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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 9

1901 - Glogau : Flemming
— 9 — empor. Kein zweites Land in Europa, wird behauptet, hat so schöne Baien und Häfen wie die „Smaragdinsel". Man zählt 14 Häfen für die größten Schiffe, 17 für Fregatten und gegen 40 für Kauffahrtei- schiffe. Cork mit Queenstown sind noch heute die Station für die transatlantischen Postdampfer. — Wo England demnach durch seine natürliche Beschaffenheit schon ohnedies so ausgezeichnet und ge- eignet für den Seeverkehr war, versäumte man andrerseits auch nicht, durch allerlei künstliche Mittel die maritime Zugänglichkeit des Landes zu erhöhen. Während man die Gesamtlänge aller schiffbaren Flüsse in England und Wales auf ca. 3175 km. angeben will, beträgt die Länge der Kanäle über 3500 km.*- Dies Kanalfyftem strahlt in drei Vereinigungspunkte aus, Birmingham, Manchester und London; aus je 3 lh!M. Fläche kommt 1 Meile Fluß- oder Kanalstraße. In Schottland unterstützen die charakteristischen Einschnürungen die Anlage von Kanälen. Berühmt sind der Clydekanal, der nur 91 km geführt zu werden brauchte, um die Nordfee mit dem Oceau zu ver- binden, und der kaledonische Kanal zwischen Firth of Lorn und Moraybusen. Dort fahren vorüber am Ben Newis, dem höchsten Berge in Schottland, Fregatten quer durch das Land. — Ein zweites Mittel, die Schiffahrt zu unterstützen, bietet sich in der Anlage von Leuchttürmen, und England besitzt deren 330, darunter der berühmte von Bell Rock vor der Mündung des Tay, ^ und der von Eddystone. Letzterer liegt vor der Reede von Plymouth, auf der die größte Flotte der Welt sicher ankern könnte, und dünkt den westwärts in den Ocean eilenden großen Dampfern wie ein letztes Wahrzeichen Europas, das den in die Wasserwüste hinaussteuernden Schiffen gleichsam den Scheidegruß der Heimat nachsendet. Wenn die Leuchtfeuer aus- gelöscht werden und der kundige Lotse fehlt, fo kann England auf feine Unzugänglichkeit pochen, und die Wachsamkeit seiner kreuzenden Flotte sichert dem Lande die Unmöglichkeit einer feindlichen Invasion. Das hat sich von den Zeiten der Armada, die Großbritannien nord- wärts umsegeln wollte und an der Felseninsel Fair zerschellte, bis zu den Kriegen Napoleons I. bewahrheitet. Ein beispielloses Glück hatte dagegen Wilhelm Iii. Er täuschte die englische Flotte, die annahm, er würde in Jorkshire landen, fuhr in den Kanal und konnte in der Bai von Tor Anker werfen, von wo ihn weiter das Glück nach London und auf den Königsthron geleitete. So erwuchs in dem Briten das stolze Selbstgefühls die Einsicht in den Zustand der eigenen Sicherheit und zugleich die Überzeugung, daß Britannien die anerkannte Meerbeherrscherin sei, wie sich das in dem Nationalliede ausspricht rule Britannia the waves (Herrsche, 1 Der Bau derselben erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen. 2 Der wasserreichste Strom Großbritanniens.

