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1. Teil 2 - S. 468

1882 - Leipzig : Brandstetter
468 Das deutsche Reichsheer. tionen mit dem noch ganz unvollständigen Heere begannen, hing an jeder Unternehmung wie ein Bleigewicht der maßgebende Einfluß des Hofgerichtsrats zu Wien; dazu dauerte das „Moderationsgeschäft", d. i. die Erledigung der Gefuche um Herabminderung der Matrikularbeiträge, fort, und während die Stände sich auf das entschiedenste weigerten, Kehl und Philippsburg herzustellen und zu armieren, ging ein Stück deutschen Bodens nach dem andern verloren und fiel der Verwüstung anheim. Vielleicht noch tiefer gesunken als im spanischen Erbfolgekriege erscheint das Reichskriegswesen im siebenjährigen Kriege. Bei Roßbach, wo von 100 Gewehren des Reichsvolkes kaum 20 losgingen, verlor die Reichsarmee den letzten Kredit und wurde vom eigenen Volke als „Reißausarmee" verhöhnt. Während das Reich sich mit den jämmerlichsten Kontingenten behelfen mußte, wurden die guten stehenden Truppen ein Gegenstand der Geldspekulation und fremden Interessen dienstbar gemacht. Die teils freiwillig geworbenen, teils in empörender Weise gepreßten, teils aus „kantonpflichtigen" Landeskindern zusammengesetzten Regimenter wurden von Sachsen, Hessen-Kassel, Braunschweig, Anspach und Bayreuth, von Anhalt, Hanau, Waldeck, Württemberg für sogenannte „Snbsidien" an Venedig, Dänemark, England oder Holland vermietet, um in Morea oder Schottland, in Kanada, am Kap der guten Hoffnung oder in Indien zu fechten und zu sterben. Aus Hessen-Kassel allein wurden schon 1687 an Venedig zum Krieg gegen die Türken in Morea 1000 Mann, 1702 an die Seemächte 9000, 1706 zum Krieg in Italien 11 500 und wieder nach dem Utrechter Frieden an England 12 000 Mann verschachert. Seit der Thronbesteigung Georgs Ii. zahlte England jährlich an den Landgrafen von Hessen 240 000 Pfd. (= 4 800 000 Mark). Im österreichischen Erbfolgekriege standen Hessen gegen Hessen, da der Landgraf Wilhelm Viii. 6000 seiner Landeskinder an Georg Ii. als Bundesgenossen der Kaiserin Maria Theresia, 6000 andere an Kaiser Karl Vii. vertäust hatte. Während der acht Jahre 1775 — 1783 lieferten Braunschweig, Hessen-Kassel, Hessen-Hanau, Ansbach, Waldeck und Anhalt-Zerbst zusammen 29166 Mann an die Engländer und erhielten dafür in Summa 1 790 113 Pfd. = 35 802 260 Mark. Ju den Verträgen wegen des amerikanischen Krieges fetzte man englischerseits fest, daß die Löhnung direkt an die Truppen ausgezahlt werden sollte, weil bei früheren Gelegenheiten einzelne deutsche Fürsten von der hohen englischen Löhnung, die bedeutend mehr betrug als die deutsche, den Mehrbetrag in die eigene Tasche gesteckt hatten. Wenn man bedenkt, welche kümmerliche Rolle die Reichsarmee im siebenjährigen Kriege gespielt, so erregt es doppelt unwilliges Staunen, kleine deutsche Fürsten kaum 13 Jahre nach dem Friedensschlüsse binnen weniger Monate 20 000 Mann für England liefern zu sehen. Und, was das Schlimmste ist, fast ohne Widerspruch im Reiche. Zwar erteilte 1777 der Wiener Hof feinen Gesandten den Auftrag, die Truppenlieferungen so

