4 Germanien und die Germanen.
Waffen: Speer, Schild und Schwert, die schönste Zierbe des Weibes Wohnweife. war ihr langes, golbgelbes Haar. Aus Lehmerde und Holz bauten sie ihre mit Stroh gebeckten und bunt bemalten Häuser, die sie gern inmitten des Grundbesitzes errichteten.1) Städte kannten sie nicht, und selbst ihre Dörfer ^) legten sie so weitschichtig an, daß Geistige niemand sich vom Nachbarn belästigt fühlte. Sie waren gastfreund-Ergenschasten. lich^ treu, von kriegerischem Mute, ausgeprägtem Rechtsgefühl und menschlich milder Sinnesart gegen Schwache und Untergebene. Sie neigten aber auch zu Würfelspiel und gaben sich gern, „auf der Bärenhaut liegend", dem Trunke hin. Im trunkenen Zustande fingen sie dann oft Streit an. Im ganzen jedoch zeigten sie sich als ein einfaches, unverdorbenes Naturvolk, bei welchem „gute Sitten mehr vermochten als anderswo gute Gesetze."
Stellung Ihre Sittenreinheit muß ganz besonders in ihrem Verhältnis
der Frauen zum weiblichen Geschlechte hervorgehoben werden. Kein Volk kam
Er-iehunq derben alten Deutschen in der Verehrung der Frauen gleich. Daher Kinder. 9°^ es auch keine Vielweiberei. „Sie sind fast die einzigen Barbaren," -jagt ein römischer Schriftsteller, „welche sich mit je einer Häusliches Frau begnügen." Die Frau führte im Hause die unumschränkte ^ und Oberherrschaft; sie gebot den Knechten und Mägden, sie pflegte und leben!'11 = er3°S die Kinder, sie besorgte die Arbeiten in Haus und Feld. In ihrer Gegenwart setzte sich niemand; alles schwieg, wenn sie das Wort ergriff. Man sah in der Frau etwas Höheres, Heiliges, und fast göttlich verehrte man biejentgen Frauen und Jungfrauen, beuen die Sehergabe verliehen war. „Weise Frauen" ober Alruuen3) hießen die berühmten Wahrsagerinnen, beren Rat namentlich in Kriegszeiten gesucht würde. Eine der bekanntesten war Veleba, die durch ihre Siegesweissagungen die niederrheinischen Stämme zur Tapferkeit und Einigkeit in ihrem Freiheitskampfe gegen die Römer (um das Jahr 70 n. Chr.) anfeuerte.
Die Ehe würde ganz befonbers heilig gehalten; äußerst selten würde sie gebrochen. Der Ehebruch würde aufs härteste bestraft.
L-cheibung kam nicht vor; bis in bert Tod hielt das Weib die Treue, die es gelobt. Bei manchen Stämmen bürste eine Witwe nicht wieber heiraten. „Wie es nur ein Leben gebe, so müsse es auch nur eine Ehe geben." Ehen bürsten nur zwischen Angehörigen des gleichen Staubes eingegangen werben. So bestaub bei den
Sachsen noch bis zum 9. Jahrhundert das Verbot der Eheschließung
*) Sieh: Lehmanns kulturgeschichtliche Bilder, Germanisches Gehöft.
2) Wiener Bilderbogen für Schule und Haus. Nr. 10. „Germanisches Dorf."
3) Rnna — Geheimnis; daher Alrune oder Alraune — Allwissende. Nach Einführung des Christentums wurden derartige Seherinnen später oft als „Hexen" verfolgt und verbrannt.
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219
ist dieses das Bilsenkraut, das als Arzneimittel sehr gute Dienste
leistet. Es wird, wie ihr sehet, eine Elle hoch, hat wollige, aus-
gezackte Blätter und schmutziggelbe, mit dunkleren Aederchen durch-
zogene Blüthen. Die ganze Pflanze sondert eine fettige, unangenehm
riechende Feuchtigkeit ab, weßhalb man sie nicht gern berühren mag.
