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1. Theil 2 - S. 29

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 27 der Weser zu erobern, darauf auch die Er es bürg, einen heili- gen und mit Mauern und Wällen befriedeten Göttersitz. (Der Kriegsgott, der bei den Sachsen Ere hieß, wurde hier verehrt.) — Nicht weit davon lag gleichfalls an umfriedetem, befestigtem Orte ein anderes Nationalheiligthum, die Ir minsul (die große Säule), die mit der größten Ehrfurcht und heiliger Scheu von dem Volke wohl als Symbol des Götterbaums, der Esche Igg- drasil der scandinavischen Germanen, angesehen ward. In Eres- burg wurde an der Stelle des heidnischen Heiligthums eine christ- liche Kirche dem Apostel Petrus, dem Lieblings-Heiligen der Zeit gewidmet, hier und an andern Orten Priester zurückgelassen, welche als Missionäre wirken sollten. Aber es fehlte viel, daß ein einziger Feldzug hingereicht hätte, um den Freiheitssinn der Sachsen zu brechen. Sobald Karl den Rucken wendete, brachen sie den ihnen aufgezwungenen Frieden, namentlich von Widekind, dem Feldherrn der Westfalen auf- gereizt, bis endlich die großen von den Franken im Jahre 783 bei Detmold und an der Hase erfochtenen Siege, so wie die un- aufhörlichen Verwüstungen des Landes, welche durch ständige fränkische Besatzungen möglich geworden waren, viele der Edel- sten, darunter auch Widekind bestimmten, sich zu unterwerfen und taufen zu lassen. An Widekind ward die Taufe 785 zu Attigny vollzogen.*) Jetzt wurden unter Zustimmung sächsischer Abgeordneten die Zu- stände des Landes geordnet; nämlich Grafen für bestimmte Lan- desabtheilungen ernannt, welche im Namen des Königs zu Ge- richt saßen; eine Anzahl Bisthümer errichtet: Osnabrück, Münster, Verden, Bremen, Minden, Paderborn, Halberstadt, Hildesheim und strenge Verbote gegen allen öffentlichen und geheimen Götzen- dienst erlassen. Auch die Langobarden unterjochte Karl. Damals war Desiderius König der Langobarden. Dessen Tochter hatte Karl schon als Prinz zur Frau genommen, bald aber wieder zurück- geschickt, weil sie ihm zuwider war. Daß Desiderius darüber grollte, läßt sich denken. Dazu kam, daß Karlmanns Wittwe, die ihrem Schwager nicht traute, mit ihren Söhnen zu Desider ge- flohen war. Gegen den mächtigen Karl wagte er nicht geradezu *) Seine Gebeine werden in einem Kasten in der Kirche von Enger, Reg.- Bezirk Minden, aufbewahrt.

