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1. Teil 3 - S. 192

1912 - Leipzig : Freytag
192 zu schaffen; 1873 nahm er die Goldwährung an und führte auf ihrer Grundlage die Markrechnung ein. Damit verschwanden die Landesmünzen, und die Preußische Bank ging in der Reichs bank auf. Über die Frage, ob die Münzen das Bild des jeweiligen Herrschers des Staates, in dem sie geprägt waren, tragen sollten, entspann sich im Reichstage ein harter Streit. Es gab eine Richtung, die alles beseitigt wissen wollte, was auf die Einzelstaaten Bezug nahm. Sie drang jedoch nicht durch; so ist es gekommen, daß die Münzen die Bildnisse der Fürsten und den Reichsadler tragen. Abb. 54. Kaiserproklamation zu Versailles am 18. Januar 1871. (Gemälde von A. van Werner in der Ruhmeshalle in Berlin. Photographie aus dem Berlage der Photograph. Gesellschaft in Berlin.) b) Einheit des Rechtes. In dem politischen und wirtschaftlich geeinigten Deutschland war eine einheitliche Gestaltung des Rechtes zur Notwendigkeit geworden. Es war nicht möglich, daß mau ein Vorgehen in Preußen anders bestrafte als in Bayern, in Hamburg oder in Bremen. Alls diesem Grunde kam ein einheitliches Strafgesetzbuch zustande. Mehr wollten anfangs die Einzelstaaten nicht zugestehen, allein die Zeit und das Volk drängten weiter. 1879 wurden drei Gesetze

2. Teil 3 - S. 210

1912 - Leipzig : Freytag
210 vorgesehen, daß mit der Höhe des Einkommens auch der Prozentsatz wuchs. So müssen z. B. von 100 000 Mark Einkommen 4 °/0 entrichtet werden, während für 1000 Mark nur 0,62 °/0 gu bezahlen sind. Dem Einkommensteuergesetze folgte ein zweites über die Besteuerung des Vermögens. Die zu entrichtende Steuer wird Ergänzungssteuer genannt und beträgt nur V2% auf 1000mark. Einkommen-und Ergänzungssteuer sind direkte Steuern und werden vom Staate eingezogen. Ihre Ertrage waren so reichlich, daß Miquel noch ein drittes Gesetz erlassen konnte, nach dem die Ertrags st euer (Grund-, Gebäude-, Gewerbe- und Bergwerkssteuer), die bis jetzt an die Staatskassen geliefert werden mußte, den Gemeinden überwiesen werden konnte. Zugleich hatte Miquel noch den fruchtbaren Gedanken, alle indirekten Steuern dem Deutschen Reiche zu überweisen; dadurch wollte er es von den Beiträgen der einzelnen Staaten (Matrikularbeiträgen) befreien und es auf eine selbständige Grundlage stellen. Dann hätten die Gemeinden die Ertragssteuer, die Einzelstaaten die direkten und das Reich die indirekten Steuern bekommen. Allein hier drang Miquel nicht durch; sein Plan scheiterte an der Unüberwindlichkeit des Reichstages. Dennoch hat die Steuerreform eine große Bedeutung; sie belastetes die größeren Einkommen und das Großkapital, sie entlastetete die kleinen Einkommen und den Grundbesitz und führte zugleich eine zweckmäßige Teilung der Steuern zwischen Staat und Gemeinde herbei. ti. Wirtschaftliches und geistiges Leben. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im Deutschen Reiche die Industrie mehr und mehr, so daß sie jetzt schon mehr Menschen ernährt und beschäftigt als die Landwirtschaft. In Zukunft wird sich das Verhältnis zugunsten der Industrie noch mehr verschieben, da einesteils die Zahl der gewerblichen Anlagen von Jahr zu Jahr wächst und andernteils der anbaufähige Boden keine wesentliche Vermehrung erfahren kann. Schon jetzt ist die deutsche Landwirtschaft nicht imstande, das deutsche Volk zu ernähren; deshalb muß ein Teil der Lebensmittel aus andern Ländern eingeführt werden. Damm ist notwendig, daß die Landwirtschaft in dem jetzigen Umfange erhalten bleibt, und daß ihr von seiten der leitenden Staatsmänner besondere Sorgfalt zuteil wird. Der Nachfolger Bismarcks, Graf Caprivi, war freilich anderer Meinung; er schloß mit Österreich, Italien, Belgien, Rußland imd Rumänien eine Reihe von Handelsverträgen ab, durch die die Einfuhrzölle durchschnittlich um 25% ermäßigt wurden. Der Kornzoll für den Doppelzentner sank sogar von 5 Mark auf 3,50 Mark. Die Folge davon war eine massenhafte Einfuhr fremder Bodenerzeugnisse und damit eine Schädigung der deutschen Landwirtschaft. Darauf gründete sich 1893 zum Schutze der bedrohten Landwirtschaft der Bund der Land wirte, der bald auf 200 000 Mitglieder anwuchs und sich über das ganze Reich verbreitete. Seinem energischen Vorgehen ist es zu verdanken, daß im Herbst 1902 der Bundesrat dem Reichstage einen neuen Zolltarif vorlegte, der vor allem eine Erhöhung der Kornzölle auf 5 Mark vorsah. Er wurde im Dezember desselben Jahres mit einer erdrückenden Mehrheit angenommen und hatte ein Gedeihen der deutschen Landwirtschaft im Gefolge.

