80
Geschichte der neueren Zeit.
Ludwig Xiv. als Selbstherrscher.
§ 208. 93? a ja rin starb 1661 und hinterließ seinen Verwandten
ein fabelhaftes Vermögen, nach seinem Tode aber nahm der König die
Zügel der Herrschaft selbst in die Hand. Seinen Herrscherberuf beur-
kundete er durch die Wahl seiner Diener. Sein Finanzminifier Kol-
bert (1661—1683) gab dem Gewerbsteiße und Handel Frankreichs
einen großartigen Aufschwung und schaffte, ohne das Land mit
Steuern zu überbürden, die ungeheuren Summen bei, welche für die
vielen Kriege, die Bestechung der fremden Minister und Feldherren sowie
für den Aufwand des Hofes nothwendig waren. Der Kriegsminister Lou-
vois stellte dem Könige gut ausgerüstete und schlagfertige Heere zur
Verfügung, der Prinz Konde, der Marschall Turenne und Luxem-
burg gaben der französischen Kriegführung eine langdauernde Ueberle-
genheit, der Ingenieur Vauban versah Frankreich mit einem Gürtel
starker Festungen, und zugleich kämpften die Admirale Du Ouesne,
Tourville und Bart mit den Engländern und Holländern um die
Herrschaft der Meere.
Krieg gegen Spanien (1667—1668). Aachener Friedc (2. Mai 1668).
§ 209. Nach dem Tode Philipps Iv. von Spanien verlangte Lud-
wig im Namen seiner Gemahlin, einer spanischen Prinzessin, die Nie-
derlande als Erbe und eroberte fast ohne Schwertstreich die Franche-
komts und eine Reihe niederländischer Festungen, wurde aber durch
Die Triple- das holländisch-englisch-schwedische Bündniß zu dem Frieden von Aachen
allianz. bestimmt, welcher ihm nur ein Stück von Flandern mit den Städten
Charleroi, Ath, Oudenarde, Douay, Tournay und Lille
(Ryssel) ließ.
Krieg gegen Holland (1672).
§210. Holland war damals die erste Geldmacht und trotz eini-
ger Niederlagen durch die Engländer noch immer die erste Seemacht, daher
im Stande die Entwürfe Ludwigs Xkv. zu stören, wie es durch die
Tripleallianz bewiesen hatte. Die Folge davon war eine große Er-
bitterung Ludwigs gegen die Holländer, die er ohnedies als Republika-
ner haßte; er leitete jedoch alles mit größter Vorsicht ein, um sie desto
sicherer zu verderben. Als Bundesgenossen erkaufte er den englischen
König Karl Ii. mit mancher Million, um geringeren Preis den Erzbi-
schof von Köln und den Bischof von Münster; die meisten deutschen
Fürsten waren seine Pensionäre, selbst von den Räthen und Generalen
des Kaisers standen einzelne in seinem Solde. Daher konnte er 1670
den Herzog von Lothringen ohne Umstände verjagen und 1672 mit
einem Heere von 120,000 Mann über kölnischen Boden in Holland
einfallen.
§ 211. Hier hatten die aristokratischen Republikaner unter der
Führung der Brüder Johann und Kornelius de Witt über das
Haus Oranien, welches nach der Monarchie strebte, die Oberhand ge-
1667. wonnen und durch das sogenannte ewige Edikt die Statthalterwürde
für immer abgeschafft. Aber die Republikaner hatten für einen Land-
krieg wenig Vorsorge getroffen; die Festungen waren nicht im Ver-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Philipps Philipps Ludwigs Ludwigs Karl_Ii Karl Johann
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreich Spanien Spanien Aachen Douay Lille Holland Holland Entwürfe_Ludwigs_Xkv Lothringen Holland Haus_Oranien
142
Geschichte der neueren Zeit.
Preußen, gegen Riga, Schwarzenberg mit 50,000 Mann, meistens
Oesterreicher und Sachsen, gegen Podolien wandte. Schon bei dem
Einmärsche in Rußland verlor Napoleons Heer viele Mannschaft durch
Krankheiten; die zurückweichenden Russen zerstörten die Vorräthe, welche
sie nicht fortschaffen konnten, die Bevölkerung der Dörfer flüchtete in
die Wälder, so daß sich auf dem langen öden Wege ein banges Vorge-
fühl der Anführer und Soldaten bemächtigte. Erst bei Smolensk
leistete der russische Feldherr Barklay de Tolly ernsthaften Wider-
stand, ließ sich aber zu keiner Hauptschlacht zwingen (17. August). Endlich
bei Borodino, unweit Moskau, nahm Kutusow, dem Barklay den
Oberbefehl über die russische Armee hatte abtreten müssen, die Schlacht
an; sie war furchtbar und wurde von Napoleon nur mit ungeheuren
Opfern gewonnen (6. und 7. September). Kutusow wandte sich süd-
wärts nach Kaluga, Napoleon zog am 15. in Moskau ein, das aber
vom 15.—21. September in Flammen aufging, die auf Anordnung
des Gouverneurs , Fürst Ro stop sch in, angelegt wurden. Napoleon
hatte wie in seinen Feldzügen gegen Oesterreich und Preußen den Krieg
durch einen Stoß gegen das Herz des Feindes entscheiden wollen, der
Stoß war ihm gelungen, aber jetzt stand der Sieger inmitten des
weiten Rußlands, das ihm keine Hilfsquellen bot wie die deutschen
Länder, mehr als 200 Stunden von seiner Operationsbasis Polen ent-
fernt, mit einem täglich schwindenden Heere, das dem russischen schon
nicht mehr an Zahl gleich war.
