1010
Amerika
— Geschichte.
Durchfahrt noch nicht zu finden: dagegen entdeckte man Küsten, zwar rauh und arm»,
voll undurchdringlicher Wälder, allein von desto größerer Wichtigkeit in der Folge. Der
Franzose Cartier befuhr den Lorenzo 1536, und der Engländer Walter Raleigh
(dem wir die Bekanntschast mit der Kartoffel verdanken) 1584 die Küste südlich der Chesa-
Peakbai, die er seiner unverheirateten Königin Elisabeth zu Ehren Virginia benannte,
nachdem zuvor ein andrer Engländer Franz Drake 1577 der Westseite Nordamerikas,
die er zuerst besucht, den Namen Neu-Albiou gegebeu hatte. So ward etwa 75
Jahre nach der Wiederentdeckung des Erdtheils der Umfang des Continents klar, dessen
nähere Erforschung bis in unsre Tage fortgesetzt wird ; ebenso gelang es erst in unserm
Jahrhundert, die uuwirthliche, buchten- und inselreiche Nordküste und das sogen.
Meer der nordwestlichen Durchfahrten (Laucaste» und Barrowstraße, Mel-
ville-Sund, Banksstraße) festzustellen und genauer zu erforschen (S. unten).
Einheimische Produkte und Völker. Neu konnte jene Welt namentlich auch
in Rücksicht auf ihre Natur und ihre Völker heißen. Das Pflanzenreich fand man
von ausgezeichneter Fülle mit auffallend neuen und wichtigen Arten (Tabak, Mais,
Kartoffeln, Chinarinde, Maniok, Chokoladebaum :c.); nur außer dem
Mais kein Getreide. Gold, Silber, Kupfer und, als Europäer nachforschten, auch
Eisen und Blei, zeugten, nebst den Diamanten Brasiliens, von großen Schätzen des
Mineralreichs. Platina, das man jetzt auch im Ural findet, sah man zuerst in
den Andes. Was die Thierwelt betrifft, so traf man vom noch unbekannten Co-
libri bis zum Condor die Vögelgeschlechier sehr zahlreich und in der heißen Zone von
so prachtvollem Gefieder, wie in Afrika und Ostindien. Amphibien und mehr noch
Insekten leider in unmäßiger Menge. Allein die Quadruplen standen in Zahl,
Stärke und Größe der Arten denen der alten Welt nach. Anf den Antillen konnte das
Kaninchen für das größte Thier gelten; auf dem Coutinent traf man freilich den Ja-
guar und Cnguar, doch als kleinere Nachbilder der Löwen und Tiger, und nur in
Nordamerika Bären und Wölfe von europäischer Stärke, und anfänglich nur unbehaarte
Hunde ohne Gebell. Elephanten, Rhinocerosse, Kamele gab es gar nicht, und was
noch auffallender war, weder Pferde noch zahmes Rindvieh, — Wie die Natur
sich darin schwächer als in andern Erzeugnissen bewiesen, so stand das Menschen-
geschlecht an physischer und geistiger Kraft noch mehr den Bewohnern der alten
Welt nach. Man nannte die Eingebornen, mit eben dem Unrecht wie man die Antillen
Westindien hieß, Indianer. Der Rasse nach schienen ihrer zwei zu sein, die Kupfrigen
und die Grauduukeln; doch haben beide in Bezug auf Haar- und Bartwuchs,
sowie auf Charaktereigenthümlichkeiten viel Gemeinsames. Der Kultur uach ließen sie
gleichfalls sich in 2 Klassen bringen, in Wilde und Halbcivi lisirte.