2. Teil 2 - S. 207

1882 - Leipzig : Brandstetter
Die Landsknechte. 207 waren bis zu ihm gedrungen und drohten ihm die Fahne zu entreißen. Da, eingedenk dessen,'was der Artikelbrief von einem Fähnrich forderte, ergriff er die Fahne mit der Linken, zog mit der Rechten fein kurzes, breites Schwert und schlug mit einem einzigen Streiche dem kecksten Angreifer das Haupt ab, daß es in den Bausch der Fahne fiel. Einen gewaltigen Arm hatte anch Georg Heerdegen, ans Schorndorf gebürtig wie Sebastian Schärtlin. Mit diesem Landsknechtshanptmann zog er im Jahre 1532 nach Ungarn gegen die Türken. Eines Abends ging er vom Trinkzelt ans auf die Wache vor dem Lager. Seine Sinne waren ein wenig umnebelt, und so vergaß er das Wort der Lofnng. Während der Nacht wurde er von streifenden Türken überfallen; er wehrte sich aber so mannhaft, daß er ihrer nenn erschlug. Die übrigen entflohen, er aber legte die neun Erschlagenen fein säuberlich der Reihe nach ans den Rasen, und als am Morgen feine Spießgesellen kamen und sich feiner That verwunderten, schalt er sie Verräter, daß sie ihn in so hartem Kampfe allein gelassen hatten. Als Kaiser Karl V. von Heerdegens männlicher That hörte, beschloß er, den Tapfern dadurch zu belohnen, daß er ihn zum Ritter schlüge. Heerdegeu aber lehnte diese Ehre sehr ernstlich ab, weil er „noch nie ein Roß bestiegen", und blieb sein Leben lang ein Landsknecht. Das Leben der Landsknechte war ein ungebundenes. In Speise und Trank, Kleidung und Vergnügen schweiften sie gern ans. Berüchtigt war besonders ihre Trunk- und Spielsucht, gegen die alle Bestimmungen der Artikelbriefe nichts ausrichteten. Dazu lief bei dem Spiel noch allerhand Aberglauben mit glückbringenden Alraunen, Diebsfingern u. dgl. mit unter. Zu den häßlichsten Flecken des Landsknechtswesens gehört auch das gotteslästerliche Flachen und Schwören, gegen das die Artikelbriefe ebenfalls vergeblich ankämpften. Als eine Landplage, und namentlich von den Bauern, wurden besonders diejenigen Landsknechte betrachtet, welche, von einem Hauptmann entlassen, im Lande umherzogen, bis sie wieder angeworben wurden. Sie „garteten", d. i. gingen dem Betteln nach und wurden „Gartbrüder" genannt. Als um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Nieder-Deutschland die von solchen ohne Dienst und Sold umherirrenden Landsknechten ausgehenden Plagen geradezu unerträglich wurden, kamen die Städte von Obersachsen, Niedersachsen und Westfalen am 8. März 1546 in Hannover zusammen, um Mittel zur Abhilfe zu beraten. Aber es gelang noch lange Zeit nicht, dem Unwesen der Gartbrüder, welche in den fürstlichen Verordnungen meist mit Bettlern, Juden und Zigennern zusammengestellt wurden, ein Ziel zu setzen. Eine anschauliche Schilderuug der Gartbrüder gewähren ein paar Erlasse des Herzogs Julius von Braunschweig. Schott in einem Erlasse vom 28. Juli 1570 klagt der Herzog bitter über das mutwillige und gewalttätige Treiben der Landsknechte, „die sich zusammenrotten und sich nichts mehr denn des täglichen Gartens befleißigen und ernähren, auch sonderliche

