Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Neue Zeit - S. 13

1897 - Stuttgart : Neff
13 Kapitel Ii. Die Zeit Maximilians T. § 6. Kämpfe in Italien 1494—-1505. Karls Viii. Zug nach Italien. Karl Viii. von Frank- reich zog 1494, mit Lodovico Moro von Mailand verbündet, über Florenz und Rom ins Königreich Neapel, indem er die Ansprüche der Anjou (s. Ii. S. 241) wieder aufnahm. Fer- dinand Ii., Enkel Ferdinands I., flüchtete nach Sicilien. Zum König vonneapel gekrönt, schob Karl die Verwirklichung seines Traums, die Türken aus Europa wieder hinauszuwerfen, auf und kehrte mit der Hälfte seines Heeres zurück. Venedig hatte gegen Frankreich und dessen Festsetzung in Italien eine Liga zusammengebracht, an der sich Papst Alexander Vi. und die katholischen Könige beteiligten, sowie Lodovico Moro, der von dem französischen Bündnis nicht die erwarteten Früchte geerntet hatte, und Königmax, den die französische Diplomatie früher durch Aussicht auf Beraubung Venedigs zur Unthätigkeit bestimmt hatte. Ein ihm entgegentretendes venetianisch - mailändisches, vielfach überlegenes Heer schlug Karl bei Fornuovo (1495), kehrte aber nach Frankreich zurück. Lodovico Moro, von Schweizern schwer bedroht, wurde wieder Frankreichs Bundesgenosse und erhielt, unter dessen Lehnsherr- lichkeit, Genua. Das Königreich Neapel verloren die Franzosen sehr rasch wieder infolge der Verhasstheit ihres Regiments und der Unfähigkeit eines ihrer zwei Feldherrn an Ferdinand Ii., der von einer spanischen Flotte und Land- macht, wie auch vom Papst und Venedig, unterstützt wurde, und seinen Oheim und Nachfolger Federigo (1496). Savonarola. Girolamo Savonarola, Dominikaner (geb. 1452), wirkte inflorenz seit 1482, beherrscht von asketisch- mittelalterlicher Lebensanschauung und den altväterischen Vor- stellungen des Kleinbürgertums, vor allem durch die Gewalt seiner Predigt gegen die Entartung und Verweltlichung der Kirche und der Geistlichkeit, gegen „Tyrannei“, Laster und Luxus und für Aufrichtung einer re- publikanischen Theokratie. Die unsichere und später zu gefügige Haltung, die Pietro Medici dem heranziehenden französischen König gegenüber einnahm, bewirkte vollends den Zusammenbruch der Tyrannis (1494).

