Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bis zum Interregnum - S. 43

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 43 — gaben, z. B. zur Herstellung von Wegen, Brücken, Dämmen, deren alle Nachbarn bedurften und die durch das Zusammenwirken aller zweckmäßiger und billiger hergestellt werden konnten. So diente der Gemeindeverband vorzugsweise" inneren, friedlichen Zwecken. Die weitere Ausdehnung des Einigungsgedankens führte zum Gaustaat, der mehrere Gemeinden zu einer Einheit zusammenschloß. Jeder Gau konnte selbständig über Bündnisse, über Krieg und Frieden entscheiden. An seiner Spitze stand der Gaufürst. Der Gaustaat war vorherrschend zur Zeit Christi. Aber die Überlegenheit der römischen Weltmacht, der drohende Verlust der nationalen Freiheit durch die Römer drängte zu noch größerer Einheit. Schon Armin suchte die einzelnen hadernden Gaue der Cherusker unter einheitlicher Leitung zu einen und zwischen den benachbarten Völkerschaften ein Bündnis herzustellen; aber die Zeit war dazu noch nicht gekommen. Der erste große germanische Staatsmann erlag dem Widerwillen der Germanen gegen straffe staatliche Zucht. Erst allmählich reifte sich der Gedanke Armins zur Frucht aus, und so entstand die Völkerschaft (lat. civitas), deren Zweck und Einrichtung vor allem militärisch war; denn ihre mündigen Glieder bildeten das Heer, und die Volksversammlung, die die Entscheidung über alle wichtigen Angelegenheiten sällte, war zugleich Heeresmusterung. Die Not führte etwa vom 3. Jahrhundert an unter benachbarten Völkerschaften zu umfassenderen Verbänden, zu den Völkerbündnissen, die zunächst nur auf Zeit, etwa zur Abwehr besonderer Kriegsgefahren, geschloffen wurden und darauf wieder zerfielen. Aber die beständige Kriegsnot drängte zu steter Erneuerung der Bündnisse, die dadurch dauernde Einrichtungen wurden. So entstanden die Großvölker, z. B. der Alamannen (d. i. Gesamtmänner), Franken, Sachsen, Bayern, Friesen, Thüringer. In diesen Namen sind dann die einzelnen Stammesnamen aufgegangen, und das Gefühl der Zusammengehörigkeit ging von den Einzelvölkern auf diese Völkerbünde über. Daher betrachteten sich diese, als es später ein Reich der Deutschen gab, als die uralten Stämme des deutschen Volkes. Veranlassung zu der Einigung gab aber vor allem die Erkenntnis, daß der fortwährende innere Hader die Germanen unfähig machte zum erfolgreichen Kampfe gegen die äußeren Feinde, die Römer. Die Not wies also den unbändigen Freiheitssinn in seine Schranken, wirkte somit erzieherisch und führte den staatlichen Zusammenschluß herbei.