„Dort sehe ich auch noch ein kleines Sträuchlein, das mir selbst
einmal einen bösen Streich spielte. Es ist der Seidelbast mit sei-.
nen ruthenförmigen Stämmchen und den rothen Beeren daran. Ihr
habt seine schönen, blaßrothen Blüthen wohl noch nie gesehen, denn
sie kommen schon im Februar und Merz zum Vorschein und riechen
so angenehm, wie eine Hyazinthe. Noch als Knabe gieng ich ein-
mal durch den Wald und brach ein schönblühendes Zweiglcin von
dieser Pflanze ab, um es zu betrachten und daran zu riechen. Ich
wollte es mit nach Hause nehmen, und weil ich nicht wußte, daß
die Pflanze giftig sei, nahm ich sie in den Mund. Bald aber war
es mir, als ob ich Pfeffer im Munde hätte; ich mußte beständig
ausspucken und merkte jetzt erst, daß das Brennen in meinem Munde
von dieser Pflanze herrühre. Ich warf sie sogleich weg, bekam
aber den ganzen Mund voll Blasen, die erst nach ein Paar Tagen
wieder heilten.
„Wir wollen nun den Rückweg antreten," fuhr der Vater fort.
„Dort unten aus den Wiesen werden wir wohl Gelegenheit finden,
noch mehrere Giftpflanzen kennen zu lernen."
22. Der Gifthahnenfuß und die Schierlinge.
Im Thale angekommen, schlug der Vater einen Fußweg ein,
der unsere kleine Reisegesellschaft über viele Wiesen führte. Hier riß
der Vater eine Pflanze aus und ließ sie von den Kindern genau
betrachten. Sie war etwa anderthalb Fuß hoch, hatte einen starken,
hohlen Stengel, und die Wurzel bestand aus vielen weißen Fasern.
Die Blätter waren dreilappig und umfaßten unten am Stamme
die Aeste, welche kleine, blaßgelbe Blüthen trugen. „Seht, Kinder,"
sagte der Vater, „das ist der Gifthahnenfuß, von dem es bei uns
mehrere Arten giebt, die theils auf Aeckern, theils auf Wiesen oder
in Sümpfen wachsen. Der Saft dieser Pflanze bringt auf der Haut
Blasen hervor und kann, innerlich genommen, tödtlich wirken.
„Hier treffen wir auch den gefleckten Schierling," sprach der
Vater, indem er auf eine etwa 3 Fuß hohe Pflanze mit einem
fingerdicken, hohlen Stängel zeigte, der mit braunrothen Flecken be-
sprengt war. Betrachtet die Blätter," fuhr er fort, „sie gleichen
der Petersilie und sehen aus, als ob sie aus vielen kleinern Blätt-
chen zusammengesetzt seien. Nun wollen wir auch noch die Wurzel
sehen," sagte er, indem er die Pflanze ausriß und den Kindern die
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240
Landschaft hin, und so weit das Auge reichte, so weit dehnte sich
auch das schöne Gemälde aus. „Ach, Vater!" rief endlich die kleine
neunjährige Sophie, „aber hier sieht man gewiß die ganze Welt!"
Vater: O nein, liebes Kind ! Zur ganzen Welt gehört gar
viel. Wenn man sagt: „die Welt", so versteht man darunter
Sonne, Mond und Sterne, nebst der Erde, auf der wir
wohnen.
Sophie: Die ganze Erde meinte ich.
Otto: Hier sieht man freilich viele Orte, aber ich glaube
doch nicht, daß dies die ganze Erde ist, denn dieses Land, das wir
hier sehen, könnte man ja in ein Paar Tagen durchreisen.
Vater: Da möchtest du dich doch wohl irren, denn bis an
jene blauen Berge hin, die wir fast ringsum sehen, hätten wir we-
nigstens 15 bis 20 Stunden zu gehen, und das gäbe denn schon
einen ziemlichen Umkreis. Was du hier siehst, ist nur ein Theil
unseres Vaterlandes, und auch unser Vaterland ist wieder nur
ein Theil von einem größern Lande, das man Deutschland nennt.
