20 Zeitalter Ludwigs Xiv. —
Io. Ludwigs Xiv. Alleinherrschaft.
io. Frankreich unter Ludwigs Xiv. Alleinherrschaft.
I. Der Hof. i. a) Der König, erfüllt von dem Bewusstsein seines göttlichen Berufes, ist als Selbstherrscher sein eigner Kanzler, auch selbst fleissiger Arbeiter. Sein Wille allein massgebend, auch in privaten Angelegenheiten seiner Unterthanen; b) Bei den Untergebenen vielfach freiwillige Hingabe an die Sache und die Person des Königs-, bei nicht wenigen jedoch knechtische Furcht und Liebedienerei: der König als Halbgott verehrt, c) Der Adel wird immer mehr an den Hof gezogen und bildet die Umgebung des Thrones. (Schwindende Zahl der auf ihren Gütern ansässigen Edelleute), d) Einfluss der Frau von Maintenon, Ludwigs zweiter Gemahlin, auch in staatlichen und kirchlichen Dingen (Jesuiten). 2) Hauptresidenz das Schloss von Versailles, auf dessen Bau und Schmuck (Gärten mit den berühmten Wasserkünsten, der Gartenkünstler Le Not re) ungeheure Summen verwendet werden. Auch T r ianon und Marly Ludwigs Schöpfungen; ausserdem Vergrößerung des Louvre und dertuilerien zu Paris und des Schlosses von Fontainebleau. 3) Glänzender Hofhalt, aber steife Pracht (Rokoko) und strenges (spanisches) Hofceremoniell. Bei äusserer Ehrbarkeit sittliche Fäulnis.
Ii. Die Räte des Königs. 1. Colbert schafft Missbräuche in der Verwaltung ab (Bestrafung der Erpresser) und sucht eine gerechtere Besteuerung einzuführen Als Finanzminister a) steigert er die Staatsein nahmen zu glänzenden Erträgen (später freilich bei den vielen Kriegen und dem kostspieligen Hofhalt für die Bedürfnisse nicht mehr ausreichend), b) befördert er den Gewerbefleiss durch Einführung neuer Gewerbszweige, (die venetianische Spiegel- und Spitzenverfertigung, die englische Strumpfwirkerei, die niederländische Tuchweberei. Berühmt die französischen Gobelins. Die Porzellanfabrik zu Sevres.). Das von ihm befolgte Merkantilsystem erleichtert die Einführung von Roherzeugnissen, die dann nach Verarbeitung zu gesteigerten Werten wieder an das Ausland abgegeben werden (Schutzzollsystem, dem Gewerbe zu gute kommend), c) hebt er den Handel durch Anlegung von Strassen und Kanälen (der Kanal von Languedoc verbindet mittelländisches Meer mit
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Zeit gemässigten Fortschrittes — § 62. Der französische Krieg. 195
General Reille überbringt König Wilhelm auf die Höhe von Frenois einen Brief Na poleons, der meldet, dass der Kaiser, da ihm nicht vergönnt gewesen sei, an der Spitze seiner Truppen zu sterben, dem Könige seinen Degen zu Füssen lege. Wimpfen führt mit Bismarck, Moltke und Blumenthal zu Donchery die weiteren Unterhandlungen. Die von ihm hochmütig geforderte Freilassung des Heeres auf schriftlich gegebenes Ehrenwort wird zurückgewiesen. Auch Napoleon kann in einer Unterredung mit Bismarck (am Morgen des 2. September) das Schicksal 2-Sept-seiner Armee nicht abwenden. Es muss eine Kapitulation l87° unterzeichnet werden, kraft deren die Offiziere auf schriftliches Ehrenwort, dass sie die Waffen im gegenwärtigen Kriege nicht wieder ergreifen wollen, auf freiem Fusse belassen, die Mannschaften der ganzen französischen Armee (Über 100000 M.!) als Kriegsgefangene nach Deutschland geführt werden sollen.