2. Theil 2 - S. 52

1867 - Breslau : Max
50 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. mit den Schwertern holen.*) Drohend gingen die Boten fort. Im Frühjahr 933 erschien ein ungeheueres Heer Ungern. Der Schrecken ging vor ihnen her; sie verwüsteten und verbrannten alle Felder und Oerter, die sie erreichten. Viele Männer wur- den ermordet, Weiber und Kinder als Sklaven mitgeführt. So kamen sie in die Gegend von Merseburg; hier, glaubten sie, sei ein Schatz verwahrt. Heinrich eilte schnell herbei mit allen Mannen, die er beisammen hatte, und lagerte sich auf einem Hügel, von welchem er mehrere Tage in das Blachfeld, wo die Ungern im Lager standen, hinabstieg, um seine Leute an den An- blick der wilden Krieger zu gewöhnen. Ehe er die Schlacht wagte, schickte er eine Reiterschaar in einen hohlen Weg in die Seite der Ungern, um von da zur rechten Zeit hervorzubrechen. Nun sammelte er alle Mannen um sich, ermahnte sie, auf die göttliche Hülse zu vertrauen; dort, sagte er, stehe der gemeinsame Feind; das Vaterland fordere Rache; männlicher Muth werde sicherlich über die Wildheit des Feindes siegen. Mit Vertrauen blickte das Heer auf zu dem Bilde des Engels aus der hochflatternden Reichsfahne und hin auf den König, der, vor Allen hervorragend, sie in das Feld hinabführte. Als er nun dicht vor dem Feinde stand, betete er — und das ganze Heer mit ihm — noch einmal zu Gott um Sieg, gab das Feldgeschrei: „Herr, erbarme dich!" und nun ließ er einbrechen. Zugleich stürzten die im Hohlwege verborgenen Reiter hervor in den Rücken der Ungern, die zu- letzt, an Allem verzweifelnd, sich zur schleunigen Flucht wandten. Die wenigsten sahen ihr Vaterland wieder; viele wurden in der Schlacht, Viele auf der Flucht von den aufgebrachten Bauern erschlagen. In ihrem verlassenen Lager fand man die ganze Schaar der zusammengebundenen Weiber und Kinder, die nun *) Recht naiv drückt sich darüber eine Chronik aus dem 15. Jahrhundert in dem damals gebräuchlichen Dialekt aus: „Do zcogin dy Ungirn in Doringen unde vordirtin jerlichen zcinß von den Doringin, unde von den andern Dutz- schin. Do sante Konnig Henrich en zcu zcinse eynen schebcchtin Hunt, deine wa- rin dy orin unde der zcagil abegesnetin, unde enpod en, wer eynen andirn zcinß von den Doringin habin Wolde, das her queme, unde holete en, wanne her wolde." D. i.: „Da zogen die Ungern nach Thüringen, und forderten den jährlichen Zins von den Thüringern und von den andern Deutschen. Da sandte König Heinrich ihnen zum Zins'einen schäbichten Hund, dem waren die Ohren und der Schwanz abgeschnitten, und entbot ihnen, wer einen andern Zins von den Thüringern haben wollte, daß er käme und holte ihn, wann er wollte."

3. Theil 2 - S. 55

1867 - Breslau : Max
Otto der Große- 53 der Erde herumzog. Zuletzt wurde die Arme in das Schloß Gar da am Gardasee als Gefangene gebracht. Hier saß sie in einem dunkeln Kerker einsam und verlassen, von aller mensch- lichen Hülfe weit entfernt. Aber Gott war ihr mit seiner Hülfe nahe und sandte ihr in dem braven Kaplan Martin einen Ret- ter. Dieser Mann, ein treuer Diener ihres verstorbenen Gatten, gerührt von dem Unglücke der Gefangenen, verschaffte ihr Manns- kleider, grub einen Gang unter der Mauer ihres Gefängnisses aus und führte sie in einer dunkeln Nacht in einem Nachen über den See. Hier am andern Ufer verbarg er sie bald im Korne, bald im Gebüsch, bis er einen guten Fischer bewog, sie in einer einsamen Hütte aufzunehmen. Dann ging er zu einem alten Freunde des verstorbenen Lothar, einem Bischöfe (von Reggio, Adelhard), und bat ihn um eine sichere Freistätte für Adelheid. Der Bischof ließ sie sogleich nach dem Schlosse Canossa im Mo- denesischen, welches ein ihm befreundeter Markgraf (Azzo) inne hatte, bringen, und nun eilte der treue Martin nach Deutschland zu Kaiser Otto, den Adelheid recht dringend um kräftigen Bei- stand gegen Berengars Verfolgungen bitten ließ. Otto ließ sich nicht zwei Mal bitten, um so mehr, da er schon vorher die Ab- sicht hatte, nach Italien zu gehen. Er rief schnell seinen Heer- dann aus und zog über die Alpen (951). Es war auch die dringendste Noth; denn Berengar belagerte schon Canossa, wo der Hunger bereits zu wüthen anfing. Da flog eines Tages ein Pfeil in die Festung, an welchem sich ein Brief und ein Ring befand. Beides war voni Kaiser Otto; sein Bote hatte nicht durch die Wachen Berengars dringen können und daher Brief und Ring an jenen Pfeil gebunden und so über die Mauer ge- schossen. Im Briefe stand, daß Otto schon in der Nähe sei, und der Ring sollte die Echtheit der Handschrift beweisen. Berengar hob nun die Belagerung auf. Von Otto erschien in Canossa ein Bote: der Kaiser werbe um Adelheids Hand; denn er war seit mehreren Jahren Wittwer. Adelheid reichte ihrem Retter mit Freuden ihre Hand, und in Pavia wurde eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Sie brachte ihm das Königreich Italien (die Lombardei) als Brautschatz mit, eine Erwerbung, die damals dem Otto und den Deutschen ein Glück schien, aber in der Folge eine Reihe bluti- ger Kriege verursacht hat, wie wir uns denn oft über Das freuen, was sich nachher als ein Unglück zeigt. Berengar knirschte zwar vor Wuth, mußte stch aber dem Kaiser unterwerfen und erhielt

