5
hiezu seine Einwilligung, und darauf machte sich Friedrich mit seinem
ganzen Hofstaate auf den Weg nach Königsberg, um sich dort,
in der Hauptstadt von Preussen, krönen zu lassen. Man kann sich
einen Begriff machen von den grossartigen Anstalten, die hiezu ge-
troffen waren, wenn man bedenkt, dass 30,000 Pferde erfordert wur-
den, um alle Wagen, die zum Transport von Personen, Geräthschaften,
Kleidern, Mundvorräthen u. dgl. nöthig waren, nach Königsberg zu
bringen, was zu Anfang des Jahres 1701 geschah.
Am 15. Januar verkündigten prächtig gekleidete Beamte unter
Pauken- und Trompetenschall auf den Strassen der Stadt, dass das
bisherige Herzogthum Preussen zum Königreich erhoben und der
Fürst desselben König in Preussen sei. Nachdem man Tags darauf
in allen Kirchen Gott um Segen für König und Volk angefleht hatte,
stiftete Friedrich den schwarzen Adlerorden, und am 18. Januar wurde
die Krönung gefeiert. Die Vornehmsten des Landes hatten sich in
dem Krönungssaale versammelt; Alle waren prächtig gekleidet. Um
9 Uhr trat Friedrich in den Saal, in einem mit Gold gestickten Ge-
wände von Scharlach, das mit Diamantknöpfen besetzt war, von wel-
chen jeder 3000 Dukaten kostete. Um seine Schultern hieng der
prachtvolle Königsmantel aus rothem Sammet, auf welchem überall
goldgestickte Kronen und Adler zu sehen waren. Drei grosse, un-
gemein kostbare Diamanten dienten als Knöpfe. Friedrich liess sich
auf dem hiezu errichteten Königsthron nieder, setzte sich die Krone
auf und nahm sodann das goldene Scepter in die rechte und den
Reichsapfel in die linke Hand, worauf ihm alle Anwesenden huldigten.
Nun holte man die Königin ab, welcher der König die Krone auf-
setzte, und als sie sich auf den Thron niedergelassen hatte, empfieng sie
ebenfalls die Huldigung. Darauf bewegte sich der glänzende Zug nach
der Schlosskirche. Der Weg dahin war ganz mit rothem Tuche be-
legt, und zu beiden Seiten standen Soldaten in doppelten Reihen.
Dichtgedrängt stand das Volk; alle Fenster und Dächer waren mit
Menschen besetzt, die mit lautem Jubel das Königspaar begrüssten.
In der Kirche fand unter Gebeten und Gesängen die feierliche Sal-
bung statt, worauf der Zug wieder in das Schloss zurückkehrte. Hier
wurde das Volk mit Braten und Wein bewirthet; man warf goldene
und silberne Münzen, die eigens zum Andenken an diesen Tag ge-
prägt worden waren, unter die jubelnde Menge, und ein grossartiges
Feuerwerk beschloss die Feier dieses merkwürdigen Tages.
So trat also am 18. Januar 1701 das Kurfürstenthum
Brandenburg unter dem Titel Königreich Preussen in die
Reihe der wirklichen Monarchien ein, und Friedrich Iii. als Kur-
fürst erscheint von nun an als Friedrich l., König von Preussen.
Unter seiner Regierung fielen das Fürstenthum Neuenburg und
einige andere Herrschaften in der Schweiz an Preussen. Friedrich
starb im Jahr 1713 und hinterliess den Thron seinem Sohne
Friedrich Wilhelm I., der in vielen Stücken das Gegentheil
seines Vaters war. Er hasste die kostspielige Pracht des Hofes, und
seine Sparsamkeit setzte ihn bald in den Stand, die Schulden, die
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_l. Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm_I. Friedrich Wilhelm_I.
und Frauenzimmern; noch später im elften und zwölften Jahrhundert
von Bothnang, Wahlheim, Beinstein, Asberg u. s. w.
Weitere Fortschritte machte der Weinbau unter den Hohenstaufen;
die Hofgüter waren, wie bei Karl, zugleich Musterwirthschaften, die
Weinberge Musterweinberge.
Barbarossa ließ in Schwaben Obst- und Weingärten anlegen
und sowohl er, als Friedrich U. beschützten die Weinberge durch strenge
Gesetze.