Franz: Ja, und auch Deutschland ist wieder nur ein nicht
gar großer Theil von Europa, das weiß ich von der Schule her.
Sophie: Aber Europa ist doch die ganze Erde!
Franz: Ei Gott bewahre! Die Erde ist noch viel größer.
Otto: Das ist doch erstaunlich!
Vater: Ja wohl! Europa ist nur Ein Erdtheil, wie es
im Ganzen fünf giebt. Franz wird uns sagen können, wie sie heißen.
Franz: Die fünf Erdtheile heißen: Europa, Asien, Afrika,
Amerika und Australien.
Vater: Nun seht, Kinder! in all' diesen Erdtheilen könnt ihr
eine Menge solcher Berge treffen, wie ihr hier auf einem stehet;
auf vielen derselben könntet ihr noch weit mehr Städte und Dörfer
sehen, als hier. Wenn ihr aber auch uach und nach tausend Berge
besteigen würdet, so hättet ihr noch lange nicht Alles gesehen, was
auf der Erde ist.
Auf diese Weise unterhielt sich die kleine Reisegesellschaft noch
lange, genoß dabei die herrliche Aussicht und trat endlich ganz ver-
gnügt die Rückreise an.
2. Verschiedenheit der Erdbewohner.
Auf dem Heimwege hatten die Kinder noch eine Menge Fragen
an den Vater zu richten, denn ihre Wißbegierde war einmal geweckt,
und darum forschten sie immer weiter. „Sage mir doch, lieber
Vater," sagte Sophie, „sind denn in andern Erdtheilen auch Men-
schen wie wir?
Vater: Allerdings, was die Gestalt betrifft, sind sich die
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47
sich die schönsten mit eigener Hand erzog. Darum sehnte sie sich
nach dem Frühlinge und daß der Winter vorüber gehen möchte.
2. Da sprach der Vater: „Siehe, Sophie, ich habe dir eine
Blumenzwiebel mitgebracht, du mußt sie dir aber selbst mit Sorgfalt
erziehen!"
3. „Wie vermöchte ich das, mein Vater," antwortete das
Mädchen. „Es ist ja Schnee draußen, und die Erde ist hart wie
Stein." — So redete sie, denn sie wußte nicht, daß man auch in
Scherben Blumen erziehen kann, und hatte es niemals gesehen.
4. Der Vater gab ihr ein Töpfchen mit Erde, und Sophie
that die Blumenzwiebel hinein. — Aber sie sah den Vater an und
lächelte, zweifelnd, ob er auch im Ernste geredet; denn sie meinte,
es müsse ein blauer Himmel über der Blume schweben und Früh-
lingslüftchen um sie her, und unter ihren Händen könne solche Herr-
lichkeit nicht gedeihen.
5. Nach einigen Tagen hob sich die Erde in dem Scherben;
grüne Blättchen trugen sie empor auf ihren Spitzen und kamen an
das Licht. Da frohlockte Sophie', klatschte in die Hände und ver-
kündete dem Vater und der Mutter und dem ganzen Hause die Ge-
burt des jungen Pflänzchens. Darauf benetzte Sophie die Pflanze
mit Wasser und lächelte mit Wohlgefallen auf sie hernieder.
Ü. Der Vater sah es an und sprach: „So recht, mein Kind!
Dem Regen und Thau muß der Sonnenschein folgen. Der Strahl
des freundlichen Auges giebt der Wohlthat, welche die Hand reicht,
ihren Werth. — Dein Pflänzchen wird wohl gedeihen, Sophie!"