4. Theil 2 - S. 57

1867 - Breslau : Max
Die Ungern in Franken und Belgien. 55 indessen heftig angegriffen und keine Art des Geschosses geschont. Dagegen wehrten sie sich nach ihren besten Kräften, und Knechte, Cleriker und Mönche,' obgleich diesem Orden das Handhaben der Waffen verboten ist, widerstanden, da es aus Erhaltung des Le- bens ankam, in einem Haufen zusammengedrängt, mit Nachdruck. Da sie aber doch endlich an der Rettung verzweifelten, hörte man sie nach gewohnter Weise rufen: Herr! o Herr! erbarme dich! — und: Heiliger Ursmar, hilf, o hilf uns! — Schon umarmten stch die Unglücklichen zum letzten Male und nahmen für immer Ab- schied, jeden Augenblick die Uebergabe erwartend — siehe! da flogen, zum Zeichen, daß sich Gott ihrer erbarmt habe, zwei Tau- den hinter dem Altare hervor. Sogleich erfolgte ein heftiger Re- gen, welcher die Sehnen der feindlichen Bogen erschlaffte und die Geschicklichkeit der Ungern zu Schanden machte. Da kam eine solche Furcht und ein solches Grauen über diese, daß sie ihre Flucht beschleunigten und die Anführer selbst nüt Knuten aus Die einhieben, welche noch verweilten." So und noch ärger ging es zu überall, wohin die Ungern kamen, und wir haben noch mehrere grausenhafte Beschreibungen ihrer Unthaten von Augenzeugen übrig. Zu Anfang des Jah- res 955 erhielt Otto, da er gerade in Sachsen war, Eilboten aus Baiern: er möchte doch schnell zu Hülfe eilen; die Ungern wären in furchtbarer Menge wieder eingefallen. So war es auch wirklich. Durch Oestreich waren sie gekommen und drangen, wie gewöhnlich, alle festen Städte vermeidend und alle offenen ab- brennend, bis an den Lechfluß vor, wo sie Augsburg an- griffen , weil sie es für die Niederlage aller großen Reich- thümer der umliegenden Länder hielten. Die Bürger der Stadt überließen sich der Angst und Verzweiflung; da war ihnen der ehrwürdige Bischof der Stadt, Udalrich, eine rechte Stütze. Er sammelte sie zum Gebet vor dem Altare des Herrn, sprach den Muthlosen Muth ein und verwies sie auf Den, von dem allein alle Hülse in der Noth kommt. Da er aber wohl, erwog, daß jeder unthätige Glaube ein verkehrter ist, so munterte er auch die Bürger zur genauen Bewachung der Mauern auf und schickte dem Otto Boten entgegen, seine Schritte zu beflügeln, damit er für die geängstigte Stadt nicht zu spät komme.*) Otto kam eilends *) Der fromme Udalrich (Ulrich) liegt in Augsburg in einer ihm geweih- ten großen und schönen Kirche begraben und wird hier von den Katholiken als Heiliger verehrt.