Allmählich wurde der Weinbau ein Hauptnahrungszweig für
Württemberg, und die Neckarweine, wie die württembergischen Weine
im Allgemeinen genannt wurden, erfreuten sich im fünfzehnten, sech-
zehnten und siebenzehnten Jahrhundert eines ganz besonderen Rufs.
Sie waren selbst am kaiserlichen .Hof in^Wien^ sehr^beliebt^Kaiser
Maximilian schrieb 1565 an den Herzog Christoph, daß sie von ihm
„gar unsers Munds und Trunks ausbündig gut befunden worden",
und wieder 1568, daß „er sich zu seinem eigenen Mundgetränke
immer keines andern als derselben gebrauche." Selbst die Gemahlin
Kaiser Ferdinands I., die doch eine ungarische Prinzessin war, schrieb
1527 an den württembergischen Statthalter in Stuttgart, daß sie den
Neckarwein dermaßen gewohnt, daß es ihr ganz „wider und schwär
wär, ander Wein zu trinkhen", und er sie daher wieder mit guten
Neckarweinen „in die Kindpeth" ^ersmn-Me.
Noch im achtzehnten Jahrhundert wurden auf Bestellung mehrere
Sendungen von Neckarwein nach England an den Herzog von Marl-
borough gemacht, der im Jahr 1704 mit dem Prinz Eugen von Sa-
voyen und Ludwig von Baden denselben im Lamm zu Großheppach
selber kennen gelernt hatte.
Auffallend ist, daß unter die vorzüglichen Gewächse auch Weine
von solchen Orten gezählt wurden, die eine weniger gute Lage hassen;
aber es waren rothe Weine, die aus Clevnertrauben daselbst erzeugt
wurden. Außerdem werden als die gewöhnlichen Rebsorten genannt:
die Traminer, Veltliner, Gutedel und Muskateller, also lauter edle
Sorten. Wie auf den Samen, so scheint auch auf die Bereitung
des Weins mehr Sorgfalt verwendet worden zu sein, als später.
Herzog Friedrich I. schickte dem Herzog Heinrich Julius von Braun-
schweig 1597 zwei Faß rothen Claretwein, in der Gegend von Stutt-
gart gewachsen und „uff Burgundi Art zugerichtet". #
-'"~S)er Weinbau hatte in Württemberg ehemals eine viel größere
Ausdehnung als gegenwärtig; es wurde in Gegenden Wein gebaut,
\
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Barbarossa Barbarossa Friedrich_U Friedrich Maximilian Maximilian Christoph Ferdinands_I. Eugen_von_Sa- Eugen Ludwig_von_Baden Ludwig Friedrich_I. Heinrich_Julius_von_Braun- Heinrich
490
I. n. Chr.
1819 Tod der Königin Katharina.
Einigung des Königs und der Stände über eine Verfassung; Beginn
der Landesvermessung; die Gemeinde Kornthal.
1820 Vermählung König Wilhelms mit der Herzogin Pauline von Würt-
temberg.
1821 Wilhelmskanal bei Heilbronn.
1822 Saline Wilhelmshall. Entdeckung des Steinsalzlagers bei Hall; Wil-
helmsglück. Salzausfuhr Württembergs statt der Salzeinfuhr.
1823 Geburt des Kronprinzen Karl von Württemberg.
Taubstummenanstalt zu Gmünd. Gesangvereine.
1824 Dampfboot auf dem Bodensee. Weinverbesserungsgesellschaft. Niedere
Getreidepreise. Verheerende Ueberschweinmung.
1825 Pfandgesetz.
1828 Zollverein mit Bayern. Allgemeine Gewerbeordnung.
Bisthum Rottenburg.
1830 Hagelversicherungs-Gesellschaft. Erste amerikanische oder Kunstmühle
zu Berg.
1832 Gewerbe- oder polytechnische Schule zu Stuttgart. Blindenasyl zu
Gmünd.
1834 Württemberg im deutschen Zollverein.
Irrenanstalt zu Winnenthal.
1836 Frohnablösungsgesetz. Volksschulgesetz.
1841 Jubelfeier der fünf und zwanzigjährigen Regierung König Wilhelms.
Die Befestigung Ulms begonnen. Flachsmaschinenspinnerei in Urach.
Heilbronner Neckardampfschiff.
1842 Kunstgebäude zu Stuttgart.
Neues Gesangbuch; neueö Kirchenbuch.
1843 Ackerbauschulen. Württembergischer Verein der Gustav-Adolpbsstif-
tung.