2. Neue Zeit - S. 29

1897 - Stuttgart : Neff
29 wohnliche) Art, wie Tetzel seinen Auftrag durchführte, machte Luther auf Grund von Erfahrungen an eigenen Beichtkindern bedenklich, und so suchte er durch 95 Disputationsthesen sich und andern über Wesen, Wort und Berechtigung des Ablasses Klarheit zu verschaffen. Luthers am 31. Oktober 1517 an der Thüre der Wittenberger Schlosskirche angeschlagenen 95 Thesen betonten die Notwendigkeit innerer Busse („con- tritio“), verwarfen aber nur den Ablasskram und die Erstreckung des Ablasses auf das Fegefeuer; rasch verbreitet, riefen sie eine allgemeine Erregung hervor, da die Ablassfrage für alle Schich- ten der Bevölkerung religiöse, finanzielle und nationale Bedeu- tung hatte. Im literarischen Streit mit Tetzel, der in seinen Gegenthesen den Ablass in jeglicher Ausdehnung verteidigte, mit J o h. Eck von Ingolstadt, der in seinen nur handschriftlich verbreiteten „Obelisci“ Luther als „Böhmen“ anklagte, und mit dem Dominikaner Silvester Mazzolini Prierias, römischem Bücherzensor, der Tetzel durchaus, auch wegen des Wortes vom Geld im Kasten, verteidigte und auf Grund der Anschauung von der Unfehlbarkeit des die Kirche verkörpernden Papstes jeden, der eine Massregel der Kurie als unberechtigt angreife, für einen Ketzer erklärte, gelangte Luther zu grundsätzlicherem Widerspruch. In seinen „Resolutionen“ (August 1518) be- tont er die unfehlbare Autorität der Schrift, das Zusammenfallen der wahren Reue mit dem allein rechtfertigen- den Glauben und bestreitet dem Papste die Verfügung über die Verdienste Christi und der Heiligen, die Gewalt über die Seelen und Gewissen der Gläubigen und die Entscheidung über Glaubensfragen. Die Citation zum Ketzerprozess nach Rom war Anfang August in Wittenberg eingetroffen, aber der Kurfürst Friedrich der Weise, der seiner Universität ihren bedeutendsten und anziehend- sten Lehrer erhalten wollte, erwirkte auf dem Augsburger Reichstage (s. S. 21) vom päpstlichen Legaten Cajetan (Thomas Vio von Gaeta, früher Dominikanergeneral, einer der gelehrtesten Theologen seinerzeit), dass dieser Luther nach Schluss des Reichstags in Augsburg verhörte (12.—14. Okt.). Luther, den als Ketzer zu verhaften und nach Rom zu verbringen ein päpstliches Breve vom 23. August angeordnet hatte, verweigerte den dreimal geforderten Widerruf, appellierte schriftlich vom „übel berichteten Papst an den besser zu berichtenden“ und verliess in heimlicher und schneller Flucht 20./21. Oktober Augsburg. Er appellierte 25. No- vember feierlich vom Papst an ein Konzil. Aus poli- tischer Rücksicht auf den sächsischen Kurfürsten (Kaiser-

3. Neue Zeit - S. 42

1897 - Stuttgart : Neff
42 Graubünden erlangte sie 1525 freie Bewegung. Schon April 1524 beschlossen alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaft- hausen, bei dem Glauben der Altvordern zu bleiben und die ihm Zuwiderhandelnden zu bestrafen, sowie denen, die dazu die Hand nicht böten, die Gemeinschaft aufzusagen. Aber Bern, Basel, Glarus und Solothurn wollten doch von einem gewaltsamen Vor- gehen gegen Zürich nichts wissen. Jedoch wurden refor motorische Bewegungen im Thurgau von der Tagsatzung unterdrückt und drei Züricher, der Mitschuld an einem Klostersturm bezichtigt, enthauptet. Oktober 1524 schloss die Tagsatzung mit Oester- reich einen Vertrag über gegenseitige Auslieferung ketzerischer Unterthanen. Wiedertäufer. Seit Ende 1523 trat in offenen Gegensatz zu Zwingli, „dem Endchrist am Grossmünster“, eine Richtung, welche die Forderungen des Evangeliums und das Schriftprinzip in der Lebensord- nung noch gründlicher durchführen wollte, dabei aber von den mittelalterlichen Ideen der Armut, der Weltentsagung, der Ausscheidung einer besonderen Gemeinde der Heiligen beherrscht, jedoch von ge w alt sam- revolutionären Strebungen noch frei war. Unter Einfluss Thomas Münzers verwarfen deren Anhänger die Kinderlaufe und übten im Gegensatz zu einem Ratsmandat, das die Kindertaufe bei Strafe der Landesverweisung anordnete, dann die Wiedertaufe als ein Unterpfand der Wiedergeburt und der besonderen Gnade (daher bei andern: „Wiedertäufer“, „Anabaptisten“). Zahlreich waren sie auch in St. Gallen, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden. Als Strafe der Wiedertäufer (bisher Geldbussen, Gefängnis und Ver- bannung) wurde 1526 das Ertränken festgesetzt und zu Zwinglis Lebzeiten mit seiner Billigung an vier Personen vollstreckt. § 16. Der Bauernkrieg 1525. Vorläufer seit 1498. Auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ord- nung waren gerichtet die geheime, auch viele Weiber umfassende Verbindung des Bundschuh (s. Ii. S. 251) in der Bruchsaler Gegend (1502, „wir mögen vor Pfaffen und Adel nicht genesen“) und der Bundschuh im Eisass und Breis- gau von 1518; vom alten Recht gingen aus die im ganzen friedlich, aber auch ergebnislos verlaufende Erhebung der Bauernschaft des oberschwäbischen Klosters Ochsenhausen und wenigstens zu Anfang der „arme Konradu im Herzogtum Württemberg (1514), welche Erhebung den Herzog Ulrich veranlasste, den Ständen (Geistlichkeit, Adel und Städten) im Tübinger Vertrag grosse Zuge- ständnisse zu machen, sowie die Erhebung der Bauern in Krain, Kärnten, Steier- mark (1515). Auf 1524 hatte die Astrologie eine sündtlutartige Ueberschwem- mung, eine Erhebung des Volkes und Vertilgung der Mächtigen vorausgesagt. Ursachen des grossen Bauernkrieges. Sein Zusammen- hang mit der reformatorischen Bewegung. Die Hauptursache war die schon längst vorhandene Unzufriedenheit, die zumeist teils von der rechtlichen, teils von der materiellen Lage des Bauernstandes herrtihrte (s. Ii. S. 248 ff“.). Aber diese Unzu- friedenheit wurde durch die reformatorische Be- wegung und Litteratur gesteigert und erhitzt. Wer