5. Theil 2 - S. 58

1867 - Breslau : Max
56 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. herbei. Die Kriegsleute beichteten einander, da es an Geistlichen gebrach, ihre Sünden, und Jeder vergab dem Andern, was er zu vergeben hatte, damit der Himmel auch seiner Schuld nicht gedenken wolle. Da trat Otto hervor: „Seht den Feind!" rief er; „er vertraut aus seine Kühnheit, wir aber auf den Schutz des Himmels!" Dann fiel er, Angesichts des Heeres, auf seine Kniee, bekannte dem Himmel laut seine Schuld und flehte ihn um den Sieg an. So brach er auf den Feind ein, der nach wü- thender Gegenwehr endlich auch hier, auf beni Lechfelde bei Augsburg, eine große Niederlage erlitt. Die meisten Ungern wurden erschlagen, manche erst auf der Flucht, gefangen nur we- nige. Die Erbitterung der Deutschen vergaß, an den wehrlosen Gefangenen Großmuth zu üben. Zwei der Hauptanführer der Ungern, die den Deutschen in die Hände fielen, wurden gehenkt, manche Gefangene gar lebendig in große Gruben geworfen und so begraben! — eine schauderhafte Barbarei, die ohne Otto's Vorwissen geschah. Als die Ungern davon hörten, ergrimmten sie so, daß sie aus Rache alle noch in ihrem Lande lebende ge- fangene Weiber und Kinder, an 20,000, ermordeten. So erzeugt eine Unmenschlichkeit die andere. Folgende zwei Züge zeigen, wie edeldenkend Otto war. Seine Mutter, Mathilde, war eine brave Frau, aber eine schlechte Wir- thin; besonders pflegte sie, nach den damaligen Begriffen von Frömmigkeit, die Kirchen und Klöster so reichlich zu beschenken, daß ihr Sohn sich endlich bewogen fühlte, ihr die freie Bestim- mung über ihre Ausgaben zu nehmen. Die alte Frau fühlte sich dadurch sehr gekränkt; das hatte sie von ihrem Sohne nicht erwartet. Damals lebte noch Otto's erst Frau Edith. Kaum erfuhr die gute Frau die Betrübniß ihrer Schwiegermutter, als sie gleich zu ihrem Gatten eilte, ihm sein Unrecht liebreich vor- stellte und nicht eher abließ, bis er ihr versprach, die Beschrän- kung aufzuheben und die Mutter um Verzeihung zu bitten. Diese freute sich, als sie ^ von der Veränderung ihres Sohnes hörte, so, daß sie sich gleich aufmachte, um ihn zu besuchen. Als er erfuhr, daß sie käme, reiste er ihr entgegen, sprang, sobald er sie erblickte, vom Pferde, fiel vor ihr aufs Knie nieder und rief: „O ehr- würdige Mutter, lege mir eine Strafe auf, welche du willst, aber verzeihe mir! Seitdem ich dich gekränkt, habe ich keine Ruhe, keinen Seelenfrieden mehr." Die weinende Mutter drückte ihn an ihr Herz, küßte ihn und sprach: „Sei ruhig, mein lieber Sohn!

6. Theil 2 - S. 70

1867 - Breslau : Max
68 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. nen Tod. Indessen ist von ihm zu rühmen, daß er ein thätiger und unternehmender Herr im Kriege wie ihm Frieden war. Mel mehr hätte er, so wie sein Vorgänger und Nachfolger, sich der Sorge um Deutschland widmen können, wenn nicht die Kaiser aus den Besitz des treulosen Italien ersessen gewesen wären. Italien war Deutschlands Unglück; denn theils kamen hier unzählige Deutsche durch Krankheiten und Gefechte um, theils mußten die Kaiser ihre meiste Zeit und ihre besten Kräfte auf dies Land wenden, dessen Besitz ihnen doch keinen wesentlichen Nutzen ver- schaffte. Auch Heinrich zog drei Mal dahin. Als er,das erste Mal nach Italien kam, ließ er sich in Pavia mit der alten eisernen Krone der Langobarden zum König von Italien krönen. Aber noch an demselben Tage entstand hier ein gewaltiger Auf- ruhr. Die Bürger, von Wein und Wuth erhitzt, schlössen die Thore und bestürmten den Palast, in welchen: sich der Kaiser be- fand. Vergebens versuchte der Erzbischof von Cöln vom Fenster aus den wüthenden Pöbel zu beruhigen; ein Hagel von Steinen und Pfeilen war die Antwort, die er erhielt! Heinrich wollte sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten; aber er beschä- digte sich den Fuß und blieb zeitlebens lahm (davon wurde er auch Huffeholz oder der Lahme genannt). Endlich kamen ihm seine Deutschen, die vor dem Thore im Lager standen und von hier aus den von den: brennenden Schlosse aufsteigenden Dampf gesehen hatten, zu Hülfe. Sie erstürmten die Mauern, verbrann- ten die Stadt und richteten unter dem Volke ein gräßliches Blut- bad an. Dieser Aufruhr verleidete dem Kaiser das Land so, daß er sogleich nach Deutschland zurückkehrte. Hier fehlte es, wie un- ter seinen Vorgängern, auch nicht an Unruhen und Kriegen, die wir aber nicht erzählen können, ohne weitläufig zu werden. Er starb, nachdem er noch zweimal in Italien gewesen war, 1024 ohne Nachkommen und liegt in Bamberg, wo er das Bisthum stiftete, neben seiner Kunigunde begraben*); mit ihm erstarb das sächsische Haus. Jetzt fehlte nicht viel, daß die Fürsten übereinander herge- fallen wären, weil jeder König werden wolle. Endlich brachten es die Vernünftigen dahin, daß man sich zu einem Wahltage ver- einigte. Alle Große, unter denen acht Herzöge waren, die Erz- *) Ihre Schädel, in Gold gefaßt, werden in Bamberg als kostbare Re- liquien gezeigt.

