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1. Größeres Handbuch für Schüler zum Gebrauche bei dem Unterrichte in Bürgerschulen und höheren Unterrichtsanstalten - S. 58

1874 - Leipzig : Klinkhardt
58 Nordamerika, früher mit Urwäldern bedeckt, wurde seit 1496 wegen des Stockfischfanges von den Engländern besucht und seit 1585 mit Kolonisten an den Küstenländern bevölkert. Der Quäker William Penn gründete Philadelphia und baute Pennsylvanien an. In Folge der Eifersucht der Franzosen entstand der Kolonialkrieg (1755—62) Eng- lands gegen Frankreich und Spanien, der 1762 in Paris zu Gunsten Englands sich entschied. Als die Kolonisten die Kriegskosten mit decken sollten und ihr billiger Wunsch, ins Parlament Abgeordnete mitschicken zu dürfen, unerfüllt blieb, entstanden (1764—65) Gährungen wegen Stempel- steuer und Einfuhrzölle auf Thee re., welche (1775—83) den Freiheits- krieg mit England herbeiführten. Der Oberfeldherr Georg Washing- ton, Pflanzer aus Virginien, vorsichtig, wachsam, feurig und heldenkühn, im Glücke nie vermessen und im Unglücke ungebeugten Muthes, war gleich groß als Krieger, wie als Staatsmann. Benjamin Franklin (Sohn eines Seifensieders, von 17 Geschwistern das jüngste Kind, Buchdrucker, Generalpostmeister, Erfinder des Blitzableiters) vertrat die Rechte seiner Landsleute in England, später als Gesander in Paris, und starb 1790. — 1776 erklärten 13 Staaten ihre Unabhängigkeit. Bourgogne wurde mit 10,000 Briten und erkauften deutschen Soldaten 1777 bei Saratoga durch Gates gefangen genommen. Fremde Hilfe brachten La Fayette (tapfer, weise, der thätige Zeuge dreier welterschütternder Revolutionen) und Kvsciusko. Als 178t oer Landkrieg endete, wurde der Krieg auf den europäischen Meeren fortgesetzt. Bei Belagerung Gibraltars 1782 durch die Franzosen und Spanier richteten die glühenden Kugeln der Engländer unter Elliot furchtbare Verheerungen an. Im Frieden zu Paris, 1783, wurde die Unabhängigkeit Nordamerikas, das in Washington 1781—97 seinen Präsidenten erhielt, anerkannt. Allgemeines. Französische Sprache und Sitten griffen überall um sich, der Lupus bewirkte namentlich in großen Städten sichtbar Verschlech- terung der höchsten und niedrigsten Stände. — Erfindungen: Luftpumpe von Otto v. Guerike (i 1686), Pendeluhren in Holland, Sprachrohr, Blatternimpfung durch Dr. Jenner, Pianoforte von Schröder, Porzellan von Böttger, Luftschiffe von Mongolsier, Kattundruckereien in Sachsen, Dampfmaschinen. — Gelehrte: Leibnitz, f 1716, Philosoph und Mathe- matiker; Newton, ï 1727,Mathematiker und Naturforscher; Linnó,-s l778, Naturforscher zu Upsala. — Musiker: Bach, Händel, Graun, Haydn, Mozart. — Maler: Mengs, Canova. — Orgelbauer Silbermaun. — Ackerbau, Handel, Gewerbe, Fabriken heben sich. Kartoffeln allgemein verbreitet. Veredelte Schafe. Ausbildung der Staatswissenschaft. Gre- gorianischer Kalender allgemein eingeführt.