7. Nun kamen die Blätter aus dem Schooße der Erde ganz
hervor und glänzten mit lieblichem Grün. Da ward Sophiens
Freude noch größer. „O," sagte sie, „ich will auch wohl zufrieden
seyn, wenn keine Blüthe kommt." „Genügsame Seele," sprach der
Vater, „dir wird mehr gegeben werden, als du zu hoffen wagst!"
Er zeigte ihr den Keim der Blume, der zwischen den Blättern ver-
borgen lag.
8. Sophiens Sorgfalt und Liebe wuchs mit jedem Tage, so
wie die Blume sich allmählich entfaltete. Mit vorsichtiger Hand
sprengte sie Wasser daraus und fragte, ob es genug oder zu viel
und ob es nicht wohl zu kalt seyn möchte. — Und wenn ein Son-
nenblick durch die Fenster kam, dann trug sie, leise wandelnd, die
Pflanze hinüber in den Sonnenschein, und ihr Odem hauchte den
Staub von den Blättern, so wie ein Morgenlüftchen die Rose um-
haucht.
9. Mit dem Gedanken an ihre Blume schlief Sophie am Abend
ein und erwachte mit ihm des Morgens. Mehrmals erblickte sie
auch im Traume ihre Hyazinthe in voller Blüthe, und wenn sie
dann am Morgen noch nicht blühte, und Sophie sich getäuscht sah,
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241
Menschen auf der ganzen Erde gleich; nur der Hautfarbe nach
und wohl auch .sonst in einiger Rücksicht sind sie verschieden. Franz!
kannst du uns vielleicht sagen, wie die verschiedenen Menschenstämme
aussehen?
Franz: Ja wohl, lieber Vater! Wir selbst gehören zum kau-
kasischen oder weißen Menschenstamm; in Asien haben die
Menschen eine gelbe, in Afrika eine schwarze, in Amerika
eine rothe und in Australien eine kupferbraune Hautfarbe.
Otto: Das muß kurios aussehen — rothe, schwarze,
- gelbe und braune Menschen.
Sophie: Solche Menschen würde ich fürchten.
V. Unsere Hautfarbe kommt ihnen gerade so auffallend vor,
als die ihrige uns.
O. Woher mag es wohl kommen, daß die Menschen nicht auf
der ganzen Erde. eine gleiche Hautfarbe haben?
V. Das kommt hauptsächlich von dem Unterschied der Wärme
und Kälte in den verschiedenen Erdgegenden her. In Afrika zum
Beispiel, welches in jener Richtung liegt, wo die «sonne am Mittag
steht, ist es fast das ganze Jahr unerträglich heiß, und daher sind
die Menschen dort ganz schwarz.
S. Bei uns werden die Menschen im Sommer auch fast schwarz.
V. Du hast Recht, Sophie! das kommt von der gleichen Ur-
sache, und wenn es bei uns das ganze Jahr so heiß wäre, wie im
Sommer, so würde' uns am Ende die dunkle Hautfarbe auch bleiben.
S. Da bin ich doch froh, daß es wieder Winter wird.
Unter solchen Gesprächen kam die kleine Gesellschaft nach Hause.
Der Vater gieng an seine Geschäfte und versprach den Kindern, auf
den Abend ein Mehreres von der Beschaffenheit der Erde zu erzählen.
3. Die Erdtheile.
Am Abend erinnerten die Kinder den Vater sogleich wieder an
sein Versprechen. Er- nahm darauf eine Kegelkugel und sprach:
„Seht, Kinder ! Die Erde hat eine ähnliche Gestalt, wie diese ^ugel,
und nun will ich euch zeigen, wie die großen Länder, die man Erd-
theile nennt, aus der Oberfläche dieser Kugel liegen.
Der Vater machte nun mit der Kreide einen Fleck auf die
Kugel und sagte: Dieser Fleck bedeutet den Erdtheil, in welchem
wir wohnen, nämlich Europa. Hierauf zeichnete er einen zweiten
Fleck, und Franz, der aufmerksam zusah und in der Schule schon
Manches aus der Erdbeschreibung gelernt hatte, rief sogleich: „Das
ist Asien, der größte Erdtheil!"
