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1. Heimatkunde der Provinz Hannover - S. 63

1910 - Hannover : Helwing
- 63 — Rechtspflege. Zum Zwecke der Rechtspflege bestehen in unserer Provinz 103 Amtsgerichte, 8 Landgerichte und 1 Oberlandesgericht. Die Amtsgerichte haben die Ausgabe, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten leichterer Art (Streitigkeiten über das Mein und Dein) zu untersuchen und zu entscheiden. Zur Untersuchung und Entscheidung der Vergehen leichterer Art (einfacher Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung) werden bei den Amtsgerichten Schöffengerichte gebildet, die aus einem Amts- richter und zwei Schöffen bestehen. Amtsgerichte befinden sich in den meisten größeren Orten. — Bürgerliche Streitigkeiten verwickelter Natur, sowie eine Reihe leichterer Vergehen werden von den Landgerichten unter- sucht und entschieden. Außerdem kann ein von dem Amtsgerichte Verurteilter das Landgericht anrufen. Für die Verhandlung von schweren Verbrechen (schwerer Diebstahl, Betrug im Rücksall, Totschlag, Mord) treten bei dem Landgericht Schwurgerichte zusammen, die aus drei Richtern und zwöls Geschworenen bestehen. Landgerichte befinden sich in Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Aurich, Göttiugen und Verden. — Das Oberlandesgericht entscheidet, wenn gegen das Endurteil eines Landgerichts Berufung eingelegt wird. Unser Oberlandesgericht ist in Celle; über diesem steht nur das deutsche Reichs- gericht iu Leipzig. Kirchenwesen. Die oberste geistliche Behörde für die evangelisch- lutherische Kirche unserer Proviuz ist das Königliche Landcskonsistorium in Hannover. In wichtigen Entscheidungen wirkt der Provinzial-Synodal- Ausschuß mit. Außerdem wird mindestens alle sechs Jahre die Provinzial- ^nn^de einberufen. Unter dem Landeskonsistorinm stehen die Königlichen Konsistorien zu Hannover und Aurich. Jeder Konsistorialbezirk ist zunächst in General-Superiutendenturen geteilt, diese wiederum in Inspektionen, an deren Spitze der Superintendent steht, der in dem Bezirks-Synodal- Ausschuß für wichtige Fälle eine mitwirkende Behörde hat. Außerdem tagt alljährlich oder alle zwei Jahre die Bezirkssynode. Die einzelne Kirchengemeinde wird von dem Geistlichen (Pastor, Prediger) geleitet, welcher den Kirchenvorstand zur Seite hat. Dem Konsistorium zu Aurich sind auch sämtliche reformierte Kirchengemeinden unserer Provinz unterstellt. Diese Behörde besteht deshalb aus lutherischen und reformierten Mit- gliedern. Die katholifchen Kirchengemeinden östlich der Weser stehen unter dem Bischof von Hildesheim, diejenigen westlich der Weser unter dem Bischof von Osnabrück. Schulwesen. Die Volksschulen eines jeden Regierungsbezirkes werden von der Königlichen Regierung geleitet. Die Schuleu eines kleineren Bezirkes, gewöhnlich eines oder mehrerer Kreise, beaufsichtigt der Kreisschulinspektor, d. i. iu deu meisten Fällen der Superintendent, die Schulen einer Kirchengemeinde der Ortsschulinspektor, d. i. in den meisten Fällen der Ortsgeistliche. Die Leitung des Volksschulwesens in einer einzelnen Gemeinde liegt dem Schulvorstande ob, welcher aus dein Ortsschulinspektor, dem (ersten) Lehrer und einigen Schnlvorstehern besteht, Jfa den Städteu sind jedoch auch andere Einrichtungen gestattet. j

2. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 73

1883 - Hannover : Helwing
Mittelalterliche Zustände. 73 der Wohnort des zu Ladenden unbekannt, so wurden vier schriftliche Ladungen aus- gefertigt und je eine an vier Orten des Landes, in welchem der Angeklagte vermutlich sich aushielt, aus Kreuzstraßen gegen Osten, Süden, Westen und Norden aufgesteckt. Der Geladene hatte sich an einem ihm bestimmten Orte einzufinden; hier empfing ihn ein Schöffe und führte ihn nach dem Freistuhle. Es wurde gegen den Angeklagten entschieden, wenn der Ankläger sein Wort beschwur und andere achtbare Männer die Ehrenhaftigkeit des Anklägers — nicht das Vergehen des Angeklagten — bezeugten. Be- kannte dieser, oder wurde er überführt, so sprachen die Schöffen das Urteil; war es die Todesstrafe, so wurde er gleich, meistens von dem jüngsten Schöffen, an den nächsten Baum gehängt. Gelindere Strafen waren Landesverweisung und Geldbuße. War der Angeklagte ein Schöffe, so verwandelte sich das offene Gericht in ein heimliches, d. h. es wurde allen Nichtwissenden bei Todesstrafe geboten, sich zu entfernen. Diese „heimliche Acht" fand auch statt,'wenn der Geladene nicht erschien. Die Vorladung wurde dann noch zweimal wiederholt; stellte er sich auch dann noch nicht, so galt er als schuldig und ward verfemt, d. i. in die Acht des Femgerichts erklärt. Daher der Name Femgericht. Dann ward der Name des Verurteilten in das Blutbuch geschrieben, und der also Verfemte war von jetzt an von unsichtbaren Handen ver- folgt. Keiner durfte das Urteil verraten; wer ihn warnte oder ihm Bei- stand leistete, ward selber vor den Freistuhl geladen. Jeder Wissende hatte die Pflicht, das Urteil zu vollstrecken; wo er des Verfemten habhaft werden konnte, im Hause oder auf der Straße, da stieß er ihn nieder oder henkte ihn. Zum Zeichen, daß der Getötete durch die Feme gefallen, ließ man ihm alles, was er hatte, und steckte ein Messer neben ihm in die Erde. Die Wissenden hatten sogar das Recht, einen auf handhaft er That ertappten Missethäter auf der Stelle niederzustoßen, wenn sie ihm nur nichts nahmen und die Femzeichen zurückließen. So war dieser Bund von vielen tausend Männern aus allen Stän- den und allen Gegenden Deutschlands ein starker Schutz für den Frieden im Reiche; mancher Bösewicht, der vielleicht durch Bestechung den Händen der Gerechtigkeit entgangen war, erhielt durch die Feme seinen verdienten Lohn, und Fürst und Ritter erbebten hinter ihren festen Mauern, wenn in stiller Nacht vor ihrem Thore der Ruf der Freischöffen erscholl. Selbst Kaiser Friedrich Iii. und sein Kanzler wurden zweimal vor den Freistuhl geladen. Aber bei der ungeheuren Zahl der Wissenden (im 13. und 14. Jahrhundert 100 000) konnte es nicht fehlen, daß Unwürdige auf- genommen wurden, welche die ihnen anvertraute Macht zur Befriedigung ihrer Leidenschaft und Rache mißbrauchten. Schon gegen das Ende des 15. Jahrhunderts wurden mehrfach Klagen gegen die'freigerichte erhoben; die Fürsten mochten eine solche Gewalt nicht neben sich dulden, und als nun überall eine bessere öffentliche Rechtspflege eingeführt wurde, erlosch die Macht der heimlichen Gerichte von selbst, ohne daß man das Ende derselben genau angeben könnte.

3. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 134

1883 - Hannover : Helwing
•134 Neue Geschichte. Virginien. ' Im Jahre 1600 bewilligte Elisabeth englischen Kauf- leuten das Recht des Alleinhandels nach Indien. Sie traten zu einer Gesellschaft, der sogenannten „englisch-ostindischen Kompanie," zusammen und wurden so die Veranlassung zur Unterwerfung Ostindiens unter die englische Herrschaft. Die Kompanie legte Festungen an, hielt ein stehendes Heer und schlug eigene Münzen; 1858 wurde die Herrschaft der Kompanie aufgehoben, und Indien fiel an die Krone Englands. o. Tod. Die letzten Jahre wurden der Königin durch mannigfachen Kummer verbittert; vor ihrem Ende verfiel sie in düsteren Trübsinn. Sie starb 1603 in ihrem 70. Lebensjahre, nach einer 45 jährigen Regierung. Zu ihrem Nachfolger hatte sie ihren Verwandten, den König Jacob Vi. von Schottland, den Sohn der unglücklichen Königin Maria Stuart, bestimmt. Da Irland schon seit 1172 zu England gehörte, so vereinigte der Nachfolger Elisabeths als Jacob !. England, Irland und Schottland und nannte sich „König von Großbritannien und Irland." »I. Der dreißigjährige Krieg; 1618—1648. 11 Zier böhmische Krieg; 1618-1621. u. Der böhmische Aufstand. Die beiden nächsten Nachfolger Karls V., Ferdinand 1. (1556—1564) und Maximilian Ii (1564—1576), gewährten den Protestanten Ruhe. Als aber Rudolf Ii. (1576—1612), ein Zögling der Jesuiten, zur Regierung kam, begannen die Unterdrückungen auf's neue. Unter seiner Regierung geschah es, daß die Bewohner der Stadt Donauwörth (nordwestlich von'augsburg) eine Prozession des letzten noch übrigen Klosters in der Stadt' störten. Der Kaiser sprach die Acht über die Stadt aus und übertrug die Ausführung derselben dem tüchtigen katholischen Herzoge Maximilian von Bayern. Als dieser nun die Stadt eroberte und zum Ersatz der Kriegskosten in seiner Gewalt behielt, traten die protestantischen Fürsten zusammen und bildeten die Union, ' 1608 an deren Spitze Friedrich Iv. von der Pfalz stand. Sie bestand meist aus Reformierten und stützte sich auf Frankreichs Schutz. Die übrigen protestantischen Fürsten (Kursachsen, Württemberg und andere) schlossen sich leider dieser Verbindung nicht an. Namentlich ihre Geistlichen warnten sie, „weil man nicht an gleichem Joch ziehen dürfe mit den Ungläu- bigen." (Calvinisten.) Schon im folgenden Jahre bildeten die süddeutschen katholischen Fürsten, unter ihnen viele geistliche, unter Maximilian von 1609 Bayern die Liga. In demselben Jahre erzwangen sich die Böhmen von dem Kaiser Rudolf die Religionsfreiheit. Sein Bruder Matthias hatte ihn nämlich mit Hülfe der'protestanten aus Östreich, Mähren und Ungarn vertrieben und ihm nur Böhmen gelassen. Matthias hatte den Protestanten für ihre Unterstützung Religionsfreiheit gewährt; gleiches Recht beanspruchten nun auch die 'böhmischen Protestanten von Rudolf, und dieser sicherte ihnen dasselbe in dem sogenannten Majestätsbriefe 1 1 Virgo — Jungfrau.

4. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 72

1883 - Hannover : Helwing
72 Mittl ere Geschichte. Durch furchtbare Marterwerkzeuge — Peitschenhiebe, Zusammenschnüren, Zusammenpressen und Ausrecken einzelner Glieder, Kneifen mit glühenden Zangen — suchte man das Geständnis von dem Angeklagten zu er- zwingen. Eine eigentümliche Erscheinung der mittelalterlichen Rechtspflege find die Femgerichte. Als nämlich die alte Gauverfassung sich allmählich auflöste und die Grafenwürde erblich wurde, verloren die Freien viel von ihren Rechten. In Westfalen aber, das meistens geistlichen Herren gehörte, behaupteten die Einwohner noch lange ihre Unmittelbarkeit unter Kaiser und Reich und ihr altgermanisches Gericht. Der Graf, welcher dem Gerichte vorsaß, war noch immer kaiserlicher Beamter; weil er über Freigebliebene richtete, nannte er sich Fr ei graf, die Schöffen hießen Freischöffen und der Gerichtsbezirk Freigrafschaft oder Freistuhl. Der oberste Freistuhl war zu Dortmund. Hier versammelten sich jährlich einmal alle Freigrafen, fanden neue Rechtsgrundsätze und ver- warfen oder bestätigten die Urteile der Freigerichte, wenn Berufung er- hoben war. Die Freigrafen erkannten nur den Kaiser über sich an und den Erzbischof von Köln, der als Herzog von Westfalen des Kaisers Stellvertreter und oberster Stuhlherr war. Die Freigerichte beschränkten sich indes nicht auf Westfalen, sondern als kaiserliche Gerichte hielten sie sich verpflichtet, überall Schutz und Recht zu schaffen, wo von dem ordentlichen Richter dies nicht geschah. Die Schöffen hatten unter sich eine heimliche Losung, durch die sie einander erkannten; daher hießen sie Wissende. Jeder Deutsche konnte Wissender werden, wenn er durch zwei Schöffen darthun konnte, daß er frei und ehelich geboren und untadeligen Rufes sei; aber nur in West- falen (auf roter Erde) konnte er aufgenommen werden. Bei dieser Aufnahme mußte er schwören: „Ich gelobe, die heilige Feme halten zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor Vater und Mutter, vor Schwester und Bruder, vor allem, was zwischen Himmel und Erde ist." Ein Freischöffe, der seinen Eid brach, wurde gehenkt. Zu den Ehren der Schöffen drängten sich Fürsten, Grasen, Ritter und Bürger: selbst Kaiser Sigismund wurde am Freistuhle zu Dortmund feierlich unter die Wissenden aufgenommen. Geistlichen war die Aufnahme nicht gestattet. Frei graf konnte nur ein Westfale sein. Die Sitzungen, Frei ding, fanden am Tage an den uralten Gerichtsstätten im Freien statt. Vor dem Grafen lagen ein blankes Schwert zur Eidesabnahme und ein aus Weiden geflochtener Strick zur Vollstreckung des Todesurteils. Jeder Freigraf und Schöffe konnte an dem Gerichte teilnehmen. Hatte jemand ein vor die Feme gehörendes Verbrechen begangen, so wurde er von einem Schöffen angeklagt; be- kräftigte dieser mit einem Eide die Wahrheit seiner Aussage, so ward der Angeklagte vorgeladen. Zwei Schöffen, auch wohl der Fronbote des Freistuhls, überbrachten den Ladebrief des Freigrafen, wenn sie kein sicheres Geleit hatten, heimlich und bei Nacht. Konnten sie den Beklagten nicht selbst treffen, so hefteten sie den Dorladungs- zettel an die Thür, wo der Geladene wohnte, schnitten aus derselben drei Späne als Wahrzeichen für den Freigrafen und schlugen dreimal gewaltig gegen dieselbe. War

5. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 133

1883 - Hannover : Helwing
Elisabeth, Königin von England. 133 sie auch manches von der äußeren Pracht und den Gebräuchen der katholischen Kirche beibehalten. b. Begründung der englischen Seemacht. Unter Elisabeth nahm Englands Seewesen und Schiffahrt einen bis dahin ungeahnten Aufschwung. Der Reichtum und Ruhm, welchen sich Portugiesen und Spanier in Indien und Amerika erworben hatten, lockten auch in Eng- land ruhmbegierige Männer auf die Bahnen, auf denen jene Helden ihre Schätze gesammelt und ihre Lorbeeren gepflückt hatten. Unter vielen anderen ist besonders Drake (spr. Dreek) berühmt, der 1586 die Kartoffel nach England brachte. Um' wegen der vielen Angriffe auf seine Besitzungen Rache zu neh- men, beschloß Philipp von Spanien, mit eiffem großen Schlage Englands Seemacht zu vernichten. Auch hatte ihn die Hülfe, welche Elisabeth den Holländern 1 geleistet hatte, in Wut gesetzt; dazu hielt er einen Zug gegen die englischen „Ketzer" für Gewissenssache. Eine Flotte von 130 Schiffen, 2600 Geschützen und 20 000 Mann auserlesener Truppen ward ausgerüstet; Philipp selbst nannte sie die „unüberwind- liche." Die Kosten der Ausrüstung wurden auf 180 Mill. Mark geschätzt. Bei dieser drohenden Gefahr zeigte sich Elisabeths Geist und Helden- mut im hellsten Lichte. Sie befestigte die Küsten, erinnerte ihre Unter- thanen an die äraurigen Zeiten, welche sie unter Philipp und Maria erlebt hatten, eilte selbst zu Pferde in das Lager und ermutigte die Truppen durch begeisterte Worte. Die ganze Nation beeiferte sich, ihr Beweise der Liebe und Aufopferung zu geben. London gab zweimal so viel als man begehrte, «so kam eine Flotte von 200 Schiffen zusammen, die es wegen ihrer besseren Bauart mit denen der spanischen „unüber- windlichen" Armada wohl aufnehmen konnten. Diese hatte auf ihrer ganzen Reise widrige Witterung. Auf der Höhe von England ward sie von den englischen Schnellseglern empfangen, gegen welche die unbeholfenen spanischen Schiffe nichts ausrichten konnten. Dazu hatten die Engländer günstigen Wind und geschicktere Matrosen. Fünf Gefechte verloren die Spanier; sie wagten nicht, durch den Kanal zurückzukehren, sondern segelten um Schottland, wobei die meisten Schiffe durch den Sturm verloren gingen. Viele Millionen waren also ganz umsonst verschleudert. Philipp nahm die Unglücksbotschaft scheinbar mit dem größten Gleichmute auf und sagte: „Ich habe die Flotte gegen Menschen, nicht gegen Stürme und Klippen geschickt." Dieser Sieg verschaffte der jungen englischen Flotte Selbstvertrauen und Ansehen. Die Engländer setzten die gewinnbringenden Angriffe gegen die spanischen Besitzungen jetzt noch kühner und offener fort als vorher. Neue Handelswege wurden gefunden, neue Handelsgesellschaften gestiftet. In N or d am eri kg gründete Waltherraleigh (spr. Rali) die erste englische Niederlassung und nannte sie nach seiner Königin 1 Die Niederlande hatten sich unter ihren Vorkämpfern Egmont, Horn und Wilhelm von Oranien gegen die Tyrannei Philipps Ii. erhoben und sich 1581 ganz fori Spanien losgejagt. Leider ging dies wichtige Küstenland auch für das deutsche Reich verloren.