4. Neue Zeit - S. 43

1897 - Stuttgart : Neff
43 sich materiell oder rechtlich gedrückt fühlte, übertrug das Schlag- wort „christliche Freiheit“ auf seine materielle Belastung oder rechtliche Bindung und mass die bestehenden Ordnungen nach dem „Evangelium“ (im Süden auch unter dem Einfluss der Zwingli’schen Reformation). Das „Evangelium“ oder „Gottes Wort“ wurde Quelle des göttlichen Rechtes. Schon Luthers Schriften (z. B. die von weltlicher Obrigkeit 1523 und die über den Nürnberger Reichstagsabschied 1524) enthielten Stellen, die wider Luthers Willen revolutionär wirken mussten, obwohl Luther den unbedingten Gehorsam gegen die Obrigkeit als Christen- pflicht lehrte. Vollends aufreizend wirkten radikale Prediger (z. B. der aus Orlamtinde vertriebene und aus Kursachsen aus- gewiesene Karlstadt u. a. in Rothenburg o./T., noch mehr und mit entschiedener Absicht der von fanatischem Hass der „Gott- losen“ erfüllte und manchmal von Wahnvorstellungen beherrschte Thomas Münzer nach seiner Vertreibung aus Allstedt z. B. in Mühlhausen); aber auch gemässigtere Männer durch scharfes Pre- digen gegen den Zehnten und alles Zinsnehmen. Auf den Strassen predigten Bauern und Handwerker, aber auch Gebildete, als Bauern sich gebärend. Die Verfolgung der neuen Lehre und ihrer Verkündiger durch die Territorialherren, das Scheitern des Nürnberger Reichsregiments und seiner Reformpläne legten die Meinung nahe, dass mit „Stillesitzen“ nichts zu erreichen sei. Unzufrieden und zum Aufruhr geneigt waren auch die weniger wohlhabenden oder ganz armen und von der Mitwirkung am Regiment ausgeschlossenen Teile der städtischen Be- völkerungen. Eine Bauernbewegung des Jahrs 1524 in der Grafschaft Stühlingen, im Kletgau und in der Baar war anfangs noch ganz frei von evangelischen Elementen. Ausbreitung, augenblickliche Erfolge und Niederlage der Revolution. Die Revolution ging von Oberschwaben aus. Die drei Bauernhaufen: der Baltringer Haufen (Bauern des Donau- thals und der Hochebene von Messkirch an bis zum Lech), der Allgäuer (worunter die Bauern der Abtei Kempten) und der See- haufen, die sich Februar oder anfangs März 1525 gebildet hatten, vereinigten sich 6. März zu einer „christlichen Vereini- gung“. Der (hauptsächlich von dem bayrischen Kanzler Leon- hard v. Eck geleitete) Schwäbische Bund begann schon vor- her mit den einzelnen Haufen zu unterhandeln, um zunächst gegen den Herzog Ulrich freie Hand zu haben, der sein Herzog- tum zurückerobern wollte. Ulrich musste, da die Tagsatzung seine schweizerischen Söldner mit Rücksicht auf den Sieg Karls bei Pavia (s. § 17) abberief, 12. März vor Stuttgart umkehren. Am 14. März setzte ein (zweiter) Bauerntag in Memmingen die