1) Die Wildeu. Kleine Völkchen, beinahe überall von geringer Menschenzahl,
hie und da (z. B. in den Urwäldern am Orinoco und Amazonas) so kleine Völker-
stämme bildend, daß manche Sprache nur von verhältnißmäßig wenigen Familien ver-
standen wird, und nur da zahlreicher, wo die Natur reichliche Nahrung verschwenderisch
darbot. Hirten gab es nicht unter ihnen, wegen Mangel an Haussieren. Etwas Feld-
bau fand sich hie und da, doch beschränkt auf nothdürflige Fortpflanzung von Mais-
und Maniok. Fischerei dagegen und Jagd machten die Hauptbeschäftigung aus.
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Extrahierte Personennamen: Cartier Walter_Raleigh Franz_Drake Franz
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Nordamerikas Mel- Brasiliens Afrika Ostindien Nordamerika Westindien
1026
Nordamerika —
Brittisch er Besitz.
(auf der Südspitze von Vancouver), 180 M. von Francisco, haben Redner im Lon-
doner Parlament ein neues Tyrus prophezeit.
h) North-West-Territories (138000 Q.-M. mit ca. 85000 E., worunter
68000 Indianer, 11000 Weiße und Mischlinge, 4000 Eskimos an der Nordküste).
Es sind die sogen. Hudsonsbai-Länder, nämlich Rupertsland an beiden Sei-
ten der Hudsousbai und das ganze nordwestl. Territorium. Die Halbinsel
Labrador ist wüst, kalt, des Anbaues fast ganz unfähig, spärlich von Wilden, an
der Ostküste von Eskimos,*) bewohnt. Gegenüber in Nen-Wales, besonders in
der Südhälfte, finden sich Waldungen, eßbare Beeren, einige Gartengewächse, Fische
in Meuge und wie überall im Nordlaud — Pelzthiere (Biber, Moschusratten, Fisch-
ottern, Eichhörnchen, Bären :c.). Von hier aus erstreckt sich das große Jagdgebiet der
Compagnie bis zu den ehemals russischen Besitzungen und zum Eismeer. Nicht bloß
durch die vorhin genannten großen Entdecker, sondern überhaupt durch die Trappers
(Jäger und Schlingeusteller) und Beamten der Hndsons-Kompagnie, sind diese Regionen
bekannt geworden. So verdankt man ihnen die Ausmittelung des nur durch Tragplätze
unterbrochenen Wasserwegs über die Seen Winuipeg, Methye und Athabaska zum
Mackeuzie. Kapitän Franklin befnhr jenen Weg auf eigens dazn in London gefertig--
tem Boote. An der Hudsonsbai, wo am 60. Breitengrad schon der Holzwuchs aufhört
und Felsen vor Frost zerkrachen, ist die Kälte stärker als an der Westküste, wo der
Holzwuchs erst mit dem 65.° völlig aufhört — gerade eine solche Isotherme, wie in
Skandinavien von Drontheim nach Geste, nur südlicher, da Amerika überhaupt kälter
ist. Südlich des Sklavensees breiten sich Wäldchen von Fichten, Zwerglärchen, Pap-
peln und Zwergbirken ans; selbst nördlich des Sees findet man diese Bäume noch ver-
einzelt neben Pechtannen, Beeren und eßbaren Moosen. Beim Fort Franklin
am Bärensee liegt der Schnee, wie auf dem arktischen Archipel, 10 Monate lang, und
noch 46 M. südlicher, bei Fort Simpson thant der 5 m. tief gefrorne Boden nur
halb auf. — Auf dem Mackenzie kann man sich malerischer Felsen und angenehmer
Thäler erfreuen, wo sich znr Sommerszeit allenfalls leben läßt; man jagt dort Ren-
und Musthiere, Kraniche, wilde Schweine und Gänse, und verkehrt mit Eskimos und
Kupferindianern. Am nördlichen Ufer des Athabaska-Sees (58 bis 59" Breite)
hat man etwas Gerste und Kartoffeln gezogen, südlich des Winnipeg aber gedeihen
schon Zuckerahorn, kanadischer Reis, Hanf, Gerste, Roggen. Der Jndianerstämme gibt
es mehrere. Zahlreich sind die Schwarzfüße am Saskatschewan. Besonders be-
kannt sind die Tschippewähs unweit vom Sklavensee; sie hüllen sich in Damm-
Hirschfelle, und ihre Weiber tragen und ziehen wie Lastthiere. Auch die Knistenohs
am untern Saskatschewan, stattlich von Körper und mit bemaltem Gesicht, sind noch
ohne feste Wohnungen, obwohl in ihren Bezirken milderes Klima herrscht. Für die
*) Die Ostküste gehört jedoch nicht zur Dominion of Canada, sondern zu Neu*
fnndland, und zwar soweit sie von Zuflüssen des atlantischen Meeres bewässert wird:
der Nordwesten, soweit er dem Flußgebiete der Hudsonsbai angehört, gehört als
„East Maine" zum Hudsonsbay Territory, also jetzt zur Dominion; der Südwesten
Labradors, d. h. das Flußgebiet des Lorenzo, gehört zu Canada, also gleichfalls zur
Dominion. Die Größe der ganzen Halbinsel wird zu 20—25000 Q. M. angenom-
men, die Gesammtbevölkerung zu ca. 5000 Seelen.