6. Bd. 3 - S. 201

1793 - Hannover : Helwing
Die Geschichte nach Christi Geburt» 201 weil ihn der Aberglaube gerade in diesem Zeitraum aus- heckte: die Hegung der Gottesgerichte. Diese häßli- che Geburt einer falschen Gotteserkenntniß brachte unsag- lichen Jammer unter die Christen; denn die sogenannten Gottesrichter verurtheilten angeklagte Verbrecher, deren Anschttld nicht entschieden werden konnte, zu lebensge- fährlichen Unternehmungen. Man meynte nemlich, Gott beschütze und erhalte den Unschuldigen und straft dagegen den Verbrecher, beydes durch ein Wunder; da doch eigent- lich richterliche Klugheit, Weisheit und Geschicklichkeit das Mittel sind, Unschuld vom Verbrechen zu unterscheiden. Die gewöhnlichsten gefährlichen Proben, welche die Got- tesrichter einem Angeklagten ausiegten, waren die serprobe und die Feuerprobe. Jene bestand darin, daß man den Inquisiteti auf ein Bret band, ihn irr ein tiefes Wasser warf und ihn ft den Wellen überließ. Gieng er unter, ohne das Leben zu verlieren, ft erklärte man ihn für unschuldig. Die Feuerprobe bestand rn verschiedenem Arten. Entweder mußte der Angeschuldigte zwischen zwey enge an einander aufgerichteten brennenden Scheiter- haufen langsam durchgehen, oder er mußte einige Mmu- ten lang glühende eiserne Stäbe in den bloßen Händen halten, oder er mußte mit nackten Füßen auf glühendem Eisen stehen. Die Unverletztheit des Unglücklichen war der Beweis feiner Unschuld. Zur doppelten Schande des menschlichen Verstandes und Herzens wurden am meisten solche Menschen diesen Proben ausgesetzt, die der Zau- berer), des Wahrsageus und der Beschwörung angeklagt waren, also Verbrechen, die kein Mensch se begehen kann. Es mußten mithin lauter Unschuldige, worunter oft Knaben und Mädchen von Eurem Alter waren, sich diesen Gottesgerichten, die may besser Teufelsgerichte nen- nen könnte, unterwerfen, und ihr Leben unter peinlichen Martern aushauchen. Diese grausame Sitte erstreckte N 5 sich

