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ging mit dem festen Vorsatze nach Hause, den Zug mitzuma-
chen, und eilte, sich das Kreuz aufheften zu lassen, ja Manche
brannten es sich zum unvergänglichen Denkmale ihres festen
Willens mit einem glühenden Eisen in das Fleisch ein. Darum
nannte man alle, welche das Zeichen des Kreuzes trugen, Kreuz-
fahrer. Mit Verachtung sah man auf die herab, welche Zu-
rückbleiben wollten, und betrachtete dies als einen Beweis eines
ruchlosen Herzens. Alle beschäftigten sich nun mit Vorbereitun-
gen. zur langen Reise. Dieser verkaufte seine liegenden Gründe,
um sie zu Gelde zu machen; jener schenkte seine Güter den
Kirchen und Klöstern, um den Segen des Himmels zu erwer-
den ; ein Andrer reifte umher, um von Freunden und Verwand-
ten Abschied zu nehmen, wahrend ein Vierter feine Waffen
putzte und seine Pferde zuritt. Alle Bande des Blutes wurden
zerrissen. Der Sohn riss sich vom Herzen der Mutter, der Gatte
aus den Armen seiner Frau und Kinder íoéy und Alle brann-
ten vor Ungeduld nach dem Augenblicke des Aufbruchs. Jeder
träumte von den Reichthümern, die er zusammenplündern, von
den Städten, die er erobern, und den Saracenenköpfen, die er
abhauen würde. Priester, Mönche und Einsiedler drängten sich
herbei, ja selbst furchtsame Nonnen traten keck aus den Mauern
ihrer Klöster ohne Erlaubniß ihres Bischofs heraus, um den für
heilig gehaltenen Zug mitzumachen. Die Bewegungsgründe aller
dieser Leute waren freilich sehr verschieden. Während Einige von
wirklicher Frömmigkeit getrieben wurden, war es bei Andern
Durst nach Abentheuern, oder Neugier, oder Hang zur Verän-
derung. Noch Andere wollten sich dadurch der Dienstbarkeit
ihrer Herren entziehen, oder den Mahnungen ihrer Gläubiger
entgehen, oder früher begangene Verbrechen sühnen. Alle aber
wurden von der gewissen Hoffnung beseelt, ihre Glücksumstände
zu verbessern.
Unter diesen Zurüstungen brach das Jahr 1096 an, und
nun stellte Europa, besonders aber Frankreich ein noch nie ge-
sehenes Schauspiel dar. Von allen Seiten setzten sich einzelne
Schaaren in Bewegung, und eilten den verabredeten Versamm-
lungsplätzen zu. Uebcrall sah man flatternde Fahnen, daher-
sprengende Ritter, eilig wandernde Kreuzfahrer, und alle Wege
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39
als wie fein Vater. Auch ihm sagten die meisten unkr ihnen
den Gehorsam auf, griffen zu den Waffen, und bald sah er sich
in derselben Lage, als einst sein unglücklicher Vater. Einmal
stürmten die Einwohner von Mainz sogar seinen Pallast, und
hätten ihn beinahe todtgcschlagen, wenn er nicht geschwind nach-
gegeben hatte. Erst nach mancher Angst und mancher Schlacht
versöhnte er sich wieder mit seinen Untcrthancn. Er hat gelebt
bis zum Jahr 1125. Er war erst 44 Jahr alt, und hinterließ
keine Kinder. Wer erkennt hierin nicht eine Strafe des gerechten
Gottes, der es ungerathenen Kindern nie gnt gehen läßt!