7. Theil 2 - S. 112

1867 - Breslau : Max
110 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. Ungern, ein zwar nun schon christliches, aber doch noch sehr rohes Volk, ließen den Walther mit seiner Horde zwar ein, und ihr König K.olomann versprach auch, die nöthigen Lebensmittel ge- gen Bezahlung zu liefern. Aber um Ordnung zu halten, war das Gesindel nicht ausgezogen. Sie zerstreuten sich im Lande, plünderten — und wurden zum Theil todtgeschlagen. Noch schlimmer ging es ihnen im Lande der Bulgaren, so daß nur ein kleines Hänschen bei Constantinopel ankam, welches froh war, daß der griechische Kaiser Alexius Comnenus ihm die Erlaubniß gab, bis zur Ankunst Peters ein Lager vor den Thoren aufschlagen zu können. Nun kam Peter mit 40,000 nach, die nicht viel besser als des Walthers Leute waren. Doch ging anfangs Alles gut. Die Ungern hielten Friede, weil Peter Ordnung hielt. Schon war dieser fast an die letzte Grenze gekommen, da hörte er, daß in einer vor ihm liegenden Stadt (Semlin) 16 Kreuzfahrer von Walthers Haufen, weil sie geplündert hatten, von den entrüste- ten Einwohnern erschlagen worden wären. Dies hören und die Stadt stürmen lassen, war Eins. Die armen Einwohner, die meist an jener That ganz unschuldig waren, wurden säst alle er- mordet, die Stadt fünf Tage lang geplündert und ein entsetz- liches Blutbad angerichtet. Das that der heilige Peter. Frei- lich mußte er nun eilen, daß er über die ungarische Grenze kam; denn schon war der König im Anzuge, die Greuelthat zu rächen. Auch in Bulgarien benahm sich Peter so unklug, daß er sich mit den Einwohnern ganz überwarf. Er erlitt eine ungeheuere Niederlage; der vierte Theil seiner Leute lag blutend aus dem Wahlplatze, und sein ganzes Gepäck und eine Menge mitgezogener Weiber, Kinder, selbst Nonnen, fielen in die Hände der wilden Bulgaren. Gedemüthigt kam er mit dem Ueberreste bei Con- stantinopel an, und er und Walther klagten sich nun gegenseitig das erlittene Unglück, an dem sie doch beide allein schuld waren. Auch Petern erlaubte der Kaiser, das Heer Gottfrieds zu erwarten. Aber diese beiden Haufen waren nicht die einzigen. Auch in Deutschland erhob sich die Begeisterung und wurde von schwärmerischen Geistlichen zur lichten Flamme angeblasen. Der Eine hatte um die Zeit der Versammlung in Clermont Sterne vom Himmel regnen gesehen; ein Anderer zwei Männer zu Pferde, die am hellen Tage am Himmel miteinander kämpften und von denen der eine den andern mit einem großen Kreuze niederschlug;