7. Bd. 3 - S. 254

1793 - Hannover : Helwing
Die Weltgeschichte. 2s4 unter sich auch selbst der Groömeisterdes Ordens, Johann von Mulüy, befand, ohne sic verhört zu haben, un- menschlich foltern und dann lebendig verbrennen, der Pabst aber hob seiner Seits im Jahr 1312 den ganzen Orden in allen Ländern auf, obgleich unter vielen Millionen Menschen auch nicht ein einziger mit Grunde dem Orden etwas Schädliches nachsagen konnte, wohl ab-er Muth, Herzhaftigkeit und große, edle Thatcn zugestehn mußte. Au so ganz satanischen Wüterichen, lieben Leser, konnte also die Habsucht einen Pabst und einen König machen. Man erzählt, daß der Grosmeisier, als der Henker ihn zum Scheiterhaufen schleppte, laut ausgerusen habe: „er sterbe unschuldig, und erwerbe feine beyden unmensch- lichen Richter nächstens vor dem Throne des Weltrich- ters sprechen/'' So wenig auch diese zum Himmel drin- gende Wehklage des unglücklichen Mannes als ein Wei- ßagung angesehen werden konnte, so ist doch so viel gewiß, daß deyde der Pabst — Clemens 5. hieß er, und Philipp zwey Jahre darauf plötzlich starben. Einer von des letz- ter« nächsten Nachfolgern, Philipp 6, erneuerte den Krieg mit den Engländern; allein der Feldzug lief höchst unglücklich für ihn ab : denn der englische König, Eduard 3, brachte in der schon erwähnten Schlacht bcy Clecy der französischen Armee eine so fürchterlich-blutige Nieder- lage bey, daß 40,000 Franzosen auf dem Platze blieben und daß bald darauf Calais, einer der festesten Sees plätzc, in die Hände der Engländer fiel. Dagegen machte hoch Philipp nachher wiederum einige Eroberungen, vor- nemlich aber errang er die Provinz Dauphine, von welcher nachher der jedesmalige Kronprinz Dauphin ge- nannt wurde. Allein nach langen und blutigen Kriegen geriethen endlich die Franzosen unter ihrem König Carl 6 fast ganz unter die Bothmäßigkeit der Engländer. Die- ser Prinz war anfänglich so liebenswürdig und klug, alö die Frau-

8. Bd. 3 - S. 264

1793 - Hannover : Helwing
264 Die Weltgeschichte^ Da sich nun die Geistlichkeit und der hohe Adel weigsrten,' ihm die verlangte Hülfe zu leisten, dagegen aber die Ab- geordneten der Städte ihm Unterstützung wicderfahren lie- ßen; so gab er dem Parlamente die völlige Form, so daß die Bischöfe und der hohe Adel das Oberhaus, die De- putaten der Städte aber, nebst dem niedern Adel, das Unterhaus ausmachten. Unter der Regierung dieses Königs wurde auch das Fürstenthum Walls, das bis- her noch von Nachkömmlingen der alten brittlsthm Re- genten regiert worden war und sich die ganze Zeit über in Unabhängigkeit erhalten hatte, erobert. Von dieser Zeit an führt jedesmal der älteste Sohn eines englischen Kö- nigs den Titel Prinz von Walls. Auf diese Erobe- rung folgte bald darauf noch eine andere, denn auch Schottland wurde bezwungen. So erweiterte also die- ser König die Gränzen seines Reichs durch neue Länder und sorgte zugleich für die Freyheit seines Volkes du^ch weise Gesetze. Er starb im Jahr 1307, geliebt und hoch- geschätzt von der ganzen Nation. Diese Gesinnungen des Volkes erfuhr zwar anfänglich auch sein Sohn und Nachfolger, Eduard 2, aber sie grengen gar bald in Ver- achtung über; denn der zweyre Eduard war ganz das Gegentherl des ersten: schwach, unentschlossen und feige. Weil er nun dieser Fehler wegen Schottland wie- der verlohr, und sich in Walls eine Empörung zuzog, so wurde er abgesetzt und grausam ermordet: man stieß ihm ein glühendes Eisen in den After, so daß er unter den schrecklichsten Quaalen sterben mußte. Auf seinem Sohn, Eduard 3, rührte wiederum der Geist des Gros- vaters, und die Engländer hatten an ihm 50 Jahre lang einen König, der unter die ruhmwürdigsten gehört. Sein erstes Werk war die Bestrafung brr Mörder feines Vaters und die Wiedcroberung von Schottland. Als er hier Ruhe gestiftet hatte, rüstete er sich, die Helfershelfer zu