Da mit Heinrich 5. das fränkische Kaiserhaus ausgestorben
war, so mußte man zu einem andern Hause übergehen. Die
Fürsten versammelten sich zur Wahl wieder am Rhein. Die
größte Hoffnung machte sich Friedrich von Hohenstaufen,
Herzog von Schwaben. Sein Vater war ein Schwiegersohn
Kaiser Heinrichs 4. gewesen, und hatte von diesem das Hcrzog-
thum erhalten. Aber man fürchtete seine Ehrsucht; auch war der
vorige Kaiser zu wenig beliebt gewesen, als daß man seinen Nef-
fen hätte wählen sollen. Darum fiel die Wahl auf
Lothar, Herzog von Sachsen, einen frommen und braven
Herrn. Auf Ruhe konnte damals ein deutscher Kaiser nicht den-
ken; so war es auch bei diesem. Die beiden hohenstaufischen
Brüder, Friedrich von Schwaben und Conrad von Franken,
konnten es ihm nicht vergeben, daß um seinetwillen ihrhaus.über--
gangen sey, und machten ihm während seiner ganzen Negierungs-
zeit recht viel zu schaffen. Um sich zu stärken, verband er sich mit
Heinrich dem Stolzen, Herzog von Bakcrn, und gab ihm
seine einzige Tochter zur Frau. Außerdem ertheilte er ihm noch
das Herzogthum Sachsen, so daß Heinrich zwei Herzogthümer
zugleich besaß — ein seltener Fall — und der mächtigste Fürst in
Deutschland wurde. Der Haß der Hohenstaufen wurde dadurch
nur noch mehr aufgestachelt, und so entzündete sich eine wüthende
Feindschaft zwischen beiden Häusern, die auch noch unter den
folgenden Kaisern fortwährte, und Veranlassung war, daß sich
ganz Deutschland und Italien in die zwei Partheien der Guel-
fen (Welfen) und G ibell inen theilte. Denn Heinrich war
aus dem welfischen Hause, die Hohenstaufen aber wurden von
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Gottes Rhein Schwaben Sachsen Sachsen Deutschland Deutschland Italien Guel-
43
Kreuzzug zu Stande gekommen seyn. Dieser Mann hatte schon
in der Jugend durch Fleiß, Einfachheit, Bedachtsamkcit und Ge-
horsam sich hervorgcthan, und vor allen sich selbst zu beherrschen
gelernt. Gegen die sinnlichen Freuden, gegen Esten, Trinken
und schöne Kleider, war ergänz gleichgültig; jeder Augenblick,
ohne dringende Noth schlafend zugcbracht, schien ihm ein Verlust
am Leben; denn sein Gemüth war immer auf etwas Höheres ge-
richtet. In einer wüsten Gegend hatte er das berühmte Kloster
Clairvaux gegründet, und hier lebte er mit der größten Strenge.
So zurückgezogen aber auch sein Leben als Mönch war, so we-
nig kannte er Menschcnfurcht, wenn es darauf ankam, die Ehre
Gottes zu befördern.
Der damals lebende Papst Eugen 3. erkannte, daß der Abt
Bernhard ganz der Mann sey, wie einst Kukupeter, die Abend-
länder zu einem neuen Kreuzzuge zu bereden, und gab ihm daher
den Auftrag, das Kreuz zu predigen. Dabei kam dem Abt sehr
zu Statten, daß der König von Frankreich Ludwig 7. gerade
damals die heftigsten Gewiffcnsbistc fühlte. Er hatte nämlich in
einem Kriege mit dem Grafen von Champagne die Stadt Vitry
erobert, und dabei waren in einer Kirche 1300 Menschen, die
sich dahin geflüchtet hatten, verbrannt worden. Nur durch einen
Kreuzzug glaubte der König die große Schuld sühnen zu können.
Das Beispiel des Königs, und vorzüglich auch die Versicherung
des beredten Bernhard, daß der Kreuzzug glücklich ausfallen würde,
und allen Theilnehmern vollständige Vergebung ihrer Sünden zu
Theil werden sollte, brachte eine Menge Menschen in Frankreich
in Bewegung. Ludwig, seine Frau, sein Bruder, viele Grafen,
Bischöfe und Edle nahmen das Kreuz, ugd zwar in solcher Men-
ge, daß die wollenen Kreuze, dle Bernhard bei einer dazu ge-
haltenen Versammlung austheilte, lange nicht zureichten, und er
seinen eigenen Mantel zu Kreuzen verschneiden mußte, um nur
den Andrang zu befriedigen.