8. Theil 2 - S. 118

1867 - Breslau : Max
116 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. verwundet ihn mit dem Schwerte, aber ohne ihn zu todten. Durch die Wunden noch wüthender gemacht, stürzt sich das wilde Thier auf ihn, umklammert ihn mit den Vordertatzen und reißt ihn vom Pferde zu Boden. Mit ungeheuerer Kraft macht sich zwar der Held aus der entsetzlichen Umarmung los und rennt dem Thier sein Schwert in die Seite. Aber auch hiervon noch nicht todt, greift ihn der Bär von neuem an, zerfleischt ihm den einen Schenkel und kaum ist Gottfried, nun schon ermattet, noch im Stande, das Ungeheuer von sich abzuwehren. Zum Glück kommt eben in der höchsten Noth ein Ritter herangesprengt, herbeigerufen von dem Hülferuf des Soldaten und dem Brüllen des Thieres, dem nun der Rest gegeben wird. Aber Gottfried war so erschöpft von Angst, Anstrengung und Blutverlust, daß er ans ^iner Trage ins Lager zurückgebracht werden mußte. Endlich hatten die Kreuzfahrer Klein-Asien durchzogen und wendeten sich rechts nach Syrien. Da stellte sich ihnen eine große Stadt dar, Antiochia hieß sie. Im ersten Rausche des Muthes schwuren sie, sie nicht unerobert hinter sich lassen zu wollen. Aber die Mauern waren so dick und so fest, und der Feind darin so hartnäckig und kriegerisch, daß die Kreuzfahrer weit über ein halbes Jahr davor liegen mußten. Da zeigte sich nun schon wieder all das grenzenlose Elend, welches Hunger, Beschwerde jeder Art, Seuchen und Sittenlosigkeit hervorzubringen vermögen. Die heilige Schwärmerei, welche die Kreuzfahrer bei Clermont gezeigt hatten, war verschwunden und Alle hatten längst schon den Gedanken, das Kreuz genommen zu haben, ver- wünscht. Mit welcher Sehnsucht dachten nicht die Meisten an die behagliche Ruhe, mit der sie daheim bei Weib und Kindern sich gepflegt statten! Diese Unlust zeigte sich selbst bei einigen der Fürsten, und man muß sich wundern, wenn man sieht, wie diese Leute, statt durch Einigkeit sich die Beschwerden leichter zu machen, sich beneideten, ja manchmal feindlich behandelten und dadurch die Eroberung des heiligen Grabes verzögerten. Nur Gottfrieds große Seele war über die kleinlichen Leidenschaften weit erhaben. Unter Denen, die im Lager verdrießlich umher- schlichen, war auch Kukupeter. Er hatte sich längst weggesehnt; auch verdroß es ihn, daß man so wenig Kenntniß von ihm nahm und ihn nicht anders als einen gemeinen Mönch behandelte. An einem schönen heitern Abende war er mit einem Male ver- schwunden. Aber seine Flucht wurde gleich entdeckt; einer der

9. Theil 2 - S. 93

1867 - Breslau : Max
Heinrichs Iv. letzte Tage. Konrad, dessen isohn. 91 wer den Sieg habe. „Ihr, Herr!" sagten die Umstehenden. Darauf sank er zurück und sprach: „Nun leide ich freudig lebend und sterbelid, was der Herr will; nun -kümmert mich der Tod nicht, wenn ich ihn mit der Ehre des Triumphs empfange!" — So starb er. Sein Grabmal sieht man noch in der Domkirche von Merseburg, wo auch seine freilich nun sehr verdorrte Hand noch gezeigt wird. Rudolphs Tod war für Heinrich ein großes Glück. Viele seiner Feinde verlöret! nun den Muth; andere hielten den Tod des Gegenkaisers für ein Strafgericht Gottes und schlossen sich wieder all den rechtmäßigen Kaiser an. So nahm Heinrichs Par- tei mit jedem Tage zu, und endlich war er so mächtig, daß er nach Italien gehen und dort seinen Todfeind, den Papst, angrei- fen kotinte. Er erklärte diesen für abgesetzt und ließ einen Erz- bischof zum Gegenpapste wählen. Dennoch blieb der eiserne Gre- gor unerschüttert, und je weiter Heinrich gegen Rom vordrang, desto wüthender schleuderte er den Bannstrahl auf ihn. Dies Mal half es aber nichts. Heinrich belagerte wirklich Rom; aber bis ins dritte Jahr lag er davor, ehe er es einnehmen konnte, und nun ließ er geschwind seinen Papist einweihen. Gregor da- gegen zog sich itl die Engelsburg (das Grab Hadriansj zurück, und schon glaubte Heinrich ganz sicher, daß er ihm nicht entrin- nen könnte — als er ihm plötzlich entführt wurde. Die Nor- männer nämlich, d. i. die Dänen und Norweger (rauhe, kühne und in der Seefahrt gewandte Männer) hatten tiach der Zeit Karls des Großen verwüstende Einfälle in niehrere Länder ge- macht und sich in einzelnen Schwärmen da und dort, z. B. in England und Nord-Frankreich, angesiedelt. Ein solcher Schwarm war gar bis Neapel geschifft und hatte sich zum Herrn von ganz Unter-Italien geniacht. Diese Normannen waren es, die jetzt plötzlich unter ihrem ritterlichen Herzoge Robert Guiscard in Rom erschienen, den Papst in ihre Mitte nahlnen und ihn nach dem Neapolitanischen in Sicherheit brachten, nachdem er noch einmal den Bannstrahl auf deu Kaiser, den Gegenpapst und dessen Anhänger geschleudert hatte. Bald darauf (1085) starb Gregor Vii. in Salerno; die heftigen Bewegungen seines Gemüths mochten den Lebensfaden schneller zernagt haben. Als er seinen Tod sich nahen fühlte, rief er die ihm getreuen Bi- schöfe herbei und sprach: „Geliebteste Brüder, ich will keine mei- ner Thaten sehr rühmen; aber darauf vertraue ich, daß ich stets

