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1. Bd. 6 - S. 471

1845 - Leipzig : Kollmann
in den ersten Tagen des November daß Volk durch Aufrufe zu Ni'ederlcgung der Waffen zu ermahnen und dem französischen Genera! Drouet, Grafen von Erlen, desgleichen dem Vicekdnig Eugen, Unterwerfungsschrciben zu senden; aber irre geleitet durch Berichte Kolb's von Erneuerungen der Feindseligkeiten und vom Heranzuge der Oesterreicher aus Kärnten, und halb gezwungen von mehreren Wüthcndcn, die sich noch durch einen kühnen Streich bemerkbar machen, oder ihre Flucht sichern wollten, erließ der leichtgläubige, zwischen verschiedenen Entschlüssen hin und her schwankende Mann eine Woche später, am 15. November, aus Saltóns im Passeier Thale einen neuen Aufruf an die Ober- Innthaler zu Wiederergreifung der Waffen. „Streitet mit uns als Brüder — hieß cs darin —; denn wenn wir uns den Fein- den ergeben wollen, werdet ihr sehen, daß binnen vierzehn Tagen ganz Tirol von jungen Leuten beraubt, und zuletzt unsere Gottes- häuser und Klöster, wie auch Religion vernichtet, und sammk den Feinden die ewige Verdammm'ß uns zubereitet ftyn würde." — Dieser Mißgriff Hofers, der in der That noch viel unnützes Blut- vergießen nach sich zog, ward die Veranlassung, daß die zuge- sicherte Amnestie für verwirkt, und er für vogelfrei erklärt ward. Zwei Monate lang verbarg er sich mit seiner Familie in einer Alpenhöhle im Paffeier Thale unter Schnee und Eis den Nach- forschungen seiner Verfolger; bis der Priester Donay, der früher sein Vertrauter, jetzt ein Diener der Sieger geworden war, den Mann, welcher die Speisen hinauftrug, an die Franzosen verriet!), und diese nun, unter erzwungener Führung desselben, am Z0. Januar 1810 — an demselben Tage, an welchem Hofer seinen Zufluchtsort verändern wollte — zu seiner Hütte gelangten» Auf das erste Anklopfen trat er hervor und bekannte sich als den Gesuchten, mit der Bitte, seines Weibes und seiner Kinder zu schonen. Man führte ihn in Ketten — seine Frau, seinen zwölf- jährigen Sohn, seine Tochter und seinen Schreiber mit ihm — durch die Städte Meran und Botzen, durch lange Spaliere französischer Soldaten. In Botzen, wo ihm Genera! Baraguay d'hilliers die Ketten abnehmen und ein anständiges Gefängniß anweisen ließ, kam Befehl, seine Familie frei zu lassen und ihn selber unter starker Bedeckung nach Mailand zu schicken. Sein Schreiber, jener junge Mensch aus Grätz, blieb in seiner Beglei- tung. Aller Orten strömte das Volk zusammen, um der Spur