[Napoleons Zusammenkunft mit König Wilhelm im Schlosse Bellevue und Gefangenschaft auf Wilhelmshöhe bei Kassel (Erinnerung an Jerome),•
König Wilhelms Depesche: ,,Welch’ eine Wendung durch Gottes
Fügung!“]
Der Tag von Sedan, einzig dastehend in der Weltgeschichte (binnen vier Wochen der Feind zur Hälfte eingeschlossen, zur Hälfte gefangen!), wird mit der Erhebung der Gemüter und dem alle Stämme durchdringenden Bewusstsein des Einsseins der Geburtstag der deutschen Nation.
D. Vor Paris. In Paris erklärt das aufgeregte Volk die Absetzung der napoleonischen Dynastie und richtet eine Regierung der nationalen Verteidigung ein, deren Präsident General Trochu, Minister des Innern Gambe 11 a, des Auswärtigen Jules Favre werden. Die Flottensoldaten* werden abberufen, Mobilgardisten in Dienst gestellt; mit Einschluss der Nationalgarde sind bald 400000 M. zur Verteidigung der Hauptstadt bereit. Die Stadt wird mit Lebensmitteln auf mehrere Monate versehen und in Verteidigungszustand gesetzt.
ö1^ deutsche Armeekorps ziehen sofort vor Paris. Der schwache Widerstand Ducrots (aus Sedan entkommen) wird leicht zurückgeworfen. Die Iii. Armee rückt gegen den Süden und Südosten, die Iv. gegen den Norden und Nordwesten
* Die Flotte hatte sich nur in kleinen Gefechten bei Hiddensee und bei Danzig mit der norddeutschen gemessen und keine Erfolge erzielt.
Einige Ostseehäfen waren blockiert worden.
13*
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Blumenthal Napoleon Wilhelm Wilhelms
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schlosse_Bellevue Kassel Gottes Sedan Paris Paris Paris Sedan Danzig
Zweiter Zeitraum. — § 9- Der erste punische Krieg.
27
Zweiter Zeitraum.
Gründung des römischen Weltreiches.
264—133 V. Chr.
Erster Abschnitt.
Der Kampf mit den semitischen Puniern.
264 — 201 (146) v. Chr.
§ 9. Der erste punische Krieg.
I. Karthago im 9. Jahrh. von flüchtigen,Aristokraten aus Tyrus gegründet (Sage von Dido — Elissa, vgl. Verg. Aen. Ii—iv.). Günstige Lage im Innern der Tunesischen Bucht auf einer Landzunge; gegen Südwesten durch einen Landsee abgeschlossen.
a) Die Bewohner gemäss ihrer phönizischen Abstammung (Poeni — Punier) ein Volk von grosser Betriebsamkeit, Zähigkeit und kühnem Unternehmungsgeist mit einem vorwiegend auf Erwerb und Gewinn gerichteten Sinn. Zwar Gefühl für Schönheit der Natur (Gärten, Villen), doch keine sittigende Religion; zwar Lust an Schaustellungen (Theater), doch keine veredelnde Kunst. Einzelne grosse Charaktere (Hamilkar, Hannibal), sonst vielfach kleinliche und engherzige Denkungsart. Eine Bevölkerung von Grosskapitalisten, kleineren Geschäftsleuten, Handwerkern, Handlangern und Sklaven. — Herrschaft des Kapitals. Schroffer Gegensatz von reich und arm.
b) Hohe Blüte von Handel und Gewerbe. Karawanenhandel ins Innere Afrikas, Seehandel, den Spuren der Phönizier (vgl. Abt. I, S. 33) folgend und diese selbst verdrängend, weit über die Säulen des Herkules ausgedehnt. Auch Ackerbau schwunghaft betrieben, aber durch Sklaven (vgl. die Plantagen amerikanischer Pflanzer).