5. Neue Zeit - S. 46

1897 - Stuttgart : Neff
— 46 — des grossen Zehntens zur Bezahlung des Pfarrers, zur Armenunterstützung und als Reserve für „Reisegelder“, Ermässigung der Gülten durch ein Schieds- gericht ehrbarer Leute; Fisch- und Jagdrecht, freie Benützung von Wald zu Brenn- und Bauholz. Dem entgegenstehende wohlerworbene Rechte sollten abgelöst werden. Diese nicht extremen Forderungen wurden durch Anführung von Bibelstellen bekräftigt und erklärt, wenn eine von ihnen als mit Gottes Wort unvereinbar sich erweise, werde man sie fallen lassen, andererseits behielt man sich vor, noch andere Forderungen auf Grund des Wortes Gottes zu stellen. Die Entscheidung über die Schriftbegründung der zwölf Artikel sollten Gottesgelehrte fällen, darunter Luther, Melanchthon, Zwingli „und seine Gesellen“. Diese zwölf Artikel waren ein rein agrarisches Programm, das in einigem, am Massstab des wirtschaftlichen Fortschritts gemessen, reaktionär war. Ein allgemeines politisches Programm nationaler Fär- bung, aber auch von beschränktem politischem Gesichtskreis zeugend, ent- hält der sog. Verfassungsentwurf des „Heilbronner Bauern- parlaments“, das aber wohl nie bestand, in Wirklichkeit ein Privatentwurf des Mainzischen Kellers Weygandt, eine abgekürzte Redaktion der 1523 er- schienenen „Reformation des Kaisers Friedrich“. Der Ertrag einer umfassenden Säkularisation sollte die Mittel insbesondere zur Entschädigung der Fürsten und des Adels für entgehende Abgaben und Leistungen (z. B. Zölle, Umgeld, ein Teil der Feudalabgaben) liefern. Die Fürsten sollten wieder dem Kaiser mehr unterthan werden, dagegen der Kaiser auch nur wenig selbständige Hoheitsrechte besitzen. Ein Netz von einander untergeordneten Gerichten sollte das ganze Reich umspannen, aber die Doktoren des geistlichen wie des welt- lichen Rechtes von jedem Gericht, wie auch von der Verwaltung ausgeschlossen sein, jedoch an jeder Universität ein Spruchkollegium von drei Doctores des kaiserlichen Rechts bestehen; endlich sollte Eine Münze, Ein Mass und Gewicht geschaffen werden. Für Kapitalbesitz wurde ein Höchstbetrag festgesetzt. Die Bauern suchte, auf die Dauer vergeblich, zu einer mässigen, ein ehrliches Mitwirken des Adels ermöglichenden Haltung, wie zu einer zweck- mässigen und planvollen Kriegführung zu bestimmen Wendel Hipler. Im allgemeinen waren die Odenwald - Neckarthaler Bauern gemässigter und ver- ständiger als die fränkischen, die nur an Einziehung allen Kirchengutes und Beseitigung des Adels als besonderen Standes dachten. Luther und die Bauern. Luther war die Begründung rein weltlicher Forderungen durch Gottes Wort nach seiner ganzen Richtung zuwider, den „Herrn Omnes“ betrachtete er immer mehr mit Misstrauen. In seinen „Er- mahnungen zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben“ hatte er noch sehr scharfe Worte für die Fürsten und deren „Schinden und Schätzen“ und ermahnte sie, es mit der Güte zu versuchen; die Bauern, seine „lieben Freunde“, warnte er vor den Schwarmgeistern und vor der immer unchristlichen Rebellion. Er schlug ein Schiedsgericht aus Grafen, Herren und Städtern vor, unternahm es aber — im Widerspruch mit seiner sonstigen Stellungnahme — die Leibeigenschaft aus der Schrift zu rechtfertigen. Als aber seine Bemühungen, im Thüringischen durch Predigten die revolutionäre Glut zu dämpfen, vergeblich waren und besonders in seiner Nähe die schwersten Gewaltthaten erfolgten, da sah er in der Empörung einen Anschlag des Sa- tanas gegen die von ihm vertretene heilige Sache und erliess im Mai (noch vor Niederwerfung des Aufstandes) seine furchtbare Kampfschrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ : „Solche wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergiessen besser verdienen kann, denn mit beten“, — „darum steche, schlage, würge, wer da kann“! Seine späteren Ausfälle gegen die fürstlichen „Bluthunde“, die „rasenden, wütenden, unsinnigen Tyrannen, die auch nach der Schlacht nicht mögen Blutes