2. Bis zum Interregnum - S. 141

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 141 — blieben in ihrer Stellung und wurden Großbauern. — Der ehemalige Meiertitel ist zum Familiennamen geworden, der im deutschen Volke sehr häufig zu siudeu ist. Nach dieser Umbildung der gesellschaftlichen Verhältnisse unterschied man den hohen Adel, zu dem Fürsten und Grafen, die Nachkommen des alten Volksadels, der Edelinge, gehörten, und den niederen Adel, der aus den Beamten und Dienstmannen hervorgegangen war. Da für den einen wie für den anderen der Kriegsdienst der eigentliche Beruf wurde, verschmolzen beide zum Ritterstand, dem angesehensten Stande des Mittelalters. Ihm gegenüber befand sich der meist abhängige Bauernstand in gedrückter Lage. Mit der Entstehung der Städte entwickelte sich außerdem der selbständige Stand der Bürger, der in Kaufleute und Handwerker zerfiel. Zu diesen weltlichen Bevölkerungsklassen kam der besondere geistliche Stand. So hatten sich die Geburtsstäude der Urzeit verschoben. Als aber die Umbildung vollendet war, schlossen sich die einzelnen Klassen kastenartig voneinander ab und wurden wieder Geburtsstäude, indem die Geburt die Zugehörigkeit zum Stande festlegte. Gleichzeitig lag aber in der Neubildung der Anfang der Berufsstände, und so begann mit dem Lehnswesen eine Gliederung des Volkes nach der Arbeit; denn diese, die ehemals den Unfreien überlasten wurde, war nunmehr Lebenszweck geworden. Us* Das deutsche Reich. a) Die letzten Karolinger. Das Frankenreich ging nach dem Tode Karls d. Gr. rasch dem Verfall entgegen. Der großen Maffe des Volkes sowohl wie dem Adel fehlte die nationale Gesinnung, und der Sohn Karls, Ludwig der Fromme, hatte an Psalmensingen und Gebetsübungen mehr Wohlgefallen als an den Regierungsgeschäften. Er besaß nicht die Willensstärke des Vaters, die int wesentlichen allein die Reichseinheit geschaffen hatte. Es kam zu wiederholten Reichsteilungen, die aber zu verderblichen Familien-und Bürgerkriegen führten, in denen die Söhne gegen den königlichen Vater und die Brüder gegeneinander kämpften. Aus den verschiedenen Teilungen ist namentlich der Vertrag von Verduu, 843, aus dem die Dreiteilung des Frankenreiches in Ost franken, West franken und Italien hervorging, bemerkenswert. Ersteres

3. Bis zum Interregnum - S. 143

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 143 — die deutsche Ostmark und vernichtete die im Osten von Karl d. Gr. begründete Kultur. Ein bayrisches Heer wurde vollständig geschlagen. Damit war Deutschland den surchtbarsten Raubzügeu geöffnet. Sengend und mordend überschwemmten die wilden Horden bald Süd-, bald Mitteldeutschland. Die Bewohner erschlugen sie oder trieben sie hinweg; was ihnen an beweglicher Habe wertvoll erschien, nahmen sie mit, mtd die Wohnstätten brannten sie nieder. Weite Strecken wurden dadurch in eine Einöde verwandelt. Was in fleißiger Kulturarbeit geschaffen worden war. fiel der Vernichtung anheim. Wenn die furchtbaren Menschenverluste bald wieder ersetzt wurden, so ist das ein Beweis von der unerschöpflichen Volkskraft, die schon in der Urzeit die Stämme nach Niederlagen rasch wieder erstarken ließ. Das schwache karolingische Königtum vermochte den Madjaren keine einheitliche Macht entgegenzustellen. Daher waren die bedrohten Landschaften auf Selbsthilfe angewiesen, was wiederum zur Erstarkung der Herzogsgewalt beitrug. Als darum der letzte Karolinger starb, war das deutsche Königtum im Erlöschen begriffen. Doch das Gefühl der Zusammengehörigkeit war nicht ganz geschwunden. Die Großen traten namentlich auf Betreiben der Geistlichen zusammen und wählten wieder einen König, noch einmal einen Franken, Konrad I. Deutschland war also ein Wahlreich geworden. Die alte Form der Königswahl lebte wieder auf. Freilich wählte nicht das Volk, das Recht wurde nur von dem hohen Adel ausgeübt, und das anwesende Volk gab seine Zustimmung. Konrad I. wollte wie Karl d. Gr. die Selbständigkeit der Stammesherzogtümer brechen; aber dieser Versuch scheiterte gänzlich. Seine Regierung endete mit einem vollständigen Mißerfolge. b) Heinrich I. Konrads Nachfolger war Heinrich, der Herzog der Sachsen. Damit ging die Königsgewalt von den Franken auf denjenigen Stamm über, der in der Reichseinheit der jüngste war und der ihr gegenüber lange seine Selbständigkeit verteidigt hatte1). Heinrich war der Fürst, den Deutschland brauchte. Von einem deutschen Reiche ließ sich freilich damals kaum reden. Heinrich war x) Ob die Darstellung des Geschichtschreibers Widukind, der die Rechtmäßig-keit des sächsischen Königtums nachweisen wollte und darum berichtet, daß Konrad selbst seinen Bruder Eberhard beauftragt habe, die Wahl auf Heinrich zu lenken, richtig ist, soll hier nicht erörtert werden.