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Extrahierte Personennamen: M._von_Francisco Franklin Franklin Simpson
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Vancouver Nen-Wales Nordlaud London Skandinavien Drontheim Amerika Bärensee Winnipeg Saskatschewan Saskatschewan
1074
Süd am erika —
Staaten Columbias.
Venezuela, Vereinigte Staaten von Columbia, Ecuador.
Diese 3 Staaten, bis 1811 unter spanischer Herrschaft das Vicekönigreich Neu---
Granada und das Generalkapitanat Caracas bildend, liegen in dem großen Nordwest-
lichen Landstriche von der Bai Guayaqnil und der Nähe des obern Marannon bis oft-
wärts der Orinoco-Mündung? sie enthalten also theils Hochland der Andes, theils aus-
gedehnte Tiefebenen (die oben erwähnten 15000 Q.-M. großen Llanos) nebst einein.
Theil der Sierren zwischen dem Orinoco und Essequibo. Diese Sierreu und die
Tiefebenen, von zerstreuten Indianern bewohnt, sind der unkultivirtere Theil, ob--
wohl man einige Stellen an den Flüssen bebaut; so liegt am Orinoco der Ort An-
gostnra, wo man in heißester Jahreszeit auf den Plattdächern schläft, und glücklicher--
weise der sonst im tropischen Klima gesürchtete Nachtthan nicht einmal den Augen schadet.
Die Indianer stehen noch auf tiefer Stufe der Entivickelnn g, besonders die in Guayana,
Von den trägen Otomaken (am mittleren Orinoco) und Iarnren erzählt man
daß sie fette Thonerde essen, und nicht etwa aus Maugel anderer Nahrungsondern
als Nachtisch zu starken Mahlzeiten. Thätiger und tapferer als diese siud die lieber»
bleibsel der kannibalen Caraiben, die vor Ankunft der Europäer an der ganzen be-
nachbarten Küste, wie auf den südlichen Antillen ausgebreitet waren, jetzt aber nur
rechts des untern Orinoco zu finden sind. Es ist merkwürdig, daß man nicht weit
vom Cassiquiare, wo uur Affen und Tapire wohnen, an den Felswänden große Fign-
ren erblickt, von Menschenhand eingehauen, Mond und Sonne, Krokodile und Tiger
vorstellend. Vielleicht stammen solche Bildwerke von den ehmals herrschenden M oyska's.