6. Neue Zeit - S. 61

1897 - Stuttgart : Neff
61 werden sollte; jedoch überwies er für die einzelnen Fälle die Entscheidung, ob es sich um eine Religionssache handle, dem Reichskammergericht (Anfang 1533), und dieses liess. solchen Prozessen, ohne Rücksicht auf die Rechtsverwahrung der Schmal- kaldener (Anfang 1534), ihren Lauf. Karl war von der katho- lischen Mehrheit des Regensburger Reichstags die Verpflichtung auferlegt worden, dafür zu sorgen, dass ein Konzil innerhalb sechs Monaten einberufen werde und binnen Jahresfrist zu- sammentrete. Türkenkrieg. S o 1 i m a n, der einen Angriff auf das Reich plante, war Juli 1532 in Ungarn erschienen, wurde aber drei Wochen lang durch die heldenmütige Verteidigung der Feste Güns aufgehalten. Als Karl nach langem Zögern mit nicht ganz 80000 Mann (worunter 41000 Mann Reichstruppen) von Regensburg aus donauabwärts zog, wagte Soliman keine Hauptschlacht und zog zunächst gegen Graz, dann über Ungarn heim. Auf einen Einmarsch in Ungarn und gegen Zäpolya verzichtete Karl, zum Teil wegen der geringen Neigung Bayerns und der evangelischen Stände, sich für Ferdinand zu bemühen. Karl verliess nach Beendigung des Türkenkrieges November 1532 Deutschland. Juli 1533 schloss Soliman mit Ferdinand Frieden. Die Carolina, .,die peinliche Halsgerichtsordnung; Karls V.“, die 1532 Reichsgesetz wurde, beruhte auf viermaliger Revision der Bamberger Hals- gerichtsordnung von 1507. Durch die „salvatorische Klausel“ (wonach den „alten wohlhergebrachten und billichen Gehreuchen nichts benommen“ sein sollte) wurde dieses Reichsgesetz den partikulären Gewalten annehmbar gemacht. Jahrhundertelang hat die Carolina das deutsche Strafrecht und den Strafprozess beherrscht. Sie war vor allem eine Strafprozessordnung mit Ein- schiebung von (nicht vollständigen) Bestimmungen über das Straf- recht. Das Urteil zu finden war nach ihr ausschliesslich Sache rechts- gelehrter Richter, eine Art oberste Instanz bildete die Aktenversendung an juristische Fakultäten. Das Verfahren war durchaus schriftlich, der Prozess inquisitorisch. Der.beweis wurde erbracht entweder durch die Aussage zweier tauglicher, unverdächtiger Zeugen oder durch das Ge- ständnis des Angeklagten. Genügend festgestellte Indicien hatten nur die Bedeutung, die Anwendung der Folter zu begründen. Als die Folter, zuerst von Friedrich d. Gr. 1740, aufgehoben war, kam es nach und nach dazu, dass auch Indicien zu voller gesetzlicher Strafe führen konnten. Der Strafvollzug war durchaus Sache des Staats. Die „endliche Rechtsthätigung“ schuf einen Schein des alten öffentlichen und mündlichen Prozesses (die Armensünderglocke davon ein Ueberrest).