10. Theil 2 - S. 120

1867 - Breslau : Max
118 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. der Stadt zurück. Diese That klingt fast unglaublich, ist aber Angesichts beider Heere geschehen und durch mehrere Augenzeugen einstimmig erzählt worden. So herrlich, wie hier durch glänzende Tapferkeit, ragte Gott- fried auch durch Tugend des Herzens über seine Gefährten weit hervor; denn so wie unter den Fürsten Neid und Eifer- sucht, so herrschte unter den Gemeinen eine große Verworfenheit. Kein Wunder, da ja die Hefe des Pöbels sich unter ihnen befand! Hier nur ein Beispiel statt vieler. In dem eben erwähnten Ge- fechte hatten die Seldschucken an 5000 Mann verloren; von den Mauern der Stadt hatten die Mütter und Weiber mit angese- hen, wie die Ihrigen hingewürgt wurden, hatten sich vor Schmerz die Haare zerrauft und die Luft mit ihren Wehklagen erfüllt. In der nächsten Nacht aber begruben sie die ihnen theuern Tod- ten und gaben ihnen den besten Schmuck, die schönsten Kleider und die in der Schlacht getragenen Waffen mit ins Grab! In unsern Zeiten hätte ein edelmüthiger Feind nicht nur die Trauer der Armen nicht gestört, sondern sie selbst von Herzen bedauert. (Man denke dabei an Achilles und Priamos.) Nicht so die Kreuz- fahrer. Am nächsten Morgen stürzten sie auf die frischen Leichen- hügel los, störten mit unmenschlicher Wuth die stille Ruhe der Todten, verstümmelten diese und raubten die in den Gräbern gefundenen seidenen Kleider, die sie, manche drei oder vier über- einander, geschwind anzogen, um ihre Lumpen zu ersetzen, und so stolzirten sie, die weinenden Mütter und Weiber laut verhöh- nend, vor den Mauern der Stadt herum. Endlich wurde Antiochia durch Verrath eingenommen. Daß es da wieder entsetzliche Scenen gab, braucht nicht erst gesagt zu werden; denn die Kreuzfahrer hielten es nicht nur nicht für Un- recht, die Ungläubigen zu berauben und zu morden, sondern sie glaubten dadurch gar Gott einen rechten Dienst zu erweisen. Zehntausend sollen von ihnen gemordet worden sein. Aber die Strafe für die hier verübten Greuelthaten blieb nicht au§. Kaum hatten sie sich in Antiochia eingerichtet, als Kerboga, der Fürst von Mosul, mit einem Heere von einigen Huuderttausenden her- beiströmte und die Stadt ganz und gar einschloß. Er hatte sich aufgemacht, um seinen Glaubensbrüdern, den Antiochiern, zu Hülfe zu kommen. Zwar kam er zum Entsätze der Stadt zu spät, nicht aber, die Kreuzfahrer aus ihrer Ruhe aufschrecken. Diese hatten an einen solchen Fall nicht gedacht und jich daher
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