In den Llanos dagegen erinnert nichts an frühere Bewohner. Sie sind ein wilder
Schauplatz des freien Thier- und Pflanzenlebens. Daß es dennoch hie und da In-
dianervölkchen gibt, ist der Fächerpalme zuzuschreiben, die znr Regenzeit einen Ansent-
halt gewährt, und deren Mark, Saft und Früchte nahrhaft sind. Erst seit Ankunft
der Europäer entstanden an den Steppenflüssen einige Orte, freilich nur Hütten ans
Schilf und Riemen geflochten, mit Rindsfellen bedeckt, und Tagereisen weit von ein-
ander entfernt; aber zahllos siud bereits die Schaaren verwildeter Rinder, Pferde und«
Esel, die die Steppe dnrchschwärmen, sich in der dürren Zeit nasse, in der Regenzeit
erhöhtere Plätze suchen, häufig auch die Bente von Jaguars, Kaimans und blutsangen-
dem Geschmeiß werden. Zu den Produkten der Orinoco-Gegenden gehört anch das-
Oel vou Schildkröten. Diese Thiere sind im Orinoco so zahlreich und legen
z. B. auf den Jnselchen Uruana und Pararnna so viel Eier, daß man jährlich
125000 Flaschen Oel daraus pressen kann. — Gehen wir vom Flußlande an der meist
von Negern und Indianern bewohnten Küste hin, so findet sich ununterbrochen heiß-*
feuchtes Klima und oft außerordentliche Triebkraft des Bodens. Aber die Europäer
verweilen nicht gern in den Häfen Enmanä, Porto Eabello, Coro (Venezuela),
Maracaibo, Cartagena und Portobello, und ebenso ungern an deu Austral-
baien von Panama, Choco (wo zuerst Platiua gefunden wurde) und Guay a quil^
Nur die einzige Seestadt Caracas hat gesunde Lust und fast ewigen Frühling (Mit-
teltemperatnr -f~ 16° R.); sie liegt aber vom Gestade aufwärts 887 ra. hoch, und der
Hafen La Gnayra wird nur in Geschäften besucht. Reist man auf der Hoch platte
v on Caracas weiter, so befindet man sich stets unter europäisch lebenden Menschen
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Extrahierte Personennamen: Porto_Eabello Coro
Extrahierte Ortsnamen: Venezuela Columbia Ecuador Granada Caracas Essequibo Guayana Kaimans Jnselchen_Uruana Venezuela Maracaibo Cartagena Panama La_Gnayra Caracas
730 Süd amerika. — Patagonien u. Südpolarland.
Patagonier, in Vergleich mit den andern Urbewohnern Amerika's, die von
kleiner Statur sind, ehmals Riesen genannt. Die Bergbewohner, namentlich die
Pehuenches, ähneln den Araukanos. Klein aber und von geringeren Fähigkeiten
sind die in Seehunds* und Otterfell gehüllten Pescherähs auf dem Feuer-
lande, doch wissen sie Pfeile und Bogen, Halsbänder aus Muscheln, Körbe und
Kähne zu verfertigen. Bemerkenswerth möcht' es auch sein, daß man nirgend
Haidekraut dort gesehen hat. Es gehört aber zu den Eigenthümlichkeiten Amerikas
überhaupt, daß der ganze Welttheil überhaupt nur eine Art Erica hat, und diese
nur im Norden von Canada und Labrador bis zum Nutkasund. *) — Hieher ge-
hört noch die Inselgruppe der Falklands oder Maluinen, 70 M. nordöstlich
von der Magelhaensstraße. Es sind ihrer viele, besonders zwei große, deren
eine unser Nassau, die andre Holstein an Flächeuraum übertrifft. Sie haben
Gebirge und Flüsse, vielerlei Pflanzen, Tussac-Gras, zwar keine Waldungen, aber
Torf, Füchse und andre Thiere, am Gestade Robben, in der Nähe Wallfische, und
doch, obwohl unter 52. Breitegrad und nicht so südlich als Feuerland, keine
Menschen. Von Frankreich aus legte man einmal eine Colonie an, gab sie jedoch
als unfreundlich wieder auf. Unlängst hat nun die brittische Regierung Besitz
genommen und auf Ostfalkland den Ort Port William angelegt, als Station
auf der Fahrt um's Cap Horn, und für Wallfischfänger.