§ 372. Er mußte sich zum Rückzug entschließen (19. Oktober),
welcher durch die am 6. November einbrechende Kälte, durch Mangel an
Kleidung und Nahrung, endlich durch die verfolgenden Russen dem
Reste des Heeres verderblich wurde. An der Be resina, einem Ne-
benflüsse des Dniepr, befand sich Napoleon zwischen dem verfolgenden
Heere Kutusows und einem andern, das von der türkischen Gränze her-
aufgezogen war; dennoch überschritt er mit nur 18,000 kampffertigen
Kriegern den Fluß auf zwei eilig hergefiellten Brücken bei Studienka
und schlug sich durch, wobei freilich die wehrlose Masse zu Grunde
ging oder den Russen in die Hände siel (26.—29. November). Die
Flucht ging ohne Ordnung weiter, er selbst eilte voraus (6. December)
und war in Frankreich (19. December), ehe nur in Deutschland die
entsetzliche Katastrophe in ihrem ganzen Umfange bekannt war. Keine
50,000 Mann erreichten Polen und fanden erst jenseits des Riemens
Ruhe, als die erschöpften Russen stille hielten.
Neuntes Kapitel.
Der Befreiungskrieg.
Preußens Erhebung (1813).
§ 373. Schwarzenberg führte seine Heeresabtheilung fast un-
gestört zurück, die preußische dagegen, welche unter General Jork vor
Riga mit Auszeichnung gefochten hatte, wurde von den Russen auf
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Barklay_de_Tolly August Borodino Kutusow Napoleon Kutusow Napoleon Napoleon Napoleon Jork
Extrahierte Ortsnamen: Riga Schwarzenberg Sachsen Napoleons Smolensk Moskau Kaluga Moskau Oesterreich Polen Studienka Frankreich Deutschland Riga
Das römische Kaiserreich.
183
§ 563. Die Stoiker schlossen sich äußerlich der Staatsreli-
gion an, deuteten sie aber nach ihrer Weise, während das gemeine
Volk seinen rohen Aberglauben beibehielt und den Kult fremder Götter,
z. B. der Isis und des Serapis, bei sich aufnahm, dem auch viele neuer Kulte,
vornehme Römer, besonders Frauen, eifrig huldigten, welche zugleich den
Astrologen und den vielerlei Wahrsagern, von welchen Rom wim-
melte, die meiste Beschäftigung gaben. Zu den alten Göttern gesellte
sich aber nach dem Untergange der Republik eine Reihe neuer, die
Cäsaren, welchen Namen alle Beherrscher des römischen Reiches
führten. Schon der ermordete Diktator Julius Cäsar erhielt göttliche
Ehre, dem Auguftus wurden bei Lebzeiten Tempel und Altäre errichtet,
und die gleichen Ehren erhielten die schlechtesten Kaiser; in solche Ernie-
drigung waren die stolzen Römer verfallen! In der That hatte der
vornehmste römische Adelige dem Kaiser gegenüber so wenig Recht als
der niedrigste Sklave, und wenn es auch wahr bleibt, daß unter dem
Kaiserthum die griechisch-römische Bildung sich über den
Westen der alten Welt auöbreitete, so ist es ebenso gewiß,
daß die römische Kraft mehr und mehr dahinschwand, daher erscheint
die Ausbreitung der Kultur durch die Römer im Westen wie einst durch
Alexander den Großen im Osten von der Vorsehung dazu bestimmt,
dem Samenkorne des Christenthums den Boden vorzube-
reiten.
Geburt Christi.
8 564. Unter Augufius wurde die Verheißpng erfüllt und der
Sohn Gottes geboren, den neuesten Berechnungen zufolge am
25. December des Jahres 747 nach Roms Erbauung, demnach sechs
Jahre früher als nach der allgemein angenommenen von dem römischen
Abte Dionysius Eriguus aus dem sechsten Jahrhundert herrührenden
Berechnung. Als Tiberius im 15. Jahre regierte, im Jahre der Stadt
782 am 15. April, starb Christus den Opfertod auf Golgatha und
gab dadurch der Menschheit ein neues Leben. Das Reich Gottes,
die christliche Kirche, wuchs ruhig aber schnell im ganzen Umfange des
römischen Weltreichs heran und selbst hinaus über dessen Gränzen.