2. Bd. 6 - S. 472

1845 - Leipzig : Kollmann
\ — 472 — seines letzten Weges mit nassem Blicke zu folgen; nur in Trient verhöhnte ihn der Pöbel; die Franzosen aber behandelten ihn mit Achtung. Hofer selbst rechnete darauf, sich zu rechtfertigen, und die inzwischen erfolgte Verlobung Napoleons mit der österreichi- schen Kaisertochter ließ von der Fürsprache des Wiener Hofes für seine Erhaltung Gewißheit der Gewährung hoffen. Aber schon in Mantua ward angehalten, und das Kriegsgericht zu seiner Verurtheilung bestellt. Man führte ihn in den Kerker bei der Porta Neolina, wo viele Tiroler gefangen lagen. Vorsitzer des Gerichts war der Gouverneur der Festung, derselbe General Bisson, den am t3. April des vorigen Jahres die Tiroler gefangen genom- men hatten. Am 19. ward nach dritthalbstündigen Verhandlungen sein Todcsurtheil gefallt, obgleich sein Vertheidiger ein talentvoller Advocat jüdischer Religion war. Den Ausspruch der Richter ver- nahm Hofer gelassen und unerschüttcrt. Er bat um einen Geistlichen, welchen man ihm sogleich zuschickte, und der ihn nicht mehr ver- ließ. Am 20. Februar rüstete sich ein Grenadier-Bataillon zur Epecution. lim cilf Uhr holten sie ihn aus dem Gefängnisse. Durch das ganze Gebäude erscholl dumpfes Heulen und Jammern der gefangenen Tiroler und übertönte die Trommeln. Man ver- weigerte Hofer, von seinen Landsleuten Abschied zu nehmen. Er wendete sich hierauf an den Priester ihm zur Seite und über- gab ihm für dieselben 500 Gulden Vancozette! mit den Worten: „Hier ist Alles, was ich noch habe, vercheilen Sie cs meinen unglücklichen Landsleuten und sagen Sie ihnen, ich gehe getrost in den Tod und erwarte ihr Gebet auf meiner Reise. " Als er an ihren Kerkerthüren voröeischritt, lagen sie Alle auf den Knien, beteten und weinten. Auf der Todesstätte in der Citadelle angekommen, bildeten die Grenadiere ein Viereck. Den Sandwirth führte man in die Mitte. Er ersuchte den Geistlichen, seinen Tod seiner Familie zu berichten. Nun näherten sich zwölf Grenadiere, und ein Trommler befahl ihm, sich auf's Knie nieder zu lassen. Er erwiederte: „Ich stehe vor dem, der mich erschaffen, und stehend will ich meinen Geist übergeben." Ein Tuch, die Augen zu ver- binden, schlug er aus. Den Corpora!, der die Epecution leitete, ermahnte er, gut zu schießen, und gab ihm ein unter seiner Administration geprägtes Zwanzigkrcuzcrstück. ,,Es fty — sagte er — sein letztes Geld und erinnere ihn in dieser Stunde noch

3. Bd. 7 - S. 59

1845 - Leipzig : Kollmann
— 59 — zwei seiner Brüder und mit einigen Freunden der Grenze zu, um durch die österreichischen Staaten den Peloponnes zu erreichen, wohin bereits sein Bruder Demetrios in seinem Namen gegangen war. Als er aber in Siebenbürgen angekommen, ward er von den österreichischen Behörden verhaftet und als Staatsgesan- gener nach der Festung Munkacs in Ungarn abgeführt. Bis in's Jahr 1824 ward er daselbst festgehalten, von wo man ihn alsdann nach Theresienstadt in Böhmen brachte. Als im Herbste 1827 wegen seiner sechsjährigen Kerkerhaft seine Gesundheit sehr angegriffen war, bewirkte der russische Kaiser Ni- colaus seine Freilassung. Aber kaum war er aus seinem Ker- ker getreten, als ihn am 30. Januar 1828 zu Wien eine Krank- heit hinwegraffte. Er stand in seinem sechsunddreißigsten Lebens- jähre. — Cantacuzeno harte kein besseres Loos. Die unter ihm com- mandirenden Arnautenanfübrer, Caminar Sawa und Andere, gingen nämlich ebenfalls mit tausend wohlbewaffneten Arnauten zu den Türken über, welche ihnen Gnade und Verzeihung verhei- ßen hatten. Darauf ward Cantacuzeno am 25. Juni bei Ninka von den Türken mit überlegener Kraft angegriffen, und sein gan- zes Corps auseinander gesprengt. Er selbst rettete sich auf's russische Gebiet und ward nebst Allen, die ihm gefolgt, zu Sculeni un- ter scharfe Aufsicht gestellt, wahrend jene Verrather den Lohn ihrer Treulosigkeit von den treulosen Türken selbst empfingen. Man lockte sie nach Bucharest, welches der Kiaja-Bey mit 3000 Mann besetzt hatte, und Sawa siel, als er zum türkischen Ober- befehlshaber in's Zimmer trat, von zwanzig Pistolenkugeln durch- bohrt. Diese scheußliche Mordscene, wozu ein großherrlicher Fir- man den Kiaja-Bey bevollmächtigt hatte, war zugleich das Signal zur Niedermetzelung aller in der Stadt befindlichen Arnauten. Doch wehrten sich diese wüthend und verteidigten sich in Häusern, Kir- chen und Klöstern gegen die blutgierigen Türken so anhaltend, daß 1000 derselben zugleich ihren Tod mit den 800 niederge- metzelten Arnauten fanden, — heilsgen Schaar, die Ihr, verrathen, als Opfer für die Befreiung des Vaterlandes gefallen seid, empfanget durch mich den Dank Eures Volkes! Noch wenige Zeit, und Denkmaler werden Eure Namen der Unsterblich- keit weihen:e. :c."

