolgen ihn mit einer ganz besonderen Art Geschrei, das nicht bloß ihresgleichen und andere Vögel, sondern auch jede Art von Wild versteht. Der verständige Jäger aber schüttelt den Kopf, ärgert sich und ist klug genug, für heute den Pirschgang aufzugeben. Die Eichelhäher haben bei die- sem Manöver noch zwei Niederträchtigkeiten an sich: erstens kennen sie genau die Tragweite des Gewehres und richten sich danach, Lesebuch für Mittelschulen. Band 3 A. 35

7. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 609

1910 - Dortmund : Crüwell
609 Dörfer lassen jedes Jahr Millionen der wohlschmeckendsten und nahr- haftesten Pilze in ihrer unmittelbaren Nähe, oft an den täglich be- tretenen Wegen, in den Waldungen, auf den Triften, Heiden und Wiesen verderben, und zwar nicht einmal aus Furcht vor möglicher Verwechslung mit giftigen Pilzen, sondern nur aus Geringschätzung oder vollständiger Unkenntnis. Nutzen haben vorzüglich die vielen eßbaren Schwämme, beson- ders in Gebirgsgegenden. In der Lausitz in Sachsen werden jähr- lich etwa 20 000 Kilogramm getrocknete Pilze, meist Steinpilze, im Wert von 28 000 Mark verkauft, in Spremberg allein etwa 5000 Kilogramm. Der wirtschaftliche Wert der Pilze wird erst dann aus- genutzt werden, wenn man sie noch inehr kennen lind schätzen lernt. Eßbare Pilze zu ziehen, gelingt mit Sicherheit bei einer geringen Anzahl von Pilzen, wie dem Champignon und Stockschwamm. Das beste Beispiel für den Erfolg solcher Bemühungen bietet der Cham- pignon, der sich als angenehmer Begleiter eines zartgebratenen Filets und gebackener Kalbsmilch, als Zutat zu Frikassees, Ragouts, Sanceni und auch als Pilzgericht für sich allein einer berechtigten Wertschätzung erfreut. Früher nur wildwachsend, wird er seit Jahrzehnten in Frank- reich, England und Rußland gewerbsmäßig im großen gezüchtet. Auch in Deutschland, wo man seiner Kultur bis vor kurzem nur wenig Beachtung schenkte, beginnen sich großartige Champignon- züchtereien aufzutun, die das ganze Jahr hindurch Tag für Tag große Ernten von vielen Zentnern abwerfen. Welche Summen damit verdient werden können, das läßt sich am besten an Frankreich erkennen, wo man diese Erträgnisse für den Großhandel aus 20 Millionen, für den Kleinhandel aber auf 35—40 Millionen Franken schätzt. Dazu kommen noch für 25 Millionen Franken Trüffeln, die jährlich dort gesammelt werden. Der Nährwert der Pilze ist früher wegen ihres Gehalts an Stickstoffverbindungen überschätzt und dem Nährwerte des Fleisches nahezu gleich erachtet worden. Dies ist indes ein Irrtum, da nur ein geringer Teil ihrer Stickstoffsubstanz aus Eiweiß besteht und sie überdies nur unvollkommen im menschlichen Darm ausgenützt wer- den. Man darf deshalb die Pilze in ihrem Nahrungswert nur den Gemüsen gleichstellen. Die Pilze sind neben ihrem Eiweißgehalt auch durch eine beträchtliche Menge von Nährsalzen ausgezeichnet. Abgesehen von dem Nährwert, den die eßbaren Pilze doch tatsächlich besitzen, dürfte ihr größter Wert in dem feinen Geschmack liegen, der für sie im allgemeinen kennzeichnend ist. Lesebuch für Mittelschulen. Band 3 A. 39

8. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 610

1910 - Dortmund : Crüwell
610 Immerhin ist der Hauptgrund, warum in so vielen Gegenden der Pilzgenuß gemieden wird, in der teilweisen Schwierigkeit zu suchen, die ungenießbaren von den genießbaren unterscheiden zu können. 2. Woran man die Pilze erkennt. Zu allen Zeiten sind zahlreiche Unglücksfälle durch den Genuß wildwachsender Schwämme hervorgerufen wurden, und es ist ganz richtig, daß man Leib und Leben aufs Spiel setzt, wenn inan ohne Erfahrung einsammelt. Vor zwei Hauptfehlern kann man nicht genug warnen: Man soll vor allen Dingen nicht auf einmal alle genießbaren Pilze sammeln, sondern bescheide sich mit den leicht erkennbaren und gewöhne sich ein für allemal ab, an alberne Volks- mittel zu glauben, nach denen man mit Leichtigkeit die giftigen von den eßbaren unterscheiden könne. Die angeblichen Erkennungszeichen giftiger Pilze: die lebhafte Farbe und die klebrige Oberfläche, der weiße oder farbige Milch- saft mancher Arten, die blaue Färbung beim Zerschneiden, das Bräu- nen eines in kochende Pilze getauchten silbernen Löffels, das Schwärzen einer mitgekochten Zwiebel, das Gelbwerden von Salz, haben sich als trügerisch erwiesen. Das sicherste Schutzmittel ist immer, die Merkmale der wenig verschiedenen giftigen Schwämme kennen zu lernen; denn es gibt giftige Pilze, bei denen ein hinzu- gebrachter silberner Löffel sich nicht färbt. Dazu gehört z. B. der Fliegenpilz. Nun nehme man ältere und einige Tage liegen ge- bliebene Champignons zum Kochen, füge jetzt wieder einen reinen silbernen Löffel bei und — der Löffel läuft diesmal an. Man würde also die Champignons als giftig wegschütten und die Flie- genpilze zur Mahlzeit wählen. Aber welches Unheil würde man damit anrichten! Verdächtig oder ungenießbar sind im allgemeinen alle Pilze von ekelhaftem, fauligem Geruch und scharfem, zusammenziehendem Geschmack. Aber der Knollenblätterschwamm z. B. hat keineswegs einen unangenehmen Geruch und einen milden, nußkernähnlichen Geschmack und ist doch der giftigste der deutschen Hutpilze. Auch die Farbe ist trügerisch. Es gibt eßbare und giftige Pilze von allen Farben, und Pilze, die beim Zerbrechen ihre weiße Farbe in Blau verändern, sind nur teilweise zu verwerfen. Daß die eßbaren vorzugsweise an freigelegenen Stellen, die schädlichen an dunkeln Plätzen, im feuchten, dichten Gehölze auftre- ten, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Mit einem Worte, die allgemei-

9. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 611

1910 - Dortmund : Crüwell
611 neu Kennzeichen der Giftigkeit der Pilze sind samt und sonders un- zuverlässig. Man muß die Pilze an ihren eigentümlichen Merkmalen un- terscheiden lernen, wenn man sich nicht der größten Gefahr aussetzen will; Kenntnis ist das beste Mittel. Deshalb beschränke man vor- erst den Pilzgenuß auf enge Grenzen und wähle aus der großen Masse nur die leicht bestimmbaren heraus. 3. Wie man Pilze sammelt. Man sammelt die Pilze am besten im Spätsommer und Herbst, einige auch im Frühjahr, wie es eben die Wachstumszeit mit sich bringt. Im Walddickicht oder ans modrig riechendem Boden suche man keine Pilze. Am besten sind junge Pilze, die in Nadelwäldern auf sandigem, mit niedrigem Moos überzogenem Boden oder auf Wiesen und Triften stehen. Übelriechende oder durch Maden ganz zerfressene sowie durch anhaltenden Regen erweichte sind auf jeder: Fall schädlich. Man lasse die eingesammelten Exemplare nicht etwa bis zum nächsten Tage ungereinigt stehen, sondern putze sie unver- züglich beim Nachhausekommen. Der Pilzkenner lernt die bevorzugten Plätze der Pilze rasch kennen. Er weiß, daß sie an den Südseiten der Berge, wo Wärme und Feuchtigkeit vorherrschen, häufiger zu finden sind als an andern Stellen, wo das Faulen von Holz und Laub den Boden nicht be- fähigt für das Gedeihen guter Pilze. Man findet den Eierpilz ans kahlen, aber schattigen Waldplätzen, aber auch in dichtem Heidekraut. Man sucht den Steinpilz in lichten, aber grasigen Laubwäldern, besonders in Eichenwaldungen; im Nadelholz ist er weniger zu fin- den. Die Standorte des Champignons entdeckt das geübte Auge des Pilzsuchers sowohl im Laubwald als auch in den Parkanlagen, auf Wiesen, Triften und Waldrändern. Vorzügliche Ernte in Cham- pignons gibt es auf Triften, wo Pferde und Kühe geweidet haben- Zum Sammeln selbst ist ein Beutel oder Sack keineswegs empfehlenswert, weil darin die Pilze zu sehr gedrückt werden. Viel besser eignet sich ein Korb oder ein fester sogenannter Pilzkoffer aus Pappe zur Aufnahme der gesammelten Exemplare; auch lege man die Pilze mit dem Stiel nach oben. Nachdem nun die sorgsam gesammelten Pilze der Küche zuge- führt sind, richte man sie baldigst an, damit keine Zersetzungen eintreten können. Alle alten, wässerigen und fauligen Exemplare 39*

10. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 596

1910 - Dortmund : Crüwell
596 Zwiebel. Die meisten dieser Pflanzen sind aus fremden Ländern zu unz gekommen, und zwar aus den heißen Steppenländern West- asiens. In diesen Gegenden folgt jahrein, jahraus auf eine kurze Regenzeit eine 7—8 Monate währende Dürre. Dann vertrocknen alle saftigen Gewächse, und der Boden wird zu steinharten heißen Krusten. Nur diejenigen Pflanzen, die sich durch besondere Mittel gegen die verzehrende Wärme geschützt haben, können es in dieser Zeit über der Erde aushalten. Alle andern Gewächse sind entweder einjährige Pflanzen, die mit Beginn der Regenzeit aus Samen her- vorgehen, möglichst schnell ihre Blüten und Früchte treiben und mit Eintritt der Dürre absterben, oder es sind sogenannte Stauden, die sich vor den sengenden Strahlen der Sommersvnne gleichsam in den Boden flüchten. Die Teile über der Erde sterben ab, während die unter der Erde — das sind Wurzelstöcke, Knollen oder Zwiebeln — am Leben bleiben. Da liegen sie dann, Mann an Mann, wohl- geborgen und hoffnungsfroh, während der weiße Tod über die Steppe hinschreitet, und warten auf bessere Zeiten. Wenn dann endlich nach vielen Wochen die erwartete Regenzeit beginnt und die Wasser in stäubenden Schauern auf die hungrige Steppe hernieder- rauschen, da springt alles aus dem Bett. Die Blätter schießen durch den schlammweichen Boden, die Wurzeln tragen Wasser herzu, und an die schwanken Stengel hängt sich hastig Glocke um Glocke. Die weiten Ebenen erstrahlen in leuchtenden Blüten, und wer nun nicht vorgesorgt hat und nmcht, daß er fertig wird in der kurzen Zeit, der hat's Nachsehen. Aber damit hat's keine Not, denn die „Sparkassen" drunten sind wohlgefüllt, und wenn abermals die Trockenzeit beginnt und die Sonne mit gierigem Munde das Herz- blut der sterbenden Erde trinkt, da sind die meisten fertig mit Blüte rind Frucht, und drunten im Schoße der Allmutter Erde ruht in neuer Wiege das neue Blumenkind. So ist also die Zwiebel auch hier, gleich dem Wurzelstocke und der Knolle, ein Mittel, die Pflanzen über die Ungunst der Jahreszeit hinüber zu retten. 274. Nur ein Noggenhalm. von Cornelius Schmin. ty\as ist nicht schon alles über den Triumph der „Ingenieurkunst", über den Eiffelturm, geschrieben worden und über den schiefen Turm zu pisa! Gewiß — man steht und staunt und hält es für nahezu wunderbar, daß Menschenhand diese Bauwerke errichtet ha- den kann. Und doch sind diese Wunder der Technik klein und un- scheinbar, sobald man sie mit den Wunderbauten der Uatur vergleicht.
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