4. Bis zum Interregnum - S. 95

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 95 — die Verwirklichung der Reichsidee tatkräftig eingetreten. Einer von ihnen unternahm sogar einen Kriegszug gegen Italien, wo Byzanz seine Kämpfe gegen das Ostgotenreich begonnen hatte. Er wandte sich gegen beide kriegführende Parteien und wollte als Frucht ihres Kampfes die römische Kaiserherrschast der Franken davontragen, womit er in seinen Zielen bereits auf Karl den Großen hinweist; aber .eine im Heere ausgebrochene Krankheit gebotseinen Unternehmungen Stillstand, doch ließ er schon Münzen prägen, die neben seinen: Namen das Wort Augustus trugen. Die innere Geschichte des Reiches unter Chlodwigs Nachfolgern, den Merowingern, bietet ein abstoßendes Bild. Fortwährende Teilungen, bei denen namentlich die Dreigliederung m Austrasien (Osten), Neustrien (Westen) und Burgund (Süden) hervortrat, und Einiguugsbestrebuugen hatten endlose Kämpfe und Bluttaten im Gefolge, bei denen Grausamkeit, Hinterlist, Habgier, Herrschsucht in entsetzlicher Weise in die Erscheinung traten. Die letzten Merowinger waren schwache Regenten, die aus dem Märzfeld zwar dem Volke gezeigt wurden, deren Tätigkeit aber höchstens darin bestand, daß sie ihre Namen unter Urkunden setzten. Die eigentliche Regierung des Landes lag in den Händen der obersten Beamten des Reiches, der Hausmeier. In ihnen wuchs ein Geschlecht heran, nach ihrem hervorragendsten Vertreter Karolinger genannt, das später die Verwirklichung der Reichsidee vollenden sollte. f) Gründe des fränkischen Übergewichts. Das auffallend rasche Emporsteigen der fränkischen Vorherrschaft war in erster Linie der hervorragenden Begabung Chlodwigs, seiner Söhne und auch einiger Enkel zuzuschreiben. Chlodwig war keineswegs nur ein blutdürstiger Tyrann, als der er bei oberflächlichem Hinsehen erscheinen könnte, er besaß weitschauenden, staatsmännischen Blick, er erkannte das Drängen nach größerer Einigung. Bei all seinen Erfolgen bewies er aber auch Mäßigung und kluge Zurückhaltung. Er verstand recht wohl, daß die durch Gewalt unter einem Zepter vereinigten Völkerschaften sich nicht fofort nach einerlei Gesetz und einheitlicher Form regieren lassen. Darum wahrte er, soweit es möglich war, die Sonderrechte der unterworfenen Völker, er bewies also Menschenkenntnis und Bedächtigkeit, alles in allem hohe staatsmännische Begabung. Dabei wollte er durchaus nicht mehr sein, als er wirklich war, er hielt sich fern von schöntnerischer Hin-