c) Die Stadt selbst häuser- und menschenreich. Bei Häusern von 6 Stock hoch eine Einwohnerzahl von über 700000. Kriegs- und Handelshafen; Docks und Arsenale. Vom Hafendamm, wo Markt und Theater, 3 enge Strassen-züge auf ansteigendem Gelände sich hinziehend bis zur Burg ,,Byrsa“, auf deren höchstem Punkt der Tempel des Äskulap mit einem Aufgang von 60 Stufen. Im N. Vorstadt Megalia mit Villen und Gärten. Starke Stadt- und Hafenbefestigung.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 198 —
und Vaters sich vollzogen haben, bangenb in die tunst schaute, so war es Meine erste Aufgabe, das Erbe Meines Großvaters anzutreten und Meinen Lauben den Frreben zu erhalten. Ich freue Mich, daß Sie Mich so schon verstauben haben, zu welchem Zweck Ich Meine aroße Jiet)e unternommen. Es i)t richtig, Ich hatte sie unternommen zur Erhaltung und Sicherung des Friebens.
Es ist ein anberes, wenn ein neunzigjähriger Mann bte Regierung leitet, wie Mein seliger Großvater, welcher ein taten- und erfolgreiches Leben hinter sich hatte; er war der älteste unter seinen Kollegen, sein Wort und sein Rat würden gesucht, und man tat ihm viel zuliebe. Nun komme ich als breißigjähriger Mann. Niemanb kannte Mich, Ich mußte mir erst das Vertrauen meiner Kollegen erringen.
Ich glaube immer, daß Mir mit Gottes Hilfe die Erhaltung des Friebens auf lange Jahre hinaus gelungen ist, benn nur im Frieden kann auch das Hanbwerk gedeihen. Darum üben wir Gottesfurcht, bleiben wir einfach und arbeiten wir fleißig, dann werben wir auch zu den gewünschten Zielen gelangen.
Das beutsche Hanbwerk muß Meiner Ansicht nach wieber auf die Höhe kommen, wie vor dem Dreißigjährigen Kriege. Ich habe bereits im Auslaube erfahren, daß bas-selbe sich bebeutenb gehoben hat und jetzt obenan steht. Dieses habe Ich auch aus der Statistik bestätigt gefunden. Nach Ihren Worten in der Abreffe verbauten Sie Meinem Großvater biefe großen Fortschritte. Ich versichere Ihnen, daß Ich und Meine Regierung dem Hanbwerk im Sinne Meines Großvaters fchützenb zur Seite stehen werben.
Ihnen, als den Vertretern der beutfchen Jnnungs-verbänbe, muß Ich sagen, die Einrichtung der Verbänbe und des Zentralausschusses sinb eine schöne Sache, insofern, als zum Gebethen des Hanbwerks durch sie Gottesfurcht und Sittlichkeit gepflegt werben. Ich banse Ihnen noch-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 173 —
Tuilerien und fragte nach seinen Befehlen. Er wünschte, den König zu sehen; ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se. Majestät 3 Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein Quartier habe. Auf Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle, bot ich ihm, da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in Donchery an, einem kleinen Orte in der Nähe dicht bei Sedan; er nahm es an und fuhr, von seinen sechs Franzosen, von mir und von Karl, der mir inzwischen nachgeritten war, geleitet, durch beit einsamen Morgen nach unserer Seite zu. Vor dem Orte wurde es ihm leid, wegen der möglichen Menschenmenge, und er fragte mich, ob er in einem einsamen Arbeiterhause am Wege absteigen könne; ich ließ es besehen durch Karl, der meldete, es sei ärmlich und unrein. „N’importe“, meinte N., und ich stieg mit ihm eine gebrechliche, enge Stiege hinauf. In einer Kammer von 10 Fuß Gevierte, mit einem fichtenen Tische und zwei 93m)eit» stühlen, saßen wir eine Stunde, die anderen waren unten. Ein gewaltiger Kontrast mit unserem letzten Beisammensein, 57 in den Tuilerien. Unsere Unterhaltung war schwierig, weuu ich nicht Dinge berühren wollte, die den von Gottes gewaltiger Hand Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch Karl Offiziere aus der Stadt holen und Moltke bitten lassen, zu kommen. Wir schickten dann einen der ersteren auf Rekognoszierung und entdeckten eine halbe Meile davon in Fresnois ein kleines Schloß mit Park. Dorthin geleitete ich ihn mit einer inzwischen herangeholten Eskorte vom Leibkürassierregi-mente, und dort schlossen wir mit dem französischen Obergeneral Wimpsfen die Kapitulation, vermöge deren 40-bis 60000 Franzofen, genauer weiß ich es noch nicht, mit allem, was sie haben, unsere Gefangenen wurden. Ter vor- und gestrige Tag kosten Frankreich 100000 Mann und einen Kaiser. Heute früh ging letzterer mit all seinen Hofleuten, Pferden und Wagen nach Wilhelmshöhe bei Kassel ab.