2. Vaterland und Weite Welt - S. 81

1894 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
81 Elefanten über die eingepackte Menschheit werfen und darauf Geflügel und Fische und Schlangen und alles, was kriecht und fliegt, sie würde doch nicht voll, wenn wir nicht zu Felsen und Gebirgen unsere Zuflucht nähmen. — Und das alles ist nur eine einzige Kubikmeile! Gewiss, man bekommt Respekt vor einer Kubikmeile. Bernstein. 58. Die Sonne. Die Sonne, so nahe sie zu sein scheint, wenn sie früh hinter den Bergen in die frische Morgenluft hinaus schaut, ist doch zwanzig Millionen Meilen weit von der Erde entfernt. Weil aber eine solche Zahl sich geschwinder aussprechen als erwägen und ausdenken lässt, so merke: Wenn auf der Sonne eine grosse, scharf geladene Kanone stünde, und der Konstabler, der hinten steht und sie richtet, zielte auf keinen andern Menschen als auf dich, so dürftest du deswegen in dem näm liehen Augenblicke, als sie losgebrannt wird, noch herzhaft anfangen, ein neues Haus zu bauen und könntest darin noch lange Zeit ruhig essen und trinken und schlafen. Denn wenn auch die Kugel in schnurgerader Richtung und immer in gleicher Geschwindigkeit fort und fort flöge, so könnte sie doch erst nach Verlauf von fünf und zwanzig Jahren von der Sonne hinweg auf der Erde anlangen, wiewohl eine Kanonenkugel einen scharfen Flug hat und zu einer Weite von 200 m nicht mehr als den sechzigsten Teil einer Minute bedarf. Dass nun weiter die Sonne nicht bloss eine glänzende Fensterscheibe des Himmels, sondern, wie unser Erd- körper, eine schwebende Kugel sei, begreift man schon leichter. Aber wer vermag mit seinen Gedanken ihre Grösse zu umfassen, nachdem sie aus einer so entsetzlichen Ferne solche Kraft des Lichts und der Wärme noch auf die Erde ausübt und alles segnet, was ihr mildes Antlitz bescheint? Der Durchmesser der Sonne ist 108 mal grösser als der Durch- messer der Erde. Aber im Körpermasse beträgt ihre Masse fast andert- halb Millionen mal so viel als die Erde. Wenn sie inwendig hohl wäre, so hätte nicht nur unsere Erde in ihr Raum, auch der Mond, der doch 50 000 Meilen von uns absteht, könnte darin ohne Anstoss auf- und niedergehen, ja, er könnte fast noch einmal so weit von uns entfernt sein, als er ist, und doch ohne Anstoss um die Erde herumspazieren, wenn er wollte. So gross ist die Sonne und geht aus der nämlichen allmächtigen Hand hervor, die auf der Erde das Mohnsamenkörnlein in seiner Schale bildet und zur Reife bringt; eines so unbegreiflich wie das andere. Denn sollten wir eine Sonne und ein Mohnsamenkörnlein machen, mit einem fruchtbaren Keime darin, uns wäre beides gleich unmöglich. Hebel. 59. Was ruft der gestirnte Himmel uns zu? Alles in der Natur ist lehrreich, das Kleine wie das Grosse, das Leblose wie das Lebendige, die Teile wie das Ganze. Vernehmbar redet Vaterland unk Weite Welt. 6