3. Teil 3 - S. 230

1912 - Leipzig : Freytag
a) Der Provinziallandtag. Er besteht aus 60—100 Abgeordneten. Diese werden in den Landkreisen vom Kreistage und in den Stadtkreisen vom Magistrate und den Stadtverordneten gemeinschaftlich gewählt. Die Amtszeit dauert sechs Jahre. Die Sitzungen des Provinziallandtages sind öffentlich. Seine Einberufung geschieht alle zwei Jahre durch den König. Er begutachtet alle Gesetzentwürfe, die ihm von der Staatsregiernng zugesandt werden; er stellt den Provinzialhaushalt fest; er verteilt die Provinzialsteuern; er wählt den Provinzialausschuß, den Landesdirektor und die höheren Beamten der Provinz; er beschließt über die wirtschaftlichen Interessen und über die Anlegung und Unterhaltung von gemeinnützigen Einrichtungen (Blinden-, Taubstummen-, Idioten-, Irren-und Besserungsanstalten) der Provinz. b) Der Provinzialausschuß. Er besteht aus 7—13 Mitgliedern: sie werden von dem Provinziallandtage auf sechs Jahre gewählt. Der Provinzialausschuß hat die Beschlüsse des Provinziallandtages vorzubereiten und auszuführen. Er ernennt die Provinzialbeamten und führt mit den: Landesdirektor an der Spitze die Verwaltungsgeschäfte der Provinz. e) Der Landesdirektor. Er wird vom Provinziallandtage gewählt und vom Könige bestätigt. Er unterzeichnet alle Schriftstücke, führt die Beschlüsse des Provinzialausschusses aus, vertritt die Provinz nach außen und verhandelt in ihrem Namen mit Privatpersonen und Behörden. Die staatliche Aufficht über die Provinzen üben der Oberpräsident und der Minister des Innern aus. 5. Die Verfassung des Deutschen Reiches. 1. Das Deutsche Reich. Das Deutsche Reich ist ein „ewiger Bund" aller deutschen Fürsten und der drei Hansastädte, der gegründet inordert ist „zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes sowie zur Pflege und Wohlfahrt des deutschen Volkes". Es bildet also einen festen B u n d e s st a a t. Die Einzelstaaten haben ihre Selbständigkeit behalten; einen Teil ihrer Rechte haben sie aber an Kaiser und Reich abgegeben. Das Reichsgebiet besteht aus 25 Staaten und dem Reichsland Elsaß-Lothringen. Es umfaßt nmb 540 000 und hatte bei der Volkszählung am 1. Dezember 1910 etwas über 64,9 Millionen Einwohner. — Die Rechte, die dem Reiche zugewiesen worden sind, haben der Kaiser, der B u n d e s r a t und der Reichstag auszuüben. 2. Der Kaiser. Art der Spitze des Reiches steht der König von Preußen, der den Namen Deutscher Kaiser führt. Die Kaiserwürde ist demnach im Hause der Hohenzollern erblich. — Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten. Er beglaubigt die Botschafter und die Gesandten, er empfängt die Vertreter fremder Völker, er erklärt im Namen des Reiches den Krieg, wenn ein Angriff auf das Bundesgebiet

