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1. Theil 2 - S. 20

1867 - Breslau : Max
18 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Franken. ließ, während der andere sich selbst töbtete, und den vierten mit einem Stückchen Land (Gens) abgefunden. Um nun einen Vor- wand zum Kriege zu haben, verlangte Chlodwig die Hand der Chlotilde, der Tochter jenes von Gundobald ermordeten Königs. Chlotilde willigte mit Freuden ein, um aus der Haft des ihr verhaßten Oheims loszukommen; desto verdrießlicher war der An- trag dem Gundobald, aber er fürchtete sich, den Chlodwig zu erzürnen und willigte ein. Vergnügt fuhr die Braut auf einem mit Ochsen bespannten Wagen von dannen und ließ auf der Reise, um sich an Gundobald zu rächen, alle burgundische Oerter, durch die sie kam, niederbrennen. Dann forderte Chlodwig die Mitgift seiner Frau; Gundobald schickte sie mit Ingrimm. Bald darauf gab es für Chlodwig ein neues Geschäft. Die oben erwähnten Alemannen, die theils im jetzigen Baden und Würtemberg, theils in der westlichen Schweiz, theils auf dem lin- ken Rheinufer wohnten, hatten sich ausgemacht und waren, den Rhein abwärts ziehend, bis Cöln vorgedrungen, wo auch ein fränkischer König, ein Vetter Chlodwigs, regierte. Chlodwig zog seinem Vetter zu Hülfe. Es kam zur Schlacht bei Zülpich, zwischen Aachen und Bonn (496). Die Franken wurden hart bedrängt; die Alemannen erhoben das Siegesgeschrei. Da, in der höchsten Roth, rief Chlodwig zu dem Gotte der Christen: „Wenn chu mir den Sieg verleihst, so will ich an dich glauben und mich aus deinen Namen taufen lassen; denn ich habe meine Götter angerufen, aber sie haben mir nicht geholfen, und daher muß ich glauben, daß sie keine Macht haben." Glücklicherweise wandte sich der Sieg; die Alemannen mußten die Obermacht der Franken anerkennen. Noch in demselben Jahre ließ sich Chlod- wig taufen. Der Bischof von Rheims, der heilige Remigius, verrichtete in der Domkirche dieser Stadt die feierliche Handlung, die der Aberglaube jener Zeit durch ein angebliches Wunder ver- herrlichen läßt. Als nämlich der Bischof den König salben wollte, war kein Oel da, weil der Geistliche, der die Flasche holen sollte, nicht durch das Volk dringen konnte. Während nun der Bischof in Verlegenheit dastand, kam von der Decke eine weiße Taube herabgeflogen, die im Schnabel ein Fläschchen trug, welches sie dem Bischof darreichte. Das darin enthaltene Oel verbreitete in der ganzen Kirche einen herrlichen Geruch, und man ging damit so sparsam um, daß es bis zur französischen Revolution gereicht hat, durch welche erst das Gefäß seinen Untergang gefunden.