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 11

1901 - Glogau : Flemming
sich in den neuesten Jahrhunderten ein reiches System von Kommuni- kationen durch alle Flußgebiete, über alle Wasserscheiden und durch alle Bergrücken über die ganze Insel verzweigt habe. Durch Kanäle, Schleusen, Aquädukte oft der kühnsten Art, Heerstraßen, Brücken, die über trockene Thäler wegführen, durch Eisenbahnen, Dampfmaschinen und Dampfschiffe sind sämtliche Häsen mit allen Binnenstädten des Landes in die leichteste Verknüpfung gebracht, und so wurde durch die zugeleitete Masse der Heizkohlen der Damps erzeugt, und der Dampf setzte dies märchenhafte Getriebe aller der surrenden und kreisenden Räder einer beispiellosen Industrie in Bewegung. Der Maschinenbetrieb kommt zuerst der Eisenbereitung zu gute. Bon den 16 Millionen Tonnen Roheisen, die Europa jährlich er- zeugt, liefert England die Hälfte und von der Gesamtproduktion der Erde mehr als den dritten Teil. Nahezu eine Million Arbeiter findet in dieser Industrie Beschäftigung, und neben Sheffield und Birmingham ist das westlicher gelegene black country, das schwarze Land, als Arbeitsstätte der Nagel-, Ketten- und Ankerschmiede her- vorzuheben. — Weiter steht an der Spitze des britischen Gewerbe- betriebs die Verarbeitung der Baumwolle; neben den Jronlords giebt es in den reichen Industriestädten die Cottonlords. Hier ist außer dem schottischen Glasgow die Landschaft Lancashire zu nennen, die in Liverpool ihren weltberühmten Einfuhrhafen hat. Früher wurde die kostbare Ware der Baumwolle nur von Nordamerika bezogen, neuerdings sind Ostindien und Ägypten als wichtige Lieseranten hinzugetreten. Von Liverpool führte nach Manchester die älteste Eisenbahn, die schon im Jahre 1830 gebaut wurde, und Manchester, zu dem der staunenswerte Bau des Bridgewaterkanals, „des Groß- vaters der englischen Kanäle", die Steinkohlen hinsührt, ist die Metropole dieser englischen Webeindustrie. Mit seinen 44 Millionen Spindeln und 560 Tausend mechanischen Webstühlen liefert über- Haupt England mehr als die Hälfte aller europäischen Baumwoll- gespinste und Baumwollgewebe. Die Aussuhr an Baumwollwaren aus England erzielt eine Einnahme, zehnmal so hoch wie in Deutsch- land. Rechnet man hierzu die Wollensabrikation in Jorkshire, die hauptsächlich australische Wolle verarbeitet, und die Töpferwaren in dem Potery genannten Distrikte Mittelenglands, wo „der keramische Künstler ein Psund Thon zum Wert eines Psundes Gold erhebt", so haben wir die hauptsächlichsten Äußerungen und Betätigungen der englischen Industrie vorgeführt. Daß England in früherer Zeit in allem, was Industrie hieß, die Führerrolle übernommen hatte, zeigte sich auch darin, daß von ihm die seitdem so ost glänzend ver- wertete Idee der Weltausstellungen ausging. Gerade vor 50 Jahren (1851) wurde im Hydepark von London in dem wunderbaren Ge- bände des Krystallpalastes die erste Industrieausstellung eröffnet, und

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 45

1901 - Glogau : Flemming
— 45 — Die Alpenstraßen führen auf diesen Vereinigungspunkt zusammen, und so ist in der Stadt das Element der Fremden bedeutsam ver- treten-, will man doch auch in Mailand einen weniger italienischen als internationalen Stadttypus erkennen. Mit seinen 400000 Ein- wohnern ist es das Handelscentrum für die überaus fruchtbare Lom- bardei; und namentlich spielt die Seiden-Jndustrie und -Ausfuhr in ihr eine große Rolle. Daneben hat Mailand eine interessante Geschichte; im Mittelalter trotzte es den deutschen Kaisern, und man rechnet nach, daß es 48 mal belagert und 23 mal erstürmt worden ist. Ganz im Westen der Poebene liegt Turin, die Hauptstadt jenes kernigen Volksstammes, der Piemontesen, dem die Einigung Italiens ge- lingen sollte. Um das untere Pogebiet und südwärts vom Flusse in der so- genannten Emilia liegt eine Menge bedeutender kleiner Städte, und der ganze Landstrich ähnelt recht in seiner charakteristischen Zusammen- setzung und früheren Geschichte den centraldeutschen Gebietsteilen, z. B. Thüringen. Hier gediehen die kleinen Fürstentümer mit ihrer intensiven Pflege der Kunst, und die Namen der Dynaftieen sind unsterblich geworden. In Mantua, in dessen Nähe Vergil geboren ist, der sich so schmerzlich nach der schilfbekränzten Flut des Mincio sehnte, regierten die Gonzagas, und der Maler Giulio Romano war der Liebling des Hofes. Eine kleine Abzweigung des Fürstentumes war Guastalla, das durch Lessings Emilia Galotti bekanntlich ver- ewigt ist. In Ferrara blühten die Estes, und Tasso weilte in dieser kleinen Residenzstadt. Die Stätte, die ein guter Mensch betrat, ist eingeweiht, noch nach Jahrhunderten klingt sein Wort und seine That dein Enkel wieder. An der großen Bahn, die sich weiterhin zu der bekannten Rücken- eisenbahn entwickelt und sich bis nach Brindisi hinzieht, liegen Parma und Modena, die lange Zeit in der neueren Geschichte als Residenzen bekannt waren. Dann erscheint südwärts Canossa, unglückselig be- rühmt durch die Demütigung des deutschen Kaisertums im Jahre 1077, und endlich Bologna, von den Italienern 1a grassa — die reiche — genannt. Bologna ist seit dem frühen Mittelalter berühmt als die Stadt der Rechtsgelehrten, und auch im Kaufmann von Venedig muß Portia als Rechtsgelehrter aus Bologna auftreten und den bösen Handel mit Shylock entscheiden. Die Bahn läuft in süd- westlicher Richtung bis Ancona, der alten „Ellenbogenstadt", wo der Apennin seinen Knick macht und wo der Dom in herrlicher Lage hinausschaut auf das Adriameer. Von Bologna aus zweigt sich die mittelitalische Eisenbahn ab, die uns an die Gestade des tyrrhenischen Meeres bringen soll. Die