5. Bis zum Interregnum - S. 175

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 175 — nicht mehr Ring und Stab, die Zeichen des Amtes, sondern nur das Zepter, das Sinnbild des weltlichen Besitzes. Die Gewählten empfingen also ihr Amt aus der Hand der Kirche, die weltlichen Hoheitsrechte aber vom Kaiser. Die Belehnung durch diesen hatte in Deutschland vor der kirchlichen Weihe, in Italien 6 Wochen nach derselben zu erfolgen. Es konnte also in Deutschland kein Bischof oder Abt gewählt und in sein Amt eingeführt werden, wenn die kaiserliche Investitur verweigert wurde. Auch in Italien wurde die Weihe nicht vollzogen, bevor man nicht von der kaiserlichen Bestätigung Gewißheit hatte. So war der wesentliche Teil des Jnvestitnrrechts dem Kaiser verblieben, mir eine andere Form gewählt. Damit behauptete sich der Staat neben der Kirche, und die Weltherrschaftsideen Gregors gelangten nicht zur Verwirklichung. 22. Das deutsche Königtum* a) Stellung des Königtums. Der deutsche Einheitsgedauke oder das nationale Bewußtsein gewann int Mittelalter nur langsam an Boden. Die altgerntanische Stammesgliederung wirkte im deutschen Volke lange nach. Darum fand das Königtum int Volksempfinden kein rechtes Verständnis; man war eher geneigt, sich den mächtigen Großen des Stammes, den Grafen und Herzogen, anzuschließen als dem König, der in der Ferne lebte und deffen Bedeutung schwer erkannt wurde. Daher kam der König gewöhnlich nur in seinem Stamme recht zur Geltung, im übrigen trat eine gewisse Abneigung oder wenigstens Gleichgültigkeit gegen ihn zutage. Die zeitgenössischen Schriftsteller brachten sie in nmnchent harten Urteil über einzelne Herrscher zum Ausdruck und scheutett sich sogar nicht, Tatsachen zu Ungunsten der Könige zu verdrehen. Sehr hart wurde z. B. von seinem eigenen Volke Heinrich Iv. beurteilt, man nannte ihn einen fluchwürdigen und verstockten Feind des Friedens, einen Verächter der göttlichen Gerechtigkeit. Seine Not, seine Bedrängnis schilderte man ntit auffallender Breite, kaum hatte man ein Wort des Mitleids für ihn. Als besonders hartnäckige Gegner des Königtums erschienen wiederholt die Herzöge und Fürsten, sie hemmten bei ihrem Streben nach Selbständigkeit die Erstarkung der nationalen Einheit. Kant es zu Empörungen, so war das Volk oft geneigt, sich auf die Seite der Aufrührer zu

6. Bis zum Interregnum - S. 6

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 6 — Der Waldreichtum beeinflußte aber von Anfang an auch das deutsche Gemüt. Die Liebe zum Walde ist im deutschen Volke so alt, so weit unsere Kenntnisse von unsern Vorfahren zurückreichen. Von frühster Zeit an, schon als die ältesten Germanen noch an den Küsten der Ostsee wohnten, hörten sie das Rauschen des Waldes, der die Ufer der nordischen Meere wie vielfach noch heute umsäumte. Im Walde dachte sich der Germane den Aufenthalt höherer Wefen, im Walde diente er den Göttern, und manche Stätte galt ihm als heilig. Noch heute tragen die Namen mancher Waldgebiete die Beifügung „heilig", z. B. heilige Hallen. Art den Wald erinnern unzählige Ausdrücke und Bezeichnungen der deutschen Sprache. Den deutschen Wald hat von jeher der Maler stimmungsvoll wiedergegeben und der Dichter besungen. So war der Waldcharakter des germanischen Landes von großer Bedeutung für das Leben und die Geistesrichtung seiner Bewohner. Neben dem Walde war namentlich der Wasserreichtum ein charakteristisches Kennzeichen des germanischen Landes. Wasserreiche Flüsse kamen von den Bergen zu Tale. Oft traten die Fluten über die niedrigen Ufer, die niemand durch schützende Dämme erhöhte, und überschwemmten weite Gebiete, die sich bald in undurchdringlichen Sumpf verwandelten, da das Wasser keinen Abfluß stind. Zudem suchten sich die Flüsse nicht selten ein neues Flußbett, und an die Stelle des bisherigen Wasserlaufes traten ebenfalls Sümpfe und Lachen. Manche Ortsnamen mit den Endungen bruch, rieb, loch usw. bezeugen noch heute die ehemalige Feuchtigkeit des Bobeus. Neben Walb und Sumpf gab es auch bürftiges Ackerlaub und größere Weibeflächeit. Die walbfreien, steppenartigen, von Walb umsäumten Strecken waren die ersten Siebelungsgebiete. Als solche sinb z. B. anzusehen das südbayrische Alpeuvorlaub, die Hochflächen der schwäbischen und fränkischen Gebirge, die Niederungen des Neckar- und Maingebietes, Gebiete an der Saale und am Ober- und Mittellauf der Elbe, Sanddünen, Heiden und K'isteniederungen Norddeutschlands. Die waldfreien Gebiete sind dadurch vermehrt worden, daß schon die Kelten einzelne Teile des Waldes rodeten oder, was damals mehr geschah, niederbrannten, und die Germanen werden weitere Strecken urbar gemacht und dadurch Rodland gewonnen haben. Freilich wurde das durch Niederbrennen des Waldes gewonnene Ackerland oft nur oberflächlich zum Anbau benutzt; bald fiel es wieder dem Walde zu, oder es