4. Teil 3 - S. 199

1912 - Leipzig : Freytag
Verdienstes entgegenzuarbeiten und die Not zu lindern, in die der Arbeiter geraten konnte, wenn er durch Krankheit, Unfall oder Alter erwerbsunfähig wurde. Darum rief der Kanzler den Abgeordneten zu: „Geben sie dem Arbeiter, solange er gesund ist, Arbeit; wenn er krank ist, Pflege; wenn er alt ist, Versorgung." Auf diesem Wege fand Bismarck voll und ganz die Zustimmung seines kaiserlichen Herrn. Schon am 17. November 1881 eröffnete der 84jährige Herrscher den Reichstag mit der berühmten Botschaft, in der eine große soziale Reform angekündigt wurde. Kaiser Wilhelm I. sagte: „Es ist meine Überzeugung, daß die Heilung der sozialen Schäden nicht ausschließlich auf dem Wege der Unterdrückung, sondern gleichmäßig auf dem der Förderung des Wohles der Arbeiter zu suchen ist. Wir halten es für unsere kaiserliche Pflicht, dem Reichstage die Aufgabe aufs neue ans Herz zu legen, und würden mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mitzunehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines innern Friedens und den Hilfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, zu hinterlassen." Darauf kündigte Kaiser Wilhelm an, daß dem Reichstage ein Gesetz über die Versicherung der Arbeiter bei Betriebsunfällen, eins zur Errichtung von Krankenkassen und eins über die Versicherung gegen Alter und Gebrechlichkeit zugehen werde. Er schloß mit den herrlichen Worten: „Für diese Fürsorge die rechten Mittel zu finden, ist eine schwierige, aber auch eine der höchsten Aufgaben jedes Gemeinwesens, das auf dem sittlichen Grunde des christlichen Volkslebens ruht." Den Worten folgten bald die Taten. Schon im Jahre 1883 wurde das Gesetz über die Kranke nverficheruug fertiggestellt, das dann unter der Regierung Kaiser Wilhelms Ii. durch Nachträge verbessert wurde. — Als zweites Gesetz folgte im Jahre 1884 das Unfallversicherungsgesetz. — Und 1891 trat das Alters- und Jnvaliditätsv ersicheruugs gesetz in Kraft. — Im Jahre 1906 wurden in der Krankenversicherung 266 Millionen Mark, in der Unfallversicherung 143 Millionen Mark und in der Invalidenversicherung 166 Millionen Mark ausgezahlt. Im ganzen sind von 1885—1906 für die Versicherten 52/z Milliarden Mark aufgewendet worden; an Beiträgen haben die Arbeitnehmer 3v4 Milliarden, die Arbeitgeber 32/3 Milliarden aufgebracht, das Reich hat 435 Millionen zugeschossen. — So hat das Deutsche Reich eine große Aufgabe gelöst; es gab dem Arbeiter statt Almosen einen festen Rechtsanspruch. Kein anderer Staat der Erde ist ihm bis jetzt nachgefolgt; in der sozialen Gesetzgebung ist das deutsche Volk allen Völkern vorausgeeilt. Kaiser Wilhelm und sein großer Minister haben ihre Namen für immer in die Herzen ihres Volkes eingeschrieben. 6. Kaiser Wilhelms Lebensabend und Tod. Kaiser Wilhelm hat das Glück gehabt, in einer nahezu dreißigjährigen Regierung die Ziele seines Lebens und die Sehnsucht seines Volkes zu erfüllen. Wenn auch große, reichbegabte Männer feine Helfer gewesen waren, so wußte das Volk doch, daß ein großer Teil der Arbeit auf seinen Schultern gelegen hatte.