9. Bd. 3 - S. 266

1793 - Hannover : Helwing
\ 256 Die Weltgeschichte ken dieses Auftritts den Orden gestiftet und jene Wort« zum Wahlspruch deffkllben gemacht." Auf diese Festlich- keit folgte eine allgemeine Trauer; denn die schreckliche P die, wie ich Euch gesagt habe, in ganz Europa wü- thete, grassirte auch auf dieser Insel; und eben dies Un- glück bewog die Heyden kriegführenden Könige, einen Waffenstillstand zu schließen. Mein dieser dauerte nicht lange; denn Philipp von Frankreich starb und sein Nach- folger Joyünn erneuerte den Feldzug. Der schwarze Prinz gien'g ihm mit einem nur sehr kleinen, aber tapfe- ren Heer entgegen, erhielt einen vollkommnen Sieg und bekam sogar den König Johann gefangen. Bey diesem Glücke zeigte der.vortrefliche englische Prinz- daß er nicht bloö über Feinde, sondern selbst über Herzen zu siegen wisset denn statt sich gegen seinen königlichen Gefange- nen zu brüsten, erwies er ihm die tiefste Ehrerbietung erhob dessen in der Schlacht bewiesene Tapferkeit, veran- staltete ihm zu Ehren große Feyerlichkeiten und wartete ihm, als wäre er dessen Unterthan, bey Tafel auf.. Selbst die Feinde wurden über diesen Edelmu-th bis zu .Thranen gerührt und Johann gestand, daß /ihm von femar eige- nen Dienern nicht so viel Ehrerbietung erwcisert'werde, als ibm jetzt sein. Feind und Uebcrwinder erweise. Wahr- scheinlich wird mancher von Euch künftig einmal Gelegen- heit .habe, einer Schlacht beyzuwohnen. Wenn denn dieser oder jener unter Euch Groll, Haß, Stolz, Ue- bermuth oder gar Grausamkeit gegen Ueberwundene, oder Fliehende zeigen sollte, der denke an den schwarzen Pl'gzen» Nun hatte also Eduard zwey Könige in der .Gefangenschaft; — er ließ jedoch den erster« gegen ein an- sehnliches Löftgeld frey, mit Frankreich aber schloß er einen sehr-rühmlichen Frieden, in welchem er viele fran- zösische Besitzungen erhrelt. Vermöge dieses Friedens- schluffeö kehrte auch der gefangene Jvhñlm gegen Ver- sprechung

10. Bd. 3 - S. 267

1793 - Hannover : Helwing
Die Geschichte nach Christi Geburt. 267 Brechung eines Lösegeldes von drey Millionen Kronen nach Frankreich zurück. Als er aber bey seiner Ankunft fand, daß seine Großen Schwierigkeiten machte, den Vertrag mit England zu vollziehen, beschloß er, wieder in feine Gefangenschaft zurückzugehen. Seine Ruthe wider- nethen ihm zwar diesen Schritt als unpolitisch; aber er antwortete: „Wenn auch Gerechtigkeit und Treue überall von der Erde verbannt seyn sollten, so müssen sie doch noch in der Brust der Fürsten wohnen." Wirklich gieng er wieder nach England hinüber und bezog da seine alte Wohturng, ward aber bald darauf krank und starb. Als die Franzosen wieder zu Kräften gekommen waren, er- neuerten sie den Krieg gegen England. Der schwarze Prinz war, als sie den Feldzug: eröfnetcn, gerade krank, und stand auch nicht wieder von feinem Lager auf; denn erstarb, betrauert vor der ganzen Nation. Dieser Um- stand belebte den Muth der Franzosen so sehr, daß sie alle ihre vcrlohrnen Besitzungen, Calais ausgenommen, wieder eroberten. Bald darauf, im Jahr J377, starb auch Eduard Z, ein Regent, unter dessen weiser Regie- rung England zu einer bewundernswürdigen Größe emvor- stieg: er machte die Nation tapfer und geehrt, befestig- te die Staatsverfassung, beförderte Manufacturen und Handel und war so nach nicht nur der Beschützer, son- dern auch der Vater seines Volkes. Ihm folgte sein En- kel, der Sohn des schwarzen Prinzen, Richard 2, als ein Knabe von n Jahren. Des Vaters Ruhm und des Gro-vaterö Liebe hatten ihm die volle Zuneigung der Nation erworben, und seine eigene Jugend verschafte ihm Nachsicht. Allein eine Kopfsteuer, die er dem Volke auf- gelegt hatte, und die jede Person von 15 Jahren ohne Unterschied des Standes und Geschlechts in gleicher Sum- me zahlen mußte, brachte das Volk anfänglich zum Mur- ren, und bald daraufzu lauten Klagen; endlich aber wurde
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