1845 Eisenbahnstrecke von Cannstatt bis Eßlingen.
Kartoffelkrankheit. ^
1846 Vermählung des Kronprinzen von Württemberg mir der Großfürstin
Olga, Tochter des Kaisers Nikolaus von Rußland.
1847 Unruhen wegen der hohen Preise der Lebensmittel.
1848 Wahl der Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung., in Fronkfuri.
Volksversammlungen. Bürgerwehren. Ruhestörungen.
Württembergische Truppen in Baden und in Schleswig-Holstein.
Centralstelle für Gewerbe und Handel.
%
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Extrahierte Personennamen: Katharina König_Wilhelms Wilhelms Pauline_von_Würt- Wilhelmshall Karl_von_Württemberg Karl König_Wilhelms Wilhelms Heilbronner_Neckardampfschiff Olga Nikolaus_von_Rußland Nikolaus
489
I. n. Chr.
1803 Ulm bayerisch. Württemberg ein Kurfürstenthum.
1805 Württembergische Truppen unter Napoleon gegen Oesterreich. Ueber-
gabe Ulms an die Franzosen.
1806 Württemberg ein Königreich; König Friedrich souverain. Vergröße-
rung Württembergs, besonders in Oberschwaben und im Hohenlohe-
schen, durch Secularisirung und Mediatistrung.
Aufhebung der alten Landesverfassung. Vereinigung,von Alt- und
Neu-Württemberg. Einziehung des Kirchenguts. Religionsedict:
Gleichberechtigung der drei christlichen Confessionen.
Militär -Conscription.
Württemberg im rheinischen Bund. Württembergische Truppen unter
Napoleon gegen Preußen.
1809 Württembergische Truppen unter Napoleon gegen Oesterreich.
1810 Vergrößerung Württembergs.
Ulm, Ravensburg, Tettnang, Buchhorn, Wangen, Geislingen, Crails-
heim u. a. württembergisch.
Abschaffung der Folter.
1811 Vorzüglicher Wein.
1812 Württembergische Truppen unter Napoleon gegen Rußland.
Württembergische Kunst- und Industrie-Ausstellung.
Gründung von Friedrichshafen. Württemb-'rgische Bibelgesellschaft.
1813 Württembergische Truppen bei Leipzig erst für, dann gegen Napoleon.
1814 Württembergische Truppen in Frankreich gegen Napoleon; Wilhelm,
Kronprinz von Württemberg.
18! 5 Württembergische Truppen mit der Okkupationsarmee drei Jahre lang
in Frankreich.
Landesversammlung, Verfassungsftreit.
1816 Tod König Friedrichs. Wilhelm, König von Württemberg. Königin
Katharina, Großfürstin von Rußland.
Mißwachs.
1817 Theurung; der Scheffel Dinkel bis 45 fl. Centralleitung des Wohlthätig-
keitsvereins; Sparkasse; Suppenanstalten.
Eintheilung des Landes in vier Kreise. Centralftelle des landwirth-
schaftlichen Vereins.
Secularfeier der Reformation.
1818 Oberaintsgerichte. Organisationsedict: Gemeinden und Oberamts-
korporationen. Land- und forstmirthschaftliches Institut zu Hohenheim.
Landwirrhschastliches Fest zu Cannstatt. Realschule zu Stuttgart.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Friedrich Friedrich Napoleon Napoleon Buchhorn Napoleon Napoleon Napoleon Wilhelm Friedrichs Wilhelm Katharina
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Oberschwaben Hohenlohe- Neu-Württemberg Oesterreich Ravensburg Tettnang Geislingen Friedrichshafen Leipzig Frankreich Württemberg Frankreich Friedrichs Württemberg Hohenheim Stuttgart
490
I. n. Chr.
1819 Tod der Königin Katharina.
Einigung des Königs und der Stände über eine Verfassung; Beginn
der Landesvermessung; die Gemeinde Kornthal.
1820 Vermählung König Wilhelms mit der Herzogin Pauline von Würt-
temberg.
1821 Wilhelmskanal bei Heilbronn.
1822 Saline Wilhelmshall. Entdeckung des Steinsalzlagers bet Hall; Wil-
helmsglück. Salzausführ Württembergs statt der Salzeinfuhr.
1823 Geburt des Kronprinzen Karl von Württemberg.
Taubstummenanstalt zu Gmünd. Gesangvereine.