2. Theil 2 - S. 28

1867 - Breslau : Max
26 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Franken. Jene Reise des Papstes nach Frankreich war sehr erfolgreich; Pipin nämlich zog über die Alpen, zwang die Langobarden, den Papst in Ruhe zu lassen, und nahm ihnen zugleich Das, was sie erobert hatten, Ravenna und die Umgegend, wieder ab. Dieser District batte bisher dem griechischen Kaiser gehört. Pipin, der nicht gesonnen war, das Land dem bisherigen Besitzer wiederzu- geben, es aber auch wegen der Entfernung des Reichs nicht selbst behalten mochte, schenkte es dem heiligen Petrus, also der Kirche, und setzte den Papst zum Verwalter desselben ein. Späterhin haben die Päpste behauptet, daß sie Herren dieses Landes wä- ren, und so ist nach und nach der jetzige Kirchenstaat daraus erwachsen. Als Karls Vater, Pipin, 768 starb, war er erst 26 Jahre alt; aber er griff die Geschäfte gleich mit solcher Geschicklichkeit an, als wenn er im Regieren schon grau geworden wäre. Das ist öfters den großen Männern eigen, die zu hohen. Dingen bestimmt sind, daß sie sich ohne vorhergegangene Uebung gleich in ihre Lage zu finden wissen. Rur die drei ersten Jahre re- gierte er mit seinem Bruder Karlmann; dann starb dieser, und überließ dadurch Karln das ganze große Reich, welches damals fast ganz Frankreich und den ganzen westlichen Theil von Deutsch- land umfaßte. Es ist zu bedauern, daß Karl, dessen Gemüth keineswegs zum Kriegführen geneigt war, doch fast sein ganzes Leben hin- durch Krieg führen mußte. Am meisten machten ihm die Sach- sen zu schaffen. Zweiunddreißig Jahre dauerte der Krieg mit diesem damals noch heidnischen und wilden Volke, dessen Bund alle Landschaften vom Niederrhein bis zur Elbe, vom Harze und Weser, der Werra und Fulda und dem Westerwalde bis zur Nord- see und Eider umfaßte. Drei oder vier große Abtheilungen die- ses sächsischen Bundes hatten sich nach und nach in ihm heraus- gebildet, deren jede ein unabhängiger Staat, und für Angriff und Vertheidigung nach außen mit den andern verbündet war. Hier hatten sich die ursprünglichen Zustände des deutschen Vol- kes fast unverändert erhalten. Eine demokratische Verfassung mit Wahlsürsten, ein uralter Adel, das nationale Heiligthum mit sei- ner Sage und Poesie bestand noch in^ voller Blüthe, als der fränkische König das Volk im Frühling 772 von Süden her an- griff. Mit einem gewaltigen, wohlgerüsteten und krieggeübten Heere war es ihm leicht, einen großen Theil des Berglandes an

3. Theil 2 - S. 29

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 27 der Weser zu erobern, darauf auch die Er es bürg, einen heili- gen und mit Mauern und Wällen befriedeten Göttersitz. (Der Kriegsgott, der bei den Sachsen Ere hieß, wurde hier verehrt.) — Nicht weit davon lag gleichfalls an umfriedetem, befestigtem Orte ein anderes Nationalheiligthum, die Ir minsul (die große Säule), die mit der größten Ehrfurcht und heiliger Scheu von dem Volke wohl als Symbol des Götterbaums, der Esche Igg- drasil der scandinavischen Germanen, angesehen ward. In Eres- burg wurde an der Stelle des heidnischen Heiligthums eine christ- liche Kirche dem Apostel Petrus, dem Lieblings-Heiligen der Zeit gewidmet, hier und an andern Orten Priester zurückgelassen, welche als Missionäre wirken sollten. Aber es fehlte viel, daß ein einziger Feldzug hingereicht hätte, um den Freiheitssinn der Sachsen zu brechen. Sobald Karl den Rucken wendete, brachen sie den ihnen aufgezwungenen Frieden, namentlich von Widekind, dem Feldherrn der Westfalen auf- gereizt, bis endlich die großen von den Franken im Jahre 783 bei Detmold und an der Hase erfochtenen Siege, so wie die un- aufhörlichen Verwüstungen des Landes, welche durch ständige fränkische Besatzungen möglich geworden waren, viele der Edel- sten, darunter auch Widekind bestimmten, sich zu unterwerfen und taufen zu lassen. An Widekind ward die Taufe 785 zu Attigny vollzogen.*) Jetzt wurden unter Zustimmung sächsischer Abgeordneten die Zu- stände des Landes geordnet; nämlich Grafen für bestimmte Lan- desabtheilungen ernannt, welche im Namen des Königs zu Ge- richt saßen; eine Anzahl Bisthümer errichtet: Osnabrück, Münster, Verden, Bremen, Minden, Paderborn, Halberstadt, Hildesheim und strenge Verbote gegen allen öffentlichen und geheimen Götzen- dienst erlassen. Auch die Langobarden unterjochte Karl. Damals war Desiderius König der Langobarden. Dessen Tochter hatte Karl schon als Prinz zur Frau genommen, bald aber wieder zurück- geschickt, weil sie ihm zuwider war. Daß Desiderius darüber grollte, läßt sich denken. Dazu kam, daß Karlmanns Wittwe, die ihrem Schwager nicht traute, mit ihren Söhnen zu Desider ge- flohen war. Gegen den mächtigen Karl wagte er nicht geradezu *) Seine Gebeine werden in einem Kasten in der Kirche von Enger, Reg.- Bezirk Minden, aufbewahrt.