3. Das Vaterland - S. 119

1885 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
119 fläche aber beträgt über 9 Millionen Meilen im Gevierte, und davon sind über zwei Dritteile Wasser und ein Dritteil Land. Ihre ganze Masse aber beträgt mehr als 2662 Millionen Meilen im Kubikmaße. Das haben die Gelehrten mit großer Genauigkeit ausgemessen und ausgerechnet und sprechen davon wie von einer gemeinen Sache. Aber niemand kann die göttliche Allmacht begreifen, die diese ungeheuer große Kugel schwebend in der unsicht- baren Hand trägt und jedem Pflänzlein darauf seinen Tau und sein Ge- deihen giebt und dem Kindlein, das geboren wird, einen lebendigen Odem in die Nase. Man rechnet, daß jetzt 1400 Millionen Menschen zu gleicher Zeit auf der Erde leben und bei dem lieben Gott in die Kost gehen, ohne die Tiere. So viel für diesmal von der Erde. Gleichwohl, wenn ein Mensch von derselben sich aufheben und in gerader Richtung langsam oder geschwind zum Abendstern aufsteigen könnte, der unter allen Sternen mit der nächste ist (Merkur ist noch näher), so würde er noch merkwürdigere Dinge sehen. Der Stern würde vor seinen Augen immer größer werden, zuerst wie der Mond, bald darauf wie ein großes Rad, zuletzt wie eine unübersehbare Kugel oder Fläche. Sein Licht würde ihm immer milder erscheinen, weil es sich immer über eine größere Fläche verbreitete, ja er würde in einer gewissen Entfernung davon schon Berge und Thäler entdecken und zuletzt auf einer neuen Erde landen. Aber in dem nämlichen Verhältnisse müßte unter ihm die Erde immer kleiner werden, und glänzender ihr Licht, weil es sich auf einen kleinen Raum zusammendrängt. In einer gewissen Entfernung hätte sie für ihn noch den Umfang wie ein großes Rad, hernach wie eine Schützenscheibe, hernach wie der Mond, und endlich, wenn er gelandet wäre, würde er sie weit draußen am Himmel als einen lieblichen Stern unter den anderen erblicken und mit ihnen aus- und untergehen sehen. „Sieh dort", würde er zu dem sagen, mit dem er zuerst bekannt würde, „sieh jenen lieblichen Stern; dort bin ich daheim, und mein Vater und meine Mutter leben auch noch dort. Die Mutter ist eine geborene Soundso." Es müßte ein wunder- sames Vergnügen sein, die Erde unter den Sternen des Himmels und ganz als Ihresgleichen wandeln zu sehen. Hebel. 82. Die Sonne. Die Sonne, so nahe sie zu sein scheint, wenn sie früh hinter den Bergen in die frische Morgenluft hinauf schaut, ist doch zwanzig Millionen Meilen weit von der Erde entfernt. Weil aber eine solche Zahl sich geschwinder aussprechen als erwägen und ausdenken lässt, so merke: Wenn auf der Sonne eine grosse, scharf geladene Kanone stünde, und der Konstabler, der hinten steht und sie richtet, zielte auf keinen andern Menschen als auf dich, so dürftest du deswegen in dem näm- lichen Augenblicke, als sie losgebrannt wird, noch herzhaft anfangen, ein neues Haus zu bauen und könntest darin noch lange Zeit ruhig essen und trinken und schlafen. Denn wenn auch die Kugel in schnurgerader Richtung und immer in gleicher Geschwindigkeit fort und fort flöge, so

4. Das Vaterland - S. 95

1885 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
95 5. Mit Mann und Roß und Wagen, so hat sie Gott geschlagen; Feldherr'n ohne Witz, Stückleut' ohn' Geschütz, Flüchter ohne Schuh, nirgends Rast und Ruh. 6. Mit Mann und Roß und Wagen, so hat sie Gott geschlagen; Speicher ohne Brot, aller Orten Not, Wagen ohne Rad, alles müd' und matt, Kranke ohne Wagen; so hat sie Gott geschlagen. Arndt. 57. An mein Volk. So wenig für mein treues Volk, als für Deutsche bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt; klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor Augen. Wir erlagen unter der Über- macht Frankreichs. Der Friede, der die Hälfte meiner Unterthanen mir entriß, gab uns seine Segnungen nicht, denn er schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen. Die Haupt- festungen blieben vom Feinde besetzt, der Ackerbau ward gelähmt, so wie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels war gehemmt, und dadurch die Quelle des Erwerbes und des Wohlstandes verstopft. Das Land ward ein Raub der Verarmung. Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten hoffte ich meinem Volke Erleichterung zu schaffen und den französischen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein eigener Vorteil sei, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber meine reinsten Absichten wurden durch Übermut und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Ver- träge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über unsern Zustand schwindet. Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Lithauer! Ihr wißt, was ihr seit sieben Jahren erduldet habt; ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, an den großen Friedrich! Bleibet eingedenk der Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft! Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, gedenkt der Spanier und der Portugiesen; selbst kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen; erinnert euch an die heldenmütigen Schweizer und Niederländer! Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden, denn unser Beginnen ist groß, und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Ihr werdet jene lieber bringen für das Vaterland, für euren angeborenen König, als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, eure Söhne und eure letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd sind. Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Mut und der mächtige Beistand unserer Bundesgenossen werden unseren redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn gewähren. Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben,