Was aber weiter noch im Südosten und Süden liegt, die Insel Neu-
G e or gi en und die S an d wi ch s g r u p pe, ist wirklich unbewohnbar außer für
Albatrosse und Penguine, und am 60. Breitegrad herrscht größere Kälte als am
Polarkreis unsrer Nordhemisphäre. Die Gruppe Süd Schettland und der
Süd Orkneys, nackt oder höchstens bemoost, ans den Anhöhen voll ewigen
Schnees, wird nur der Wallfische, See-Elefanten und andrer Robben halber be-
sucht. Eine Robbenart ist von so kostbar dichtwolligem Pelz, daß man ihr aufs
eifrigste nachstellt und sie vielleicht bald nöthigen wird, sich an ruhigere Orte zu
begeben.
Man hat versucht, das südliche Eismeer noch weiter zu durchforschen, wobei,
wie im vorigen Jahrhundert Cook, so in diesem die Engländer Weddel,
Biscoe und Ross, der Anglo-Amerikaner Wilkes und der Franzos Dümont
d'u rville sich auszeichneten. Enderby's Küste (unterm Meridian des persischen
Golfs) und Graham's Land nebst einer Reihe Inseln davor (südwärts der Falk-
lands Inseln) auch ein langer Küstenstrich noch südlicher wurden entdeckt, und
zuletzt kam Ross, dem es trotz dem Eise gelang, sich unweit dieser Küste bis über
78° der Breite durchzuarbeiten, zu der Gewißheit, daß hier ein Südpolar-Con-
tinent vorhanden sei. Aber welch ein Continent! Nichts als nackte oder schnee-
bedeckte Felsen, Berggipfel von 9 bis 12000 Fuß, der eine Feuer speiend, und
*) Sibiriens Flora, der die Eiche fehlt, kennt auch keine Eriken, obgleich man
der letzteru dreihundert Arten auf der Erde zählt. In Nordeuropa ist die Haide
mit Dürre und Unfruchtbarkeit des Bodens gepaart; in Afrika findet man auf
gutem Boden baumartige Eriken.
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Extrahierte Personennamen: Cook Ross Wilkes Ross
Extrahierte Ortsnamen: amerika Patagonien Holstein Nähe_Wallfische Feuerland Frankreich Sibiriens Nordeuropa Afrika
Südamerika. — Staaten Columbias. 719
von dem, was Landcharten und geographische Lehrbücher nur andeuten, sich eine
ziemlich naturgetreue Vorstellung zu verschaffen. —
Die größte Ausdehnung Süd-Amerikas, von Punta de Galinas am Mara-
caybo-Golf, bis zum Cap Hoorn, beträgt 1030 Meilen. Der östlichste Punkt ist
Coquieros in der Nachbarschaft Fernambnks, 17" 7' 29" Länge; doch ist das
Cap San Roqne mehr bemerkbar. Von dort bis zum Isthmus Panamas sind
690 M. Das Ganze wird ans 321000 Qm. geschätzt, und begreift folgende
Länder und Staaten.
I) Die 3 Freistaaten in Columbia.
(54000 Qm. li. etwa 4y3 Mill. Menschen.)