4. Theil 2 - S. 33

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 31 Baiern-Herzog Thassilo vor den Reichstag zu Worms und sandte, als er sich weigerte zu erscheinen, drei starke Heeres- säulen gegen ihn ab. Thassilo überrascht und rathlos, unter- warf sich. Aber schon 788 wurde er vor die Reichsversammlung zu Ingelheim bei Mainz geladen, um sich wegen eines ver- rätherischen Einverständnisses mit den Avaren zu vertheidigen; da es ihm nicht gelang, wurde er abgesetzt und mit den Seini- gen in ein Kloster gesteckt, Baiern aber nach fränkischer Weise eingerichtet. Gegen die oben erwähnten Avaren, die slavischen Nachbarn der Sachsen, wurde in den Jahren 791 — 798 ge- stritten. Karls Sohn, Pipin, erstürmte das befestigte Hoflager des avarischen Chans, den berühmten „Ring der Avaren", wo- selbst sich eine unermeßliche Beute vorfand; eine dauernde Un- terwerfung der mittlern und untern Donaugegenden aber ward doch nicht erreicht. Karl ist mehrmals in Rom gewesen; es gefiel ihm dort ganz vorzüglich; kein Wunder, da die Städte in Deutschland und Frankreich damals noch höchst elend gewesen sein mögen. Keine seiner Reisen dahin war aber von so wichtigen Folgen, wie die im Jahre 800. Die Veranlassung war folgende: Karl war eben in Paderborn, als päpstliche Boten zu ihm kamen und ihm den Papst Leo — Hadrian war vier Jahre vorher gestor- den — anmeldeten. Sie erzählten, bei einer Procession sei er von seinen Widersachern überfallen, fortgeschleppt, geschlagen und aufs äußerste gemißhandelt worden und fast nur durch ein Wunder dem Tode entgangen. Ein treuer Herzog habe ihn nach Spoleto gerettet, und jetzt komme er selbst, um den großen Karl um Hülfe anzuflehen. Karl empfing den heiligen Vater in Paderborn nach seiner frommen Weise mit großer Ehrer- bietung. „Ehre sei Gott in der Höhe!" rief Leo dem Könige und der versammelten Menge zu; viele tausend Stimmen riefen Amen; alle Anwesende fielen andächtig nieder und empfingen den Segen. Nun ward Leo am Hofe herrlich bewirthet und endlich ehrenvoll nach Rom zurückgesandt. Nächstes Jahr, so versprach Karl, wolle er selbst hinkommen und die Frevler be- strafen. Er kam auch und hatte hier eine angenehme Ueberraschung, wenn es ihm wirklich eine solche war. Als er nämlich am Weihnachtstage in der Peterskirche andächtig vor dem Altare gekniet und gebetet hatte und eben wieder aufstehen wollte, setzte