7. Bis zum Interregnum - S. 58

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 58 — den Männern an die Dingstätte, blieben aber außerhalb der Tempelumwallung und wohnten in Laubhütten. Bei den Umzügen wurde das Götterbild in verhülltem Wagen herumgeführt, und das Volk begleitete es mit Gesang und Tanzschritt. Daneben wurden Vorführungen verschiedener Art geboten, so fehlte gewöhnlich auch der Schwertertanz nicht, bei dem Jünglinge ihre Kunst und Gewandtheit dadurch zeigten, daß sie zwischen aufgesteckten Schwertern tanzten, ohne sich zu verletzen. Unterdessen war das Fleisch des Opsertieres im Kessel gekocht oder am Spieße gebraten worden, und so schloß das Fest mit einem fröhlichen Gelage, wofür in früher Zeit die Bezeichnung Gilde aufkam, die im Mittelalter auf Vereinigungen anderer Art übertragen wurde. Die Opfergelage wurzelten so tief im Volksleben, daß sie in unveränderter Form auch in christlicher Zeit fortbestanden. Darum haben sich auch die Ochseubratungen am Drehspieß bei Festversammlungen lange erhalten. Sie gehörten zu den mittelalter- lichen Krönungsfesten und kommen noch heute bei dem bekannten Oktoberfest in München vor. e) Weissagungen. Da man durch das Opfer die Gunst der Götter zu erringen suchte, lag es nahe, zu erfahren, wie sie sich zu den Wünschen und Hoffnungen der Menschen wohl stellen möchten. Man wollte ihren Willen erkunden und Blicke in die Zukunst tun; daher waren mit dem Opfer Weissagungen verbunden, und au diesem Teile der religiösen Handlungen nahmen auch Frauen teil. Wie man ihnen irrt allgemeinen eine größere seherische Begabung als den Männern zutraute, so ragten einzelne durch überlegene geistige Fähigkeiten besonders hervor. Das waren die sogenannten „weisen Frauen", von denen einige zu außerordentlichem Ansehen gelangtem Ihre weissagende Tätigkeit bezog sich vorzugsweise auf kriegerische Unternehmungen. Eine solche Seherin erschien auch dem römischen Feldherrn Drusus an der Elbe. Aber die Weissagungen befaßten sich gern auch mit dem Geschick des einzelnen Menschen, und hierzu prophezeiten die Frauen nicht nur ans dem Opfer, sondern ebenso aus dem Murmeln des plätschernden Wassers oder dem Rauschen der Bäume, vor allem ans dem Verhalten gewisser Tiere, z. V. aus dem Fluge der Vögel und dem Wiehern der Rosse. So gewannen die Tiere im Leben der Menschen eine große Bedeutung. Obenan stand das Pferd. Sein Instinkt, sein Ortssinn leitete es zu frischen Weideplätzen, in wasserarmen Gegenden zur rieselnden Quelle und