Tiberius (14—37 n. Chr.).
§ 565. Diesem Stiefsohne des Augustus öffnete nach der Mei-
nung des Volkes seine Mutter Livia dadurch den Weg zur Herrschaft,
daß sie die Söhne des Agrippa und der Tochter des Augustus, Ju-
lia, durch Gift aus dem Wege räumte (einen dritten, der wegen sei-
ner Rohheit von Augustus auf die Insel Planasia verbannt wurde,
ließ Tiberius sogleich nach des Augustus Tod ermorden). Gleich Augu-
stus ließ er sich von dem Senate nur durch die inständigsten Bitten be-
wegen, die Zügel der Regierung zu ergreifen, wiederholte jedoch solches
Spiel nicht, sondern zeigte sich bald als strengen Herrn. Senat
und Volk waren ihm abgeneigt, obwohl sie seine Tüchtigkeit als Feld-
herr sowie die Sorgfalt, mit der er den Staatshaushalt führte und
über die öffentliche Sicherheit wachte, anerkennen mußten; er zeigte
nämlich den Vornehmen deutlich genug, daß er sie durchschaue und
ebenso sehr wie den Stadtpöbel verachte. Er gab sich auch nicht
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Extrahierte Personennamen: Julius_Cäsar Cäsar Alexander Alexander Dionysius_Eriguus Tiberius Christus Tiberius Augustus Augustus Augustus Tiberius Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Christi Gottes Roms Golgatha Gottes
192
Geschichte der alten Welt.
-alus die Römer an der untern Donau angriff, zog Domitian selbst
aus, hielt sich aber fern von den Schlachtfeldern, und als seine Feld-
herren mehr als eine Niederlage erlitten hatten, machte er Frieden und
bezahlte dem Barbaren unter dem Namen von Geschenken jährlichen
Tribut.
Dagegen wurde das heutige England und der südliche Theil
Schottlands unter Domitian römische Provinz. Seit Cäsar war
kein ernstlicher Angriff gegen die Insel gerichtet worden, bis Klaudius
durch seinen Feldherrn A. Plautius den südlichen Theil der Insel un-
terwerfen und sich selbst den Ehrennamen Britannikus ertheilen ließ;
Ostorius Skapula und Suetonius Paulinus setzten die Er-
oberungen fort und sicherten das römische Gebiet durch die Niederwer-
fung verzweifelter Aufstände. Vespasian sandte endlich den K. Julius
78 n. Chr. Agrikola nach Britannien; dieser steuerte den Erpressungen und Quä-
lereien der Beamten und Offiziere, ordnete Rechtspflege und Verwal-
tung, und bewies den Briten so viel Zutrauen und Achtung, daß sich die
Vornehmeren an die früher so verhaßten Römer anschloffen und sich und
ihre Familien eifrig zu romanisieren begannen.
8 587. Gleichzeitig vernichtete er die Aussicht auf eine nationale
Wiedererhcbung durch sechs Feldzüge, in welchen er alles Land bis an
die Meerbusen des Forth und Klyde unterwarf und den Kaledoniern
(Bergschotten) durch einen großen Schlag, den er ihnen am Fuße des
Grampiangebirges beibrachte, die Ueberlegenheit der römischen
Waffen zeigte. Agrikola unterstützte seine Unternehmung durch eine
Flotte, ließ Britannien umschiffen und bereitete eine Unternehmung
gegen Hibernia (Irland) vor, als er durch seinen mißtrauischen Ge-
85 n. Chr. bieter abberufen wurde.
M. Coccejus Nerva (96—98 n. Chr.). M. Ulpius Trajanus
(99—117 n. Chr.).
8 588. Die Mörder des Domitian riefen den alten Senator M.
Coccejus Nerva zum Kaiser aus, der Senat bestätigte ihn und die
Soldaten ließen ihn sich gefallen, wiewohl ungerne, daher er wohlweis-
lich den in Spanien gcbornen Traja n adoptierte, welcher ihm auch bald
nachfolgte. Trajan bewies sich als einen wahrhaft großen Monar-
chen; er achtete die Gesetze und die Behörden, sorgte für die Bildung
durch Stiftungen (z. B. einer großen öffentlichen Bibliothek), baute
Straßen, Kanäle, Häfen rc. Ueberdies war er ein Krieger wie I.
Cäsar und gab dem römischen Reiche seine größte Ausdehnung.