5. Theil 2 - S. 51

1867 - Breslau : Max
Heinrich der Städtegründer. 49 fülle in Sachsen, verheerten das ganze Land, verbrannten die offenen Städte, ermordeten die Menschen und trieben andern greulichen Unfug; und wenn Heinrich seine Mannen gegen sie führte, so halten diese eine solche Furcht vor den wilden Barbaren, daß sie sich nicht an sie herantrauten. Da hielt er es für des- ser, erst seine Sachsen nach und nach an den Krieg zu gewöhnen, und ging mit den Ungern einen neunjährigen Waffenstillstand ein, wofür er ihnen jährlich einen Tribut bezahlte. Diese neun Jahre benutzte er nun herrlich, theils seine Leute im Kriege ge- gen die in der jetzigen Mark und in Sachsen wohnenden slavi- schen Völker, an deren Grenzen er Brandenburg befestigte und das Schloß Meißen erbaute, zu üben, sie in Reihe und Glied streiten zu lassen, theils die Städte seines Landes mit Mauern zu umgeben. Er wird daher der Stüdteerbauer genannt. Auch legte er viele neue Schlösser und Städte an. Damit nun diese bevölkert würden, befahl er, daß von den Landbewohnern immer der neunte Mann nach der Stadt zöge und da für hin- längliche Wohnungen sorgte, damit, wenn die Ungern einmal wiederkämen, die andern acht mit ihren Sachen hineinfliehen könnten. Dafür mußten sie aber auch dem Stadtbewohner den dritten Theil ihres Kornes geben, welches er theils für sich ge- brauchte, theils für den Nothsall für Alle aufbewahrte. Eine treffliche Einrichtung! Dadurch ist Heinrich recht eigentlich der Stifter des Bürgerstandes geworden. Nun waren die neun Jahre um. Heinrich berief seine Sach- sen zu einer großen Volksversammlung. „Jetzt ist", sprach er, „das Reich beruhigt; nur die Ungern sind noch unbezwungen. Bisher habe ich euch besteuern müssen, um diesen Feind zu be- reichern, nun muß ich gar Kirchen und Geistlichkeit berauben, um ihrer Raubsucht zu genügen, bis uns zuletzt nichts als das nackte Leben übrig bleibt. Wollt ihr nun. daß ich den Gott geweihten Schatz angreife und den Feinden der Christenheit gebe, oder ihn vielmehr zur Ehre Gottes anwende?" Da rief das Volk laut, es begehre, daß das Geld dem heiligen Gotte geweiht werde. Es hob die Hände gen Himmel und gelobte dem Könige treuen Bei- stand. Nun kamen die Gesandten der Ungern und verlangten den Tribut. Aber Heinrich gab ihnen einen räudigen Hund, dem Ohren und Schwanz verstümmelt waren, mit dem Beifügen: wenn die Ungern einen andern Zins begehrten, so möchten sie ihn Weltgeschichte fiir Töchter. Ii. 14. Äufl. 4

6. Theil 2 - S. 52

1867 - Breslau : Max
50 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. mit den Schwertern holen.*) Drohend gingen die Boten fort. Im Frühjahr 933 erschien ein ungeheueres Heer Ungern. Der Schrecken ging vor ihnen her; sie verwüsteten und verbrannten alle Felder und Oerter, die sie erreichten. Viele Männer wur- den ermordet, Weiber und Kinder als Sklaven mitgeführt. So kamen sie in die Gegend von Merseburg; hier, glaubten sie, sei ein Schatz verwahrt. Heinrich eilte schnell herbei mit allen Mannen, die er beisammen hatte, und lagerte sich auf einem Hügel, von welchem er mehrere Tage in das Blachfeld, wo die Ungern im Lager standen, hinabstieg, um seine Leute an den An- blick der wilden Krieger zu gewöhnen. Ehe er die Schlacht wagte, schickte er eine Reiterschaar in einen hohlen Weg in die Seite der Ungern, um von da zur rechten Zeit hervorzubrechen. Nun sammelte er alle Mannen um sich, ermahnte sie, auf die göttliche Hülse zu vertrauen; dort, sagte er, stehe der gemeinsame Feind; das Vaterland fordere Rache; männlicher Muth werde sicherlich über die Wildheit des Feindes siegen. Mit Vertrauen blickte das Heer auf zu dem Bilde des Engels aus der hochflatternden Reichsfahne und hin auf den König, der, vor Allen hervorragend, sie in das Feld hinabführte. Als er nun dicht vor dem Feinde stand, betete er — und das ganze Heer mit ihm — noch einmal zu Gott um Sieg, gab das Feldgeschrei: „Herr, erbarme dich!" und nun ließ er einbrechen. Zugleich stürzten die im Hohlwege verborgenen Reiter hervor in den Rücken der Ungern, die zu- letzt, an Allem verzweifelnd, sich zur schleunigen Flucht wandten. Die wenigsten sahen ihr Vaterland wieder; viele wurden in der Schlacht, Viele auf der Flucht von den aufgebrachten Bauern erschlagen. In ihrem verlassenen Lager fand man die ganze Schaar der zusammengebundenen Weiber und Kinder, die nun *) Recht naiv drückt sich darüber eine Chronik aus dem 15. Jahrhundert in dem damals gebräuchlichen Dialekt aus: „Do zcogin dy Ungirn in Doringen unde vordirtin jerlichen zcinß von den Doringin, unde von den andern Dutz- schin. Do sante Konnig Henrich en zcu zcinse eynen schebcchtin Hunt, deine wa- rin dy orin unde der zcagil abegesnetin, unde enpod en, wer eynen andirn zcinß von den Doringin habin Wolde, das her queme, unde holete en, wanne her wolde." D. i.: „Da zogen die Ungern nach Thüringen, und forderten den jährlichen Zins von den Thüringern und von den andern Deutschen. Da sandte König Heinrich ihnen zum Zins'einen schäbichten Hund, dem waren die Ohren und der Schwanz abgeschnitten, und entbot ihnen, wer einen andern Zins von den Thüringern haben wollte, daß er käme und holte ihn, wann er wollte."