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Extrahierte Personennamen: Majestät Napoleons Karl Karl Karl Karl N. Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Donchery Sedan Gottes Frankreich Wilhelmshöhe Kassel
Der Harz.
Die Erhebung des Harzgebirges aus seinem Vo.rlande.
Wenn der Sommer in das Land kommt, dann ziehen Tausende
von Menschen aus den großen Städten unsers nördlichen Deutschlands
zum Harze, um hier Erholung und Stärkung in den schönen Bergen
zu suchen. Jeder dieser Fremden, der einmal in den Harzbergen weilte
oder wohnte, kehrt gern zu ihnen zurück; denn es ist schön und gesund
in diesen Bergen.
Harz heißt Waldland. Dieser alte Name ist noch heute nach
Jahrtausenden richtig; denn, ob uns die Eisenbahn von Norden oder
Süden, von Osten oder Westen zum Gebirge führt, die aufragenden
Harzberge zeigen überall dichte Bewaldung. Dem aus Osten oder Norden
kommenden Wanderer steigt die Gebirgsmasse schroff und hoch aus der
Ebene auf. Ebene und Berg stoßen sast unmittelbar aneinander. Das
Gebirge macht dort, von unten gesehen, so recht den Eindruck, den ein
Harzforscher vor 100 Jahren in die Worte faßte: „Der ganze Harz
ist gleichsam nur ein Berg, der durch eine fast unzählbare Menge von
Thälern in viele Anhöhen geteilt wird; auf der Höhe scheinen also
keine eigentlichen Berge mehr zu sein, sondern nur Anhöhen und Un-
gleichheiten" (Lasius 1790).
Die Thaleinschnitte sind an der Ost- und Nordseite des Harzes
so schmal, daß in ihren Engen nicht Raum war für größere Anfiedlungen.
Wie Perlen auf einer Schnur liegen darum unmittelbar am Gebirgs-
fuße in fast gerader Linie von Nordwesten nach Südosten die Orte
Goslar, Oker, Harz bürg, Ilsen bürg, Wernigerode, Blanken-
bürg und Tha le. Von diesem letztgenannten Orte ab wird der Rand
der Gebirgswand niedriger, und sanfte Hügelketten legen sich vor die
Harzberge. Immer mehr senkt sich die in gerundete Einzelberge und
durcheinanderziehende Bergketten aufgelöste Masse des Gebirges; so
läuft der Gebirgsfuß weiter bis Hettstedt. Von da zieht die Grenze
südlich auf Mansfeld, wo sie in dem Gewirr von kleinen Hügeln
stundenweit nicht zu erkennen ist. Erst bei Neustadt am Honstein läßt
sich die Scheidung zwischen Harzbergen und Vorhügeln wiederfinden.