3. Teil 2 - S. 347

1882 - Leipzig : Brandstetter
Schriftsprache, Sprachmengerei und Sprachgesellschaften. 347 Das litterarische Programm der Gesellschaft lautete: „Die hochdeutsche Sprache in ihrem rechten Wesen und Stande, ohne Einmischung fremder Wörter erhalten, sich sowohl der besten Aussprache im Reden, als auch der reinsten Art im Schreiben und Reime-Dichten befleißigen." Das Verhältnis, in welchem Schrift und Wort hier zu einanber gebacht werben, ist das umgekehrte von dem, das einst im Mittelhochbeutschen gegolten hatte. Dort war aus der lebenbigen Sprache der Bilbung die gebildete Bücher-sprache erwachsen, hier sollte die Büchersprache die Regel für die lebenbige sein. Es war ein gewaltiges Ereignis für unsere Sprache und Litteratur, daß diese Forberung auf dem Programme der vornehmsten und gebildetsten Verteibiger der Sprache gegen die Verwelfchung staub. Gewöhnlich zollt man den nach Art der Zeit in breitspurig prosaischer Ehrbarkeit sich einherschleppenben einleitenben Sätzen, die biesem sprachlichen Programm der Gesellschafter vorhergehen, eine höfliche Anerkennung wegen der barin ausgesprochenen wohlmeinenben und verständigen Grnnbsätze, übersteht aber, daß noch etwas ganz anberes barin steckt. Es heißt ba nämlich, jeber der Gesellschaft solle „sich aller groben, verbrießlichen Reben enthalten". Daraus kam es bamals in der That am eigentlichsten an. Eynischer Humor, grotesker Witz und selbst die schmutzige Zote hatten bamals in der Litteratur fast mehr Bürgerrecht, als das, was diese vornehmen Leute „ehrbar, nützlich und ergötzlich" nannten. Was Opitz wollte und wirklich durchsetzte, bte verachtete beutsche Sprache und Litteratur wieber vornehm zu machen uttb in den besseren Kreisen des Volkes zur Anerkennung zu bringen, das erstrebte auch bte sruchtbringenbe Gesellschaft, und so gut es jeber verstaub, hat jeber der Gesellschafter sein Teil dazu beigetragen. Mochten die Verse der Gesellschafter poetisch auch noch so bürftig ausfallen, es war schon genug, daß sie „wohlanstänbig" sein mußten. Da man die Bebeutung der Gesellschaft meist nach der Zahl der Mitglieber, ober nach der Menge der aus ihrem Schoße hervorgegangenen Schriften, ober nach dem sichtbaren Erfolge ihres Programms in der unmittelbaren Gegenwart von bamals zu messen pflegt, so fällt das Urteil immer etwas geringschätzig aus. Aber auf alles das kommt nicht viel an. Sou Mitglieber in den höchsten Regionen bis hinab zu dem gelehrten Mittelstanb stnb boch immer schon eine erkleckliche Anzahl für die Zeit des breißigjährigen Krieges. Namen, wie Opitz, Büchner, S. v. Birken, Anbr. Gryphius, Harsborfer, Logau, Moscherosch, Neumark, Rist, Zesen bezeichnen boch bte Spitzen des bamaligen litterarischen Könnens. Alle Frembwörter ans den Aktenstücken, die fremden Sprachen von den Höfen zu verbannen, baran buchten die Gesellschafter gar nicht, und es wäre eine Sisyphns-Arbeit gewesen, die nur mit Spott und Schaube enben konnte. Dagegen ist von den meisten Mitgliebern der Gesellschaft in Hinsicht auf Sprachreinheit und Korrektheit alles geleistet worben, was bamals dem mittleren Talente möglich war. Einen Luther und einen Hans Sachs bringt nicht jebes halbe Jahrhundert zusammen ober auch nur einzeln hervor.

4. Teil 2 - S. 366

1882 - Leipzig : Brandstetter
366 A la mode-2befen und Tracht im 17. Jahrhundert. vorzugsweise der Charakter des Phantasten ausprägte. Wenn der Hut Respondent genannt wird, so soll damit wohl gesagt sein, daß er mit seinen schlaffen, nachgiebig veränderlichen Formen fähig war, den Stimmungen und Gefühlen seines Trägers zu entsprechen. Der Sporn heißt Resonant, weil seine Bedeutung nicht in der Schärfe, sondern im Klirren lag. Fig. 21. Alamodische Tracht. (Nach dem Kupferstich eines flieg. Blattes von 1628.) Die mythische Person des Monsieur Alamode spielt eine große Rolle in den fliegenden Blättern, diesen im 17. Jahrhundert vorzugsweise so beliebten Stimmen der öffentlichen Meinung. Indem sie sein und seiner Genossen Leben und Treiben schildern, überschütten sie dieselben mit Spott und Hohn. Es sind meist Kupferstiche, welche einzelne Musterexemplare der Alamode-Herreu dem Volke als warnende Beispiele vor Augen führen, mit angehängten moralischen oder satirischen Versen. Die Verschiedenheit der Druckorte dieser Blätter beweist, daß dieses Stutzertum eine durchaus allgemeine und gleichmäßige Erscheinung gewesen. Andere fliegende Blätter behandeln den Tod des Monsieur Alamode. Eins derselben zeigt uns den sterbenden Alamode, wie er wohl frisiert, Haar, Bart, Halskrause und Manschetten in schönster Ordnung, auf dem Bette liegt. Er macht sein Testament, welches ein Schreiber am Pult daneben niederschreibt. Vor ihm auf dem Boden liegt all die Stutzerherrlichkeit, Degen und Mantel, Wams und Federhut und daneben Bürste und Kamm, Schere und Brenneisen. Neben dem Bette stehen seine Genossen, in höchster Zier, die Hände ringend und klagend, daß das Schöne so rasch in schönster Blüte vergehen muß. Das unter das Testament gesetzte Siegel des Monsieur Alamode zeigt als Embleme die gesamte Stutzerkleidung:

5. Teil 2 - S. 519

1882 - Leipzig : Brandstetter
Kulturzustände am Anfang des 19. Jahrhunderts. 519 und sonst auf Jahrmärkte, Scheiben- und Vogelschießen, auf Ausstellungen am Pranger und Hinrichtungen. Die schönsten Feste feierte man im Kreise der Familie. Man liebte es, dem Auge der Welt sich zu entziehen. An einem Gartenhause zu Nürnberg fand sich die Inschrift: Bene vixit, qui bene latuit, d. h. Wohl lebt, wer wohl verborgen. Das schönste Familienfest war das Weihnachtsfest. Die Stelle des jetzt allgemein üblichen Christbaumes vertrat damals die sogenannte Pyramide aus hölzernen, mit bunten Papierkrausen umwickelten Stäben. Auf der Spitze derselben schwebte gewöhnlich ein Engel aus Gips oder Wachs. Der untere Raum zwischen den vier Stäben war mit einem Zaun eingefaßt und mit Moos gefüllt. Da standen kleine buntbemalte Holzfiguren, Maria, das Kind in einer Krippe, daneben der heilige Jofeph, ein Esel und Ochs, Hirten mit Hunden und Schafen, wohl auch Jäger neben Hirschen und Rehen oder Soldaten, Trommler u. dgl. An den Stäben der Pyramide hingen zwischen bunten Wachslichtern vergoldete Äpfel und Nüsse, sowie Pfefferkuchen. Von weltlichen Festen war in den Städten das bedeutendste das meist in der Pfingstwoche abgehaltene Scheiben- oder Vogelschießen; Besuch und festliche Stimmung brachte auch der Jahrmarkt. Da gab es denn auch viel zu sehen, namentlich für die Jugend: Seiltänzer, Bereiter, Menagerien, Wachsfigurenkabinette n. dgl. Bilderhändler zogen in Hausfluren Schnüre auf, an denen die schönen Kupferstiche mit Klammern befestigt wurden. Ein Antiquar bot wohl auch alte Bücher feil. Da Besuch zu erwarten war, ward zum Jahrmarkt auch Kuchen gebacken. Ein Festgebäck gabs auch am Geburtstag der Kinder. Das ward nach der Sitte der Zeit mit so viel brennenden Wachslichtern besteckt, als das Kind Jahre zählte. Öffentliche Gärten gab es meist nur in Residenzen und größeren Städten, aber in allen Städten gab es mehr Familiengärten als jetzt. Diese wurden gewöhnlich von zwei, in der Mitte im rechten Winkel sich kreuzenden Gängen durchschnitten. Die Gänge waren mit Buchsbaum eingefaßt. Die am meistert bevorzugten Blumen waren Tulpen und Nelken. Daneben gab es Levkoy, Goldlack, Narcissen, Hyacinthen, Päonien und Rosen. Hortensien kamen erst 1810 auf, Georginen in den zwanziger Jahren. An den Mauern gab es Spalierobst, auch Weinreben. Salbei und Spike waren beliebte Würzkräuter, Stachel- und Johannisbeersträucher standen in den Ecken. Die Grundlage des Volkes war zu Anfang unseres Jahrhunderts noch immer der Bauer, nicht bloß aus dem Boden gewachsen, sondern damals, zum Teil wenigstens, noch au denselben gebunden. Die Tracht des Bauern war einfach und grob. Die Beinkleider waren meist von Leder, darüber die Weste ans dunkelblauem Tuch mit Metallknöpfen. Sonntags trug der Bauer einen langen, dunkelblauen Rock, weiße Strümpfe und Schuhe, die Arbeitstracht aber war die kurze Jacke, die schon auf den Bildern des Sachsenspiegels und in den bildlichen Darstellungen von Bauern aus dem 16. Jahrhundert, z. B. in den Bildern Behaims, als die eigentliche Bauerntracht erscheint. Jetzt hat diese Tracht überall dem langen Rocke Platz