7. Theil 2 - S. 108

1867 - Breslau : Max
106 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. genzeugen zu. Besonders war er durch Italien und Frankreich gezogen; hier sahen sich Alle schon im Geiste aus dem Wege nach Jerusalem; ein allgemeiner Schwindel hatte die Völker des Abend- landes ergriffen. Das vermag ein einziger Feuerkops! — Urban freute sich über diese Erfolge; eine solche Wirkung hatte er selbst nicht erwartet. Er berief, die allgemeine Stimmung zu benutzen, eine große Kirchenversammlung nach Piacenza in Ober-Italien und hier erschien eine solche Menge von hohen und niedern Geist- lichen und von andern Leuten, die aus Neugierde kamen, daß kein Gebäude die Menschenmasse zu fassen vermochte. Alles, was hier der Papst über die Befreiung des heiligen Grabes sprach, wurde mit Entzücken ausgenommen. Auch ein Gesandter des griechischen Kaisers Alexius Comnenus war da und überreichte einen in den kläglichsten Ausdrücken abgefaßten Brief, der den Eindruck noch erhöhte, so daß Einer dem Andern beim Aus- einandergehen zurief: „Ja, ja, wir müssen uns erheben! Wir müssen die Ketten der niedergedrückten Christenheit sprengen!" Einige Monate daraus reiste Urban nach Frankreich, wo die Gemüther durch Kukupeter noch erhitzter waren, und hielt in Clermont, einer Stadt fast in der Mitte von Frankreich, eine neue Versammlung. Himmel! was für Menschen strömten dahin zusammen! Auf einem ungeheuren Platze sah man nichts als Menschen dicht aus einander gedrängt. In der Mitte auf einer Erhöhung erschien der Papst mit allem Gepränge seiner hohen Würde, Kukupeter ihm zur Seite. Dieser begann vor der still- lauschenden Versammlung zu sprechen. So, mit solchem Eifer hatte er noch nie geredet. Donnerworte entströmten seinen Lip- pen und ein Schauder überschlich die ganze Versammlung, als er mit lebendigen Farben die Mißhandlungen ausmalte, welche die Christen dort von den Seldschucken erdulden müßten. Keiner wagte zu athmen; aber bange Seufzer entstiegen mancher Brust, und das Schluchzen der gerührten Menschen allein unterbrach die feierliche Stille. Jetzt schwieg Peter und Jeder überließ sich den Aeußerungen des lange zurückgehaltenen Gefühls. Da stand Urban aus und hielt eine Rede, die alle Gemüther noch mehr er- schütterte und den festen Willen erzeugte, ins heilige Land zu ziehen. Wir haben sie noch übrig. „Ich werde sie nicht trock- nen," ries er, „diese Thränen, die diese schrecklichen Bilder in un- sere Augen locken. Laßt uns weinen, meine Brüder! Aber wehe uns, wenn wir nichts hätten als diese Thränen, wenn wir noch