Sie liegen in dem großen nordwestlichen Landstriche von der Bai Guaya-
quil und dem obern Marannon bis zum karaibischen Meere und fast bis zur
Mündung des Esseqnebo; sie enthalten also theils Hochland der Andes, theils
ausgedehnte Tiefebenen, (die oben S. 669 erwähnten 15000 Qm. großen Lianos)
nebst den Sierren Parime, Maravaca u. a. in Gniana. Diese Sierren und
die Tiefebenen, von zerstreuten Indianern bewohnt, sind der uukultivirtere
Theil, obwohl man einige Stellen an den Flüssen bebaut; so liegt am Orinoko
der Ort An gostura, wo man in heißester Jahrzeit ans den Plattdächern schläft,
und glücklicherweis der sonst im tropischen Klima gefürchtete Nachtthau nicht ein-
mal den Augen schadet. Die Indianer stehen noch auf tiefer Stufe der Ent-
wickelung, besonders die in Gniana. Von den trägen Otomaken und Jarn-
reu erzählt man, daß sie fette Thonerde essen, und nicht etwa aus Mangel andrer
Nahrung, sondern als Nachtisch zu satten Mahlzeiten. Thätiger und tapfrer als
diese sind die Ueberbleibsel der Caraiben, die vor Ankunft der Europäer an der
ganzen benachbarten Küste, wie auf den südlichen Antillen ausgebreitet waren,
jetzt aber nur landeinwärts von der Orinokomündung zu finden sind. Sie reden
eine wohlklingende Sprache, haben eigends gewählte Häuptlinge und galten nicht
blos ehedem für Kannibalen; sie fressen noch jetzt ihre Gefangenen. Es ist merk-
würdig, daß man nicht weit vom Cassiqniare, wo nur Affen und Tapirn wohnen,
an den Felswänden große Figuren erblickt, von Menschenhand eingehauen, Mond
und Sonne, Crocodile und Tiger vorstellend. Vielleicht stammen solche Bildwerke
von den ehmalö herrschenden Moyskas. In den Ljanos dagegen erinnert nichts
an frühere Bewohner. Sie sind ein wilder Schauplatz des freien Thier- und
Pflanzenlebens. Daß es dennoch hie und da Jndianervölkchen giebt, ist der
Fächerpalme zuzuschreiben, die zur Regenzeit einen Aufenthalt gewährt, und deren
Mark, Saft und Früchte nahrhaft sind. Erst seit Ankunft der Europäer entstan-
den an den Steppenflüssen einige Orte, freilich nur Hütten aus Schilf und Riemen
geflochten, mit Rindsfellen bedeckt, und Tagereisen weit von einander entfernt,
aber zahllos sind bereits die Schaaren verwilderter Rinder, Pferde und Esel, die
die Steppe durchschwärmen, sich in der dürren Zeit nasse, in der Regenzeit erhöh-
ter? Plätze suchen, häufig auch die Bente von Tigern, Jaguars, Kaimans und
blntsangendem Geschmeiß werden. — Zu den Prodncten der Orinoko Gegenden
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Extrahierte Personennamen: Punta_de_Galinas
Extrahierte Ortsnamen: Mara-
caybo-Golf Panamas Columbia Maravaca Gniana Gniana
4ß2
und silberreiche Lander zog. Der Eifer, einen Durchweg nach Indien zu finden,
führte andre Seefahrer in die kälteren Gegenden des Südens und Nordens.
Magelhaens kam glücklich um die Südspitze (Cap Forward) und durchfuhr
den stillen oder großen Ocean; seine Leute, als die ersten Weltumsegler, langten
3522 wieder in Spanien an. Im Norden war freilich solche Durchfahrt nicht
zu finden, dagegen entdeckte man Küsten, zwar rauh und arm, voll undurch-
dringlicher Wälder, allein von desto größerer Wichtigkeit in der Folge. Der Fran-
zos Cartier befuhr den Lorenzo 3536, u. der Engländer Walser Raleigh
(dem wir die Bekanntschaft der Kartoffel verdanken) 3584 die Küste südlich der
Chesapeakbai, die er seiner unverheirathcten Elisabeth zu Ehren Virginia be-
nannte, nachdem zuvor ein andrer Engländer Franz Drake 3577 der West-
seite Nordamerikas, die er zuerst besucht, den Namen Neu Albion gegeben hatte.
So ward allmählig der Umfang des entdeckten Continents klar, dessen nähere
Erforschung bis in unsre Tage fortgesetzt ist.