8. Bis zum Interregnum - S. 121

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 121 — Gutswirtschaft, die zuweilen über taufende von Höfen und zins-bareu Baueru verfügte, eiu Sitz technischer Kunstfertigkeit und wissenschaftlicher Arbeit mit geistlicher Schule und Bibliothek, eine Zuflucht aller Bedrängten und Hilfsbedürftigen und für das Geschlecht des Stifters die letzte Znsluchts- und Ruhestätte, eine Insel des Friedens und der Kultur inmitten einer gewalttätigen und rohen Umgebung." (Kümmel.) Leider ist später das Mönchtum von seiner Höhe herabgesunken, und das geschah, als an die Stelle treuer Arbeit Trägheit und genußsüchtiges Wohlleben trat. 1(6. Die Aulturbestrebungen Karls des Groszen. a) Karl der Große. Die deutsche Geschichte begann mit einem ungeheuren Zerstörungswerk. Die Germanen zertrümmerten das römische Weltreich und vernichteten ein großes Maß alter Kultur. Gleichwohl zogen sie von ihr, wie wir gelernt haben, reichen Gewinn und waren auch, wie z. B. die Geschichte der Goten lehrt, bestrebt, den Verfall aufzuhalten. Nachdem sie so Jahrhunderte hindurch unter romanischem Einslnß gestanden hatten, kam es darauf an, daß sie sich zu einer großen Nation einigten und von innen heraus eine eigene einheitliche nationale Kultur zur Entwicklung brächten. Der Anfang war in der Reichsgründnng Chlodwigs gemacht. Aber dessen Werk harrte der Vollendung, und zum weiteren Kulturfortschritt bedurfte es vielseitiger Anregungen. Da erstand dem deutschen Volke ein Fürst, dessen hervorragendstes Bestreben war, das Volk auf eine höhere Stufe der Entwicklung zu heben. Es war Karl der Große, der größte deutsche Fürst des Mittelalters. Seine Vorsahreu stammten nicht aus adeligem Geschlecht; sie waren Landwirte in der Mosel- und Eifelgegend auf uraltem fränkischem Gebiete gewesen. Ihr großer Grundbesitz gab ihnen eine hervorragende Stellung, und als Hausmeier des Frankenreichs gelangten sie zu Ansehen und Macht. Die letzten drei Vorgänger Karls, Pipin der Mittlere, Karlmartell und Pipin der Kurze, retteten in schweren Zeiten das Frankenreich vor dem Untergang. So kam es, daß sie königliche Macht besaßen, und Pipin fügte unter Zustimmung des römischen Papstes auch den königlichen Titel hinzu, nachdem er den letzten Merowingerfürsten in einem Kloster