V. Du hast Recht! Weißt du aber auch, wo Asien von uns
aus liegt?
Reiser, der Volksschüler i. d. Oberklasse. 16
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Franz Otto Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Amerika Australien Afrika Europa Asien
189
Es war am 15. September des Jahrs 1831 ..als zwei Männer
von Sasbach bei Breisach in Baden des Abends in einem kleinen,
mit Holz beladenen Schifflein über den Rhein zurückfuhren. Das
Waffer war stürmisch, und der Wasserftand ungewöhnlich hoch. Da
schlug Plötzlich — mitten auf dem Strom — eine mächtige Welle über
das Schifflein, warf es um, und die beiden Männer fielen in den
Rhein. Doch waren sie so glücklich, wieder aufzutauchen und das
umgekehrte Fahrzeug so zu erfassen, daß sie sich daran festhalten konnten.
Unfern davon, rheinabwärts, am Fuße des in Trümmern liegen-
den Schlosses Limburg, wo die Rheiuüberfahrt sich befindet, hütete
Susanna Reisacher die Ziegen des Fahrwirths, ein zwölfjähriges
Mägdlein, die Tochter rechtschaffener, aber armer Leute, ein fleißi-
ges und sittsames Schulkind aus der nemlichen Gemeinde. Sie hörte
das Angstgeschrei der Unglücklichen, welche von den Wogen des ge-
waltigen Stromes mitten auf dem Thalweg desselben Herumgetrieben
wurden; sie rief um Hülfe, aber ihre Stimme verhallte; es war sonst
Niemand in derselben Gegend, als die Ehefrau des Fahrwirths
Magdalena Schneider. Das Herz des Mägdleins brannte; eiligst
holte sie zwei Ruder, gibt eines der Wirthin und fordert sie auf,
mit ihr auf dem Fahrtschiffe den in Todesnoth schwebenden Männern
zu Hülfe zu kommen. Die Wirthin zagt: sie seien beide des Fah-
rens unkundig, sie seien bei dem hohen stürmischen Rhein verloren. ^
— Susanna springt dem Fahrtschm zu, macht die Ketten los,» und
will das gefahrvolle Werk allein beruften. Aber wie sind die Arme
des Kindes so schwach! Es vermag nicht einmal, das Schiff vom
Ufer abzustoßen. Inständig bittet es die Wirthin darum. Diese
wendet Alles an, das kühne Mägdlein zurückzuhalten; aber verge-
bens. Da gibt die Wirthin dem Schiff einen Stoß, befiehlt das
Kind dem Schutze Gottes und eilt dem Dorfe zu, um Hülfe nach-
zusenden.
Schon waren dke beiden Männer, Georg und Martin Bitsch,
jener verheiratet, diejer ledig, an der Rheinfahrt vorbeigetrieben,
als das tapfere Kind, sich selbst vergessend, das Herz auf die Elenden
und den Herrn gerichtet, durch die surchrbare Strömung des Thal-
wegs bis mitten auf den Rhein sich Bahn machte W> mit Aufbie-
tung aller Kräfte das Ziel zu erreichen strebte. Bon einem Strahl
der Hoffnung durchdrungen, sahen die Verunglückten das Schiff mit
der kleinen Susanna nachkommen, und sie ermuthigten sich durch
gegenseitiges Zurufen.
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Extrahierte Personennamen: Susanna_Reisacher Magdalena_Schneider Susanna Georg Martin_Bitsch Susanna
354
zeuge gewesen im Plane der Vorsehung zur Veredlung der Menschen. Ein solcher
Entdecker war aiuch Christoph Columbus. E?. chwh-_ej.g e nt sich Colombo, und
war-um Jahr 1435 oder 1436 zu Genua in Italien geboren. Sein Vater war ein
rechtschaffener, aber armer Mann und ernährte sein Weib und seine vier Kinder
mit Wollekämmen. Dennoch sparte er, so weit seine Mittel reichten, nichts an der
Erziehung seiner Kleinen, und Christoph, sein ältester, durfte lesen und schreiben,
rechnen, zeichnen und malen lernen. Es war aber gleich etwas Besonderes mit dem
Knaben. Er machte seine Schularbeiten nicht nur, nm sie gemacht zu haben, wie
so Viele thun, aus denen weiter nichts als etwas Mittelmäßiges werden wird, son-
dern was unser Christoph angriff, darin wollte ers zur Vollkommenheit bringen.