6. Die vorchristliche Zeit - S. 87

1877 - Leipzig : Brandstetter
87 t die Belagerungsmaschinen erbaut und drang in die Stadt ein, als auf dem festen Lande von Asien ein Wald in Brand gerieth. Beide Theile wurden die Flammen gewahr und hielten sie für ein Zeichen der persischen Flotte, die zum Entsätze der Parier herbeirückte. Sofort hob Miltiades die Belagerung auf, steckte seine Werke in Brand und eilte nach Athen zurück, da er, von schweren Wunden krank, nicht mehr im Stande war, den Krieg fortzusetzen. Wegen dieses Rückzuges klagten ihn die Athener der Verrätherei an und seine Feinde beschuldigten ihn, er habe, durch persisches Geld bestochen, die Belagerung aufgehoben. Da feine Wunden ihn hinderten, sich selbst zu vertheidigen, übernahm sein Bruder die Vertheidigungsrede. Miltiades wurde zwar losgesprochen, aber zu einer Geldbuße zu 50 Talenten verurtheilt, die man auf die Ausrüstung der Flotte verwandt habe. Unfähig, eine so große Summe zu bezahlen, mußte er in's Gefängniß wandern und starb hier, ein Opfer des Undanks seiner Mitbürger.

7. Die vorchristliche Zeit - S. 88

1877 - Leipzig : Brandstetter
Fünfter Abschnitt. Charakterbilder aus der Geschichte der Griechen. L Lykurg und Solon. Lykurg*). 1. Äm Peloponnes, an den lieblichen Ufern des Eurotas, lag eine große alte Stadt ohne Mauern und Thore. Das war Sparta. Sie war das Haupt der Provinz Lakonien und wurde mit ihrem Stadtgebiete auch wohl Lacedämon genannt. Die eingewanderten Dorier hatten sie erobert und die Zwillingssöhne Prokles und Eurysthenes theilten sich in die Herrschaft. Seitdem hatte Sparta immer zwei Könige, den einen aus des Prokles, den andern aus des Eurysthenes Stamme. Die dorischen Spartaner sahen sich als die Vollbürger und Herren des Landes an, die unterworfenen Lakonier aber für ihre Unterthanen und Erbpächter. Hart drückte auf diese die neue Herrschaft und die Einwohner der Stadt H e l o s waren die ersten, welche ihr altes Recht mit den Waffen in der Hand wieder gewinnen wollten. Allein der Versuch mißlang. Die stolzen Spartaner nahmen aus Rache den Besiegten nicht nur das beschränkte Landeigenthum, sondern auch die persönliche Freiheit. Die Heloten wurden Sklaven und ihr Schicksal theilten Alle, die später noch für ihre Freiheit gegen die Spartaner zu kämpfen wagten. Bald erhob sich aber auch Zwietracht unter den vornehmen Bürgern selber und diese standen gegen die Könige auf, wenn letztere nach ihrer Meinung zu streng regierten. In einem solchen Aufstande geschah es, daß der König Eunomos, der Vater des Lykurgos, mit einem Küchenmesser erstochen ward. Er hinterließ die Regierung seinem ältesten Sohne Polydektes. Dieser starb jedoch bald und nun glaubte Jedermann, sein jüngerer Bruder •) Nach „Bäßler — hellenischer Heldensaal."