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5
442 m über dem Meere läge. Jede so durch Vergleichung von Ver-
tiefung und Erhöhung gefundene gemeinsame Höhe einer Landfläche
nennt man die mittlere Höhe derselben. 442 m mittlere Höhe über
dem Meere ist nicht sehr viel. Wir haben in unserm deutschen Vater-
lande sogar eine große Ebene, und zwar in Bayern, deren mittlere
Höhe 485 m beträgt, und doch kann man von keiner Seite her dort
den Eindruck gewinnen, als müsse man zu dieser Hochebene besonders
hoch hinaufsteigen. Die Höhe über dem Meere an sich — man nennt
sie auch absolute Höhe — kann allein noch nicht sagen, ob eine
Gegend hoch oder flach aussehen wird. Erst wenn man hört, wie stark
eine Erhebung über ihre Umgebung hervorragt, kann man sich eine
Vorstellung machen, wie das Ganze aussehen wird. Der Harz muß
in seinem nordwestlichen Teile, z. B. in Goslar, den Eindruck eines
gewaltigen Gebirges machen, weil seine Bergmasse sich gleich 330 m
über den Marktplatz der Stadt erhebt. Solche Höhe eines Gebirges
Der Harz.
Längenmaßstab 1 : 370000, Höhen 50 fach überhöht,
a) Seehöhe, b) Sockel des Gebirges, c) mittlere Höhe, d) mittlere Höhe des Oberharzes, e) mittlere
Höhe des Unterharzes, f) Absallslinie, g) Brocken, h) Wurmberg, i) Josephshöhe, k) Viktorshöhe.
über seine Umgebung nennt man relative Höhe. Dieser Marktplatz
von Goslar liegt überhaupt, wie die ganze Ebene am nördlichen Harz-
fuße, schon höher über dem Meeresspiegel, als man vermuten möchte.
Unsere Nordsee kann 260 in steigen, bevor ihr Wasser den Bergsuß
dort berührt, und bis zum Südende des Harzes kann die Meeresfläche
noch weitere 10 m Höher sein, eheste die Harzberge erreicht. So ruht
der Harz auf einem schiefen Sockel mit 10 in Neigung von Süden
nach Norden.
Aus der Gebirgswand, die der Harz dem von Norden und Osten
kommenden Fremden zeigt, hebt sich eine gewaltige, flache Bergkuppe,
der Brocken, hervor. Die Spitze überragt den Fuß bei Wernigerode
fast genau um 900 m. Welche herrliche Übersicht über die gesamte
Bergmasse des Harzes, ja über das ganze weite Landgebiet, das dieses
Om
a_
Om.
Ein Umblick aus dem Harzgebirge.
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— 74 —
Bardowiek und von Celle nach Stade. Seit der Erbauung der „Heid-
bahn" hat sich in dem etwas verfallenen Soltau eine rege Fabrik-
thätigkeit entwickelt, die sich auf die Herstellung von Lederwaren,
Obst- und Beerenwein richtet. Nordwestlich von der Stadt, welche
4700 Einwohner hat, liegt das Schlachtfeld von 1519 (Hildesheimer
Stiftsfehde), nordöstlich der Billungshof Stübeckshorn (Sage von
Kaiser Otto und dem Hirtenknaben).
Weiter abwärts an der Böhme, die in gewundenem Laufe recht
eilig zur Aller hinabfließt, liegt das „Paradies der Heide", das Dorf
Fallingbostel. Der Ort mit seinen 1000 Einwohnern liegt in
lieblicher Thalkrümmung, von Linden und Eichen umschattet, und ist
seit langem Sitz der Verwaltungsbehörden dieser Gegend. Was den
Ort so auszeichnet in der Heide, das ist die Lieth, ein hundertjähriger,
herrlicher Buchenwald. Die Lieth erhebt sich dem Orte gegenüber hart
am linken Flußufer der Böhme. Die mächtigen Buchen bedecken den
Liethhügel fast bis zur Höhe, wo sie sich mit Tannenbeständen mischen.
Wer von der Waldhöhe auf das grüne Flußthal hinabsiebt, glaubt
sich den Flächen der Heide um Hunderte von Meilen entrückt; unwill-
kürlich drängt sich der Dichtergruß an dieses Thal auf unsere Lippen:
„Sei mir gegrüßt, du schönes Thal
Im walddurchwebten Frühlingskleide,
Sei mir gegrüßt viel tausendmal,
Du Paradies im Schoß der Heide!"