Das Zehcnt- § 589. Unter ihm wurden die Agri decumafes (die südwestliche
römisch. Ecke Deutschlands zwischen dem obern Rhein, der obern Donau und dem
Main) mit dem Reiche vereinigt und durch eine verschanzte Linie (limes
transrtienanus) gegen die Germanen geschützt. Diese Vergrößerung des
Reiches scheint auf friedlichem Wege geschehen zu sein, an der untern
Donau dagegen war sie die Folge eines großen Krieges, den er gegen
101—106 den)Dacier Decebal führte. Trajan setzte über die Donau und
schlug (unterhalb des sogenannten eisernen Thores) eine 3500 Schritte
lange Brücke über den gewaltigen Strom mit Brückenköpfen auf jedem
Ufer (bei der Stadt Czernetz sind bei niederem Wafferstande noch heute
Ueberreste sichtbar), verfolgte den Decebal durch Wälder und Sümpfe,
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Innere Zustände und Untergang der römischen Republik. 173
Cäsars Alleinherrschaft und Tod (44 v. Ehr.).
§ 533. Schon nach dem afrikanischen Kriege hatte sich Cäsar die
Diktatur auf zehn Jahre und eine Art Censur (praefectura
moruin) auf drei Jahre übertragen lassen, nach dem spanischen Triumphe
nahm er den Titel Imperator und Vater des Vaterlandes
an und erhielt alle Ehren eines Monarchen. Er wollte auch thatsäch-
lich eine monarchische Staatsordnung begründen: er reformierte die
Gerichte, verschärfte die Gesetze gegen die sogenannten Maje-
stätsverbrechen (Aufstand, Störung obrigkeitlicher Thätigkeit, Ueber-
schreitung amtlicher Befugniß, Verleitung der Soldaten zur Meuterei),
hob die politischen Vereine und Klubs in der Stadt auf, be-
schränkte den Luxus, bestimmte die Verwaltungszeit der präto-
rischen Provinzen auf ein Jahr, der prokonsularischen auf zwei, nahm
plebejische Familien in das Patriciat auf, verstärkte den Senat aus
900 Mitglieder und bereitete einen Beschluß vor, daß er außerhalb
Roms und Italiens „König" genannt würde, wie er in der That die
volle Macht der alten römischen Könige besaß. Er begann überdies
gewaltige Bauwerke, entwarf Pläne zur Bekriegung der Parther und
Germanen, wodurch er die Gränzen am Euphrat und Rhein zu sichern
gedachte, wurde aber am 15. März 44 in seinem 56. Altersjahre durch
verschworne Senatoren, an deren Spitze Kassius und Brutus
standen, in der Kuria mit 23 Dolchstichen ermordet.
Triumvirat des M. Antonius, Fepidus und Dktavianus.
§ 534. Die republikanische Partei hatte den Mord ausgesührt,
weil sie der Meinung war, mit Cäsars Beseitigung sei die Republik
wieder hergestellt, denn sie sah keinen andern Mann, der Cäsars Rolle
übernehmen konnte, sie bedachte jedoch nicht, daß das gemeine Volk in
Rom die Optimalen haßte und daß die Heere seit Sulla gewohnt
waren, keineswegs mehr dem Senate, sondern ihrem glücklichen Feld-
herrn zu folgen. Die Enttäuschung ließ nicht lange warten.
§ 535. Cäsars Feldherr M. Antonius entstammte durch seine
Leichenrede auf den großen Todten die Menge so sehr, daß sie die
Kuria stürmte und verbrannte und die Verschworenen zur Flucht nöthigte.
Anscheinend versöhnte sich Antonius mit dem Senate, Brutus und
Kassius entfernten sich nach Griechenland und Asien zur Verwaltung
ihrer Provinzen, Antonius versuchte aber sich Galliens zu bemäch-
tigen, wofür ihn der Senat auf Ciceros Antrag in die Acht erklärte.
Er wurde bei Mutina geschlagen, aber beide Konsuln sielen in der
Schlacht, worauf der junge Oktavian, Cäsars Schwesterenkel und Schlacht bei
Adoptivsohn, dem der Senat die Prätur verliehen hatte, den Ober- ^"^na 43.
befehl an sich riß und sich bald daraus mit Antonius und Lepidus,
der mit einem gallischen Heere in Oberitalien eingetroffen war, ver-Zweites Tri-
bündete; denn Oktavian sah wohl ein, daß der Erbe von Cäsars »mvirat.
Vermögen und Namen von dessen Todfeinden nichts Gutes zu erwar-
ten habe. Die drei Männer gelobten Cäsars Mörder zu strafen und
die Ordnung des Reichs wieder herzustellen. Sie rückten gegen Rom,
besetzten die Stadt ohne Widerstand, und ließen hierauf 300 Senato-
ren sowie 3000 Ritter umbringen und deren Güter einziehen (Cicero
ermordet 7. Dec. 43).
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Extrahierte Personennamen: Cäsars Cäsar Cäsar Brutus M._Antonius Antonius Cäsars Cäsars Sulla Cäsars Antonius Antonius Brutus Antonius Cäsars_Schwesterenkel Cäsars Antonius Cäsars Cäsars
Extrahierte Ortsnamen: Italiens Rhein Kuria Rom Griechenland Galliens Oberitalien Rom
Das römische Kaiserreich.