5. Teil 3 - S. 193

1912 - Leipzig : Freytag
193 genehmigt, die eine Einheitlichkeit des bürgerlichen Gesetzbuches, des Prozeßverfahrens und der Gerichtsverfassung verlangten. Als Schlußstein der Gerichtsorganisation wurde das Reichsgericht ins Leben gerufen. Sein Sitz wurde jedoch nicht, wie Preußen wünschte, nach Berlin, sondern nach Leipzig verlegt. Sein erster Präsident wurde Eduard Simson. Nach langjähriger, emsiger und umsichtiger Arbeit wurde auch das Bürgerliche Gesetzbuch fertiggestellt; es trat mit dem 1. Januar 1900 in Kraft. Damit hat Deutschland in allen wesentlichen Dingen ein einheitliches Recht und mithin ein weiteres Band, das alle Stämme und Staaten umschlingt. c) Herstellung einer sesten Grundlage für das Reichs Heer. Bei der Errichtung des Reiches schloffen die kleineren Staaten mit Preußen Verträge ab, in denen bestimmt wurde, daß ihre Truppen mit den preußischen völlig vereinigt würden. Selbst Oldenburg und Baden verzichteten ans ihre militärische Selbständigkeit. Württemberg und Sachsen dagegen behielten eine eigene Militärverwaltung; auch bekamen ihre Könige das Recht, die Offizierstellen selbst zu besetzen. Das bayrische Heer sollte einen selbständigen Teil des deutschen Heeres für sich bilden; doch wurde dem preußischen König als obersten Kriegsherrn des Reiches das Recht bewilligt, sich durch Besichtigungen zu überzeugen, daß die bayrischen Truppen an Gliederung und Ausbildung den übrigen deutschen Truppen nicht nachstehen. Durch die Einführung von Armee-Inspektionen suchte man eine gleichmäßige Ausbildung aller Truppen zu fördern. Um den Feinden des Reiches stets mit genügenden Kräften entgegentreten zu können, wurde die Friedensstärke mehrmals erhöht. Als Grundsatz wurde der Gedanke ausgesprochen, daß im Frieden ein Prozent der Bevölkerung unter der Fahne dienen solle. Zur Vermehrung des Reichsheeres dient auch der Landsturm; zu ihm gehören alle Wehrfähigen von 17—45 Jahren, die nicht als Soldaten gedient haben. _ Ihm ist die Verteidigung des Landes übertragen; mithin kann die ganze Landwehr im Falle eines Krieges sofort ausmarschieren. ä) Preuß en verstaatlicht sein Eisenbahnnetz. Zu Anfang der 80er Jahre suchte der Reichskanzler Fürst Bismarck auch das Eisenbahnwesen nach einheitlichen Vorschriften zu regeln und das ganze Eisenbahnnetz dem Reiche zu unterstellen. Allein der Gedanke fiel auf keinen guten Boden, er scheiterte au dem Widerstände der Mittelstaaten. Doch Bismarcks zähe Natur gab einen fruchtbaren Gedanken nicht sogleich ans. Deshalb bot er sämtliche preußische Staatsbahnen dem Reiche zum Kause an. Die deutschen Regierungen lehnten aber ab; sie befürchteten, daß einige Rechte der Einzelstaaten verloren gehen könnten. Nun tat Bismarck, was allein noch möglich war, er beschloß, die Verstaatlichung aller Eisenbahnen in Preußen durchzuführen. Das große Werk gelang auch; 1891 hatte Preußen über 30 000 Irm Staatsbahnen, von denen ungefähr 15 000 km aus Privatbesitz übernommen waren. 3. Tns Kaiserreich als Hort des Friedens. Die Siege, die die deutsche Nation erfochten hatte, riefen in der slawischen Welt eine heftige Erregung hervor. Es entstand eine große Partei, die die Idee Donat, Äehrb. der Gesch. für konfess. gemischte Mittelschulen, Iii. 13