1824 Dampfboot auf dem Bodensee. Weinverbesserungsgesellschast. Niedere
Getreidepreise. Verheerende Ueberschwemmung.
1825 Pfandgesetz.
1828 Zollverein mit Bayern. Allgemeine Gewerbeordnung.
Bisthum Rottenburg.
1830 Hagelversicherungs-Gesellschaft. Erste amerikanische oder Kunstmühle
zu Berg.
1832 Gewerbe- oder polytechnische Schule zu Stuttgart. Blindenasyl zu
Gmünd.
1831 Württemberg im deutschen Zollverein.
Irrenanstalt zu Winnenthal.
1836 Frohnablösungsgesetz. Volksschulgesetz.
1811 Jubelfeier der fünf und zwanzigjährigen Regierung König Wilhelms.
Die Befestigung Ulms begonnen. Flachsmaschinenspinnerei in Urach.
Heilbronner Neckardampfschiff.
1812 Kunstgebäude zu Stuttgart. »
Neues Gesangbuch; neues Kirchenbuch.-
1813 Ackerbauschulen. Württembergischer Verein der Gustav-Adolphsftif-
tung.
1815 Eisenbahnstrecke von Cannstatt bis Eßlingen.
Kartoffelkrankbeit.
1816 Vermählung des Kronprinzen von Württemberg mit der Großfürstin
Olga, Tochter des Kaisers Nikolaus von Rußland.
1817 Unruhen wegen der hohen Preise der Lebensmittel.
1818 Wahl der Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung in Frankfurt.
Volksversammlungen. Bürgerwehren. Ruhestörungen.
Württembergische Truppen in Baden und in Schleswig-Holstein.
Centralstelle für Gewerbe und Handel.
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Extrahierte Personennamen: Katharina König_Wilhelms Wilhelms Pauline_von_Würt- Karl_von_Württemberg Karl König_Wilhelms Wilhelms Olga Nikolaus_von_Rußland Nikolaus
36 Thomas Cranmer. Heinrichs Vermählung mit Anna Boleyn. Thomas Morus. Fisher.
Rom gesprochen und an allen Universitäten Europas Gutachten gesammelt und baburch des Königs Gunst und seine hohe Stellung gewonnen hatte. Cranmer war zuerst Laie gewesen und hatte erst nach dem Tode seiner Frau bte Weihe empfangen. Wiberrechtlich hatte er sich nun bei seinem Aufenthalt in Deutschland insgeheim zum zweitenmal vermählt. Seine neue Gemahlin, die Nichte des Reformators Osianber in Tübingen, war, in einem Faß versteckt, nach England gebracht worben. Dieser Schritt zeigt schon, daß Cranmer im Herzen viel weiter ging als der König, welcher sein Leben lang dem Zölibat der Geistlichkeit treu blieb.
Heinrich hatte sich dem ganzen Prozesse des geistlichen Gerichtes nur gleichsam ans Gefälligkeit gegen den Erzbischof unterworfen. Er betrachtete sich, seit er mit dem Papste gebrochen, als einen Souverän, der auf Erben keinen Obern hat. Von biefem Gesichtspunkte aus konnte er auch die Ehe mit Anna schließen, ehe das geistliche Gericht seine Ehe mit Katharina gelöst hatte. Er behauptete, mit dieser nie in Ehe, nur in Blutschanbe gelebt zu haben, er habe die Sache vor dem Gerichte seines eigenen Gewissens untersucht, welches erleuchtet und geleitet worben sei durch beit Geist Gottes, der die Herzen der Fürsten lenke. Am 25. Januar 1533 vermählte sich der König mit Anna Boleyn, aber nur in der Stille. Am 7. September, sieben Monate nach Abschließung der Ehe, gebar Anna als gekrönte Königin eine Prinzessin, die nach der Meinung der Anhänger der alten Kirche vor der Ehe erzeugt und in keinem Falle ehelich war, weil Anna nur als ein Kebsweib des Königs betrachtet werben mußte. Diese Prinzessin war Elisabeth.