Er schrieb eine so schone Hand, als wenn er zeitlebens gar nichts anderes als ein
Schreibmeister hätte werden sollen; und im Zeichnen erwarb er sich eine solche Fer-
tigkeit, daß er nur schon dadurch allein jederzeit hätte sein Brod verdienen können.
Die Eltern aber dachten: konnte er das lernen, so kann er auch noch mehr lernen,
und wer weiß? — und schickten ihn darum für einige Zeit aus die hohe Schule zu
Pavia. Hier lernte er tüchtig Latein und trieb besonders alle die Wissenschaften,
die einem künftigen Seemann nützlich sind, als Geometrie (Größenlehre), Erdbeschrei-
bung, Astrologie (wie man damals für Astronomie oder Sternkunde sagte) und
Schifffahrtskunde. Denn schon in seiner frühesten Kindheit hatte er, wenn er im
Hafen von Genua die Schiffe ankommen und abfahren sah, einen großen Trieb zum
Seeleben in sich verspürt und bei sich selber gedacht, er würde zeitlebens ein glücklicher
Mensch sein, wenn er nur einmal auch in das weite Meer hinaus fahren und
neue, seltsame Länder aufsuchen könnte. Dieser Trieb stund. je größer er ward,
desto fester in seinem Herzen, und in seinen spätern Lebensjahren noch, wenn er au
die großen Dinge, die durch ihn herbeigeführt worden, gedachte, so dachte er auch
mit einem feierlichen Gefühl an diesen Trieb seiner Kindheit zurück und konnte nicht
anders glauben, als daß ihn Gott selber in seine Seele gelegt habe.
Mit dem vierzehnten Jahr ging der junge Columbus zur See, und übte
seine Tüchtigkeit und stählte seine Gegenwart des Geistes in tausend kriegerischen
Abenteuern, wie sie in jenen Zeiten auf den Gewässern des mittelländischen Meers
fast unausgesetzt vorkamen.
Damals dachte man nun gerade viel darüber nach, auf welchem Wege mau
am bequemsten, sichersten und fchnellsten nach dem schönen Lande Ostindien im süd-
östlichen Asien kommen könnte, wo der Pfeffer wächst, Reis, Zimmt und das Zucker-
rohr, einem Lande reich an Gold und Edelsteinen. Columbus dackte auch darüber
nach und meinte: „Ostindien liegt weit, weit gegen Osten. Da nun die Erde eine
Kugel ist, so muß man ja auch dahin können, wenn man immer nach Westen fährt!"