8. Die vorchristliche Zeit - S. 89

1877 - Leipzig : Brandstetter
89 Lykurgos sei sein Nachfolger. Lykurg übernahm das Regiment. Da erfuhr er, daß seine Schwägerin, die Wittwe des verstorbenen Königs Polydektes, ein Kind unter ihrem Herzen trage. Sogleich erklärte Lykurg den Thron für das Eigenthum dieses Kindes und verwaltete die Regierung fortan nur noch als dessen Vormund. Inzwischen that ihm die Königin heimlich zu wissen, sie sei bereit, das Kind zu todten, wenn er ihr verspräche, sie als König zu heirathen. In der Absicht, das Kind selber zu retten, verbarg Lykurg den tiefen Abscheu, den er gegen ein solches Anerbieten empfand, und ließ die Königin bitten, sie möchte nur ihm die Tödtung des Kindes überlassen. Als nun der Knabe geboren war, schickte die Mutter ihr Kind sogleich dem Lykurg. Dieser saß gerade mit den höchsten Beamten bei Tische; er nahm das Kind auf seine Arme und rief den Anwesenden zu: „Spartiaten, ein König ist uns geboren!" Darnach legte er es aus den königlichen Stuhl und gab ihm den Namen Charilaos, d. i. Volksfreude, denn Alles war erfreut über einen solchen Beweis von Edelmuth und Gerechtigkeit. Auch sein übriges Betragen erwarb dem Lykurg die höchste Achtung bei seinen Mitbürgern und diese beeiferten sich, seinen Befehlen als Reichsverweser pünktlich Folge zu leisten. Aber die Königin und ihr Bruder fühlten sich schwer beleidigt und suchten nun das Gerücht zu verbreiten, Lykurg warte nur auf eine gelegenere Zeit, um den jungen König aus dem Weg zu räumen und sich selber zum Alleinherrscher zu machen. Als der brave Mann solche Verläumdung hörte, beschloß er, so lange außer Landes umherzureisen, bis sein junger Neffe zum Manne erwachsen sei. 2. Zuerst begab sich Lykurg zu Schiffe nach der Insel Kreta. Diese Insel war schon lange berühmt durch die vortrefflichen Gesetze, die ein Weiler König Minos den Bewohnern gegeben hatte und wodurch diese mächtig zur See und glücklich in ihrem Lande geworden waren. Durch seine Weisheit und Gerechtigkeit hatte sich Minos eine solche Achtung unter den Menschen erworben, daß nach seinem Tode die Sage ging Minos verwalte in der Unterwelt das Richteramt über die Todten. Von Kreta schiffte Lykurg nach Kleinasien hinüber und von dort soll er auch nach Aegypten gekommen sein. Ueberall machte er sich mit der Landesverfassung bekannt und merkte sich Alles, was er an den Gesetzen Vortreffliches fand, um es dann in seine Heimath zu verpflanzen. In Kreta hatte er die einfache strenge Lebensweise der Einwohner bewundert' unter den kleinasiatischen Griechen fand er große Prachtliebe und Ueppig-fett. Natürlich gefiel ihm die Lebensweise der ersteren viel besser, dagegen traf er bei den letzteren auf ein unschätzbares Kleinod, nämlich die Gedichte des Homer. Die herrlichen Gedichte schienen ihm ebenso ergötzlich und unterhaltend, als reich an Lebenserfahrung und Staatsklugheit. Darum wandte er allen Eifer an, sie zu sammeln und abzuschreiben, um

9. Die vorchristliche Zeit - S. 90

1877 - Leipzig : Brandstetter
90 sie auch in Griechenland heimisch zu machen. Dorthin waren nur erst einzelne Bruchstücke gekommen, nun aber sollte das Griechenvolk das ganze Gedicht erhalten und Lykurg erwarb sich das hohe Verdienst, dies Ganze zu überbringen, das von allen Griechenstämmen mit Begeisterung ausgenommen und ein Mittel ward, daß sich die einzelnen Griechenvölker als eine Nation fühlten. Durch die Griechen sind aber die Gesänge des Homer ein Weltbuch geworden für alle gebildeten Völker der Erde. Zu Lacedämon wurde Lykurg schmerzlich vermißt und mehrere Male gingen Gesandte an ihn ab, um ihn einzuladen, bald zurückzukehren und die wankende Ordnung des Staates durch neue bessere Gesetze wieder zu befestigen. Er kehrte zurück, erkannte aber sogleich, daß einzelne Gesetze nichts fruchten würden; die ganze Verfassung mußte umgestaltet werden. Mit solchen Gedanken erfüllt, wanderte er zunächst nach Delphi, um das Orakel zu befragen. Er verrichtete sein Opfer und gleich beim Eintritt in die Halle empfing er den berühmten Ausspruch der gottbegeisterten Priesterin Pythia: O Lykurgos, du kommst zu meinem gesegneten Tempel, Werth und theuer dem Zeus und den sämmtlichen Himmelsbewohnern. Soll ich als Gott dich begrüßen, so frag' ich mich, oder als Menschen, Ja, ich meine, du bist wohl eher ein Gott, o Lyknrgos 1 Zugleich erhielt er die Erklärung: Der Gott Apollo genehmige seine Bitte um gute Gesetze und bewillige ihm eine Verfassung, die weit besser sein würde, als alle übrigen. 3. Hierdurch ermuthigt, schritt er zum Werk. Zuerst vertrauete er seinen Plan nur seinen Freunden, zog dann immer Mehrere auf seine Seite und suchte die vornehmsten Bürger für sein Unternehmen zu gewinnen. Als nun sein Vorhaben zur Reife gediehen war, mußten dreißig der angesehensten Lacedämonier in der Frühe des Morgens bewaffnet auf dem Markte erscheinen, um die Gegner einzuschüchtern und jeden Widerstand zurückzuschrecken. Der König Charilaos, in der Meinung, daß dieser Anschlag gegen ihn gerichtet sei, flüchtete sich in den Tempel der Athene, als man ihm aber seine Sicherheit durch Eidschwüre bekräftigte, ließ er sich bewegen, den Zufluchtsort zu verlassen und unterstützte nun selber den Lykurg. Die erste und wichtigste unter den neuen Einrichtungen war die Einsetzung eines Senats, d. i. eines Rathes der Alten. Dieser Senat (Gerusia genannt) bestand aus 28 unbescholtenen Männern, die über 60 Jahr alt waren, und hatte mit den Königen gleiches Stimmrecht. Eine sehr heilsame Anordnung! Denn während bis dahin Könige und Volk um die Herrschaft gerungen hatten und der Staat immer zwischen beiden Parteien schwankte: so diente nun der Senat, zwischen beide sich bekämpfenden Mächte in die Mitte gestellt, wie der Ballast in einem Schiffe — er erhielt das Gleichgewicht. Wollte das Volk zu viel fordern,