7. Neue Zeit - S. 69

1897 - Stuttgart : Neff
69 sollten bis zum Konzil suspendiert sein. Um die unentbehrliche Türkenhilfe zu erhalten, gewährte Karl den Evangelischen in einer geheimen Deklaration Schutz auch ihres kirchlichen Be- sitzes, Billigung der Unterhaltung von Kirchen und Schulen aus geistlichen Gütern, Zulassung protestantischer Beisitzer am Reichskammergericht, trat aber zugleich der katholischen Liga bei. Philipp hatte 11. Juni in einem geheimen Vertrag sich Karl gegenüber verpflichtet, mit Cleve, Frankreich und England kein Bündnis zu schliessen, sowie deren Aufnahme in den Schmalkaldener Bund, der damals Kursachsen geneigt gewesen wäre, zu hinter treiben; da- gegen erhielt er vom Kaiser eine allgemeine Amnestie zuge- sichert. In den Vertrag war Philipps Schwiegersohn, der junge Moritz von Sachsen (Herzog seit August 1541), mit einbezogen. Cleve nicht zu unterstützen, verpflichtete sich bald darauf auch Joachim Ii. von Brandenburg. Weitere Erfolge und Aussichten der Reformation. In Rücksicht auf die notwendige Türkenhilfe gestand König Ferdinand auf dem Reichstag in Spei er Anfang 1542 den Protestanten fünfjährige Erstreckung des in Regensburg gewährleisteten Friedensstands und Aufschubs der Religionsprozesse zu. Johann Friedrich von Sachsen begann jetzt auch mit der Säkularisation in Wirklichkeit nicht „landsässiger“ Stifter, indem er in dem unter Kursachsens Schutz stehenden Bistum Naum- burg Amsdorf als Bischof einsetzte und durch Luther weihen liess, die weltliche Regierung aber selbst übernahm. Ueber eine Teilung des Bistums Meissen verständigte er sich, nach beider- seitigen Rüstungen, mit seinem albertinischen Vetter Moritz; dieser bereitete den Erwerb des Bistums Merseburg vor (der 1545 erfolgte). Eine grosse Aussicht bot sich dem Prote- stantismus im Erzbistum Köln dar, dessen Inhaber, der betagte Hermann von Wied, nach Reformen im Sinne der Konzilien und des Erasmus, im Einverständnis mit seinen Land- ständen und unter Anlehnung an den Speirer Beschluss von 1542 begann, unter Mitwirkung Bucers und Melanchtlions eine in der Lehre durchaus evangelische Kirchenordnung zu schaffen. Der Herzog Wilhelm von Cieve war, schon um einen Rückhalt gegen den Kaiser zu finden, bereit, den- selben Weg zu gehen; auch der Bischof von Münster, Minden, Osnabrück hatte Lust, im Fall des Gelingens dem Kölner nach- zufolgen. Die Schmalkaldener verdrängten Mitte 1542 den Herzog Heinrich von Braunschweig, weil er u. a. die vom Kaiser ausser Kraft gesetzte Acht an Goslar zu voll- ziehen sich anschickte, unter schweren Ausschreitungen ihrer