175
trafen sich beim Vorgebirge Akt» um am Eingänge des ambrakischen Schlacht bei
Meerbusens und fochten mit äußerster Anstrengung, als Kleopatra smuim*
mit den ägyptischen Schiffen floh und Antonius ihr wie toll bis
Alexandrien nacheilte. Seine Flotte mußte auf diese Weise unterliegen
und nachdem das Landheer sieben Tage umsonst auf seine Rückkehr ge-
wartet hatte, ging es zu Oktavian über.
Dieser suchte seinen ehemaligen Schwager und Freund in Aegypten
auf, der sich bald wehrlos sah und sich selbst tödtete; Kleopatra
ahmte sein Beispiel nach, als sie einsehen mußte, daß sie von Okta-
vian zur Hauptzier seines Triumphes in Rom bestimmt war.
Zehntes Kapitel.
Das römische Kaiserreich.
Kaiser Augustus (31 v. Ehr. bis 14 n. Ehr.).
§ 540. Oktavian machte Aegypten zur römischen Provinz,
ordnete die Angelegenheiten Kleinasiens und kehrte über Griechen-
land nach Rom zurück, wo er triumphierte und mit allen erdenklichen
Ehren überschüttet wurde. Er war jetzt Alleinherrscher des rörni-Die Monar--
schen Reichs, die Republik war zu Ende und doch durfte der neue ^>iemitrepn-
Cäsar diese Thatsache nicht aussprechen und den Königstitel annehmen, g0^'elnfd,cn
denn die Römer, der Adelige wie der Proletarier, waren gewohnt in
der Vertreibung des Königs Tarquinius und der Errichtung der Repu-
blik den Ausgang der Herrlichkeit des römischen Namenö zu feiern;
sie kannten auch keine andere Monarchie als die der asiatischen Sultane,
die vor ihren Augen schmählich untergegangene der Seleukiden und
Ptolemäer sowie die sogenannten Könige der Barbaren; mit asiatischen
Sklaven und libyschen oder nordischen Barbaren wollten sich aber die
Römer nicht zusammenstellen lassen. Rom und Republik galten als
untrennbar, daher mußte Oktavian die republikanischen Formen
bestehen lassen, nachdem er die Alleinherrschaft mit Waffengewalt errungen
hatte, und mußte sich den Schein geben, als betrachte er sich als das
von Volk und Senat gewählte Oberhaupt der Republik, mit der Auf-
gabe, die gestörte Ordnung in derselben wieder herzustellen, und in der
That wäre das Reich allen Schrecken des Bürgerkrieges wieder anheim-
gefallen, wenn Oktavian die Zügel aus der Hand gegeben hätte.
§ 541. Er ließ sich daher nur auf eine bestimmte Zeit wählen,
nach Ablauf derselben aber wieder erwählen und sich unter republikani-
schen Amtstiteln die unumschränkte Gewalt übertragen. Als Impe-
rator hatte er den unbeschränkten Oberbefehl über die Land- und
Seemacht, als Princeps Senatuö leitete er den Senat, als Kon-
sul erließ er die Edikte, als Censor ergänzte und reinigte er den
Senat und führte die Oberaufsicht über Vermögen und Sitten aller
Bürger, als Pontifex Maximus überwachte er das ganze Reli-
gionöwesen und hatte das römische Staatsorakel, die sibyllinischen Bücher,
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Extrahierte Personennamen: Antonius Augustus Oktavian Cäsar Princeps_Senatuö
Extrahierte Ortsnamen: Meerbusens Rom Kleinasiens Rom
176
Geschichte der alten Welt.
zu seiner Verfügung, als Volkstribun endlich war seine Person
für heilig und unverletzlich erklärt. Außerdem gab ihm der Senat den
Beinamen Vater des Vaterlandes, den auch Casar geführt hatte,
den noch bedeutsameren Augustus (der Erhabene, Heilige), und ließ'
den Monat Sertilis als August in den Kalender einzeichnen; man
setzte ihm Bildsäulen wie einem Gotte, errichtete ihm Altäre und Tempel.
8 542. Oktavian oder Augustus kannte übrigens den Werth
dieser Huldigungen ganz genau und wußte recht wohl, daß seine Gewalt
auf andern Unterlagen ruhe, als auf der Liebe und Verehrung des
Senates und Volkes. Unter den vornehmen Familien hatte er mit
seinen Kollegen im Triumvirate zwar sehr aufgeräumt, aber in den übrig
gebliebenen lebte dennoch der republikanische Geist fort (drei Ver-
schwörungen waren gegen das Leben des neuen Machthabers gerichtet),
daß derselbe sich jedoch nicht im Senate als Opposition geltend
mache, dafür sorgte Augustus durch Ergänzung und Reinigung des
Kollegiums, sowie durch großartige Unterstützungen, die er verarmten
senatorischen Geschlechtern zukommen ließ. Ueberdies gab er dem
Senate lange Ferien, sorgte dafür, daß die Sitzung, zu welcher nur
er berufen konnte, nicht über drei Tage dauerte, zog aber Ausschüsse
zur Berathung bei, wenn er es für gut fand. Der Senat war also
hauptsächlich im Dienste des Augustus, seine Autorität keine selbstständige.