4. Bd. 3 - S. 85

1844 - Leipzig : Kollmann
85 mag ein kurzer Bericht von den mit der Auffindung seines an- geblichen Leichnams verknüpften Umständen darthun. Niemand hatte den Körper des Königs gleich nach seinem Tode oder mit seinen Waffen gesehen. Erst am Tage nach der Schlacht, da Mulei Hamed bei Todesstrafe befahl, alle gefangenen Portugie- sen vor ihn zu führen, ward nach dem Könige gefragt, und jetzt machte Nugno Mascaregnas, der einzige von seinem Gefolge noch Lebende, die Anzeige, wo und wie er ihn habe fallen sehen; worauf der marokkanifche Fürst Befehl gab, seinen Leichnam zu suchen und ihn aufzuheben. Einige Zeit darauf kam einer der Ausgescndcten zurück und brachte einen, über ein schlechtes Pferd hangenden, entkleideten, durch Wunden, Blut und die austöfende Hitze jenes glühenden Klima's entstellten Todten in's Lager, welchen er an der Stelle, wo Sebastian gefallen seyn sollte, aufgehoben hatte. Mehrere der gefangenen Portugiesen, welche zugegen waren, erkannten ihn öffentlich für den Körper ihres ehemaligen Königs Sebastian; worauf der Leichnam in eine Kiste mit ungelöschtem Kalke gethan und zu Alkarzaquivir beerdigt wurde. Nach Philipps Ii. Gelangung zur portugiesischen Krone ward er zurück gefordert und Anfangs nach Ceuta, und von da nach Lissabon gebracht, wo man ihn in der königlichen Gruft zu Bclem bestattete. Wie scheinbar nun auch diese Erkennungsscene für den wirk- lichen Tod des Königs zeugt, weil die Anerkennung durch Per- sonen geschah, die den unglücklichen Fürsten im Leben genau gekannt hatten, so findet man sic doch bei näherer Beleuch- tung nicht völlig überzeugend. Ein berühmter Reisender da- maliger Zeit, welcher der Schlacht von Alkassar als Augen- zeuge beigewohnt und einen schriftlichen Bericht von derselben hinterlaffen hat, sagt, er habe den vermeinten Leichnam Se- bastians zwar gesehen, aber viele hätten behauptet, es sey der Körper eines gemeinen Schweizers, und der König sey noch am Leben. Auch unter den Mauren erhielt sich noch lange nachher die Sage, Sebastian befinde sich noch unbekannt als Sclave unter ihnen; denn unter den Todten habe man ihn nicht gefun- den. Selbst die Grabschrift in der Gruft zu Belem über den Gebeinen dessen, den man dort als den wahren Sebastian bestattete, beweiset die Zweifel der Nation über seinen Tod; sie lautet: Hoc jaeer in cumulo, si fama est vera, Se»