8. Neue Zeit - S. 132

1897 - Stuttgart : Neff
darunter jetzt auch Kurbrandenburg) setzten die katholischen Stände eine Beschwerdeschrift entgegen, in der sie u. a. Ausschluss der Calvinisten vom Religionsfrieden und Zurückgabe aller seit dem Passauer Vertrag bezw. dem Religionsfrieden eingezogenen Stifter forderten. Dem Kaiser wurden 80 Römermonate Türkenhilfe verwilligt. Die Sessionsfrage blieb ungelöst; als Magdeburg im Fürstenrat erschien, verliessen alle katholischen Stände den Raum, Magdeburgs und Haiberstadts Vertreter verliessen den Reichstag, nachdem Rudolf zugesichert hatte, dass dies ihren Rechten keinen Eintrag thun solle. Auf dem nächsten Reichstag Ende 1597 und Anfang 1598 erschienen die Administratoren, dem Kaiser zulieb, gar nicht. Die Korrespondierenden (jetzt ohne die Städte) bewilligten dem Kaiser, der sich durch seinen Bruder Matthias vertreten liess, nur 40, nicht wie die Mehrheit 60 Römermonate, erklärten, durch den Mehrheitsbeschluss nicht gebunden zu sein, und protestierten gegen die übliche Bedrohung der säumigen Stände mit Reichs- acht oder schweren Geldstrafen. Schwäche des Reichs. Aachen und Bistum Strassburg-. Die nieder- und mittelrheinischen Reichsgebiete hatten schon lange infolge der niederländischen Kämpfe durch Verkehrs- hemmungen, Handelssperren, Durchzüge und Einfälle räuberischer Söldnerscharen, seit der Kölner Stiftsfehde auch durch Hinüber- spielen des eigentlichen Krieges zu leiden. 1598 bezogen die Spanier im rheinisch-westfälischen Kreise Winterquartiere und begingen die schwersten Unthaten, besonders gegen Protestanten (Wesel vorübergehend wieder katholisch). Die Kreisorganisation erwies sich dieser Verletzung der Reichsintegrität gegenüber als unzulänglich, zumal da die katholischen Minderheiten der betroffenen fünf Kreise die Mehrheitsbeschlüsse nicht befolgten; Kursachsen wollte aus Ruhebedürfnis, der Kaiser und Bayern, weil die Sache der „Staaten“ und damit der Protestantismus hätte daraus Nutzen ziehen können, nur Unterhandlungen; zu, überdies unwirksamen, Operationen der Kreistruppen kam es erst, als das Gros der spanischen Armee das Reichsgebiet wieder ver- lassen hatte. Der Versuch der kurpfälzischen Politik und Partei, ein politisches Bündnis aller Protestanten zu stände zu bringen, um im Anschluss an eine Säuberung des Reichsgebiets den Gegner Spaniens zu unterstützen, scheiterte. In der Reichs- stadt Aachen hatte der Rat 1583 im Widerspruch mit der 1560 vom Kaiser auferlegten Ordnung den Anhängern der Confessio Augustana die Religionsübung freigegeben und der Protestantis- mus immer mehr die alte Kirche zurückgedrängt. Rudolf ver- fügte 1593 Wiederherstellung der Alleinherrschaft der katho-

9. Neue Zeit - S. 180

1897 - Stuttgart : Neff
•/ i« /• L. •2» r ; ‘ - — 180 — Sckiffsgelder, Strafgelder) Hinterpommerns hatte Schweden ganz beansprucht, wie es die von Mecklenburg ganz bekam; es begnügte sich mit der Hälfte, da der Kaiser, um die Wahl seines Sohnes Ferdinand zu erzielen, ihm bis zum gütlichen Ausgleich mit Brandenburg Belehnung und Reichsstandschaft durchaus versagte. Die Landvogtei über die zehn elsässischen Reichsstädte (Hagenau, Colmar, Schlettstadt, Weissenburg, Landau, Oberehnheim, Rosheim, Münster im Thal, Kaisersberg und Türkheim) war eigentlich nur ein mit gewissen Rechten verbundenes Amt. Sie wurde als souveräner Besitz an Frankreich übertragen, andrerseits bestimmt, dass die Städte beim Reich verbleiben sollten. Der Kaiser hoffte wohl, unter günstigen Verhältnissen Frankreich diesen Besitz wieder nehmen zu können, während Frankreich entschlossen war, eine wirkliche französische Staatshoheit aufzurichten, was es 1658 zunächst in der Gerichts- barkeit einleitete, 1673 durch Besetzung, Entwaffnung und Schleifung der Befestigungen vollendete. Das Reich zerfiel um 1648 in etwa 1700 Staaten bzw. mit Hoheitsrechten versehene Herrschaften, darunter 4 Erzbistümer, 19 Bistümer (Lübeck luthe- risch, Osnabrück abwechselnd katholisch und lutherisch lüneburg-welfisch), über 700 Propsteien, Abteien und Klöster. Die bayerischen Wittelsbacher hatten 1583—1761 das Erzbistum Köln, fast ebensolang das Bistum Lüttich, daneben mit Unterbrechungen die Bistümer Hildesheim, Paderborn, Münster, Regensburg und Freising inne. Ii. Bestimmungen über Rechte und Besitzstand der Be- kenntnisse. Der 1. Januar 1624 wurde als Norm für den Besitzstand der beiden Konfessionen (Confessio Augustana und Reformierte als Ein Bekenntnis betrachtet) an mittelbaren und unmittelbaren Stiftern festgesetzt, so dass das Reser- vatum ecclesiasticum, auch zu Gunsten des protestantischen Besitzes, unbezweifelte Rechtskraft erhielt. Der 1. Januar 1624 wurde aber auch Normaltermin derart, dass anders- gläubigen Unter thanen gegenüber, deren Religions- übung auf diese Zeit zurückging, das ius reformandi der Territorialgewalt in Wegfall kam (so dass die Ferdi- nandeische Deklaration mit diesem neuen Termin auch auf evan- gelische Herrschaften ausgedehnt wurde). Von dieser Be- stimmung (wie von der Amnestie) wurden jedoch die= Österreichischenerblandeim ganzen ausgenommen. Calvinistische bzw. lutherische Landesherren hatten lutherischen bzw. calvinistischen Unter.thanen gegenüber kein ius reformandi. Sonst sollten die Landesobrigkeiten andersgläubigen Unterthanen entweder eine für die Ordnung ihrer Angelegenheiten genügende Frist zur Auswanderung geben oder Hausandacht und den Besuch auswärtiger Kirchen und Schulen gestatten. Aber die unmittel- bar unter der Krone stehenden Schlesier sollten nicht Religions- halber zum Auswandern gezwungen werden und ein beschränktes Recht des Kirchenbaus haben. Die protestantischen Bischöfe und Prälaten er- hielten Sitz und Stimme im Reichstage. Ein Jahr nach 1 Ii