10. Die vorchristliche Zeit - S. 95

1877 - Leipzig : Brandstetter
95 daß er für sein Vaterland zu sterben wisse." Die spartanischen Schwerter waren kurz, „denn" — sagte einst ein Spartaner — „wir lieben es, dem Feinde nahe zu sein." Eine Schlacht war ihnen ein Fest; geschmückt und mit fröhlichem Schalle der Flöten zogen sie in das Treffen. Ihre Sprache war kurz und treffend, oft witzig. Eine witzige Antwort war sehr beliebt und daher nennt man noch immer eine kurze, bedeutsame, witzige Rede lakonisch. Ein athenischer Redner nannte die Laeedämonier unwissende Menschen. „Du hast Recht," entgegnete der Spartaner, „denn wir allein unter den Griechen haben nichts Böses von euch gelernt." Von Kunst und Wissenschaft, wie sie in Athen zur Blüthe gelangten, war freilich in Sparta keine Rede, darauf hatte es aber auch Lykurg nicht abgesehen. Als nun so die Gesetze des großen Mannes in das Leben seiner Landsleute eingedrungen waren und das Orakel zu Delphi Alles gebilligt hatte, ließ er die Bürger schwören, so lange den Gesetzen treu zu bleiben, bis er von einer Reise in's Ausland zurückgekehrt wäre. Der Eid ward geleistet. Lykurgos nahm Abschied, kehrte aber nimmer zurück. Man sagt, er habe sich freiwillig der Speise enthalten und sich so den Tod gegeben, damit seine Mitbürger an den Eid gebunden blieben. Sein Ende war geheimnißvoll, aber es erhöhte den Werth seiner Gesetze. Sparta war der erste und mächtigste Staat in Griechenland, so lange es den Vorschriften Lykurg's treulich folgte. S o l o n. i. In den ältesten Zeiten herrschten Könige über Athen, gute und schlechte, wie es eben kam. Die Athener hatten manche Kämpfe zu bestehen mit ihren Nachbarn; sie geriethen aber besonders in Noth, als die reichen kriegslustigen Dorier (die Athener gehörten zum milderen jonischen Stamme, während die Spartaner ihre dorische Stammesart nie verleugnen konnten) in das Gebiet von Attika einbrachen. Es war ge-weissagt worden, die Dorier würden siegen, wenn der König der Athener, Kodrus mit Namen, am Leben bliebe. Da beschloß der edelmüthige König, für sein Vaterland zu sterben. Er verkleidete sich in einen athenischen Bauer, fing im Lager der Feinde Händel an und wurde erschlagen. Bald wurde es ruchbar, wer dev Erschlagene sei, die Dorier zweifelten an dem Siege und zogen wieder ab. Als so der letzte athenische König sich für das Vaterland geopfert hatte, schafften die Athener, welche nicht mehr von Königen regiert sein wollten, die Monarchie ab und strebten zur Republik, in welcher das Volk regiert. An die Spitze der neuen Republik stellten sie einen Archonten oder Staatsverweser, der königliche Macht besaß, aber nicht erblich. Aus
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