5. Das Vaterland - S. 236

1900 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
236 nommen. Die Kerzen am Weihnachtsbaum können des Mittags um 12 Uhr im Dunkeln angezündet werden, und wer will, kann des Morgens um 6 Uhr zu Bett gehen und des Abends um 6 Uhr wieder aufstehen; es ist alles einerlei. Finster ist es und bleibt es, so daß mancher zuletzt gar nicht mehr wissen mag, ob es denn eigentlich Tages- oder Nachtzeit ist. Gewiß würden einem guten Deutschen die Thränen in die Augen treten, sollte er die Sonne auf mehrere Monate scheiden sehen. Dem Bewohner des Nordens ist dies auch nicht angenehm, und sicherlich ist große Freude, wenn die Lampe wieder ausgelöscht werden kann. Alt und jung schauen in den Tagen, wo die Sonne wieder erscheint, erwartungsvoll nach der Gegend am Himmel, wo das feierliche Morgenrot das Herannahen des lang- ersehnten Tagesgestirns verkündet. So wird der Winter hier von einer mehrere Monate langen Nacht begleitet, wogegen der Sommer durch ebensolange Gegenwart der Sonne entschädigt. So gut es aber auch dann die Sonne meint, ein Sommer in unserm deutschen Vaterlande ist mir doch lieber als im hohen Norden von Schweden und Norwegen. Zwar überziehen sich in kurzer Zeit die Thäler mit Grün, auch fehlt es nicht an Blüten mancherlei Art, und die Wärme steigert sich mit jeder Stunde, da die abkühlende Nacht nicht eintritt, — aber an Kirschen und Birnen ist nicht zu denken, ja nicht einmal an Kartoffeln; und Brot aus Roggen gilt als Leckerbissen. Wer dort wohnt, der bekommt keinen andern Vaum zu sehen als die Tanne oder die Birke, und wer aus unserm Vaterlande dorthin ziehen will, der nehme nur Abschied von den Buchenwäldern und Obstbäumen, von der Weinrebe und den Weizenfeldern. Anfangs begleiten ihn auf seiner Reise zum Eismeer hin zwar noch alte Bekannte: Apfelbäume, Birnbäume, Buchen und Eichen; aber je weiter er reist, je mehr bleibt einer nach dem andern zurück, bis er zuletzt nur noch die düstere Tanne und die zierliche Birke neben sich schaut. Aber ehe er sich's versieht, sind auch diese zu Zwergen zusammengeschrumpft, die kauernd hinter Klippen und in Schluchten Schutz suchen. Hält er noch immer nicht an in seiner Wanderung, so nehmen auch diese von ihm Abschied, und nun er- innert ihn nur noch Weideugebüsch an sein Heimatland, bis auch dieses verschwindet. Endlich überzieht noch das Heidekraut das endlose Wellenland, Moose und Flechten polstern den Boden und triumphieren als die einzig Unüberwindlichen siegreich über die Feinde alles Lebens, über Frost und Schnee. Das Blöken der Schaf- und Rindviehherden hat sein Ohr schon längst nicht mehr vernommen; schöne, kräftige Hirten hat sein Auge schon längst nicht mehr gesehen. Die Menschen, die er hier und dort etwa antrifft, kommen ihm fremdartig vor, kleiner als daheim, mit einem andern Schnitt der Kleider und einem andern Schnitt des Gesichtes. Es sind die Lappländer, mit welchen er im äußersten Norden von Schweden und Norwegen Bekanntschaft macht. Das wichtigste Tier in dieser Gegend ist das Renntier, ohne