8. Theil 2 - S. 84

1867 - Breslau : Max
82 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. Schlacht, in welcher Heinrich selbst Proben eines großen Helden- muthes gab und, auf einem wilden Schlachtroß reitend, viele Feinde mit eigener Hand niederhieb, eine große Niederlage. Dies geschah bei Langensalza in Thüringen an der Unstrut (1075). Er drang mit seinen Franken ins Sachsenland ein und verheerte es so, daß die Sachsen sich zu unterwerfen versprachen. Heinrich befahl den Häuptern, bei Sondershausen sich einzufinden. Hier erschienen sie in großer Zahl, auch die Bischöfe, in Demuth, barhaupt und barfuß, und Heinrich hatte seine Franken dazu versammelt, damit sie Zeuge der Demüthigung sein sollten. Daitn ließ er, gegen sein ausdrückliches Wort, die sächsischen Großen greifen und gefangen setzen. Da walldten sie sich denn in ihrer großen Noth nach Rom an den Papst Gregor Vii., der damals gerade schon mit Heinrich in großer Spannung lebte. Heinrich, aufgeblasen durch seinen Sieg, empfing alle Warnungen Gregors mit Spott und Hohn, antwortete aus seine Ermahnungen gar nicht oder mit schnöden Worten und ahnete das schwere Ungewitter nicht, das sich setzt über seinem sorglosen Haupte zusammenzog. Da erschienen plötzlich päpstliche Legaten (Ge- sandte) vor ihm, die ihnl vom Papste die ernstliche Weisung brachten, sich binnen 60 Tagen in Rom vor einer geistlichen Versammlung einzufinden, um von den gegen ihn angebrachten Beschuldigungen Rechenschaft abzulegen; widrigenfalls würde er an demselben Tage mit dem apostolischen Fluche aus der Kirchen- gemeinschaft gestoßen werden. Heinrich war erstaunt und erzürnt über die Anmaßung des Papstes, einen deutschen König nach Rom zu citiren. Er sagte die Legaten mit Schimpf von dannen, berief die deutschen Bischöfe nach Wornis und hatte die Freude, daß diese Kirchen- versammlung die Absetzung über den Papst anssprach. Heinrich unterschrieb mit fröhlichem Herzen und dachte nun aller Gefahren überhoben zu sein. Sein Vater hatte sa auch mehrere Päpste abgesetzt. Aber er vergaß, daß er kein Heinrich Iii. und Gregor kein gewöhnlicher Papst sei. Das Absetzungsschreiben schickte er nun durch einen muthvollen Gesandten mit einem scharfen Briefe nach Rom, wo eben Gregor die angekündigte Versammlung hal- ten wollte. Was der königliche Gesandte bringe, wußte noch Keiner; auch brachte Keiner ein Wort von ihm heraus, bis die Versammlung zusammentrat. Hier saß Gregor im päpstlichen Ornate auf seinem erhabenen Stuhle, um ihn herum die Cardi-

9. Theil 2 - S. 98

1867 - Breslau : Max
96 Mittlere Geschichte. 2. Periode. England. sahen, daß er noch da sei, aber nicht erfahren konntet!, wo er sich aushalte. Endlich hörte er, daß ein sächsischer Gras den Dä- nen eine Niederlage beigebracht und ihnen chre Zauberfahne weg- genommen habe, auf welcher von drei Schwestern unter Zauber- sprüchen ein Rabe gestickt war und die durch ihr Wehen Kriegs- glück und Unglück verkündigte. Nun wollte auch er offen her- vortreten , vorher aber das Lager der Feinde erspähen. Als Harfenspieler verkleidet begab er sich dahin; er spielte ihnen vor und erwarb durch heitere Scherze ihr Vertrauen so, daß sie ihn überall frei umhergehen ließen, ja, daß sogar einer ihrer Prin- zen ihn mehrere Tage in seinem Zelte behielt. Da er ihre große Sicherheit bemerkte, war schnell sein Plan gemacht. Er verschwand aus deni dätiischen Lager und schickte heimlich Botet! zu den An- gesehensten der Sachsen: daß sie sich an einem bestimmten Tage in einem dazu ihnen angewiesenen Walde einfinden möchten. Da sie längst die Tyrannei der Dänen unerträglich gesunden hatten, so kamen sie und empfingen den geliebten König freudig in ihrer Mitte. Sie versprachen ihm Treue und Gehorsam. Er benutzte ihre Begeisterung und führte sie sogleich gegen die Dänen. Diese waren überrascht von der Erscheinung der Sachsen, die sie ganz muthlos geglaubt hattet!, und über das Wiederauftreten Alfreds. Sie erlitten bei Eddington unweit Bristol eine vollständige Niederlage, flüchteten sich in eine Festung und mußten sich hier an Alfred ergeben. Dieser war so großmüthig, sie im Lande zu behalten; er wies sie nach detii Norden Englands (Ostangeln und Northumberland) und verlangte, daß sie Christen würden. Sie gingen das ein und waren von nun an ruhigere Unterthanen. Alfred wandte nun seine ganze Mühe aus die Gesittigung seines Volks; er gab gute Gesetze, ließ Schiffe bauen, um neue Lan- dungen der Normänner abzuwehren, behandelte seine dänischen und sächsischen Unterthanen auf ganz gleiche Weise und benutzte seine Zeit, wie Karl der Große, aufs beste. Man erzählt, er habe den dritten Theil des Tages auf Regiernngsgeschäfte ver- wendet, das zweite Drittel mit Studiren und Andachtsübung, und das letzte mit Schlafen, Essen und Bewegung zugebracht; und da man in England noch keine Uhren gehabt, so habe er, um die Zeit abzumessen, sich dreier Wachskerzen von gleicher Länge bedient. Als er 901 nach einer fast 30jährigen Regierung starb, hinterließ er England so blühend und geordnet, daß man ihn als den eigentlichen Stifter des englischen Staats betrachten kann.