5. Bd. 4 - S. 27

1845 - Leipzig : Kollmann
27 Bau der großen Donaubrücke, den sie beginnen wollten, wurde ihnen durch das Geschütz der am linken Ufer befindlichen Truppen verwehrt, wobei der Oberst Heißler und Graf Archinto, die auf Kundschaft übergefahren und von ihrem Fährmanne ver- lassen waren, sich in die Donau warfen und im Angesichte der Feinde überschwammen. Am zehnten Tage der Belagerung flogen die ersten Minen auf, welches beängstigende Schauspiel sich nun täglich wieder- holte; achtzehnmal wurde gestürmt, vierundzwanzigmal fielen die Belagerten aus. In dieser Noth erhielten die Belagerten in einer Zeit von sechzig Tagen nur siebenmal Nachricht vom kaiser- lichen Heere, mit der Hoffnung auf nächsten Entsatz. Ein von dem Grafen Stahrembcrg an den Herzog von Lothringen gesen- detes Schreiben in Ziffern war dem Großvezier in die Hände gefallen, der es durch einen Pfeil in das Navelin vor dem Burg- thore schießen und dazu schreiben ließ: „es sey nicht nöthkg, in Ziffern zu schreiben; der üble Zustand der Stadt sey bekannt genug. Wolle die Bürgerschaft des Großvcziers Milde nicht anerkennen, würden sie seiner Zeit Gottes Zorn erfahren;" welche Warnung aber von Seiten der Stadt, gleich den zwei oben erwähnten Aufforderungsschreiben, unbeantwortet blieb. — Die Arbeiten in den Laufgräben gingen übrigens langsam, weil Alles mit der größten Sicherheit und unerhörter Bequemlichkeit veranstaltet ward. Sobald die Erde aufgeworfen war, wurden die Gänge überdielet und mit Balken und Sandsäcken dergestalt überdeckt, daß sie gegen Granaten und sogar Bomben sicherten. Für die Pascha's und andere Befehlshaber wurden unterirdische Gemächer ausgeweitet, mit Ziegeln gepflastert und mit Teppichen, Sopha's und sonstigen Bequemlichkeiten versehen. Am achtzehn- ten Tage der Belagerung waren sie endlich mit den Laufgräben an die Gegenböschung gelangt, wo sie mit den Belagerten hand- gemein wurden. Tags darauf warfen sie, besonders nach St. Stephan und der Kirche der Kapuziner, Bomben, welche jedoch mehr schreckten, als schadeten. Am 3. September waren sie Meister des dreiundzwanzig Tage lang mit äußerster Tapferkeit vertheidigten Burgravclins, des Grabes vieler Tausende von ihren Brüdern. Ein Schreiben, welches der Bediente eines armenischen Arztes aus der Stadt in's türkische Lager brachte, und welches die Nachricht enthielt, daß nicht mehr als öooo Soldaten in

6. Bd. 4 - S. 30

1845 - Leipzig : Kollmann
30 Lager aber ergriff Schrecken, und während noch ein Theil der Icmitschcrrcn die Stadt beschoß, waren schon die beiden Flügel der Türken und hinter ihnen der Großvezier mit der heiligen Fahne geflohen. Um sieben Uhr Abends war Wien gerettet. Ucber dem Wiener Berge flüchteten die Trümmer des türki- schen Heeres ohne Essen und Trinken in einem fort bis Naab. Nur die Dunkelheit und die äußerste Ermattung des christlichen Heeres retteten sie vor gänzlicher Vernichtung. Zwanzig Tausend Türken fanden den Tod in der Schlacht, über fünfzig Tausend hatte ihnen die Belagerung gekostet. Da sie Lager und Muni- tion mit unermeßlichem Vorrathe im Stiche lassen mußten, so war die Beute ungeheuer. Dreihundert Stücke Geschütz, das ganze noch stehende Gczelte und die Perle von Allem, das Zelt des Großveziers mit den Feldcassen und Kanzelcien, sechshundert Beutel voll Piaster, seine juwelenbesetzten Waffen und Reitzeug fiel in die Hände der Sieger; desgleichen Waffen, Hccrpaukcn, Fahnen, nur nicht die heilige des Propheten, wie die Sieger meinten, welche aber der Großvezier, oder vielmehr der Emir Standartcnträger gerettet 'H. Nach Sonnenuntergang schrieb der König von Polen im Zelte des Großveziers, wie er es auch vor Sonnenaufgang vom Kahlenberge gethan hatte, an die Königin, seine Gemahlin, und schilderte ihr die gemachte Beute (worauf wir spater in der Lebensbeschreibung dieses Königs wie- der zurückkommcn werden). Man schätzte seinen Antheil allein auf vier Millionen Gulden. In der That hatte er auch am meisten zu dem Ruhme dieses Tages beigctragen, obgleich er so bescheiden war, die Ehre des Sieges von sich abzulehncn und sie dem tapfern Beistände der deutschen Hülfstruppen beizulegcn. — *) *) Die große Menge des im Lager gefundenen Kaffees war der erste Anlaß der Einführung desselben in Wien und demnächst in ganz Deutschland. Der erste Kaffeesieder war der Pole Koltsehitzkv, vormaliger Dolmetscher der orientalischen Handelsgesellschaft. Wah- rend der Belagerung hatte sich, uni Nachricht vom kaiserlichen Heere cin- zuzichen, Koltschitzkn mit seinem Bedienten, türkische Lieder singend, durch's türkische Lager bis nach Nußdorf geschlichen; dort von Schiffern übcrgesetzt, kam er in's kaiserliche Lager und nach drei Tagen nicht ohne große Lebensgefahr wieder zurück in die Stadt; worauf sein Bedienter noch zweimal dasselbe Wagniß glücklich wiederholte. Zur Belohnung solchen Dienstes wurde Koltschitzky nach dem Entsätze Wiens die Be« fugntß ertheilt, das erste Kaffeehaus zu errichten.