6. Das Vaterland - S. 388

1900 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
388 Ja, schlagt sie nieder — die Unvorsichtigkeit hat es gethan. Jetzt wurde nicht mehr gejauchzt und musiziert und auch kein Schuß mehr losgelassen. Der Holzstoß brach zusammen. Der Mond sank langsam hinter die Wipfel. Der Auerhahn schlug im Walde, und einzelne Vögel begannen schon zu zwitschern. Die fernen östlichen Berge grenzten sich scharf vom Himmel ab. Die Morgenröte ging auf. Da trug man von der Anhöhe eine Leiche in das Thal hinab. Noch vor wenigen Stunden so jung und schön und frisch wie der neuerwachte Frühling, und jetzt —. Ja, es ist recht, schlagt sie nieder, die Unvorsichtigkeit, die so viel Unglück in die Welt bringt! Peter Rosegger. 269. Die Posaune des Gerichts. Gerade dort, wo die Gemarkungen zweier Dörfer sich scheiden, mitten im Walde, wurde in der Frühlingsnacht zur Zeit des Vollmondes eine schreckliche That vollbracht. Ein Mann kniete auf einem andern, der leblos dalag. Eine Wolke verhüllte das Antlitz des Mondes; die Nachtigall hielt inne mit ihrem schmettern- den Gesang, als der Knieende den Dahingestreckten aussuchte und alles, was er fand, zu sich steckte. Jetzt nahm er ihn auf die Schulter und wollte ihn hinabtragen an den Strom, der fern- her rauschte, um ihn dort zu versenken. Plötzlich blieb er stehen, keuchend unter der toten Last. Der Mond war herausgetreten und warf sein sanftes Licht durch die Stämme, und es war, als ob auf den Strahlen des Mondes die Töne eines herzergreifenden Liedes getragen würden. Ganz nahe blies ein Posthorn die Weise des Liedes: „Denkst du daran!“ Der Wiederhall in Thal und Feld gab es zurück, und es war, als ob die Berge und Bäume sängen: „Denkst du daran!“ Dem Tragenden war’s, wie wenn die Leiche auf seinem Rücken lebendig würde und ihn erwürge. Schnell warf er die Last ab und sprang davon, immer weiter und weiter. Endlich am Strome blieb er stehen und lauschte hin; alles war still, und nur die Wellen flössen schnell dahin, als eilten sie fort von dem Mörder. Dieser ärgerte sich jetzt, dass er die Spuren seiner That nicht vertilgt hatte und sich von sonderbarer Furcht forttreiben liess. Er eilte nun zurück, wan- delte hin und her, bergauf und bergab; der Schweifs rann ihm von der Stirn; es war ihm, als ob er Blei in allen Gliedern hätte. Mancher Nachtvogel fuhr flatternd auf. wenn er so durchs Dickicht drang; aber nirgends fand er das Gesuchte. Er hielt an, um sich zurecht zu finden, um sich die Gegend genau zu vergegenwärtigen; aber kaum war er drei Schritte gegangen, so war er in der Irre. Alles flimmerte vor seinen Augen, und es war ihm, wie wenn die Bäume auf- und niederwandelten und ihm den Weg verstellten. Der Morgen brach endlich an; die