9. Bis zum Interregnum - S. 137

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 137 — b) Das Vasallenhecr. Das Lehnswesen wirkte umgestaltend auf herkömmliche Verhältnisse und Anschauungen. Bei seiner Entstehung hatten namentlich militärische Umstände mitgewirkt. Daher erhielt in erster Linie das germanische Heer einen neuen Charakter. Ursprünglich war jeder Freie zum Kriegsdienst verpflichtet, das Heer war Volks he er. Für Bewaffnung und Ausrüstung hatte jeder selbst zu sorgen. Die dabei zu bringenden Opfer waren, solange der fränkische Heerbann vorwiegend aus Fußvolk bestand, erträglich. Immerhin wurden die häufigen Kriege bei zunehmender Seßhaftigkeit des Volkes als drückend empfunden, da der Landwirt sich ungern dauernd von der heimischen Scholle entfernte. Dazu kam, daß das Interesse des Volkes für den Krieg überhaupt zurückging, da er im Frankenreiche weniger durch nationale Beweggründe und durch die Not geboten war, sondern politischen Zwecken der Fürsten diente, und das Volk auch nicht mehr wie früher über kriegerische Unternehmungen mit zu beschließen hatte. Als nun die Franken genötigt waren, gegen die von Westen andringenden Mauren zu kämpfen, brauchten sie eine Reiterei. Die Kosten dieser Ausrüstung aber waren eine Last und konnten den Gemeinfreien nicht auferlegt werden. Da half sich Karl Martell dadurch, daß er an die Großen des Reiches Kronland, vor allem aber große Teile des ungeheuren Kirchenguts, das im fränkischen Gallien ungefähr ein Drittel des Landes umfaßte, vergab und sie verpflichtete, berittene Truppen zu stellen. Sie rüsteten nun ihre Dienstmannen als Reiter aus. So wurde aus dem Volksheer ein Vasallenheer, das nun vorwiegend aus Reiterei bestand. Jenes hatte den Heeresdienst unentgeltlich zu leisten, bei diesem haben wir jedoch in dem für den Kriegsdienst gewährten Lehen die Anfänge einer Besoldung zu erblicken. Die Umbildung des Heerbanns zur Reiterei begann im Frankenreiche; darum waren auch die Heere Karls d. Gr. vorzugsweise Reiterheere. Am längsten erhielt sich das Volks ausgebot bei den Sachsen; bei ihnen erfolgte die Umgestaltung des Heerwesens erst durch Heinrich I. Die berittenen Truppen, die die Heerespflicht immer mehr als Beruf ausübten, erhielten nun auch für den Krieg eine bessere Ausbildung, die der Dienst zu Pferde schon an sich nötig machte. Damit wurde auch die Bewaffnung vervollkommnet. Zum Schutze des Oberkörpers trug man ein langes ledernes Wams, die Brünne. Art seine Stelle trat aber schon frühzeitig der eiferne Panzer, und die leichte Kopfbedeckung verdrängte der eiserne Helm. So ent-

10. Bis zum Interregnum - S. 93

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 93 — Dieses Streben nach größerer Einigung war nicht bloß bei den falifcheu Franken vorhanden. Die Ripuarier besaßen bereits das Einkönigtum, als sie Chlodwig unterwarf, ebenso herrschte um diese Zeit auch bei deu Alamaunen ein einziger Stammes- oder Volkskönig, während es bei ihnen noch im 4. Jahrhundert mehr als 12 Gaukönige gab. c) Das Frankenreich. Chlodwig begnügte sich aber nicht mit der Herrschaft über die Franken, sein Ziel war größer. Ringsum war er von nicht ungefährlichen Nachbarn umgebeu, auch diese brachte er unter seine Gewalt. Zunächst beseitigte er den Rest römischer Herrschaft in Gallien, als er den letzten Statthalter besiegte und umbringen ließ. Damit fiel ihm das gallische Land bis zur Seine, später bis zur Loire zu, und er konnte seine Residenz nach Paris verlegen. Zehn Jahre darauf unterwarf er die Alamannen nach einer Schlacht am Oberrhein, vor der er angeblich gelobte, daß er zum Christentum übertreten wollte, wenn ihm Gott den Sieg verleihen würde. Nach längeren Kämpfen war die Volkskraft der Alamannen gebrochen. Die Burgunder machte er tributpflichtig. Auch die Westgoten überzog er mit Krieg und nahm das Land bis zu den Pyrenäen in Besitz, woraus sogar Verwicklungen mit dem Ostgotenkönig Theoderich entstanden; doch konnte dieser die Ausbreitung des Frankenreiches nicht hindern. Chlodwig gelang es also, eine große Masse der Germanen unter einer Herrschaft zu vereinigen, und die Frauken waren berufen, zuerst die Reichsidee zu verwirklichen. Chlodwigs Herrschaft stieg neben dem ^stgotenreich zur Großmacht empor und hat sich behaupten können, während jenes unterging. d) Chlodwigs übertritt zum Christentum. In Verbindung mit Chlodwigs Kriegszügen steht sein Übertritt zum Christentum. Nach dem Siege über die Alamannen ließ er sich in Reims vom Bischof Remigius taufen, und mit ihm nahm auch sein stattliches Gefolge die christliche Lehre an. Nicht innere Überzeugung und religiöses Bedürfnis war es, was feinen Glaubeuswechfel veranlaßte, sondern politische Klugheit. In feiner Gesinnung trat auch kein Wandel ein, er blieb nach wie vor der Taufe ein Barbar, er betrieb auch keineswegs die Verbreitung des Christentums unter feinen Franken. Sein Übertritt war jedoch eine Tat von weltgeschichtlicher Bedeutung, und die Notwendigkeit dieses Schrittes war ihm von vornherein
   bis 10 von 118 weiter»  »»
118 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 118 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 5
2 2
3 4
4 106
5 2
6 2
7 1
8 0
9 1
10 10
11 3
12 0
13 0
14 5
15 0
16 2
17 1
18 3
19 1
20 2
21 0
22 1
23 6
24 1
25 7
26 16
27 12
28 0
29 2
30 1
31 3
32 0
33 1
34 0
35 3
36 1
37 15
38 4
39 10
40 2
41 1
42 5
43 3
44 0
45 37
46 6
47 0
48 11
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 35
1 34
2 23
3 25
4 67
5 20
6 16
7 13
8 47
9 232
10 6
11 57
12 16
13 12
14 6
15 22
16 44
17 110
18 9
19 12
20 10
21 85
22 7
23 42
24 26
25 16
26 5
27 6
28 17
29 16
30 3
31 50
32 5
33 9
34 28
35 15
36 21
37 8
38 38
39 11
40 17
41 115
42 7
43 118
44 37
45 39
46 27
47 23
48 48
49 20
50 96
51 13
52 18
53 3
54 16
55 17
56 19
57 6
58 8
59 40
60 131
61 49
62 28
63 23
64 40
65 23
66 8
67 10
68 45
69 21
70 136
71 83
72 49
73 10
74 13
75 9
76 13
77 32
78 9
79 17
80 2
81 2
82 13
83 17
84 28
85 10
86 18
87 16
88 3
89 15
90 15
91 10
92 161
93 6
94 23
95 27
96 29
97 14
98 38
99 6