Nun wandte er sich auch nach Deutschland. Aber Kaiser
Conrad 3. war nicht geneigt dazu; denn er hatte in Deutsch-
land und Italien alle Hände voll zu thuw. Bernhard indessen
war nicht der Mann, ein angefangenes Werk so schnell aufzuge-
den. Er reiste dem Kaiser, der ihm auszuweichcrr suchte, nach,
/
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Extrahierte Personennamen: Eugen_3. Eugen Bernhard Ludwig Bernhard Ludwig Ludwig Bernhard Conrad Bernhard
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich_Ludwig Frankreich Deutschland Italien
45
Kai sec Conrad war indessen von Constantinopel aus zu Schiffe
gegangen, und mit dem kleinen Reste seines Heeres in Palästina
gelandet. Hierhin kam auch König Ludwig. Sie erreichten Je-
rusalem, beteten am heiligen Grabe, und fragten sich nun: was
denn weiter geschehen sollte? Man kam dahin überein, daß man
Damascus angreifen wollte. Was nur von Bewaffneten zu
finden war, wurde zu einem Heere gesammelt, und man zog vor
die Stadt. Hier wurden aber alle Maßregeln so verkehrt genom-
men, daß die Belagerung zuletzt aufgehoben werden mußte. Auch
verlangte man in Deutschland und Frankreich sehr nach der Rück-
kunft der beiden Herrscher. Beide hatten langst eingesehen, daß
bei der allgemeinen Uneinigkeit unter den christlichen Großen in
Palästina nichts zu machen wäre, und kehrten mißmüthig 1149
nach ihren Staaten zurück. So hatte sich also dieser zweite
Kreuzzug ganz ohne Nutzen geendigt. Als man den Abt Bern-
hard fragte, wie es denn komme, daß seine Weißagungen so
schlecht eingetroffen wären, erwiederte er: „auch die Widerwär-
tigkeiten kommen von Gott, und die Uebereilungen der Fürsten
und die schlechten Sitten der Kreuzfahrer haben den Zorn des
Himmels herbeigeführt."
Bald darauf starb Kaiser Conrad 3., 1152.
49. Kaiser Friedrich Barbarossa. — Dritter
Kreuzzug.
Als Conrad den Tod nahe gefühlt, hatte er die Reichskleino-
dien nicht seinem Sohne, der noch zu jung war, sondern seines
Bruders Sohne, Friedrich, der sich schon durch manche tapfere
That ausgezeichnet hatte, übergeben. Die Deutschen wählten ihn
auch zum König, und er hieß nun
Friedrich 1., und hat den Beinamen Nothbart oder
Barbarossa erhalten. Ec war ein gar tüchtiger Kaiser. Ei-
nen so kraftvollen Mann hatten die Deutschen seit lange nicht
auf dem Throne gesehen. Schon seine große, männliche Gestalt,
seine scharf blickenden Augen, und seine feste, stolze Haltung ver-
kündigten den gewaltigen Herrscher, währeich. seine Freundlichkeit
und seine feine Sitte ihm das Vertrauen der Untergebenen er-
warben. Eine seiner ersten Handlungen war die Aussöhnung der
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Extrahierte Personennamen: Conrad Ludwig Ludwig Conrad_3. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Conrad Friedrich Friedrich Friedrich_1. Friedrich Barbarossa
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Palästina Deutschland Frankreich Palästina Barbarossa
49
rief laut feinen Kindern zu: „selig, wer für Vaterland und Frei-
heit stirbt! Fürchtet den Tod nicht, lieben Kinder, der allein
euch zur Freiheit führen kann. Wäret ihr so alt als wir, so
würdet ihr ihm, wie wir, freudig für das Vaterland entgegen-
gehn. Euch Glückliche ereilt er, ehe ihr dem Jammergeschrei
eurer um Schonung flehenden Kinder das Ohr verschließen
dürft." Und nun schleuderten die Maschinen der Cremeser un-
geheure Steinb'löcke gegen den anrückenden Thurm, den endlich,
als er aus den Fugen zu brechen drohte, der Kaiser zurückzu-
ziehen befahl. Neun Kinder waren zerschmettert worden- —
Nachdem die Belagerung sechs Monate gedauert hatte, und
keine Hoffnung mehr da war, die Stadt zu behaupten, unter-
warf sich Crema. Friedrich erlaubte den Einwohnern Abzug
mit Allem, was sie tragen könnten- Dann wurde die Stadt
gänzlich zerstört.