§ 543. Dem gemeinen Volke ließ er die Komitien und damit
die Wahlen zu den hohen Staatsämtern, allein er traf Vorkehrungen, daß
sich kein ihm unangenehmer Kandidat meldete. Das Volk wurde übri-
gens von dem Machthaber vortrefflich entschädigt: über 200,000 Bür-
ger erhielten regelmäßig jeden Monat ihren Modiuö Getreide; außer-
dem ließ er manchmal Wein und Oel (das bei den Südländern zum
Braten unentbehrlich ist) und bei glücklichen Familienercignissen baares
Geld austheilen, bewirthete manchmal das ganze Volk an 20—30,000
Tischen, was ihn oder vielmehr den Staat Millionen kostete; vergaß
er doch selbst in seinem Testamente nicht, dem Volke eine hübsche Summe
zu vermachen. Ueberdies gab er häufige und glänzende Spiele aller
Art, bezeigte selber großes Gefallen an denselben, ließ Straßen und
Wasserleitungen bauen und verschönerte die Stadt so, daß er sagen
konnte, er habe die Ziegelsteine in Marmor verwandelt. Kein Wunder,
daß er sehr populär war und ihm das Volk nicht zürnte, wenn er das-
selbe für Frechheiten gelegentlich strenge zurecht wies.
§ 544. Augustus konnte sich so sehr auf seine Popularität ver-
lassen, daß er wenige Kohorten der Prätorianer, der 10,000 Mann
starken kaiserlichen Garde, in seine unmittelbare Nähe zog; der Anführer
derselben, derpraefectus Praetorio, erlangte auch erst nach Augustus die
einflußreichste Stellung im Reiche und die höchste Militärgewalt.
Ueber die Sicherheit der Stadt wachte der Praeleetub urbi (in unse-
rer Sprache der Stadtgouverneur), welcher nicht nur die höchste Poli-
zeigewalt hatte, sondern mit dem Senat die Kriminalgerichtsbarkeit
theilte und allmälig diese sowie die Civilgerichtsbarkeit in der Stadt
von sich abhängig machte.
Heerwesen. § 545. Die Hauptstütze der neuen Monarchie waren jedoch
die Soldaten, durch welche Cäsar und Augustus sie gegründet hatten.
Nach den Bürgerkriegen beschränkte Augustus die Landmacht auf
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Augustus August Augustus Augustus Augustus Augustus Augustus Cäsar Augustus Augustus
178
Geschichte der alten Welt.
Schwiegersöhne M. Vipsanius Agrippa, seinen Stiefsöhnen Li-
berias und Drusus; K. Cilnius Macenas, der als Beschützer
des Virgil und Horaz weltbekannt geworden ist, war des Kaisers Ver-
trauter, begleitete aber kein Amt.
Äriege unter Äugustus. Äie Rcichsgräryen.
§548. Augustus liebte den Krieg persönlich nicht, denn er war
kein Feldherr, und ebenso wenig glaubte er, daß Eroberungskriege dem
römischen Reiche von Nutzen wären; dagegen machte er große Anstren-
gungen, die noch unabhängigen Völkerschaften im Umfange der Provin-
zen zu unterwerfen und die Gränzen des Reiches für alle Zukunft zu
sichern, daher bezeichnete seine dreimalige Schließung des Janustem-
pels nur die kurzen Pausen, in welchen die römischen Waffen ruhten.
§ 549. Im Osten des Reichs hatte sich während der Bürgerkriege
die Macht der Parther für das römische Asien als sehr gefährlich
erwiesen, doch hatten sich die Sultane in Ktesiphon überzeugen müssen,
daß ein Kampf mit der durch Augustus vereinigten römischen Reichsmacht
keineswegs Aussicht auf einen glücklichen Erfolg habe. Daher verstän-
digte sich Phraates Iv. mit Augustus, gab die von Krassus verlorenen
römischen Feldzeichen zurück und ließ sich die Einsetzung eines armeni-
schen Königs gefallen; denn Armenien gedachte Augustus als neutrale
Mittelmacht zwischen dem römischen und parthischen Reiche hinzustellen,
und duldete es nicht, wenn sich eine parthische Partei des Thrones be-
5 v. Chr. mächtigte. Ueber Syrien hinaus wollte er die römische Gränze nicht
vorrücken, sie sollte durch den Euphrat und weiter südöstlich durch die
Wüste bezeichnet sein.