7. Bd. 4 - S. 342

1845 - Leipzig : Kollmann
342 gebliebenen Schweden nebst dem Neste des Gepäckes und den Pfer- den gefangen fortführten, die nun in dem elendesten Zustande die traurige Wüste noch einmal durchirren mußten. Karl und seine Begleiter befanden sich nunmehr, nachdem sie den Bog passirt hatten, auf türkischem Gebiete. Den Ver- folgungen der Nüssen waren sie jetzt entgangen, da diese es nicht wagen durften, über den Fluß zu kommen. Es wurde nun Nath gepflogen, an welchen Ort in der Türkei man sich hinbe- geben sollte, wie sie den Sultan, Achmet Iii., in ihr Interesse ziehen und durch ihn den Nüssen eine Diversion machen könnte. Mazeppa schlug zur Erreichung aller dieser Absichten die am Dnjeftr in einer anmuthigen Gegend liegende Festung Bender vor, welche den Briefwechsel nach Constantinopel und Deutschland über Ungarn erleichtere. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und ein Bote abgesendet, der dem türkischen Hofe davon die Nachricht überbrachte und sich die Erlaubnis; dazu aus- bat. Diese wurde sogleich ertheilt, da die Türken durch ihre Religion zum Schutze der zu ihnen Fliehenden verpflichtet sind. Am Ende des Juli war die mühselige Reise vollendet. Der Pascha von Bender hatte in Gemäßheit eines Befehls des Groß- herrn Alles zum Empfange des Königs in Bereitschaft gesetzt. Im Felde am Dnjestr war ein gemächliches Lager von Zelten aufgeschlagen. Der Pascha ging dem Könige eine halbe Meile weit entgegen, empfing ihn mit einem großen Gefolge und be- ehrte ihn mit Kanonenschüssen. Die angeschlagenen Zelte wa- ren prächtig, das des Königs mit kostbarcn'tapeten deeorirt und königlich ausgeschmückt. Die Reisegefährten fanden Speise und Getränke in Ueberfluß vor. Durch Fähren und Brücken stand die Verbindung mit Bender offen, und bald nachher schlugen Ju- den, Griechen und Türken, theils auf Ordre des Pascha's, theils um eigenen Vortheils willen, Buden auf, welche die Gegend in einen Marktplatz verwandelten. Der König fand diese Gegend so anmuthig, daß er sich entschloß, so lange daselbst zu bleiben, bis sich die Umstande veränderten. Da ihm dies aber wegen der Ueberschwemmung des Dnjestrs, der zu Zeiten austrat, widerrathen ward, so ließ er das Lager eine halbe Meile von Bender weiterrücken. Hier wurden nach und nach vierzig Häu- ser aufgebaut, und unter diesen eins mit Palissaden verwahrt, für den König. Dies hatte Fenster -von venezianischem Glase,