Doch nun aus diesem lieblichen Thale noch einmal zwei Stunden
nach Osten hinaus in die hohe Heide! Dort werden wir die be-
rühmtesten Denkmäler einer längst vergangenen Zeit finden, die der
Zerstörung entgangenen 5 „Steinhäuser von Fallingbostel". Auf
einem mit Föhren bestandenen Hügel, von dem aus man eine weite
Aussicht über die nächste Umgebung hat, liegen vier derselben in einer
von Nordwesten nach Südosten gerichteten Reihe, während das merk-
würdigste Steinhaus nach Osten vorspringt. „Aus 7 ausrechten, ins
Quadrat gestellten Trägern ruht ein gewaltiger Deckstein von 5 m Länge
und mehr als 4 m Breite", der so schwer ist, daß er die Last für vier Eisen-
bahnwagen ausmachen würde. Welche Mühe muß es gemacht haben,
diese riesigen Steine aus der Heide ohne Hebemaschine an den bestimmten
Platz zu schaffen! Man nimmt an, daß die fchweren Granitblöcke ini Winter,
wenn Glatteis die Bewegung derselben erleichterte, fortgeschafft wurden.
Um die aufgestellten Pfeiler häufte man Sand und Schneemassen und
schob den Deckstein auf den Rücken des hartgefrorenen Hügels. Im
Frühling fand dann das Dach des Heldengrabes zur Zeit der Schnee-
schmelze seine richtige Lage.
Aus dieser schon Jahrtausende hinter uns liegenden Zeit wollen wir
uns wieder der Gegenwart zuwenden; wir eilen wieder dem Böhmethale
zu. Etwa 6 km abwärts in dem immer breiter werdenden Flußthale
treffen wir die 2800 Einwohner zählende Stadt Walsrode. Bei
dieser aus einer alten Klosteransiedelung erwachsenen Stadt gabelte sich
die von Hannover nordwärts führende Handelsstraße. Walsrode hat
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Extrahierte Personennamen: Otto
Extrahierte Ortsnamen: Celle Stade Billungshof_Stübeckshorn Fallingbostel Heide Buchenwald Walsrode Walsrode
— 14 —
daß dieselbe jährlich von vielen Fremden besucht und bewundert wird.
Ein Hauptanziehungspunkt ist der künstliche Wasserfall des Nhomker-
b ach es. Das Okerbett liegt von Rhomkerhall bis Oker voll riesiger
Granitblöcke, zwischen denen sich der Fluß im Sonnner mühsam hin-
durchschlängelt. Wenn aber ein starkes Gewitter das Gewässer ver-
mehrt oder die Schneeschmelze gewaltige Wassermassen von den Pergen
bringt, dann wälzt und dreht und stößt der Strom die Felsstücke und
läßt sie mit dumpfem Knirschen und Klatschen übereinanderfallen und
thalabwärts treiben.
Das Okerthal.
Nach einer Photographie von Fr. Rose in Wernigerode.
Die Klausthaler Hochebene und das Andreasberger
Dreieck.
Die Hochebene von Klausthal und das Andreasberger Dreieck,
die beiden andern Stücke des Oberharzes, sind in ihrer Natur nicht mehr so
unberührt vom Menschen als das unwirtliche Brockengebiet. Diese
beiden Oberharzteile sind besonders interessant durch ihren Gegensatz.
Die Klausthaler Hochfläche mit ihren von Tannen umsäumten, weiten
Wiesenflächen macht gar nicht den Eindruck einer rechten Berglandschaft.