8 550. Größere Mühe hatte Augustus in Europa; zwar die
Kantabrer und Asturer im nördlichen Spanien mußten sich trotz
der hartnäckigsten Gegenwehr in ihren Gebirgen unterwerfen, wieder-
holte Aufstände der Aquitanier in Gallien wurden ohne Mühe nie-
dergeschlagen, die Salassier in den grafischen Alpen bezwungen und
der penninische Paß (große Bernhard) durch die Kolonie Augusta
Prätoria (Aosta) gesichert, dagegen die Völker am Rhein und an der
Donau, in den Alpen und in dem Hämus ließen sich nie vollständig
beruhigen. Aus den rhätischen und narischen Alpen geschahen
Raubzüge bis Oberitalien, daher galt die erste große Unternehmung
des Kaisers dem Alpengebirge, welches er mit Recht als den Wall
Italiens betrachtete, der den nordischen Barbaren entrissen werden müsse.
§ 551. Unter seinen kriegskundigcn Stiefsöhnen Tiberius und
Drusus (aus der klaudischen Familie der Neroncn) brachen zwei starke
Heere, das eine von Gallien und Helvetien, das andere von Italien
15—13 v. her in das Alpenland ein, überwältigten Rhätien (Graubünden,
Tyrol), Bindelicien (Oberschwaben und Oberbayern), Norikum
(Salzburg, Oesterreich, Steyermark, Kärnthen) und nach längerem
bis 8v.chr. Kampfe Pannonien (so ziemlich das Land zwischen Norikum, Donau,
und Save), so daß die Donau die nördliche Gränze des römischen
Reiches und bald auch der römischen Kultur bildete, seitdem die eroberten
Länder mit römischen Ansiedelungen bedeckt und mit römischen Straßen
durchzogen wurden.
§ 552. Unterdessen hatten auch die Operationen an der
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Extrahierte Personennamen: Agrippa Cilnius_Macenas Augustus Augustus Augustus Augustus Augustus Bernhard Tiberius
Das römische Kaiserreich.
177
25 Legionen, demnach auf etwa 200,000 Mann, welche jedoch durch
Kontingente verbündeter oder unterworfener Völkerschaften (z. B. der
Armenier, Kappadokier, arabischer und syrischer, gallischer, germanischer,
thrakischer Stämme) und durch Aushebungen leicht auf das Dop-
pelte verstärkt werden konnten. Das stärkste Heer, acht Legionen, lag am
Rhein, während vier Legionen zur Behauptung ganz Vorderasiens hin-
länglich schienen. Zur Zeit der Republik bestand der Kern des Heeres
aus Bürgern, die für einen Krieg durch die Konsuln unter die Waffen
gerufen und nach Beendigung desselben entlassen wurden; die Monarchie
bedurfte aber stehender Heere, die hauptsächlich durch Aushebung in den
Provinzen gebildet wurden.
§ 546. Der Kriegsdienst wurde allmälig ein Handwerk, das
jedoch in gewöhnlicher Zeit nicht besonders einträglich war; denn der
gemeine Soldat erhielt bei einer Dienstzeit von 20 Zähren täglich
2/3 Denar, der Prätorianer bei einer Dienstzeit von 16 Zähren 2 De-
nare täglichen Sold; nach vollendeter Dienstzeit empfing der eine 1140,
der andere 700 Thlr. Geschenk statt der während den Bürgerkriegen
üblichen Ackervertheilung. Uebrigens konnte der Soldat auf mancherlei
rechnen: Beute, Geschenke des Kaisers bei freudigen Familienereignissen
und bei der Thronbesteigung.
8 547. Ztalien war mit der Monarchie zufrieden, denn die
letzten Zeiten der Republik hatten sich nur durch Unruhen, Bürgerkriege,
Verwüstungen und Ackervertheilungen unvergeßlich gemacht, gegen deren
Wiederkehr die Monarchie Sicherheit zu gewähren schien; die Pro-
vinzen ertrugen die Erhöhung der Steuern, welche der größere Auf-
wand der Monarchie nothwendig machte, sehr willig, denn die Statt-
halter der Provinzen (die Prokonsuln und Proprätoren, in kleineren
die Prokuratoren) erhielten von Augustus einen zureichenden Gehalt
aus dem Staatsschätze, waren also nicht ausschließlich aus die
Provinz angewiesen und konnten nicht so ungescheut Erpressungen bege-
hen, wie zur Zeit der Republik, wo sie ziemlich sicher waren, daß jede
Klage gegen sie in Rom abgewiesen wurde. Ueberdies hob sich bei der
Ruhe, welche die Alleinherrschaft Ztalien und den Provinzen gab, der
allgemeine Wohlstand auf eine fast wunderbare Weise; der Kaiser er-
frischte heruntergekommene Städte in Italien durch Kolonisten, legte
überdies viele neue Städte in den Provinzen an (manche trugen von
ihm den Namen August«), gab ihnen die Freiheiten der Municipien
und Kolonien, baute Straßen und sorgte für deren Sicherheit, sowie er
den Gränzprovinzen gegen die Einfälle barbarischer Völker nachhaltigen
Schutz gewährte. Seit Augustus machte die Romanisierung der Pro-
vinzen rasche Fortschritte, die Zahl der römischen Bürger in den
Provinzen wurde immer größer, wodurch die ehemals fremden Länder
erst eigentliche römische wurden.