7. Die weite Welt - S. 99

1882 - Leipzig : Klinkhardt
alles geriet bei uns ins Stecken; wo wir erschienen und pochten an, ward nicht gegrüfst noch aufgethan. Wir mussten uns drücken von Ort zu Ort, der alte Respekt war eben fort. Die Sachsen. Da nahm ich Handgeld von den Sachsen; meinte, da müsste mein Glück recht wachsen. Sollten da strenge Mannszucht halten, durften nicht recht als Feinde walten, mussten des Kaisers Schlösser bewachen, viel Umstand’ und Komplimente machen, führten den Krieg, als wär’s nur Scherz, hatten für die Sach’ nur ein halbes Herz, wollten’s mit niemand ganz verderben, kurz, da war wenig Ehr’ zu erwerben. Und ich wär’ bald vor Ungeduld wieder heimgelaufen zum Schreibepult, wenn nicht eben auf allen Strassen der Friedländer hätte werben lassen. Die Wallensteiner. Seitdem denk’ ich an kein Entlaufen. Kann’s der Soldat wohl besser kaufen? Da geht alles nach Kriegessitt’, hat alles ’nen grossen Schnitt, und der Geist, der im ganzen Corps thut leben, reisset gewaltig, wie Windesweben, auch den untersten Reiter mit. Da tret’ ich auf mit beherztem Schritt, darf über den Bürger kühn wegschreiten, wie der Feldherr über der Fürsten Haupt. Es ist hier wie in den alten Zeiten, wo die Klinge noch alles thät bedeuten; da giebt’s nur ein Vergeh’n und Verbrechen; der Ordre fürwitzig widersprechen! Was nicht verboten ist, ist erlaubt; da fragt niemand, was einer glaubt. Es giebt nur zwei Ding’ überhaupt, was zur Armee gehört und nicht, und nur der Fahne bin ich verpflichte. —- Der führt’s Kommando nicht wie ein Amt, wie eine Gewalt, die vom Kaiser stammt! Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst; was bracht’ er dem Kaiser für Gewinst? Was hat er mit seiner grossen Macht zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht? 7*

8. Die weite Welt - S. 261

1882 - Leipzig : Klinkhardt
261 flogen. Massen von ihnen wurden vernichtet, eine Woche und länger genoss die Bevölkerung nichts als das Fleisch oder das Fett der Tauben, und es war von nichts als von Wildtauben die Rede. Die Luft war währenddem gesättigt von der eigentümlichen Ausdünstung, welche dieser Art eigen ist. Vielleicht ist es unnütz, eine Schätzung aufzustellen von der An- zahl der Tauben, welche ein solcher Schwarm enthält, und von der Menge der Nahrung, welche er vertilgt. Nimmt man an, dass der Zug eine Meile breit ist — was durchaus nicht übertrieben genannt werden darf — und dass er bei der angegebenen Schnelligkeit ununterbrochen drei Stunden währt, so erhält man ein Parallelogramm von 180 eng- lischen Geviertmeilen. Rechnet man nur zwei Tauben auf die Geviertelle, so ergiebt sich, dass der Zug aus einer Billion, hundert und fünfzehn Millionen, hundert und sechsunddreifsigtausend Stück Wandertauben be- steht. Da nun jede Taube täglich einen halben Spint an Nahrung be- darf, braucht der ganze Zug eine Menge von acht Millionen, siebenhun- dert und zwölftausend Busheis (engl. Scheffel) täglich. Sobald die Tauben Nahrung entdecken, beginnen sie zu kreisen, um das Land zu untersuchen. Während ihrer Schwenkungen gewährt die dichte Masse einen prachtvollen Anblick. Je nachdem sie ihre Richtung wechseln und die obere oder untere Seite dem Beobachter zukehren, er- scheinen sie bald blau, bald purpurn. So ziehen sie niedrig über den Wäldern dahin, verschwinden zeitweilig im Laubwerk, erheben sich wieder und streichen in höheren Schichten fort. Endlich lassen sie sich nieder. Sobald sie gefasst haben, sieht man sie emsig die welken Blätter durchstöbern, um nach der zum Boden gefallenen Eichelmast zu suchen. Die Nahrungsmenge, welche vom Boden aufgesucht wird, ist erstaunlich gross; aber das Aufsuchen geschieht so vollkommen, dass eine Nachlese vergebliche Arbeit sein würde. Während sie fressen, sind sie zuweilen so gierig, dass sie beim Verschlucken einer Nuss oder Eichel keuchen, als ob sie ersticken müssten. Ungefähr um die Mitte des Tages, nachdem sie sich gesättigt haben, lassen sie sich auf den Bäumen nieder, um zu ruhen und zu verdauen. Wenn die Sonne niedersinkt, fliegen sie massenhaft den Schlafplätzen zu, welche gar nicht selten Hunderte von Meilen von den Futterplätzen entfernt liegen. Betrachten wir nun einen dieser Schlafplätze, meinetwegen den an dem grünen Flusse in Kentucky, welchen ich wiederholt besucht habe. Er befand sich in einem hoch bestandenen Walde, welcher nur wenig Unterwuchs hatte. Ich ritt vierzig Meilen in ihm dahin und fand, da ich ihn an verschiedenen Stellen kreuzte, dass er mehr als drei Meilen breit war. Als ich ihn das erste Mal besuchte, war er ungefähr vier- zehn Tage zuvor in Besitz genommen worden. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang kam ich an. Wenig Tauben waren zu sehen; aber viele Leute mit Pferden und Wagen, Gewehren und Schiefsvorrat hatten sich rings an den Rändern aufgestellt. Zwei Landwirte hatten über drei- hundert Schweine mehr als hundert Meilen weit hergetrieben, in der