Einheimische Produkte und Völker. — Neu konnte jene Welt in
jeder Rücksicht heißen, nicht blos weil man sie eben kennen gelernt, sondern
noch mehr ihrer Natur und Völker wegen. Das Psianzenreich fand man von
ausgezeichneter Fülle jiiit auffallend neuen Arten; nur außer dem Mais kein
Ge trai de. Gold, csilber, Kupfer und, als Europäer nachforschten, auch Eisen,
Blei u. s. w., nebst den Diamanten Brasiliens zeugten von großen Schätzen an
Metallen und andern Mineralen. Platina, das man jezt auch im Ural findet,
sah man zuerst in den Andes. Vom noch unbekannten Colibri bis zum Cuntur
waren die Vögelgeschlechter sehr zahlreich und in heißer Zone von so prachtvollem
Gefieder wie in Afrika und Ostindien. Amfibien und noch mehr Jnsecten leider
in unmäßiger Menge. Allein die Quadrupeden standen in Zahl, Stärke und
Größe der Arten denen der alten Welt nach. Auf den Antillen konnte das
Kaninchen für das größte Thier gelten; auf dem Continent traf man freilich
den Jaguar und Cuguar, doch als kleinere Nachbilder der Löwen und Tiger,
und nur in Nordamerika Bären und Wölfe von europäischer Stärke. Den Hun-
den fehlte das Gebell. Elefanten, Rhinocerote, Kameele gab es gar nicht, und
was noch auffallender war, weder Pferde noch zahmes Rindvieh.—
Wie die Natur sich darin schwächer als in andern Erzeugnissen bewiesen, so
stand das Menschengeschlecht an fysischer und geistiger Kraft noch mehr den Bewoh-
nern der alten Welt nach. Man nannte die Eingebornen, mit eben dem Unrecht
wie man die Antillen Westindien hieß, Indianer. Der Raße nach schienen
ihrer zwei zu sein, die kupfrige und die graudunkle; der Kultur nach ließen sie
gleichfals sich in 2 Klaffen bringen, in Wilde und Halbcivilisirte.
3) Die Wilden. Kleine Völkchen, beinah überall von geringer Men-
schenzahl, außer wo die Natur reichliche Nahrung verschwenderisch darbot. Hir-
ten gab es keine unter ihnen, wegen Mangel an Hausthieren. Etwas Feldbau
hie und da, beschränkte sich noch auf nothdürftige Fortpflanzung von Mais,
Mani oc und Yams. Fischerei dagegen und Jagd waren Hauptbeschäftigung
der meisten. "Zur Trägheit und Nichtsthuerei neigten die meisten, selbst die
rüstig munteren der kühlen Klimate. Auffallend jedoch war die thierische Dumm-
heit der Fi sch er Völker z. B. am Orinoko, im Vergleich mit der Rührbarkeit
und dem aufgeweckteren Geiste der Jagd Nationen Nordamerikas. Dicke
Baumstämme auszuhölen und in Kähne zu verwandeln, war eine äußerst lang-
wierige mühsame Arbeit. Grausam gegen ihre Feinde fand man sie sämtlich;
die meisten fraßen ihre Gefangenen oder quälten sie doch zu Tod. Noch jezt
find die Völkchen Nordamerikas, die sich ins Innere zurück gezogen, ihren Vor-
fahren ähnlich; noch jezt kennen sie keine andre Staatseinrichtung als Gleichheit
eines Jeden im Anrecht auf die Thiere des Waldes, so weit ihr Revier sich er-
streckt, und Gehorsam nur den Befehlen des Kühnsten, den sie zum Anführer
wählen. Das Weib ist bei ihnen dem stärkeren Manne dienstbar, zum Tragen
imö Arbeiten bestimmt. Die Männer, wenn nicht auf der Jagd oder im Krieg,
pflegen fauler Ruhe; doch leicht, von Leidenschaften gereizt, können sie in große
Lebhaftigkeit gerathen. Ihre Kriegstänze werden als ausdruckvoll und schauder-
haft, und andre Tänze, womit sie die Aussöhnung, während beiderseitige Anfüh-
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Cartier Walser_Raleigh Franz_Drake Franz
402
Republik Columbia.