Von den römischen Bürgern (der letzte Census unter Augustus er-
gab über 4 Millionen) konnten sich demnach nur die vornehmen Familien
ungehörigen, die Nobiles, beeinträchtigt glauben, indem ihnen der Weg
zur höchsten Stelle im Reiche versperrt war, der Kaiser überhaupt keinen
eine besonders hervorragende Rolle spielen ließ, sondern die wichtigsten
Geschäfte entweder persönlich übernahm oder sie, wie z. B. die noth-
wendigen Kriege, den Angehörigen seines Hauses übertrug, seinem
Bumüller, Wcltg. jo
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Augustus Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Vorderasiens Rom Italien
88
Die Römer von Romnlns bis Augustn.s.
lische Bundesgenossen vertheilt, welche diesen Grundbesitz weder verkau-
fen noch verpachten dürfen und jährlich eine mäßige Steuer entrichten.
Der Gesetzesvorschlag wurde in den Comitien angenommen, allein die
meisten großen Grundbesitzer, zu denen die Senatoren gehörten, legten der
Ausführung des Gesetzes alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg, und
es gab auch unparteiische Staatsmänner genug, welche sich gegen das
Gesetz aussprachen; sie behaupteten, es sei nicht ausführbar, weil in vielen
Füllen nicht mehr nachgewiesen werden könne, ob ein Grundstück ursprüng-
lich einer Familie oder dem Staate angehört habe; ferner würden viele
Familien, die sich um die Republik die größten Verdienste erworben hät-
ten, durch das Ackergesetz in ihrem Vermögen schwer geschädigt, denn 500
Morgen Landes gewähren fein Einkommen, mit welchem eine senatorische
Familie bestehen könne; in den alten Zeiten der Republik sei dies möglich
gewesen, jetzt aber nicht mehr, darum würden durch das Ackergesetz die
edeln Familien ruiniert werden. Gracchus wurde durch den Widerstand
gegen sein Gesetz erbittert und erlaubte sich ungesetzliche Maßregeln,
es kam zu Aufläufen in der Stadt und die rücksichtslosere Partei der
Vornehmen erschlug den Tiberius Gracchus mit 300 seiner Anhänger;
ihre Leichen wurden in die Tiber geworfen, wie es bei Hingerichteten Ver-
brechern üblich war.
Es dauerte aber nicht lange, so erhielt die Volkspartei in dem C.
Gracchus, dem jüngeren Bruder des Tiberius, einen kühnen Anführer,
der nicht allein die Durchführung des Ackergesetzes unternahm, sondern auch
Anträge stellte, durch welche die Verfassung der Republik we-
sentliche Aenderungen erlitten hätte. Der Parteikampf wurde immer
heftiger und Casus endete wie sein Bruder Tiberius; überdies wur-
den nach der Niederlage in dem Straßenkampfe die Anhänger des Volks-
tribunen so hart verfolgt, daß die Zahl der in den Gefängnissen Hinge-
richteten auf 3000 gestiegen sein soll.
Die Vornehmen (nobiles, gewöhnlicher optimates genannt) besei-
tigten das Ackergesetz gänzlich, indem sie den Grundbesitz als untheil-
bar erklären ließen; später kam es auch nie mehr zur Sprache. Das g e-
meiue Volk behielt jedoch die Gracchen in gutem Angedenken und so-
bald sich wieder ein Führer au feilte Spitze stellte, machte es seiner Ab-
neigung gegen die Optimaten Lust. Es waltete ein unnatür-
liches Verhältniß in diesen Zeiten der römischen Republik ob:
in der Stadt eine ungeheure, meistens arme Volksmasse, in Italien ein
großer Theil der Landbevölkerung aus Sklaven bestehend, die den vor-
nehmen römischen Familien angehörten, deren Anzahl aus 2000
berechnet wird; diese hatten nicht nur den größten und besten Theil des
Grund und Bodens inne, sondern waren auch fast im ausschließlichen
Besitze der Staatsümter. Diese wurden allerdings durch die Volkswühler
in den Centuriatcomitien besetzt, aber wie sollte ein armer Bürger empor-
kommen? Woher sollte er die ersten Kosten der Amtsführung bestreiten, wo-
her die Kenntnisse nehmen, die für die Staatsämter unumgänglich noth-
wendig waren?
Der Krieg gegen Jugnrtha. (111 — 106 v. Chr.)
§. 43. Die Niederlage der Volkspartei wurde bald darauf durch die
Schande aufgewogen, mit welcher einige Optimaten sich und ihren
Stand bedeckten.
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Extrahierte Personennamen: Gracchus Tiberius_Gracchus Tiberius C.
Gracchus Tiberius Tiberius Tiberius