8. Bd. 4 - S. 351

1845 - Leipzig : Kollmann
Pforte zu führen -befohlen. „Aber — fuhr Karl fort — warum machtest Du Frieden?" — „Unser Gesetz — cntgegnete der Mu- selmann — gebietet, unfern Feinden Frieden zu bewilligen, wenn sic darum bitten." — „Du konntest jedoch den Czar mit seiner ganzen Armee gefangen nehmen," versetzte Karl. „Und wer hätte dann — war die Gegenantwort — sein Reich regieren sollen? Nicht alle Könige müssen in der Fremde seyn!" Karl konnte kaum seinen Zorn bändigen. In der Wuth warf er sich auf ein Sopha, verwickelte seine Sporen in den Kaftan des Großveziers und zerriß ihn (welche grobe Beleidigung dieser aber nicht zu bemerken schien); dann ging er im höchsten Unwillen fort und kehrte in sein Lager zurück. Es war eine besondere Bedingung in dem Friedcnsvertrage zwischen Rußland und der Pforte, daß der Czar dem Könige von Schweden die freie Rückkehr in seine Staaten gestatten müsse, wofern er sich nicht mit ihm einigen könnte, Frieden zu schließen. Da der Großvezier voraussah, daß Karl nie aufhören würde, gegen den geschlossenen Frieden zu protestircn, so suchte er sich des lästigen Gastfreuylcs auf's Baldigste zu entledigen. Er ließ ihn daher zur Rückkehr in sein Reich auffordern, und da bittende Vorstellungen unbeachtet blieben, gebrauchte man Drohungen und entzog ihm, um ihn durch die Noth zu zwingen, den rei- chen ktnterhalt, welchen man ihm bis dahin so großmüthig ge- währt hatte. Den Drohungen setzte Karl Trotz entgegen, und seinen Geldverlegenheiten halfen auf einige Zeit die Summen ab, welche er von seinen Offizieren, den von ihm bereicherten Ianitscharen und einem englischen Handclshapse in/Constantino- pel zu hohen Zinsen entlehnte. Seinen Aufwand schränkte er so wenig ein, daß er vielmehr seinem Haushofmeister befahl, statt der zwei öffentlichen Tafeln, die bis dahin waren gehalten wor- den, täglich vier zu halten. Beharrlich blieb er bei der Erklär- ung, daß er nur an der Spitze von hunderttausend Mann zurück- kehrcn werde. So lange es dem Großvczier gelang, Karls nach Constantinopel gesendete Briefe aufzufangcn, herrschte dort über den am Pruth geschlossenen Frieden lebhafte Freude. Bald aber gaben die Tür- ken selbst dieser Gegend den Nansen Hus Iestj, d. h. des Or- tes, wo man den Verstand verloren habe. Und als es dem Kö- nige endlich gelang, am Hofe des Sultans die ungeheuren

9. Bd. 4 - S. 359

1845 - Leipzig : Kollmann
Einer abschlägigen Antwort im Voraus gewiß, kam Karl um die abermalige Auszahlung von tausend Beuteln bei dem türkischen Hofe schriftlich ein. Aber jetzt war die Geduld des Sultans erschöpft. Das Unglück des Königs hatte ihn gerührt, aber sein unbeugsamer Starrsinn empörte ihn. Er berief einen Divan und fragte, ob er nun wohl mit gutem Gewissen den Fremdling aus seinen Staaten jagen dürfe. Nathe und Priester erklärten einstimmig, dies scy nur Gerechtigkeit. Es ward hier- auf ein schriftlicher Befehl an den Pascha von Bender und den Tatar-Chan ausgefertigt, den König mit Gewalt zu vertreiben. Zitternd kündigte der Erstere dem Könige seinen Auftrag an und fragte ihn, ob er als Freund oder Feind abreiscn wolle. „Ge- horche deinem Herrn, wenn du Muth hast — rief der König mit funkelnden Augen — aber geh mir aus den Augen!" Der Pascha sprengte fort und sagte dem ihm begegnenden holländi- schen Gesandten, Herrn von Fabrice: „Der König will der Vernunft nicht Gehör geben, du wirst seltsame Dinge sehen." — Denselben Tag noch hörten die Lieferungen der Lebensmittel auf; die Polen und Kosaken, die bisher noch um den König waren, zogen sich auf die Vorstellungen der Türken nach Bender zurück, so daß Karl mit feinen wenigen Schweden allein blieb. Es mangelte bald an Allem. Karl ließ zwanzig schöne arabische Pfer- de, die ihm der Großhcrr geschenkt hatte, aus Mangel an Fut- ter todtschießen und sagte trotzig, er bedürfe ihrer P^rde so we- nig, als ihrer Lebensmittel." Es zogen sich jetzt (Januar 1713) von allen Seiten zahllo- se Truppen von Ianitscharen und Tataren zusammen. Karl rüstete sich zur Gegenwehr und befahl seinen Schweden, das Lager wohl zu verschanzen. Da keines Freundes Zureden etwas über ihn vermochte, und er fast einem Wahnsinnigen glich, so versuchten Fabrice und der englische Gesandte, Ieffcries, aus wahrer Liebe zu ihm, die Türken lieber zur Güte zu bewegen. Die Ianitscharen wurden durch Bestechungen vermocht, einen Vorrath von Proviant hindurch zu lassen, und der Pascha und der Chan beredet, erst noch einmal ausdrücklich in Constantino- pel anzufragen, ob man im Nothfalle auch die Person des Kö- nigs verletzen dürfe. Darüber vergingen noch einige Wochen, aber Karl kam nicht zur Besinnung, und der rückkehrende Befehl aus dem. Divan lautete: „daß Niemanden sein Tod zugerechnet