So meinte Columbus, und er wäre nm sein Leben gern einmal nach Westen ge-
fahren; aber — er hatte keine Schiffe. Er theilte daher den Rathsherren seiner
Vaterstadt Genua seine Meinung und seinen Wunsch mit; aber die dachten: „Co-
lnmbns ist ein Narr!" und gaben ihm keine Schiffe. Schon vorher hatte er im
Königreich Portugal darum gebeten, aber vergebens. Nun ging er nach Spanien,
wo König Ferdinand gerade daran war, alle Muhammedaner oder Mauren aus sei-
nem Lande zu jagen. Anfangs hörte man auch nicht auf ihn. „Du Thor", sag-
ten die Mönche, „wenn du nach Westen segelst, gehts ja immer bergunter, weil die
Erde eine Kugel ist, wie willst du denn wieder zurückkehren und den Wasserberg
hiuaufschiffen können?" Königin Jsabclla war aber verständiger. I Als Columbus
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Extrahierte Personennamen: Christoph_Columbus Christoph Christoph Columbus Columbus Columbus Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Colombo Genua Italien Pavia Genua Ostindien Asien Genua Portugal Spanien
358
Knäblein lesen und schreiben, die zehn Gebote, den Kinderglauben, das Vater-
unser, neben der Sprachlehre und christlichen Gesängen, fein fleißig und schleu-
nig gelernet. Sein Vater hat ihn, da er noch gar klein gewesen, oft selbst in
die Schule getragen und dem Schulmeister vertrauet. Dieser muß auch gar
streng gewesen sein; Luther sagt: „Ich bin einmal Vormittags in der Schule
sünfzehnmal nach einander wacker gestrichen worden." — Hernach, da Marti-
nus in sein vierzehntes Jahr ging, hat ihn sein Vater gen Magdeburg in die
Schule gesandt, welche damals vor vielen andern weit berühmt war. Daselbst
ist dieser Knabe, wie manches ehrlichen und wohlhabenden Mannes Kind, nach
Brod gegangen und hat vor den Bürgerhäusern gesungen. Was groß soll
werden, muß klein angehen; und wenn die Kinder zärtlich und
herrlich erzogen werden, schadet es ihnen ihr Leben lang. —
Auf folgendes Jahr hat Martin, auf Befehl seiner Eltern, stch nach Eisenach
begeben, wo er seiner Mutter Freundschaft hatte. Als er daselbst nun eine
Zeit lang vor den Thüren sein Brod ersang, nahm ihn eine andächtige Frau,
Namens Cotta, an ihren Tisch, dieweil sie, um seines Singens und herzlichen
Gebetes willen in der Kirche, sehnliche Zuneigung zu ihm trug. „Darum
verachte mir nicht die Gesellen", sagte Luther später, „die vor den Thüren den !
Brodreigen singen; ich bin auch solcher gewesen und Habs vor den Häusern
genommen, sonderlich zu Eisenach, in meiner lieben Stadt; wie wohl mich her-
nach mein lieber Vater mit aller Liebe und Treue in der hohen Schule zu
Erfurt hielt und durch seinen sauern Schweiß und Arbeit dahin geholfen hat,
dahin ich kommen bin. Aber dennoch bin ich ein Singknabe gewesen und nun
dahin kommen, daß ich jetzt nicht wollt mit dem türkischen Kaiser tauschen, daß
ich sein Gut sollt haben und meiner Kunst entbehren. Ja, ich wollte der Welt
Gut, vielmal gehäuft, nicht dafür nehmen!" — In der Schule zu Eisenach
fand Luther einen Lehrer, Johannes Trebonius, der die Sprachlehre besser
lehrete, als sonst der Brauch war; und da Luther eines sehr guten Verstandes
und sonderlich geneigt zum Wohlreden gewesen, hat er alsbald angefangen, in
seinen Schriften alle Worte wohl zu setzen und ein Ding weitläustig zu han-
deln, und ist also in diesem Stück, und auch in lateinischen Versen zu schreiben,
seinen Gespielen bald weit überlegen gewesen. In freien Stunden übt er sich
im Drechseln, im Gesang und im Spielen aus der Flöte und der Laute. Da er
nun gemerkt hat, wie ein lieblich Ding es sei um die Lehre, hat er alsbald aus
brünstiger Begierde zum Lernen Lust zur hohen Schule bekommen, dieweil er-
hielt, daß aus derselbigen als aus einem Brunnquell alle Künste herflöfsm.
Im Jahr 1501 senden ihn seine lieben Eltern, nachdem er gegen vier Jahre in
Eisenach zugebracht, auf die hohe Schule zu Erfurt, welche damals in solchem
Ansehen war, daß alle andern dagegen für Schützeuschulen angesehen wurden.