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 113

1901 - Glogau : Flemming
— 113 — 's ist ein Wallon! Respekt vor dem! sagen die übrigen und ordnen sich willig ihm unter. — Aber die größere Hälfte in Belgien bilden die Vlämen, * die sich energisch ihrer germanischen Eigenart bewußt sind, wie das in ihrem volkstümlichen Verbände het nederduitsche Bond zum Ausdrucke kommt. Davon abgesehen, ist auch sonst der Gegensatz zwischen den beiden Königreichen so augenfällig wie nur möglich. Belgien hat nur 67 km Seeküste und zwar an der Nordsee, Norwegen dagegen wird in einer Ausdehnung, die etwa der Entfernung zwischen Kopenhagen und Neapel gleichkommt, von der Nordsee, dem Atlantic und dem nörd- lichen Eismeer bespült. In Belgien haben wir die größte Volks- dichtigkeit auf dem Kontinente, 230 Bewohner auf dem □ km, in den nördlichsten Regionen Norwegens rechnet man nur 1 Menschen auf den □ km. Dementsprechend giebt es dort ein Kirchspiel von 8000 □ km, und die gesamte Ackerbaufläche des ungeheuren Gebietes beträgt nicht mehr als die Hälfte des Regierungsbezirks Köslin. Belgien ist ein reiches Land mit überwiegender städtischer Bevölkerung, jeder dritte Belgier ist ein Stadtkind, daher blüht daselbst die In- dustrie. Norwegen wiederum lebt von Fischfang und Seefahrt, und der norwegische Bauer hat sich gleich dem russischen Mushik daran gewöhnt, sich alles selbst anzufertigen. In Belgien ist das dichteste Eisenbahnnetz der Erde, 18 km auf 100 dkm, in Norwegen ist nur Drontheim durch einen südlichen und einen östlichen Eisenbahn- sträng binnenwärts verbunden; dafür kann es aber, wenn erst die geplante Bahn von Viktoriahavn am Westfjord nach dem Erzgebirge fertig sein wird, darauf pochen, noch fast unter dem 69. Breitengrade eine Eisenbahnstation zu besitzen. Und weiter hat Norwegen bei allen diesen materiellen und physischen Mängeln einen Ruhm, um den es von dem reichen Belgien sehr beneidet werden könnte: fast jeder Nor- weger kann lesen und schreiben, während es in Belgien 32% An- alphabeten giebt, so daß der dritte Teil der Rekruten die Buchstaben nicht kennt. Belgien hat nach der Losreißung von Holland 1830 den aus Eäfars Zeit bekannten Namen der Belgae sich zugelegt und ihn in die politische Nomenklatur der europäischen Staaten eingeführt. Sonst haben wir in dem kleinen Königreiche altniederländifches Territorium, und als burgundischer Kreis bildete es mit Holland zusammen den zehnten circulus des heiligen Römischen Reiches. Der Ruf großen Reichtums haftet dem Lande schon seit dem 15. Jahrhundert an; die belgische Ebene ist die rechte „Lombardei des Nordens". Wenn es heute als erster Manufakturstaat des europäischen Festlandes bezeichnet wird, so datiert dieser Ruhm eigentlich auch schon seit 500 Jahren. 1 Sprich slämm. £amiete, Erdkundl. Aufsätzc. Ii.