6. Teil 3 - S. 198

1912 - Leipzig : Freytag
198 gegründet, die später zu der großen „Sozialistischen Arb eiterpartei" (Sozialdemokraten) verschmolzen wurden. In Schriften, Zeitungen, Vorträgen und Reden wurden nun Königtum, Vaterland und Religion mit Schmutz beworfen. Zugleich wurde den arbeitenden Klassen ein neuer Staat ausgemalt, in dem das Volk regieren solle, in dem die Kinder in gemeinsamen Häusern erzogen würden, und in dem es weder Reiche noch Arme, weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer, weder Herreu noch Knechte, weder Fürsten noch Untertanen geben würde. Die Verhetzung wurde sogar so weit getrieben, daß zwei betörte Menschen, die der großen Arbeiterpartei angehörten, die Mordwaffen gegen den greisen, ehrwürdigen Kaiser Wilhelm richteten. Bei dem zweiten Mordversuche wurde der Herrscher Abb. 56. Eijenwalzwerk. (Nach einem Gemälde von Adolf Menzel.) so schwer am Halse, Kopfe und an den Armen verwundet, daß er blutüberströmt auf seinem Wagensitze zurücksank und sich in der Regierung mehrere Monate durch den Kronprinzen vertreten lassen mußte. Ein Schrei der Entrüstung ging durch ganz Deutschland, und das Volk fand es ganz richtig, daß der Reichskanzler dem Reichstage eine Vorlage unterbreitete, wonach die „gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" mit Gewalt unterdrückt weiden sollten. Die gewissenlosen Hetzer und Schreier sollten fühlen, daß der Staat nicht von ihnen beseitigt werden könne. Das Sozialistengesetz verbot alle Vereine und Versammlungen, die das Ziel versolgten, die Staats- und Gesellschaftsordnung zu untergraben; es verbot alle demokratischen Druckschriften und befahl, alle demokratischen Druckereien zu schließen. Doch dabei blieb Bismarck nicht stehen; er wußte, daß der Staat die Pflicht habe, den berechtigten Klagen der Arbeiter abzuhelfen. Es galt, der Unsicherheit de?

7. Geschichte des Dreißigjährigen Krieges - S. 61

1902 - Leipzig : Freytag
Erster Teil. Erstes Buch. bl dieses Mißtrauen in Tätlichteiten ausgebrochen sein wenn man nur im allgemeinen geblieben Ware und nicht durch besondere Angriffe auf einzelne Glieder dem Murren des Volks unternehmende Anführer gegeben hatte. Heinrich Matthias, Graf von Thurn, fern geborner {mtgbe§ Böhme, aber Besitzer einiger Güter in diesem Königreiche, ®mfcrt hatte sich durch Eifer für die protestantische Religion und Mat-durch eine schwärmerische Anhänglichkeit an sem neues Vaterland des ganzen Vertrauens der Utraquisten be- «£1)urn_] mächtigt, welches ihm den Weg zu den gichtigsten Posten y bahnte. Seinen Degen hatte er gegen die Türken mit me- ^ lern Ruhme geführt; durch ein einschmeichelndes Betragen gewann er sich die Herzen der Menge. Gin heißer, ungestümer Kopf, der die Verwirrung liebte, weil seme Talente darin glänzten, unbesonnen und tolldreist genug, Dinge zu unternehmen, die eine kalte Klugheit und ein ruhigeres Blut nicht wagt; ungewiffenhaft genug,_ wenn es die Befriedigung seiner Leidenschaften galt, mit dem Schicksale von Tausenden zu spielen, und eben fein genug, eine Ration, wie damals die böhmische war, an seinem Gängelbande zu führen. Schon an den Unruhen unter Rudolfs Regierung hatte er den tätigsten Anteil genommen und der Majestätsbrief, den die Stände von diesem Kaiser erpreßten, war vorzüglich sein Verdienst. Der Hof hatte ihm als Burggrafen von Karlstein die böhmische Krone und die Freiheitsbriese des Königreichs zur Bewahrung anvertraut; aber etwas weit Wichtigeres sich selbst — hatte ihm die Nation mit der Stelle eines Defensors oder. Glaubensbeschützers ütiergebem Die Aristokraten, welche den Kaiser beherrschten, entrissen ihm unklug die Aufsicht über das Tote, um ihm den Einfluß auf das Lebendige zu lassen. Sie nahmen ihm die Burggrafenstelle, die ihn von der Hofgunst abhängig machte, um ihm die Augen über die Wichtigkeit der andern zu offnen, die ihm übrigblieb, und kränkten seine Eitelkeit, die doch feinen Ehrgeiz unschädlich machte. Von dieser