10. Bd. 4 - S. 360

1845 - Leipzig : Kollmann
360 werden sollte, Falls er sich zu vertheidigen suchen würde." Dies hintcrbrachte ihm Fabrice. „Der Befehl ist untergeschoben," sagte Karl. Der redliche Mann verneinte dies und ging mit den Worten: „Wenn denn Ew. Majestät nicht hören will, was Vernunft, Religion und Ehre Ihnen vorschrciben, so habe ich nichts zu thun, als mich wegzubegeben." Die Geistlichen, die Generale sielen ihm hierauf stehend zu Füßen — umsonst; er wies ihnen kalt die Posten an, die sie vertheidigen sollten. So rückte denn ein Heer von 10,000 Mann mit zehn Ka- nonen und zwei Mörsern gegen Karls Häuflein an. Nochmals bot der edle Pascha von Bender die Güte an; doch vergebens. Die Kanonen wurden abgcfeucrt, ein Trompeter stürzte vom Dache. In der Angst sprang Grothusen hinaus, redete mit den Ianit- scharen, die von Karl so viele Geschenke erhalten hatten, und brachte cs durch seine Bcredtsamkeit dahin, daß sie ihm verspra- chen, nach Bender zurückzugchen, und sich nicht zum Morde ih- res Wohlthatcrs und eines so erhabenen Hauptes brauchen zu lassen. Der Pascha, verlegen darüber, weil er sah, daß nun der Chan mit seinen Tataren allein den König gefangen nehmen würde — eine Ehre, die er demselben nicht gönnte — strafte ei- nige Ianitscharen für diesen Ungehorsam und beredete die an- dern, noch einmal zum Könige hinzugehcn und ihm ihr sicheres Geleite bis Adrianopel anzubietcn, wo er seine Sache mit dem Sultan persönlich ausmachen könne. Dieser Einfall des Pascha traf glücklich zum Ziele. Karl wollte in seiner Erbitte- rung die redlichen Kriegsmanner gar nicht sehen, sondern drohte, ihnen die Barte abschneiden zu lassen, wenn sie nicht gleich gin- gen. Mehr bedurfte es reicht, um sie zum Zorne zu entstammen. „Der Demirbas (Eisenkopf) ist närrisch geworden," sagten sie im Weggehen zu Fabrice. Und gleich nach ihrer Zurückkunft gab der Pascha Befehl zur Erstürmung des schwedischen Lagers (13. Februar 1713). Die Kanonen donnerten, und in wenig Augenblicken waren die Verschanzungcn erstiegen. Die Schweden ergaben sich der Ucbermacht; nur Karl wollte sein Haus bis auf den letzten Au- genblick vertheidigen. Die Ianitscharen wollten ihn gern schonen, daher kam er noch glücklich hinein, obgleich das Gedränge um ihn so groß war, daß er kaum um sich hauen konnte. Auch die Zimmer fand er schon mit Türken angcfüüt. Etwa fünfzig
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