Nun zog der Kaiser vor Mailand. Es mußte sich auf
Gnade und Ungnade unterwerfen 1162. Die Consuln und die
Edelleute erschienen mit bloßen Schwertern auf den Nacken ge-
bunden, die Bürger mit Stricken um den Hals, alle ohne Kopf-
bedeckung, und barfuß, und warfen sich mit demüthigfter Ge-
behrde, und: „Gnade! Gnade!" rufend, vor die Füße des
Kaisers nieder. Dieser befahl, daß alle, welche seit drei Jahren
Consulen gewesen waren, vor ihm erscheinen, und daß alle Waf-
fen und Fahnen ihm überliefert werden sollten. Fünf und zwan-
zig Tage ließ er die Bürger in der Ungewißheit, was er über die
Stadt beschließen werde. Dann gebot er, die Mauern abzutra-
gen, und allen Einwohnern auszuwandern. Zitternd gehorchten
sie; Friedrich zog in die menschenleere Stadt ein, und sprach
nun das Urtheil aus: Mailand sollte von Grund aus geschleift,
und sein Name von der Erde vertilgt werden. Die Bewohner
aber der Städte, welche mit Mailand in Feindschaft gelebt hat-
ten, baten den Kaiser um die Erlaubniß, das Werk der Zerstö-
rung verrichten zu dürfen. Es wurde ihnen gewährt, und sie
arbeiteten so rastlos, daß nach sechs Tagen kaum noch mehr als
die Steinhaufen zu sehen waren. Welche gemeine Gesinnung,
den Feind im Unglücke noch zu verfolgen! — Die vertriebenen
Einwohner erhielten den Befehl, sich an vier verschiedenen Orten'
Nöff. Weltgesch. H. Th. 4
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
52
ihm zu erscheinen, und da er nicht kam, so sprach Friedrich die
Reichsachk über ihn aus, und entsetzte ihn aller seiner Reichs-
würden und Lehen. Dann vertheilte er diese. Vaiern kam
an den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, Sachsen an
den Grafen Bernhard von Anhalt, einen Sohn Albrechts
des Bären: kleinere Länder erhielten andere benachbarte Für-
sten. Anfangs wehrte sich der Löwe tapfer gegen seine Feinde.
Als aber der Kaiser selbst gegen ihn zu Felde zog, eilte er ihm
nach Erfurt entgegen, that einen Fußfall, und flehte um Gnade.
Friedrich gedachte jener Scene am Comer - See, und des Wech-
sels der menschlichen Schicksale. Thränen entstürzten seinen
Augen, und ec rief gerührt aus: „dennoch bist du das eigene
Werkzeug deines Unglücks!" Der Herzog behielt nur sein vä-
terliches Erbe, Braunschweig und Lüneburg, und wurde auf fle-
hen Jahre aus Deutschland verbannt. Bei dem Könige von
England, dem Vater seiner sanften, frommen Gattin Mathilde
fand er eine freundliche Aufnahme. Sein Nachkomme sitzt noch
auf dem englischen Königsthrone.
Die Lombarden hatten der Bezwingung des gewaltigen
Heinrichs mit besorgtem Gemüth zugesehen, und da jetzt die
Jahre des Stillstandes vorüber waren, so baten sie den Kaiser,
einen vollständigen Frieden mit ihnen zu schließen. Er kam
1183 in Costnitz zu Stande. Auch mit Wilhelm von Neapel
vertrug sich Friedrich nun völlig, und er hatte die Freude, sei-
nen ältesten Sohn Heinrich mit Wilhelms Vaters - Schwester
und Erbin, Constantia, zu vermählen. Da Wilhelm keine
Kinder hatte, so hatte der alte Kaiser die Aussicht, daß sein
Haus die schönen Länder Neapel und Sicilien, ja wohl endlich
ganz Italien einst erhalten würde. Aber so ist es mit den Plä-
nen und Hoffnungen der Menschen! Gerade das, was sein Herz
mit großer Freude erfüllte, und die Größe seines Hauses zu
begründen schien, war nachmals die Ursache des Unterganges
desselben.