8. Teil 3 - S. 192

1913 - Leipzig : Freytag
192 zu schaffen; 1873 nahm er die Goldwhrung an und fhrte auf ihrer Grund-lge die Markrechnung ein. Damit verschwanden die Landesmnzen, und die Preuische Bank ging in der Reichsbank auf. der die Frage, ob die Mnzen das Bild des jeweiligen Herrschers des Staates, in dem sie geprgt waren, tragen sollten, entspann sich im Reichstage ein harter Streit. Es gab eine Richtung, die alles beseitigt wissen wollte, was auf die Einzelstaaten Bezug nahm. Sie drang jedoch nicht durch; so ist es gekommen, da die Mnzen die Bildnisse der Fürsten und den Reichsadler tragen. Abb. 54. Kaiserproklamation zu Versailles am 18. Januar 1871. (Gemlde von A. von Werner in der Ruhmeshalle in Berlin. Photographie aus dem Verlage der Photoarat'l,. Gesellschaft in Berlin.) b) Einheit des Rechtes. In dem politischen und wirtschaftlich geeinigten Deutschland war eine einheit-liche Gestaltung des Rechtes zur Notwendigkeit geworden. Es war nicht mglich, da man ein Vorgehen in Preußen anders bestrafte als in Bayern, in Hamburg oder in Bremen. Aus diesem Grunde kam ein einheitliches Strafgesetzbuch zustande. Mehr wollten anfangs die Einzelstaaten nicht zu-gestehen, allein die Zeit und das Volk drngten weiter. 1879 wurden drei Gesetze

9. Teil 3 - S. 198

1913 - Leipzig : Freytag
198 gegrndet, die spter zu der groen Sozialistischen Arb ei t erpart ei" (Sozialdemokraten) verschmolzen wurden. In Schriften, Zeitungen, Vortrgen und Reden wurden nun Knigtum, Vaterland und Religion mit Schmutz beworfen. Zugleich wurde den arbeitenden Klassen ein neuer Staat ausgemalt, in dem das Volk regieren solle, in dem die Kinder in gemeinsamen Husern erzogen wrden, und in dem es weder Reiche noch Arme, weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmers weder Herren noch Knechte, weder Fürsten noch Untertanen geben wrde. Die Verhetzung wurde sogar so weit getrieben, da zwei betrte Menschen, die der groen Arbeiterpartei angehrten, die Mordwaffen gegen den greisen, ehrwrdigen Kaiser Wilhelm richteten. Bei dem zweiten Mordversuche wurde der Herrscher Abb. 56. Eisenwalzwerk. Mach einem Gemlde von Adolf Menzel.) so schwer am Halse, Kopfe und an den Armen verwundet, da er blutberstrmt auf seinem Wagensitze zurcksank und sich in der Regierung mehrere Monate durch den Kronprinzen vertreten lassen mute. Ein Schrei der Entrstung ging durch ganz Deutschland, und das Volk fand es ganz richtig, da der Reichskanzler dem Reichstage eine Vorlage unterbreitete, wonach die gemeingefhrlichen Be-strebungen der Sozialdemokratie" mit Gewalt unterdrckt werden sollten. Die gewissenlosen Hetzer und Schreier sollten fhlen, da der Staat nicht von ihnen beseitigt werden knne. Das Sozialistengesetz verbot alle Vereine und Versammlungen, die das Ziel verfolgten, die Staats- und Gesellschaftsordnung zu untergraben; es verbot alle demokratischen Druckschriften und befahl, alle demo-kratischen Druckereien zu schlieen. Doch dabei blieb Bismarck nicht stehen; er wute, da der Staat die Pflicht habe, den berechtigten Klagen der Arbeiter abzuhelfen. Es galt, der Unsicherheit des