9. Die weite Welt - S. 293

1882 - Leipzig : Klinkhardt
293 mit sie nicht das Übergewicht bekommt. Wie die Zieh- und Flieh- kräfte in dem großen Weltenraume die Himmelskörper in ihrem Gleise erhalten, so kämpfen verwandte Kräfte unaufhörlich in leisen, unmerk- lichen Schwingungen auch in dem starren Steine, mag er es zur Krystallform gebracht haben oder nicht, um ihm seine Gestalt zu erhalten. Aber nicht nur hartes Gestein ist in der Erde verbor- gen, es liegt auch eine ganze Tier- und Pflanzenwelt in ihr vergraben, und der geöffnete Mund der Erde erzählt von einer unter- gegangenen Schöpfung, die kein Auge gesehen, auf daß wir uns beu- gen vor der Macht dessen, der Berge emporrichtete und Thäler ver- senkte, der die Feuerflammen zu seinen Dienern und die Winde zu seinen Boten machte. Da liegen in hartem Gestein eingebettet: schwimmende und fliegende Eidechsen von abenteuerlicher Gestalt, kletternde und grabende Faultiere von Schrecken erregender Größe, riesige Elefanten mit gewaltigen Stoßzähnen, Bären und Hyänen, Flußpferde und Seefische. Selbst auf hohen Bergen, wo jetzt der Hirt das Rind und die Ziege weidet und der Jäger das scheue Wild jagt, findet man unter dem duftenden Grase die Überreste von See- tieren, die einst über diesem Boden in den Fluten ihr Wesen trieben. Reiche Ernte hat da der Tod unter großen und kleinen Tieren ge- halten. Ist doch mancher Leichenstein der untergegangenen Tierleiber so mit dem Fette derselben getränkt, daß er brennt wie ein Docht, wenn man ihn ins Feuer hält; findet man doch bei genauer Unter- suchung, daß zwei Drittel eines Kreidestücks aus den kleinen Schalen untergegangener Geschöpfe bestehen. Das Meer ist der Totengräber gewesen, und staunend sieht der Mensch die Knochenleiber in diesen ersten Friedhöfen, wo unter dem heißen Kampfe aller Elemente die ältesten Leichen bestattet wurden. Auch Waldungen von üppigem Wüchse und undurchdringlichem Dickicht senkte das entfesselte Meer ein, als sollten jenen Friedhöfen auch die Trauerweiden und Toten- eschen nicht fehlen. Als Steinkohlen graben wir jetzt diese eingesenk- ten Wälder wieder aus. In den feinschlammigen Zwischenschichten derselben findet man noch die Blätter zart und zierlich abgedrückt und die versteinerten Stämme oft noch senkrecht emporstehen. So üppig aber auch der Wuchs jener Wälder gewesen sein mag, so einförmig und öde standen doch viele von ihnen da. Farnkraut, Schachtel- halm und Bärlapp sind nicht selten die einzigen Pflanzen gewesen, die dicht gedrängt emporgeschossen waren. Keine duftende Blüte schmückte das dunkle Grün, keine wohlschmeckenden Früchte zierten die Zweige, kein liederreicher Sänger nistete in ihrem Schatten. Nur gespensterhafte Tiere sind in ihnen mit ihren Schreckensgestalten auf- gefunden worden. So liegt eine ganze Urwelt vergraben im Schoße der Erde und zeigt uns mitten unter dem starren Gestein ein längst vergangenes Leben. Als aber die allmächtige Hand dem langen Kampfe aller Elemente Grenze und Ziel setzte und die Meßschnur