Der Papst erklärte bte Ehe Heinrichs mit Katharina für rechtmäßig und gültig, das Verfahren wiber sie für ungerecht und befahl Heinrich nochmals, die rechtmäßige Gemahlin wieber zu sich zu nehmen. Aber der König appellierte an ein allgemeines Konzil und erlangte vom Parlament die Bestätigung alles beffen, was im Kirchenwesen geänbert worben war. Die ganze Macht des Papstes in England war nun förmlich aufgehoben. Nicht allein alle Beamte, alle Geistliche, auch Mönche und Nonnen mußten beschwören, daß der König ihr geistliches Oberhaupt sei und der Papst kein anberes Recht mehr in England habe als jeber auswärtige Bischof und daß die Ehe des Königs mit Anna die allein rechtmäßige fei und die einzig berechtigte Thronfolge begrünbe. Ein ungeheurer Umschwung warf alle bisherigen Überzeugungen um. Man hörte Cromwell bei jeber Gelegenheit die Pflicht des un-bebingten Gehorsams gegen den König lehren. Thomas Morus, ein allgepriesener gewissenhafter Mann, Wolseys Nachfolger in der Kanzlerwürbe, die er, obwohl Laie, bekleibete, gab sein hohes Amt auf; allein man ließ ihm keine Ruhe. Nicht genug, daß er die neue Thronfolge anerkannte, er sollte auch beschworen, daß die Ehe mit Katharina von Anfang au
ungültig gewesen sei. Das konnte und wollte er nicht. Thomas Morus mußte im Tower büßen. Nach einem Jahre Gefängnis bestieg er das Schafott in seinem alltäglichen härenen Gewanbe und mit der ihm eigenen wolkenlosen Heiterkeit des Scherzes. Als er zum Tobes-sireiche nieberfniete, hielt er den Bart und sagte zum Scharfrichter: „Mein Bart hat dem
König nichts zuleibe getan, den will ich in Sicherheit bringen." Auch der Bischof Fisher
von Rochefter büßte im höchsten Greisenalter das Bekenntnis seiner Überzeugung, daß der neue Suprematseib den Lehren der Kirche zuwiber sei, mit dem Tode. Man sah die Köpfe beiber Märtyrer auf der östlichen Brücke von Lonbou aufgesteckt.
Die gesamte geistliche Gerichtsbarkeit lag in der Hand Cromwells. Er führte den Titel eines Generalvikars. Schon balb leitete er die Annaten und Zehnten in die königliche Kaffe. Dem König gefiel es, auf biefem Wege munter fortzufahren, und auf einen Schlag würden zunächst 300 kleinere Klöster aufgehoben. Der beste Teil der Beute fiel dem König zu.
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Extrahierte Personennamen: Thomas_Cranmer Heinrichs Heinrichs Anna_Boleyn Thomas_Morus Fisher Cranmer Osianber Heinrich Heinrich Anna Katharina Anna_Boleyn Anna Anna Elisabeth Heinrichs Katharina Heinrich Heinrich Anna Cromwell Thomas_Morus Wolseys Katharina von_Anfang Thomas_Morus Fisher
von_Rochefter
Extrahierte Ortsnamen: Europas Deutschland England Gottes England England Cromwells
Napoleon versorgt seine Verwandten.
489
finden. Zudem ereignet es sich gegenwärtig, wo die geistlichen Würden nicht mehr mit so vielem Reichtum umgeben sind, wie dies früher der Fall war, wohl nicht mehr, daß Adelige, die bisher in der Armee als Offiziere gedient hatten, bei Erledigung fetter Pfründen die militärischen Farben und Zeichen ablegen, um sich mit denen eines Domherrn zu bekleiden, woher es denn auch manchmal kam, daß zwar auf dem Haupte der Helm der kostbaren Mitra, aber nicht auch ebenso im Herzen der soldatische Geist dem priesterlichen Sinne Platz machte. Man darf somit hoffen, in Zukunft zwar einen weniger reichen, aber einen desto erleuchteteren und frömmeren Klerus zu besitzen."
Ende des deutschen Reiches.