10. Theil 2 - S. 310

1867 - Breslau : Max
308 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen. Waren verloren, und zwar blos in Spanien, wo man ihn recht eigentlich bei der Nase herumgeführt hatte. Zum zweiten Male nahm er also von seinem Freunde Ab- schied und reiste dem Seehafen zu. Kaum aber war er fort, so stellte der Einnehmer der geistlichen Renten in Aragonien, Santangelo, der bei Jsabella viel galt, dieser vor, wie übel sie sich gerathen habe, einen solchen Mann ziehen zu lassen und eine Gelegenheit, Ehre und große Reichthümer zu gewinnen, so mnthwillig von sich zu stoßen. Seine Worte machten solchen Eindruck, daß sie sich willig erklärte, die Unternehmung zu wagen. „Nur fehlt es mir", sagte sie, „jetzt an Gelde; aber hier sind meilie Kronjuwelen, die will ich verpfänden." Santangelo be- nutzte diese Stimmung, schoß geschwind das nöthige Geld vor und schickte dem Colombo einen Eilboten nach. Glücklich wurde er noch eingeholt, ehe er die Küste erreicht hatte, kehrte gleich um und war nun taumelnd vor Freude, daß er endlich sein Ziel vor Augen sah. So schwer wurde es ihm gemacht, die Erlaubniß zur Entdeckung eines Erdtheils zu erhalten! Darauf wurde ein förmlicher Vertrag mit ihm abgeschlossen: er erhielt für sich und seine Nachkommen die Würde eines Admirals und Vice- königs in den zu entdeckenden Ländern; er sollte den zehnten Theil von allem Gewinn haben, der aus den Waaren und Früchten dieser Länder gezogen würde, und den achten Theil von dem Handelsgewinne mit denselben; dafür aber mußte er auch den achten Theil zu den Kosten beitragen. Nun wurden geschwind drei ziemlich kleine und gebrechliche Schiffe ausgerüstet, 120 Mann dazu angeworbem, und einige tüchtige Seefahrer, die Gebrüder Pinzon, versprachen, die Unternehmung zu unterstützen und mitzufahren. Die Nacht vor der Abfahrt brachten Colombo und die Schiffsmannschaft mit religiösen Andachtsübungen zu; noch einmal umarmte er seine beiden Söhne, schüttelte dem braven Abte dankbar die Hand und schiffte sich ein. Nun — Glück ans den Weg! Am 3. August 1492 — es war ein Freitag — spannte mit Tagesanbruchs die kleine Flotte die Segel auf und fuhr ans dem Hafen von Pa los (nicht weit von Cadiz) ins offene Meer hinein. Schon am vierten Tage brach das eine Steuerruder; „eine schlimme Vorbedeutung!" seufzten Viele. Auf der einen cana- rischen Insel mußte er einen Monat verweilen, um die Schiffe ausbessern zu lassen, und doch wagte sich der kühne Mann mit
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