Am späten Abende seines Lebens noch unternahm der Kai-
ser nach so vielen ruhmvollen Thaten einen Kreuz;ug.es
herrschte damals über Pegppten ein junger, muthiger Fürst,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_die
Reichsachk Friedrich Otto_von_Wittelsbach Otto Bernhard_von_Anhalt Albrechts Albrechts Friedrich Friedrich Mathilde Heinrichs Wilhelm Friedrich Friedrich Heinrich_mit_Wilhelms Heinrich Wilhelms Constantia Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Erfurt Braunschweig Lüneburg Deutschland England Neapel Neapel Sicilien Italien
56
ihm aber die Nachricht gebracht wurde, auch sein Sohn Johann
habe ihn verlassen, da brach ihm das Herz. Er fluchte seinen
Kindern, und starb vor Gram 1189. Daß es beiden Söhnen
nicht gut gehen konnte, da des Vaters Fluch auf ihnen lag,
können wir schon voraussetzen, weil die Weltgeschichte uns ohne
Ausnahme lehrt, daß für die bösen Thaten der Menschen die
Strafe nie ausbleibt.
Um sein Gewissen zu beruhigen, unternahm der neue Kö-
nig von England, Richard Löwenherz, sogleich den Kreuzzug,
und vereinigte sich dazu mit Philipp August. Das dazu nö-
thige Geld zusammenzubringen, wurde Geistlichen und Weltlichen
eine Abgabe aufgelegt, die man den Saladinszehnten nannte. Auch
dies Mal fand sich eine ungeheure Menge von Pilgern ein;
man beschloß aber, statt des Landwegs durch Ungarn, lieber zur
See die Reise zu unternehmen, um die Unfälle zu vermeiden,
welche bis jetzt noch alle Kreuzfahrer, besonders in Klein-Asien,
erfahren hatten. Die Engländer schifften sich in Marseille, die
Franzosen in Genua ein, 1190.. Die anfängliche Einigkeit
wurde schon getrübt, als beide Könige in Messina auf Sicilien
ans Land stiegen. Noch größer wurde der Zwiespalt, als sie
im folgenden Jahre vor der Stadt Akre landeten, und diese
Stadt belagerten. Dennoch wurde endlich die Stadt erobert,
weil beide Nationen sich wetteifernd anftrengten; die eine Hälfte
wurde von den Engländern, die andere von den Franzosen in
Besitz genommen. Herzog Leopold von Oe st reich glaubte,
er habe für seine Deutschen auch das Recht, einen Theil zu be-
setzen, und pflanzte seine Fahne auf einen der Stadtthürme
auf. Darüber ergrimmte der stolze Richard, weil ein Herzog
sich Königen gleich stellen wollte, und befahl, die Fahne abzu-
reißen und in den Koth zu treten. Leopold war zu schwach,
um widerstehen zu können; er verließ aber die Stadt, und
nahm sich vor, bei Gelegenheit Rache auszuüben.
Nicht geringer war die Erbitterung zwischen den beiden
Königen. Beide machten auf die Insel Cypern Anspruch. Auch
die Pilger waren mürrisch, weil sie bei der Theilung der
Beute von Akre zu kurz gekommen wären. Kurz es war nir-
gends Eintracht und einmüthiges Wirken. Zuerst verlor Phi-
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Extrahierte Personennamen: Johann Johann Richard_Löwenherz Philipp_August Philipp August Leopold Leopold Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: England Ungarn Klein-Asien Marseille Genua Messina Sicilien Cypern
85
gust 1268. Die tapferu Ritter in Conradins Heer warfen nach
dem ersten Anlaufe die Franzosen in die Flucht. Dasselbe
Schicksal hatte der zweite Haufe, und Conradin zweifelte nicht,
daß selbst König Karl geblieben sey; denn man fand einen ge-
tödteten Ritter, welcher Karln glich, und die königlichen Abzei-
chen trug. Aber man wußte nicht, daß Karl aus Sorge für
seine Sicherheit seine Rüstung diesem Ritter hatte anlegen las-
sen. Jetzt sah man keinen Feind mehr vor sich. Man über-
ließ sich einer granzenlofen Freude; die Beute wurde getheilt;
die Reihen lösten sich auf. Viele legten die Panzer und Waf-
fen ab, um von den Anstrengungen des heißen Sommertages
auszuruhen.