Acht Tage nach dem Preßbnrger Frieden verlieh Napoleon den Kurfürsten von Bayern und Württemberg die Königswürde. Letzterer erhielt zugleich einige vorderösterreichische Herrschaften in Schwaben. Die übrigen mit dem Breisgau, den der Herzog von Modena verlor, bekam der Kurfürst von Baden, der den Titel Großherzog annehmen mußte. Napoleon brauchte keine Kurfürsten mehr, die als solche noch vom deutschen Kaiser und Reich abhängig gewesen wären. Schon dadurch deutete er an, daß die deutsche Reichsverfaffuug nichts mehr für die von Frankreich abhängig gewordenen Fürsten bedeutete. Um die genannten deutschen Fürsten sich noch inniger zu verbinden, vermählte er seinen Stiefsohn Engen Beauharnais, Vizekönig von Italien, mit Augusta, Tochter des Königs von Bayern, seinen jüngsten Brnder Jerome, der eben erst von seiner nordamerikanischen Gattin Patterson geschieden war, mit Katharina, Tochter des Königs von Württemberg, und seine Stieftochter, Eugens Schwester,
Stephanie Beauharnais mit dem Erbprinzen Karl von Baden. Weil Salzburg an Bayern gekommen war, mußte Erzherzog Ferdinand von Toscana abermals weiter wandern und erhielt Würzburg.
Hierauf versorgte Napoleon seine Verwandten und Günstlinge mit neuerrichteten Reichen. Seinem Bruder Joseph gab er das Königreich Neapel, aus dem er die Königin Karoline vertrieb. Seinen Bruder Ludwig machte er zum König von Holland, indem er die ausgeplünderte batavische Republik, welche schon längst von Frankreich aus regiert worden war, einfach aufhob. Seinen Schwager Murat erhob er zum Großherzog von Berg, seinen ersten Adjutanten und treuen Kriegsgefährten Berthier zum Fürsten von Nenfchael, welches Preußen ihm abtrat. Endlich ließ er seinen Oheim, Kardinal Fesch, zum künftigen Nachfolger des Kurfürsten Dalberg in Regensburg ernennen, um ihm später die Würde des Hauptes der deutschen Kirche zu verleihen. Alle diese französischen Herren blieben Vasallen des Kaisers Napoleon und durch ein Familiengesetz seiner Oberherrschaft unterworfen. Alle
Kaiser Franz I. von Österreich.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Patterson Katharina Königs_von_Württemberg Eugens Eugens Stephanie_Beauharnais Karl_von_Baden Karl Ferdinand_von_Toscana Ferdinand Napoleon Joseph Ludwig Ludwig Berthier Napoleon Franz_I._von_Österreich Franz_I.
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Modena Baden Frankreich Italien Bayern Salzburg Würzburg Neapel Holland Frankreich Regensburg
Napoleon mit Josephine kirchlich getraut.
515
losigkeit und verheerende Leidenschaft sein." Man sieht, wie wenig er noch ahnte, was der Charakter einer Nation vermag. Davon sagten ihm seine Tabellen, seine Bureaus, sein Verstand und leider auch die bisherige Erfahrung freilich nichts.
Zu seinem vollen äußern Glücke schien dem Kaiser damals nur noch Eines zu fehlen, ein Leibeserbe zur Befestigung seiner Dynastie. Von Josephine hatte er, wie es schien, keine Nachkommen zu erwarten. Schon länger war über eine Scheidnng im Familienrat verhandelt, bei der warmen Liebe seiner Gemahlin zu ihm hatte sich mancher ernste Auftritt abgespielt. Umsonst erinnerte sie ihn an ihren schon adoptierten Sohn Eugene; sie zeigte ihm, wie übelberechnet sein Ehrgeiz sei, da er durchaus mit einer russischen oder österreichischen Prinzessin sich vermählen wollte, um mit den mächtigsten und ältesten Häusern sich zu verschwägern, wie unzufrieden die Nation über die Familienverbindung Ludwigs Xvi. mit Österreich
Kathedrale in Tarragona.
gewesen, das ihm nur so lange treu sein werde, als er glücklicher Herrscher sei. Josephine mußte sich endlich fügen. Seit dem Tage der Kaiserkrönung hatte sie in gültiger Ehe mit Napoleon gelebt. Damals hatte Josephine nach langem Überlegen und bangem Zaudern sich entschlossen, am Abend vor der Krönung zu Pius Vii. sich zu begeben. Unter einem Strom von Tränen eröffnete sie ihm, daß sie durch bloße Ziviltrauung mit Napoleon verbunden sei, da zur Zeit ihrer Vermählung die kirchliche Trauung untersagt gewesen. Der Papst erklärte ihr, er könne sie, nachdem er von dem Stande der Sache Kenntnis erhalten, zu seinem großen Bedauern unmöglich mit ihrem Gemahl feierlich krönen, wenn nicht vorher die kirchliche Trauung noch nachgeholt würde. Deshalb beauftragte Napoleon seinen Großalmosenier, Kardinal Fesch, mit der Vornahme der Trauung. Fesch begab sich zum Papste und erbat sich persönlich von ihm die Vollmacht und nahm in der Stille der folgenden Nacht in der Kapelle der Tuiterien in Anwesenheit Talleyrands und des Marschalls Berthier als
33*
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Josephine Josephine Ludwigs Josephine Napoleon Josephine Napoleon Napoleon
516
Vermählung Napoleons mit Maria Louise. Ludwig Bonaparte.