10. Teil 3 - S. 193

1913 - Leipzig : Freytag
193 genehmigt, die eine Einheitlichkeit des brgerlichen Gesetzbuches, des Prozeverfahrens und der Gerichtsverfassung verlangten. Als Schlustein der Gerichtsorganisation wurde das Reichsgericht ins Leben ge-rufen. Sein Sitz wurde jedoch nicht, wie Preußen wnschte, nach Berlin, son-dern nach Leipzig verlegt. Sein erster Prsident wurde Eduard Sintson. Nach langjhriger, emsiger und umsichtiger Arbeit wurde auch das Brgerliche Gesetz-buch fertiggestellt; es trat mit dem 1. Januar 1900 in Kraft. Damit hat Deutsch-lernt) in allen wesentlichen Dingen ein einheitliches Recht und mithin ein weiteres Band, das alle Stmme und Staaten umschlingt. c) Herstellung einer festen Grundlage fr das Reichsheer. Bei der Errichtung des Reiches schlssen die kleineren Staaten mit Preußen Vertrge ab, in denen bestimmt wurde, da ihre Truppen mit den preuischen vllig vereinigt wrden. Selbst Oldenburg und Baden verzichteten auf ihre militrische Selbstndigkeit. Wrttemberg und Sachsen dagegen behielten eine eigene Militrverwaltung; auch bekamen ihre Könige das Recht, die Offizierstellen selbst zu besetzen. Das bayrische Heer sollte einen selbstndigen Teil des deutschen Heeres fr sich bilden; doch wurde dem preuischen König als obersten Kriegs-Herrn des Reiches das Recht bewilligt, sich durch Besichtigungen zu berzeugen, da die bayrischen Truppen an Gliederung und Ausbildung den brigen deutschen Truppen nicht nachstehen. Durch die Einfhrung von Armee-Inspektionen suchte man eine gleichmige Ausbildung aller Truppen zu frdern. Um den Feinden des Reiches stets mit gengenden Krften entgegentreten zu knnen, wurde die Friedensstrke mehrmals erhht. Als Grundsatz wurde der Gedanke ausgesprochen, da im Frieden ein Prozent der Bevlkerung unter der Fahne dienen solle. Zur Vermehrung des Reichsheeres dient auch der Landsturm; zu ihm gehren alle Wehrfhigen von 1745 Jahren, die nicht als Soldaten gedient haben. Ihm ist die Verteidigung des Landes bertragen; mithin kann die ganze Landwehr im Falle eines Krieges sofort ausmarschieren. ) Preußen verstaatlicht sein Eisenbahnnetz. Zu Anfang der 80er Jahre suchte der Reichskanzler Fürst Bismarck auch das Eisenbahnwesen nach einheitlichen Vorschriften zu regeln und das ganze Eisenbahn-netz dem Reiche zu unterstellen. Allein der Gedanke fiel auf keinen guten Boden, er scheiterte an dem Widerstande der Mittelstaaten. Doch Bismarcks zhe Natur gab einen fruchtbaren Gedanken nicht sogleich aus. Deshalb bot er smtliche preuische Staatsbahnen dem Reiche zum Kaufe an. Die deutschen Regierungen lehnten aber ab; sie befrchteten, da einige Rechte der Einzelstaaten verloren gehen knnten. Nun tat Bismarck, was allein noch mglich war, er beschlo, die Ver-staatlichnng aller Eisenbahnen in Preußen durchzufhren. Das groe Werk gelang auch; 1891 hatte Preußen der 30 000 Icnr Staatsbahnen, von denen ungefhr 15 000 km aus Privatbesitz bernommen waren. 3. Das Kaiserreich als Hort des Friedens. Die Siege, die die deutsche Nation erfochten hatte, riefen in der slawischen Welt eine heftige Erregung hervor. Es entstand eine groe Partei, die die Idee D o n a t, Lehrbuch der Geschichte fr Mittelschulen. Iii. 13
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