(Bie besteht aus den ehmal. 2 span. Prov. Neu-Granada mit Quito und
Caraccas, enthält also die Nordküste und erstreckt stch auf den Andes südl. bis
über den Tunguragua od. Att-Marannon. — Die Tiefebenen, von zerstreu-
ten Zndianern bewohnt, stnd der unkultivirtere Theil, obwohl man einige
Stellen an den Flüssen bebaut; so liegt am Orinoko der Ort Angostura mit
8000 E., wo man in heißester Fahrzeit auf den Plattdächern schlaft, und
glücklicherweis der sonst int tropischen Klima gefürchtete Nachttbau nicht einmal
den Augen schadet. Das ^and an diesem Strom und am untern Marannon
heißt Guia na. Dort haben unter andern Zndianern die Otomaken und
Daruren die Eigenheit, daß ihnen fette Thonerde gut schmeckt, und nicht
etwa aus Mangel andrer Nahrung, sondern als Nachtisch zu satten Mahlzeiten.
Thätiger und tapfrer als diese stnd die Ueberbleibsel der Caraiben, die vor
Ankunft der Europäer an der ganzen benachbarten Küste, wie auf den südl.
Antillen ausgebreitet waren, jetzt aber nur landeinwärts von der Orinokomün-
dung zu finden find. Sie reden eine wohlklingende Sprache, haben eigends
gewählte Häuptlinge und gasten nicht blos ehedem für Kannibalen; ste fressen
noch jetzt ihre Gefangenen. Es ist merkwürdig, daß man nicht weit vom
Casstquiare, wo nur Affen und Tapirn wohnen, an den Felswänden große
Figuren erblickt, von Menschenhand eingehalten, Mond, Sonne und Crokodile
und Tiger vorstellend. Vielleicht stammen solche Bildwerke von den ehmals
herrschenden Moyskas. Schildkröten sind im Orinoko überaus zahlreich, und
legen z. B. auf den Znselchen Uruana und Pararuna so viel Eier, daß man
jährlich 125000 Flaschen Schildkröten-Oel daraus pressen kann. — Gehen wir
vom Flußlande an der Küste hin, so findet sich ununterbrochen heißfeuchtes
Klima, weshalb die Europäer nicht gern in den Hafen Cu mana, Vene-
zuela, Porto Cabello, Maracaybo, Carthagena und Porto-
bell o verweilen, und eben so ungern an den Australbaien von Panama,
Choco (woher die Platina kommt) und Guayaquil. — Nur eine einzige
Stadt, die Seebandel treibt, Caraccas mit 40000 E. (wo der 1830 gestor-
bene Freiheitsheld Bolivar 1785 geb ), hat gesunde Luft, sie liegt aber vom
Gestade fern aufwärts 2736' hoch, während unten der Hafen nur in Geschäften
besucht wird. Reist man auf der Hoch platte von Carraccas weiter, so
befindet man sich stets unter europäisch lebenden Menschen und freut stch der
herrlichen Thäler und Höhen. Valencia liegt schön. Den Magdalenastrom
hinauf gelangt man nach Condi na marka, wo in malerischer Gebirggegend
Santa Fe de Bogota mit 40000 E. Weiter südlich das Hochland von
Quito, dessen Klima sonst als ewiger Frühling gepriesen ward, doch seit dem
4ten Februar 1797, wo es von schrecklichen Erdbeben litt, ist der Himmel stets
trübe, die Luft kühler, das Thermometer selten über 16°, im Durchschnitt 4°;
ja die Schneegrenze scheint sich gesenkt zu haben, denn in Peru ist sie höher.
Der 17700' hohe Vulkan Cotopaxi dampft, braust und donnert, so daß Hum-
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