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 114

1901 - Glogau : Flemming
— 114 — Die flandrischen Tuche waren im ausgehenden Mittelalter hochgeschätzt, und die burgundischen Herzöge als Herren des beneidenswerten Landes stifteten zum Andenken daran den Orden des goldenen Vließes, den späterhin Habsburg übernommen hat. In Gent waren um 1400 40000 Menschen mit der Tuchmachern beschäftigt, Brügge war ein Kontor der Hansa und eine Welthandelsstadt — die in einem Mona! mehr Waren vertrieb als Venedig im ganzen Jahr —, bis es später seinen Rang und seine Bedeutung an Antwerpen abtrat. Alle diese burgundischen Städte hatten eine große Einwohnerzahl, vielfach mehr als heutzutage. Brügge zählte im 15. Jahrhundert 200000 Ein- wohner, heute nur 50000; * Gent soll im Jahre 1400 80000 Be- waffnete haben ins Feld stellen können und wagte es, mit Frankreich anzubinden. Auch Lüttich, dessen Einwohnerzahl sich ziemlich gleich geblieben ist und das in der Neuzeit wieder mächtig emporblüht, verfügte über 20000 Bewaffnete. Mecheln war das „Herz von Brabant" und das „belgische Rom". Belgien hat nur den einen natürlichen Seehandelsplatz, nämlich Antwerpen, und das drückt ja schon der Name der Stadt aus ane de Werp, d. h. am Hasen. Während die Osterschelde durch die Eisenbahnbrücke gesperrt ist, flutet aller Verkehr und Handel setzt durch die Wefterschelde nach Antwerpen, und auch die deutschen Reichspostdampfer laufen es an, so daß es wohl „als zweites See- thor des Kontinents" gelten kann (Hamburg ist das erste). Da Belgien aber reich ist und bei den handelstechnischen Bauten nicht allzusehr die Kosten zu scheuen braucht — berühmt ist z. B. die Thal- fperre bei Verviers, die den Tuchfabriken die Benutzung „weichen, daher kalkarmen" Wassers ermöglichen soll —, so hat man riesige Seekanäle gebaut oder nimmt solche in Aussicht, um auch den anderen belgischen Manufaktur- und Fabrikstädten den Zugang zur See zu eröffnen. So hat Gent seinen Kanal nach der Wefterschelde, Brügge hofft den alten Kanal zeitgemäß umzugestalten, und selbst Brüssel wird durch einen „Seekanal" Seestadt werden. Der sechste Teil der beinahe 7 Millionen zählenden Einwohner des Königreichs lebt vom Bergbau und der Industrie. Belgien hat keine Kolonieen, aber die belgischen Bankleute haben überallhin ihre Fühlfäden ausgestreckt und wiffen die günstigen Kon- junkturen neuer Bahnkonzessionen — namentlich in China — mit Geschick auszunützen. Am verheißungsvollsten ist aber, daß der bel- gische König in Personalunion zugleich Regent des reichen Kongo- staates geworden ist und daß er darauf hinsteuert, Belgien diese schöne Kolonie späterhin als Eigentum zu überweisen. _ ^ Wir kommen jetzt zu dem Lande der „Mitternachtssonne". Skan- * Tarunter 13000 Almojenempfänger. Es heißt heute auch Bruges-la-Morte.

6. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 121

1901 - Glogau : Flemming
— 121 — er dem alten Faust, der seine Leute ähnlich wie die Holländer in den Seeprovinzen mit Deicharbeiten und Polderschöpsungen emsig und segensreich schaffen läßt, die Worte in den Mund legt, er fühle sich zufrieden und beseligt: Im Vorgefühl von solchem Glück Genieß' ich jetzt den höchsten Augenblick! Die Holländer sind zu rechten Wasserbaukünstlern geworden. Schon die mächtigen Seekanäle, die z. B. Amsterdam westwärts und nordwärts mit dem offenen Meere verbinden, und die bewunderten Schleusenbauten bei Katwyk, durch die der Rhein „aus seiner Ver- sandung in die See hinausbugsiert wird", beweisen dies; staunens- werter ist die Austrocknung des Haarlemer Meeres zu einem mächtigen Polder und kulturfähigen Lande, und neuerdings will man sogar den Zuydersee abdämmen, so daß etwa V3 der Wasserfläche für Ackerbau und Wiesenwuchs gewonnen wird. Denn Wiesen und Weiden sind dem Holländer immer erwünscht; beruht doch aus ihnen seine be- rühmte Viehzucht, deren Haupterträgnis die prächtigen Käse sind. Aber in erster Linie sind die Holländer doch eine seefahrende Nation, und in den Tooneels hört er am liebsten die Späße des Matrosen Jom und bewundert die Thaten des Seehelden Ruyter. Daher sind auch am mächtigsten die beiden See- und Handelsstädte Amsterdam und Rotterdam 1 emporgeblüht. Der Stadtbau von Amsterdam ist eigentlich schon an und für sich eine Kulturthat ersten Ranges. Man hat in den Sumps- und Moorboden mächtige Bäume hineingetrieben, um dann aus diesem Pfahlwerk erst die Steinbauten zu errichten. So steht das Rathaus aus einem Roste von 14000 mastbaumgroßen Pfählen, und Erasmus scherzte, er kenne Leute, die wie Krähen aus den Gipfeln der Bäume wohnen. Das Ungünstigste in diesen dam- städten ist die Beschaffung des Trinkwassers, und nach Rotterdam müssen eigene Schiffe das genießbare Wasser herbeischaffen. Niederländisches Wesen und holländische Eigenart haben von je auf uns Ostdeutsche einen bedeutungsvollen Einsluß gehabt. Schon Albrecht der Bär berief Ansiedler aus Flandern und Holland und nützte ihre fleißige Arbeit und ihre landwirtfchaftlichen Kenntnisse zum Besten seiner Mark; die Namen kleiner Städte, wie Niemegk und Brück, sollen an Nymwegen und Brügge erinnern. Dann kamen die Zeiten des Rittertums, und wieder will man in Deutschland die flandrische Einwirkung spüren. Denn über Flandern sollen zu uns die neuen bitten der französischen Ritter gekommen sein, was man aus den niederdeutschen Formen Wappen (und nicht Waffen), Tölpel (und nicht Dörfer) beweisen will. In den Zeiten der Blüte der 1 Über Rotterdams Handelsbedeutung s, Teil I, S. 59.

7. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 125

1901 - Glogau : Flemming
— 125 — Herrlichkeit". Wisby ist sozusagen die Mutter des Hansabundes ge- wesen, bis es später seinen Rang und seine Vorstandschast an Lübeck abtrat; auch hat Wisby wie Amalfi im Mittelmeer zuerst ein „Water- recht", also bestimmte Seegesetze ins Leben gerufen. — Als dann Schweden sich unter den Wasas von der Union der nordischen Reiche losgerissen hatte, erschien in Gustav Adolf, „dem Löwen aus Mitter- nacht", der eigentliche „Gründer schwedischer Größe", und von jetzt ab sind die Berührungen Schwedens mit Deutschland ebenso zahl- reich wie innig. Ja, in Volkssitte und Volkssprache ragen noch bis aus den heutigen Tag Erinnerungen an dieses nordische Volk in unser modernes Bewußtsein hinein. In Vorpommern, das am längsten im schwedischen Besitz geblieben war, besteht der Weihnachtsbrauch des Julklapps, das "Volk spricht von „ollen Schweden" und hat das französische suitier in diese ihm näher liegende und bequemere Be- zeichnung verzerrt; die „Schwedenschanzen" sind alte Ringe und Burgwälle aus der Vorzeit, und man will auch die Sitte des weih- nachtlichen Christbaums auf schwedische Einflüsse zur Zeit des Dreißig- jährigen Krieges zurückführen. Der „schwedische Trank" aus eben dieser Zeit war eine weniger angenehme Erinnerung; bedeutete er doch eine scheußliche Folterqual der an Bestialitäten so überaus reichen Zeit. Heutzutage mundet uns der „schwedische Punsch" ent- schieden besser. Überhaupt hatte Deutschland im 17. Jahrhundert unter dem Übermute der Schweden viel zu leiden, und die Ruhmes- that des Großen Kurfürsten bei Fehrbellin war für den gedrückten Stolz der Deutschen eine ebensolche Genugthuung, wie später der Sieg bei Roßbach, der über die anmaßenden Franzosen erfochten wurde. Die schwedische Sprache gilt für die am meisten melodische unter den nordischen Sprachen, weil sie die Vokale reiner in den Flexions- endungen erhalten hat. Den Artikel setzt sie an das Ende, so daß Benennungen wie Glommen, Wenern, Lofoddcn, wo die Endungen e oder en den Artikel darstellen, meist mißverstanden werden; die Eigennamen lauten Glomm, Lofodd, Wener ?c. Der ruhig über- legende Verstand ist von je ein Erbstück der Nation gewesen, und eben darum hat Schweden auch von je die bedeutendsten Gelehrten hervorgebracht; ich brauche nur an Berzelius, Linne und Celsius zu erinnern. Ein namhafter Gelehrter ist heute der schwedische König selbst, der greise Oskar Ii. So wie einst an dem Hofe Christinens, der Tochter Gustav Adolfs, die Gelehrsamkeit blühte, so daß ein Freinsheim sich daran machte, die verlorenen Bücher des Livins nach den Fragmenten und Epitomen in tadellos nachgeahmtem Livianischen Latein herauszugeben, so soll auch heute König Oskar den belebenden Mittelpunkt abgeben für die gelehrte Forschung seines Landes und im stände sein, den Studenten in fließendem Latein Vorlesungen zu halten. In neuerer

8. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 58

1901 - Glogau : Flemming
— 58 — überwältigendem Eindruck ist daneben die Kathedrale S. Maria de la Sede, eine der schönsten gotischen Kirchen der Welt mit der be- rühmten, 5000 Pfeifen zählenden Orgel. Endlich liegt in Granada der seenhaste Palast, die Alhambra. Mitten in dieser herrlichen Bega, die „ein vom Tau benetzter Rosenkranz" genannt wird, ragt die Akropolis von Granada empor, eben die Alhambra, „das Herr- lichste Bauwerk, das Menschenhand vollbrachte". Vieles in dem imposanten Gebäude ist ja schon versallen oder dient anderen Zwecken, aber noch deuten Hose und Säle auf die einstige Pracht. Der Hof des Löwenbrunnens ist mit Recht berühmt. Er gleicht einem schönen Saale und ist aus allen Seiten mit offenen Bogen, die von zarten Säulen getragen werden, umgeben. Charakteristisch sind auch hier die Flächen zwischen den Bogen „mit reich gemusterten durchbrochenen Ziegeln ausgefüllt, so daß die Wände ausgespannten arabischen Teppichen ähneln". — Die Araber haben während ihrer Herrschast in Spanien auch eine Zeit hoher geistiger Blüte erlebt, und ihr Ein- flnß auf die Wissenschaft ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung gewesen. Namentlich wurden bei ihnen die exakten Wissenschaften gepflegt, wie denn die Semiten von je eine besondere Begabung z. B. für die Heilkunde gezeigt haben. Als der Kardinal Z^imenez 1498 sämtliche in der Stadt vorgefundenen arabischen Bücher — es waren wohl 80000 — verbrennen ließ, schied er die Bücher medi- zwischen und naturhistorischen Inhalts aus, die jetzt einen wertvollen Teil der Bibliothek des Escorial ausmachen. Was für Förderung verdankt ferner die abendländische Kulturwelt dem Arabertum in Be- zug auf Erdkunde, Astronomie und mathematische Wissenschaft! Ziffer, Algebra sind Wörter arabischen Ursprungs, ebenso Zenith und Nadir; die /ueydlrj ovvxa^ig des Ptolemäus wurde in das Arabische über- setzt, und in dieser Verkleidung wurde der Almagest der Brunnen, aus dem Europa seine astronomische Kenntnis schöpfte. Die pyre- näische Halbinsel war damals reich bevölkert; allein das Land süd- lich vom Duero soll 25 — 30 Millionen beherbergt haben, und die Araber brauchten das Sprichwort: wen Gott lieb hat, dem giebt er sein Brot in Spanien zu essen. In noch älterer Zeit war Spanien womöglich noch berühmter; es galt als das antike Mexiko und hatte in der Römerzeit wohl 40 Millionen Bewohner. Die Gegend von Sevilla hat den berühmten Kaiser Trajan erzeugt, und ebenso stammen die Vorsahren des Hadrian daher. Im grauesten Altertum haben endlich die Phönizier das Land Tarschisch ausgesucht, ^eben die Tief- ebene des Guadalquivir, und sie fanden dort so viel Silber, daß sie Anker und Schiffsgerätschasten aus diesem edlen Metalle verfertigt haben sollen. Hört man diese Angaben, so muß man bekennen, daß Spanien heutzutage einen bedenklichen Rückgang erlitten^ hat,^ es zählt nur etwa 17 Millionen Einwohner, und das Land ist vielfach

9. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 69

1901 - Glogau : Flemming
— 69 — gilt; ebenso sind die Jndustriebezirke vorzugsweise von den Deutschen bewohnt. Das erweckt den Neid der Tschechen, und in unseren Tagen wogt da ein heißer Streit. — Wenn man alle diese verschiedenen Nationalitäten ins Auge faßt, so fragt man wohl erstaunt, was hält denn diese. Völkergruppen eigentlich noch zusammen? Die Antwort ist: Die gemeinsame Dynastie und — die deutsche Heeressprache. Das ist der letzte, aber ein recht fester Kitt, und wenn die Tschechen beim Namensaufruf mit ihrem Zde! statt: Hier! antworten, so kommen sie übel an. — Die österreichischen Slaven sind uns ziemlich fremd; aber wir müssen beachten, daß Ortsnamen in Kram identisch sind mit pommerschen, wie z. B. Triglaw; es erinnert ja auch die Bezeichnung für den Peloponnes Morea an Pommern (= po more am Meere; Morea heißt Meerland). Endlich mögen wir in Norddeutschland noch bedenken, daß die herumziehenden Drahtbinder und Mausefallenhändler ungarische Slovaken sind, die sich in ihrer walachifchen Schafhirten- tracht recht malerisch ausnehmen. An ihnen können wir den süd- slavischen Typus studieren. Was die örtliche Lage des österreichisch-ungarischen Staates be- trifft, so ist zunächst eines zu bemerken. Ein jedes Volk sucht mög- lichst zum Meere zu dringen, denn von ihm strömen Waren und Reichtümer in das Land. Für Österreich ist als Axe alles Aus- tausches und Handelsverkehrs die Donaustraße gegeben, und gerade da, wo diese Straße sich am meisten dem Meere nähert, sind alle Vorbedingungen für die Entwickelung eines großen Gemeinwesens erfüllt. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu erkennen, daß alle diese besonderen und günstigen Umstände bei Wien zutreffen. Und wenn man fagen will, der Handelsverkehr in Österreich hat mehr eine nordsüdliche als eine ostwestliche Richtung, so erscheint um so mehr Wien als selten bevorzugt. In der That, die Kaiserstadt ist „der Spinne im Kreuz" zu vergleichen; wir haben an dieser Stelle den „Tummelplatz des Orients und Occidents", und von Ost und West, von Nord und Süd laufen alle Verkehrs- und Handelsstraßen auf dieses Centrum. Der Meereshafen von Wien tft, Triest, die citta fidissima, das südliche Hamburg. Und dieselben Überlegungen erklären uns auch das Emporkommen der Konkurrentin von Triest, des zur ungarischen Reichshälfte gehörigen Fiume (ad flumen). Wenn die polnisch-ungarischen Völker den Weg zum Meere suchten, so traf etwa von Lemberg aus ihre Straße den Golf von Quarnero, eben da, wo Fiume liegt und wo auch heute der große Schienen- sträng der Bahn, die von Lemberg zum Meere sührt, mündet. Und an dem Schnittpunkte dieser uralten Handelsstraße mit der Donau liegt — Budapest, die Hauptstadt der ungarischen Monarchie. Durch unsere bisherigen Ausführungen erhellt die hohe Bedeutung der iftri- schen Halbinsel für die österreichisch-ungarische Monarchie. Wie eine

10. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 84

1901 - Glogau : Flemming
— 84 — wird^ jetzt im Zeitalter der Eisenbahnen wohl weniger gesehen. — In steter Bewegung sind auch die Gletscher, die die Alpenspitzen und Höhen von ihrem Schneemantel entlasten; natürlich ist die Vor- wärtsbewegung dieser Eisschlange eine sehr verlangsamte. Man hatte einst eine Leiter aus einem Gletscher liegen lassen, und nach 44 Jahren sand man dieselbe Leiter 400 m tiefer. Sie war also im Lause der Jahre langsam vorgerückt. Der Südabhang der Alpen hat im großen und ganzen lieblichere Bilder, namentlich sind die Alpenseen berühmte Erdstellen. Man betrachtet sie als die großen Kehrichtmagazine der Alpen und nennt den Gardasee „die lieblichste Kloake der Welt". Sie erscheinen aber darum so entzückend, weil als Folie ihrer An- mut der grandiose Ernst der Eishäupter ihnen zu statten kommt und weil eben der Gegensatz blühendsten Lebens und toter Erstarrung diese zauberhaste Wirkung hervorruft. — Ende Mai ist der Aus- erstehungstag der Senner, dann wird das Vieh wieder aus die Matten getrieben, und in der Schweiz trottet an der Spitze im vollen Be- wußtsein seiner Würde der „Muni" (Stier) mit dem Melkeimer zwischen den Hörnern. Das Erzeugnis der Alpenreise und des län- geren Ausenthaltes aus den Halden und Bergwiesen ist der Emmen- thaler Käse, ein für das getreidearme Land der Schweizer sehr will- kommenes Nahrungsmittel. Von den Sennhütten aus ertönt abends der feierliche, durch das Horn geblasene Segen, die Kühe lockt man durch den Kuhreigen, der jetzt allerdings wohl nie mehr vollständig gehört wird. Bei den Tönen des Kuhreigens packte die Schweizer Soldaten in Paris ein so unwiderstehliches Heimweh, daß sie deser- tierten.^ — Die Eisenbahn überschreitet das Alpengebirge aus dem Semmering- und dem Brennerpasse; neuerdings sind die großartigen Tunnelbauten des Mont Cenis und des Gotthard noch dazuge- kommen. Man arbeitet gegenwärtig an der Simplonbahn und plant auch schon eine Durchbohrung des Splügen. Zahnradbahnen giebt es in der Schweiz, und das kolossalste Projekt ist die Befahrung der Jungsrau durch eine Alpenbahn und schließlich durch einen vertikalen Tunnelgang, in dem der Wagen emporgehoben wird. Wir sragen schließlich nach dem Anteil, den die österreichisch- ungarische Monarchie an der Förderung des menschlichen Kulturwerks genommen und nach der Art und Weise, wie der österreichische Staat sich einen Namen unter den Menschen gemacht hat. Der Streit ist ja bekanntlich der Vater aller Dinge, tiohjuog ttoltiiq nditow, und so müssen wir auch in dieser Hinsicht mit der kriegerischen Tüchtig- feit der Österreicher beginnen, um so mehr, da die exponierte Lage der Monarchie und die Zugehörigkeit so vieler fremdsprachlicher 1 Erwähnung verdienen auch noch die borratori, d. i. Holzflößer, die unter großen Gefahren die Baumstämme in den Sovenden oder Holzleitungen zu Thal gleiten lassen.
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