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 8
1 5
2 2
3 1
4 7
5 6
6 2
7 7
8 1
9 0
10 21
11 3
12 4
13 1
14 4
15 5
16 6
17 0
18 10
19 45
20 0
21 0
22 3
23 0
24 3
25 0
26 3
27 8
28 0
29 8
30 0
31 7
32 4
33 14
34 5
35 1
36 1
37 3
38 4
39 13
40 12
41 4
42 0
43 11
44 1
45 2
46 1
47 3
48 11
49 4
50 7
51 1
52 32
53 0
54 112
55 1
56 6
57 3
58 22
59 18
60 3
61 1
62 10
63 3
64 0
65 2
66 0
67 3
68 1
69 0
70 0
71 12
72 9
73 1
74 15
75 2
76 0
77 7
78 12
79 1
80 30
81 40
82 6
83 3
84 0
85 2
86 0
87 1
88 1
89 1
90 2
91 40
92 0
93 3
94 1
95 8
96 1
97 2
98 0
99 3
100 12
101 1
102 1
103 3
104 1
105 26
106 11
107 1
108 3
109 5
110 1
111 1
112 4
113 4
114 7
115 5
116 0
117 0
118 3
119 2
120 4
121 2
122 5
123 7
124 4
125 2
126 28
127 96
128 1
129 2
130 2
131 8
132 12
133 14
134 2
135 0
136 89
137 3
138 1
139 7
140 1
141 0
142 10
143 6
144 2
145 48
146 10
147 9
148 44
149 1
150 2
151 5
152 3
153 2
154 8
155 7
156 2
157 6
158 10
159 6
160 1
161 3
162 2
163 4
164 0
165 25
166 18
167 4
168 5
169 3
170 0
171 11
172 19
173 28
174 3
175 23
176 4
177 12
178 0
179 12
180 0
181 5
182 17
183 68
184 4
185 7
186 3
187 26
188 17
189 1
190 0
191 1
192 21
193 10
194 33
195 0
196 4
197 2
198 1
199 6