Hier fängt Luther an, die Sprachen und Wissenschaften nebst den freien Künsten
mit großem Ernst und besonderem Fleiß gründlich zu studiren. Wiewohl er
von Natur ein hurtiger und fröhlicher Geselle war, fing er doch alle Morgen
sein Lernen mit herzlichem Gebet an; wie denn dies sein Sprichwort gewesen:
„fleißig gebetet ist über die Hälfte studirt." Er versäumt keine
Lektion, fragt gerne seine Lehrer und bespricht stch in aller Ehrerbietigkeit mit
ihnen. „Daneben", sagt Melanchthon, „liest er fleißig die vornehmsten alten
lateinischen Schriften, und zwar also, daß er nicht allein die Worte daraus
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Martin Namens_Cotta Luther Johannes_Trebonius Ernst Melanchthon
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darunter: „Was thust du für mich?" — Nach einiger Zeit fiel dies
der Wirthin auf, die davon so erschüttert wurde, daß sie in Thränen
ausbrach. Sie rief ihren Mann, und er ward auch sehr ergriffen.
Beide sanken auf ihre Kniee. Nach einer Weile erst konnten sie aus-
rufen: „Gott segne den, der uns dies zum Heile schrieb. Was wir
nie gethan haben, wollen wir nun thun!" Und nun gaben sie sich
knieend die Hände darauf, daß sie von nun an dem Herrn in rechter
Treue nachfolgen wollten. Ihr Hauswesen und Leben wurde von
nun an ein ganz anderes, und an der gesegneten Stelle knieten sie
täglich nieder.
Nach etlichen Jahren reiste der Graf wieder durch jene Gegend,
und richtete es ein, daß er vor demselben Hause abstieg. Gegen sein
Erwarten ward er schon durchs Fenster erkannt, und Mann und Frau
eilten ihm entgegen, bewillkommten ihn mit Thränen des Dankes,
nannten ihn Freund, Wohlthäter und Bruder. Als er sich dagegen
unwissend äußerte, führten sie ihn wie im Triumph ins Zimmer vor
das Crucifix mit der durch einen Glasrahmen wohlerhaltenen Schrift,
und ohne weiter ein Wort zu sagen, knieten sie im Augenblick rechts
und links neben ihn hin und dankten dem Heiland so herzlich für
ihre Seelenrettung, daß, als beide geendigt hatten, auch der Graf,
der gleich anfangs mit auf seine Kniee gesunken war, von Herzen
betete und der ewigen Liebe für diese Gnadenerfahrung dankte.
185. Die württembergische Tabea.
(t 1730.)
In der Apostelgeschichte (9, 36 ff.) wird von einer Jüngerin Jesu,
.'Namens Tabea, erzählt: sie war „voll guter Werke und Almosen, die sie
that". Württemberg hat auch seine Tabea; so hat man nemlich, mit
geringer Versetzung der Buchstaben in ihrem Vornamen, die durch ihre
ungeheuchelte und ausgezeichnete Frömmigkeit bekannte Be ata Sturm in
Stuttgart genannt, derer: Leben Konrad Rieger beschrieben hat.
Ihr Vater war ein angesehener Beamter zu Stuttgart, im Wort und
in den Wegen Gottes wohl erfahren. Ihre Eltern ermahnten sie nicht gar
viel mit Worten, aber deren Wandel war eine beständige Ermahnung; wie
denn auch bei Erziehung der Kinder^ mehr auf Erempel als viele Worte und
Vorstellungen zu halten ist.
Obgleich sie als Kind eine Zeit lang ganz blind war und immer blöde
Augen behielt, las sie doch die heilige Schrift etliche dreißig Mal durch und
hörte das Wort fieißig. So kam sie mehr und mehr zu einem tief gegrün-
deten evangelischen Glauben, dessen Gesundheit und Kraft sich in allerlei
Werken der Liebe kund gab.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Tabea Tabea Tabea Konrad_Rieger Konrad
Extrahierte Ortsnamen: Jesu Stuttgart Stuttgart Gottes