Aber Karl von Anjou hatte seine auserlesensten Reiter auf-
den Rath eines französischen Ritters in eine Bergschlucht ver-
steckt. „Jetzt ist es Zeit'." rief dieser dem Könige zu, brach
vor, und sprengte in die Ebene. Als das Heer der Deutschen
die Feinde erkannte, war die Bestürzung zu groß, und die Zeit
zu kurz, um sich zu sammeln. Wer fliehen konnte, floh; nur
einzelne Haufen wehrten sich noch, bis auch sie in die Flucht
geworfen wurden. Welcher Glückswechsel! Schon glaubt Con-
radin gesiegt zu haben und den Feind getödtet, und nun ist
sein Heer auseinandergesprengt, sein Reich unwiederbringlich
verloren.
Conradin und einige der Edelsten aus seiner Begleitung
waren nach der Meeresküste gejagt, und hatten schnell ein Schiff
bestiegen, um nach Sicilien zu entkommen. Aber der Besitzer"
eines an der Küste gelegenen Schlosses merkte, daß die Fort-
schiffenden bedeutende Männer seyn müßten, und hoffte, daß
ihre Gefangennehmung ihm von Karln von Anjou große Beloh-
nungen erwerben würde. Darum schickte er ihnen ein Schiff
nach, und ließ sie zurückholen. Eonradin gab sich zu erkennen,
und hoffte hier Hülfe zu finden, weil jener Edelmann von sei-
nem Großvater mit Wohlthaten überschüttet worden war. Das
aber hatte der tückische Italiener langst vergessen. Er nahm
die Unglücklichen gefangen, und lieferte sie dem unversöhnlichen
Karl aus.
Mit Conrabin zugleich war gefangen genommen worden
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl_von_Anjou Karl Karln_von_Anjou Karl Karl
01
zum deutschen König und zu seinem Nachfolger wählen zu lassen,
und er hatte die Freude, daß die deutschen Fürsten ihn wirklich
wählten. Nun überließ er Deutschland diesem seinem Sohne,
und konnte sich ganz seinen lieben italienischen Ländern widmen.
Dem Papste war das zwar nicht recht, indessen ließ er sich von
Friedrichen beschwichtigen, und ertheilte ihm selbst in Rom die
Kaiserkrönung, wobei aber Friedrich sein Versprechen, den Kreuz-
zug recht bald zu unternehmen, erneuern mußte. Dann zog der
neue Kaiser nach Neapel, und gefiel sich hier so gut, daß zwar
immer vom Kreuzzuge die Rede war, es aber nicht dazu kam.
Endlich riß dem Papste die Geduld, und er erklärte, daß Fried-
rich in den Bann verfallen sey, wenn er nicht binnen zwei Jah-
ren nach Palästina absegelte. Aber ehe noch die Frist abge-
laufen war, starb Honorius, und Gregor 9. wurde Papst.
Gregor war ein schon mehr als achtzigjähriger Mann,
aber ein schöner, kräftiger Greis, und von so unbeugsamer
Hartnäckigkeit, daß er fest entschlossen war, dem Kaiser, den
er als einen natürlichen Feind der päpstlichen Gewalt betrach-
tete, in nichts nachzugeben. Sein erster Brief an Friedrich er-
innerte diesen an den Kreuzzug, und zwar so eindringlich, daß
er wohl einsah, er müsse nun Ernst machen. Er schiffte sich
daher 1127 auch wirklich ein; aber eine Seuche war bereits
unter den Pilgern eingcrissen, und er selbst wurde davon ergrif-
fen, so daß er nach einer dreitägigen Seefahrt nach Neapel
zurückkehren mußte. Gregor war außer sich vor Wuth, be-
hauptete, die Krankheit Friedrichs wäre nichts als Verstellung
gewesen, und that ihn ohne Umstände in den Bann.