Zeugen die Trauung vor. Die Verbindung Napoleons mit Josephine war also von da an eine rechtmäßige.
Und nun warb Napoleon dennoch um die Hand der ältesten Tochter des Kaisers Franz I., Maria Louise, und der Kaiser sagte zu, obwohl mit schwerem Herzen. Am 11. März fand die Trauung durch Prokuration in Wien statt, und als die neue Kaiserin in Paris ankam, wo ihre Großtante auf dem Schafott geblutet, mußten ihr bei der Einsegnung durch den Kardinal Fesch fünf Königinnen die Schleppe tragen. Für seinen Stiefsohn Eugene bestimmte Napoleon das durch Hanau und Fulda bedeutend vergrößerte Großherzogtum Fraukfurt, weil eine Verbindung geistlicher und weltlicher Macht mit den Statuten des Reiches unverträglich sei; Fesch verlor Amt und Würde eines Koadjutors. Natürlich war
dies nur eine Vorbereitung zur völligen Einverleibung, wie sie Napoleon, seiner frühern Werfe und Worte spottend, jetzt auch mit Holland vornahm.
Napoleon hatte feinem edlen Bruder Ludwig, als er ihm Holland übergab, eingeschärft, daß nur das Ju-tereffe Frankreichs und seines Kaisers ihn leiten dürfe. Ludwig aber erkannte, daß die Vernichtung des
Handels zwischen Holland und Eng-
land den Lebensnerv des Staates durchschneide, und übte große Nachsicht. Dafür nahm ihm Napoleon am 16. März 1810 Brabant, Holland und Seeland und am 9. Juli das ganze Land. Ohnehin sei Holland mir eine Anschwemmung französischer Flüsse, Frankreich könne also das
Land zurücknehmen. Am 4. Juli 1810 wurde Amsterdam die dritte bedeutende Stadt des Reiches nach Paris Österreichischer Grenadier 1809. und Rom und wurde die National-
schuld von 90 Millionen eigenmächtig auf 30 herabgesetzt. Der Graf von St. Leu lebte fortan in Graz glücklicher, als der König von Holland in Haag gelebt hatte. In der Nähe der Stadt sah man ihn oft in einem der Mutter Gottes geweihten Kirchlein „Maria Grün", wo alles in der reizenden Einsamkeit des Waldes von Ruhe und Frieden zu ihm sprach. Er selber schildert die Schönheit des
Waldes und des einfachen Kirchleins in einem Gedichte, das noch auf einer Tafel in der
Nähe der Kirche steht.
Ein bisher noch besonders verwalteter Teil von Hannover wurde mit dem Königreich Westfalen verschmolzen. Aber auch da spottete Napoleon bald seines eigenen Werkes, indem er im Moniteur der Welt ein Dekret (vom 10. Dezember) zu lesen gab, daß die Hansestädte und die Länder zwischen der Nord- und Ostsee in einer vom Rhein zur Ems und Werra gezogenen Linie, also auch ein gutes Stück von Westfalen, mit Frankreich ver-
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Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Napoleons Wien Paris Hanau Fulda Holland Holland Frankreichs Holland Brabant Holland Seeland Holland Frankreich Paris Rom Graz Holland Hannover Westfalen Ostsee Rhein Westfalen Frankreich
Tod seiner Gemahlin. Italienische Reise.