Erst wenn man von ihren Randhöhen hinab in das Vorland blickt
oder sich die Pflanzenwelt dort oben genauer ansieht, merkt nian den
Gebirgscharakter. Die Hochfläche, deren mittlere Höhe etwa 580 m
beträgt, senkt sich von Norden nach Süden. Trotz dieser Senkung
nach Süden schlägt die Innerste, der Hauptfluß der Hochebene, eine
nördliche Richtung ein. Die Innerste entspringt in sumpfigen Teichen
bei dem Dorfe Buntenbock. Sie fließt dann in einem tiefen Thale
dahin, biegt nach Nordwesten um und eilt in dieser Richtung dem
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lager auf seinem Gebiete nutzbar zu machen. Wie Zellerfeld von dem
alten Kloster den Namen überkam, so Klausthal von einer Bet- und
Unterkunftskapelle, von einer Wegeklause. Die Städte haben ihre Zu-
gehörigkeit zu verschiedenen Landesherren im Dreißigjährigen Kriege
schwer büßen müssen. Zunächst quälten braunschweigische und dänische
Truppen das friedliche Klausthal, dann kam als der Befreier dieser
Stadt (1626) der gefürchtete Tilly, erstürmte Zellerfeld und mordete,
plünderte und brannte die Stadt aus, weil die Bürger von Zellerfeld
ihm den heftigsten Widerstand geleistet hatten. Von den schweren Kriegs-
nöten hat sich Zellerfeld nur langsam erholt, und Klausthal blieb ihm
von da ab stets überlegen.
Auch Klausthal hatte im Dreißigjährigen Kriege sehr schwer ge-
litten; es hat auch später durch Napoleons Herrschaft schwere Bedrückung
aushalten müssen. Aber aus dem Jahre 1810 stammt auch die für
Klausthals Entwickelung so wichtige Bergakademie. Diese Hochschule
des Bergbaues gilt als die beste der Welt; jedenfalls sind ihre Samm-
lungen von Bergerzen die reichhaltigsten und wertvollsten, die man
kennt. In Klausthal ist auch der Sitz der obersten Bergbehörden unseres
Landes, des „Königl. Oberbergamtes". Die Einwohnerzahl der Stadt
ist in den letzten Jahrzehnten nicht recht vorwärtsgegangen, weil viele
Arbeiter in Zellerfeld und in den umliegenden Dörfern billigere Wohnung
finden; aber ihre Bedeutung hat sich nicht verringert. Die Mehrzahl
der 8600 Bewohner findet ihre Nahrung durch den Bergbau oder
durch ein mit demselben zusammenhängendes Gewerbe,
Als eigenartigster Ort muß durch seine Lage St. Andreas-
berg gelten. Andreasberg ist in einem Gewirre enger, steil an-
steigender Thäler erbaut. Allmählich ist es die Bergabhänge bis zur
Höhe von 7 32 m hinangestiegen, so daß das obere Stadtende fast
genau 200 m höher liegt als das untere (537 m). „Manches Gesträuch
steht im Lenze an einem Stadtende schon in voller Blüte, welches im andern
noch seinen Winterschlaf schlummert" (Kohl). „Welch interessante Gegen-
sätze bietet diese eigenartige Stadt! Aus einem Hause sieht man in
zwei Thäler hinunter, ein anderes hängt wie ein Schwalbennest an der
Bergeswand" (Günther). Der Bergbau ist in St. Andreasberg sehr
zurückgegangen und mit ihm auch die Stadt; nur die 800 m tiefe
Grube Samson ist noch im Betriebe. Dagegen sind die Silberhütten,
die auch amerikanische Erze verarbeiten, noch in den letzten Jahren er-
weitert worden. Ein Haupterwerbszweig ist die Kanarienvogelzucht
geworden, die die Händler durch ganz Europa und Amerika führt und
den Stadteinwohnern wohl 200 000 Jt jährliche Einnahmen bringt.
Seitdem der Ort in den letzten Jahren auch Endpunkt einer Harzbahn
geworden ist, wird er im Sommer von vielen Harzreisenden aufgesucht.
Auch hat Andreasberg als Luftkurort für Lungenleidende erhöhte Be-
deutung gewonnen, seit man mit Eifer bestrebt ist, der Verbreitung der
Schwindsucht in unserem Volke entgegenzuwirken. In großen Heilstätten,
die auf den Wiesenmatten über der Stadt liegen, können jährlich
Hunderte von Kranken Aufnahme und in der reinen Höhenluft Heilung
finden. Andreasberg hat 3900 Einwohner.
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