Um nun zu zeigen, daß er es wirklich mit dem Kreuzzuge
ehrlich meine, schiffte sich Friedrich im folgenden Jahre wieder
ein, und landete glücklich in Akre. Die hier befindlichen Chri-
sten, besonders die Templer und Johanniter, nahmen ihn mit
Entzücken auf; aber die Freude währte nicht lange. Denn war
es bisher ein Verbrechen gewesen, daß Friedrich den Kreuzzug
nicht unternahm, so erzürnte sich jetzt der Papst, daß jener ohne
sein Geheiß und als ein mit dem Banne Behafteter ihn un-
ternommen habe, und schickte ihm geschwind zwei Mönche nach,
welche dem Patriarchen von Jerusalem, den Rittern, ja allen
/
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Honorius Honorius Gregor Gregor Gregor Friedrich_er- Friedrich Ernst Gregor Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rom Neapel Palästina Neapel Friedrichs Chri- Jerusalem
70
zeigte vor allen eine große Liebe zu seinen Nebenmenschen. Als
er 36 Jahre alt war, reiste er durch Frankreich. Hier in dem
Gebirge der Sevennen, besonders um das Städtchen Albi herum,
lebten damals viele christliche Gemeinden, welche sich Albigenser
nannten, von den Katholiken für Ketzer gehalten wurden, aber
höchst fromm und sittlich waren. Die vielen Mißbräuche in
der katholischen Kirche hatten mehrere fromme Männer auf
den Gedanken gebracht, daß es gewiß gottgefälliger wäre, bloß
nach den Vorschriften des neuen Testaments zu leben und Gott
zu verehren. Sie verwarfen alle erst nachher eingeführten Ge-
bräuche, wollten von Verehrung der Heiligen, Ablaß, Fegefeuer,
Mönchsleben u. d. gl. nichts wissen, gehorchten der Obrigkeit,
lebten in Stille und Frieden, und hatten Geistliche, die nicht
nach irdischen Gütern trachten durften. So wacker nun auch
diese Albigenser waren, so wurden ste doch von den umwoh-
nenden Katholiken als verabscheuungswürdige Menschen ange-
sehen; dahin kann die Unduldsamkeit führen! — Als Guzman
durch ihr Land reifte, jammerte es ihn, daß diese sonst guten
Leute ein Raub des Teufels — so meinte er — werden müß-
ten. Er suchte sie deshalb von ihren vermeintlichen Jrrkhümern
zu bekehren, und blieb deshalb zehn Jahre lang bei ihnen. Zu-
letzt kam er auf den Gedanken, es müsse ja recht verdienstlich
seyn, einen Orden zu stiften, der sich ganz der Bekehrung der
sogenannten Ketzer widmete. Papst Honorius 3. bestätigte die-
sen Orden 1216. Er wurde auch der Predigerorden ge-
nannt, weil die Dominicaner umherreisten, und die Erlaubniß
hatten, überall zu predigen und Beichte zu hören. — So ein
braver Mann Dominicus sonst auch war, so war er doch ein
Schwärmer, und legte einen viel zu großen Werth auf äußere
Gebräuche. So hatte er z. B. stch neun Arten zu beten aus-
gedacht: in gebückter Stellung, auf dem Bauche liegend, abwech-
selnd niedeckniend und dann wieder aufspringend, die Arme wie
ein Kreuz ausgeftreckt u. s. w. Er starb 51 Jahre alt, auf
der Erde liegend, in einer härenen Kutte, und eine Kctt'b um
den Leib. Anfangs waren sein Orden, wie der des Franziscus
jetzt noch, ein Vettelorden, ist es aber seit dem i4ten Jahrhun-
dert nicht mehr.
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