10. 1 = 5. Schulj. - S. 13

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
13 plötzlich deren Nachhut an. Noch ahnte Varus nicht den ganzen Umfang der Gefahr und hielt für Übermut einzelner, was Plan und kluge Berech- nung war. Denn zuerst wollte Armin die römische Kriegsmacht schwächen und zerbröckeln, um dann die Trümmer desto sicherer zermalmen zu können. Es kamen und schwanden die Rächer wie Schatten der Nacht. Bald hier, bald dort fiel ein Römer im Engpaß. In dem Gedränge konnte Varus die Gefahr nicht überschauen; er befahl, geschlossenen Marsch zu halten, aber in der Wildnis war dies unmöglich. Endlich neigte sich der Tag, und Varus gebot dem Heere, Halt zu machen, sich zu ver- schanzen, so gut es ginge, und zu verbrennen, was vom Gepäck über- flüssig sei und im Zuge nur hindern könne. Am andern Tage rückte das Heer, immer von den Deutschen umschwärmt, doch in bester Ord- nung, in der Ebene weiter, die sich an der Werra ausdehnt, und gelangte in die Gegend von Detmold, wo die hohe Teutoburg ragte. Da wird auf einmal jeder Busch lebendig, aus jeder Bergschlucht raschelte es wie viele hundert Schlangen empor, und die uralten Bäume schüttelten, wie sonst nach dem Wetter Regentropfen, jetzt Pfeile ohne Zahl auf die er- schrockenen Römer herab. Der Himmel wollte auch nicht feiern und half den Deutschen mit Sturm und Regen. Von den Güssen unterwühlt, sank die deutsche Erde unter des Römers Füßen ein; im losen Erdreich schwankend, vom Sturm gerüttelt, stürzten die deutschen Eichen über die Unterdrücker hin und zermalmten sie im Falle. Überall dringen die Deutschen heran; Schritt für Schritt kämpft der Feind um den Boden, auf dem er steht, um den Weg, um jeden Baum und Stein, und er kommt nicht eher zu Atem, als bis die Nacht hereinbricht. Da läßt Varus abermals Lager schlagen, und ermattet sinken die Römer hin; aber in jedem Augenblicke scheucht der Deutschen Kriegsgeheul sie aus der kurzen Nachtruhe empor. Als der dritte Morgen tagt, entdecken sie erst wie licht es in ihren Reihen geworden ist. Mann an Mann geschlossen, brechen sie auf und kommen aufs offene Land, das die „Senne" heißt. Da sehen sie mit Grausen die ganze Macht der Eidgenossen vor sich ent- faltet. Ringsum Deutsche, nirgends ein Ausweg! Für alle Tapferkeit ist nichts mehr feil als der Tod. Jauchzend stürzt jetzt die Eidgenossen- schaft in der verzweifelnden Römer starre Reihen. „Die Freiheit, die Freiheit!" schallt's wie Donner des Himmels den Römern in die Ohren. Wie die Saat unter Hagelschloßen sinken die Tapfersten unter deutschen Hieben nieder. Armin selbst ist überall; hier ordnet er als Feldherr die Schlacht und ruft: „Drauf, Brüder, drauf!" dort kämpft er mit der Kraft von zehn Männern, Stirn an Stirn; kein Eidgenosse, der nicht mit ihm um den Preis wetteifert! Des Feindes Scharen sind zersprengt; nur wenige wilde Haufen ragen noch aus dem Meere der Schlacht empor. Jetzt wird die Flucht allgemein; doch die meisten rennen blind in die Spieße der Deutschen. Da faßt Verzweiflung das Herz des Varus, und er stürzt sich in sein eigenes Schwert, um sein Unglück und seine Schmach nicht zu überleben. Nur wenige aus dem großen Römerheer entrinnen; die meisten lagen auf dem Walplatze.
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