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Kultus der Freundschaft, ein Charakterzng seiner Zeit, war ein tiefes Bedürfnis seiner Seele; er führte ihn in den Hainbund und begleitete ihn nach Eutin wie später nach Münster, er blieb ihm auch im höheren Mannes- und Greisenalter treu. Sein friedliches Glück wurde aber plötzlich gestört durch den unerwarteten Tod seiner geliebten Gemahlin Agnes. Nun ertrug er die Einsamkeit nicht mehr, indem er fühlte, „daß der bessere Teil seines Selbst von ihm gerissen". Er ergriff bereitwillig den Vorschlag seines Schwagers, als dänischer Gesandter nach Berlin zu gehen. Doch fühlte er sich hier nie heimisch, da ihm der gesellschaftliche Ton und die philosophischen Streitfragen keineswegs zusagten; die Freigeisterei und der Vernuustdünkel trieben ihn vielmehr an, sich in die Wahrheiten seiner christlichen Überzeugung zu vertiefen. In Berlin fand er seine zweite Gemahlin, Gräfin Sophie von Redern, welche seinen vier „Agneskindern" eine gute Mutter werden sollte. Im Jahre 1791 trat er wieder in die Dienste des Fürstbischofs von Lübeck und wurde Präsident der Regierung zu Eutin, jedoch mit einem vorausgehenden Urlaub von anderthalb Jahren zu einer Reise nach Italien, welche schon vorher beschlossen war.
Begleitet von seiner jungen Gemahlin, seinem ältesten Sohne Ernst und dessen Erzieher Nikolovius trat Stolberg im Sommer 1791 die italienische Reise an. Aus dem Tagebuche, das er darüber führte, entstand die später berühmt gewordene „Reise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Sizilien", das erste größere Profanwerk des Dichters, das zu seiner Zeit viel gelesen wurde. Deutschland wurde rasch durchflogen; doch wurden überall, wie es Stolbergs Freundschastsbedürsnis entsprach, die alten Freunde ausgesucht, neue Bekanntschaften angeknüpft, wie in Osnabrück mit Justus Möser. Von besonderer Bedeutung war der Ausenthalt in Münster. Der Besuch bei der Fürstin Galizyn und ihrem Kreise hinterließ in dem Reisenden die nachhaltigsten Eindrücke und dieser Aufenthalt legte den ersten Grund zu dem spätern engern Freundschaftsbündnis, das auf das innere und äußere Leben der ganzen gräflichen Familie von tiefem Einfluß blieb. Die Reife ging dann über Genf und den Mont Cenis nach Turin, Genua, Pavia, Florenz und am Weihnachtsabend fuhren sie durch das flaminische Tor in Rom ein.
Stolbergs erster Gang am Ehrifttag galt der Peterskirche; er war erschüttert von dem Eindrücke: „Niemals ergriff mich ein Werk von Menschenhand gemacht wie dieses." Die Persönlichkeit des 74jährigen Greifes auf dem Apostolischen Stuhle, Pius Vi., von dem er in Privataudienz empfangen wurde, erfüllte ihn mit großer Verehrung. Seine vorzügliche Aufmerksamkeit in Rom widmete der Dichter den Werken der Kunst alter und neuer Zeit. Den höchsten Naturgenuß gewährten ihm die Wunder des neapolitanischen Himmels; er strömt über in Worten des Entzückens über den Zauber „der hesperischen Gärten". Nachdem tue gräfliche Familie noch Sizilien besucht und den Ätna bestiegen hatte, brachte sie drei Wochen auf der Insel Jschia zu, die schönste, jedenfalls die lieblichste Zeit der ganzen Reise.
Bei all den mannigfachen günstigen Eindrücken und Anregungen, die er ans dem hesperischen Lande mit in die Heimat nahm, ist jedoch nirgends noch die Rede von einer religiösen Umstimmung, von einer bestimmten Hinneigung zur katholischen Kirche. Das Auge des Reisenden war auf das Schöne und Erhabene gerichtet, das sich in der herrlichen Natur und auf dem klassischen Boden seiner Lieblingsschriftsteller unmittelbar auftat und das er auch mit vollen Zügen in sich aufnahm. Es ist eine willkürliche Behauptung, wenn man sagt, der Glanz des römischen Ritus habe die Sinne des Reisenden bezaubert, im Halbtraum schmachtende Vorliebe für aristokratische Hierarchie in ihm geweckt. Stolberg war eine viel zu innerliche Natur und fein Glaubensgefühl zu tief gegründet, um durch den Schein von
Schöppner-König, Charakterbilder. Iii. 4. Aufl. oa
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Extrahierte Personennamen: Agnes Gräfin_Sophie_von_Redern Ernst Nikolovius Stolbergs_Freundschastsbedürsnis Justus_Möser
Extrahierte Ortsnamen: Eutin Berlin Berlin Eutin Italien Stolberg Deutschland Schweiz Italien Deutschland Osnabrück Genf Genua Pavia Florenz Rom Rom Sizilien Stolberg