10. Neue Zeit - S. 140

1897 - Stuttgart : Neff
140 Gegensatz zu den englischen Gewaltherrn zu treuen Söhnen der römischen Kirche gemacht hatte, die englische Staatskirche aufzunötigen, riefen 1594 eine gewaltige Erhebung hervor, die Hugh O’Neil, Graf von Tyrone, führte, Spanien und die Kurie unterstützte und schürte. Der letzte Günstling Elisabeths, Graf Essex schloss 1599, mit dem Oberbefehl über eine grosse Streit- macht beauftragt, einen unrühmlichen Ausgleich, wurde deshalb entsetzt und nach einem unverständigen Erhebungsversuch ent- hauptet (1601). Nachdem ein kleines spanisches Heer rasch zur Räumung der Insel genötigt worden war, unterwarfen sich die Irländer 1603. Die „Plantation“ von Ulster wurde unter gänzlicher Entfernung der Iren seit 1610 durchgeführt. Gegen das Ende ihres Lebens minderte sich die Popularität und die Lebensfreude der Königin; das Parlament, das über- haupt wieder selbständig auftrat, zwang sie zu der Zusage, den Missbrauch der Monopole, durch deren Verkauf oder Zu- teilung an Günstlinge sie den Aufschwung des englischen Handels beeinträchtigte, zu unterlassen. Mit Elisabeth (1603) starben die Tudor aus. Der Stuart Jakob I. (1603—1625) bestieg ohne Schwierig- keiten den Thron. Er war pedantisch, entbehrte persönlichen Mutes und kriegerischer Eigenschaften und Neigungen. Seine Neigung zur Zweideutigkeit war durch seine Stellung und seine Schicksale in Schottland sehr entwickelt worden. Von der monarchischen Stellung hatte er sehr hohe Anschauungen („semi- deus“, „rex est lexu), die der damaligen Entwickelung des politischen Geistes in England ganz entgegengesetzt waren. Er verachtete die erwerbenden Stände und hasste das Puritanertum. Mit Spanien schloss er August 1604 einen für dieses günstigen Frieden. Aber die Hoffnungen, welche die Katholiken (in England nur noch ein geringer Bruchteil der Bevölkerung) auf ihn setzten, wurden nicht erfüllt. Er bewilligte anfangs. nur den Laien Gewissensfreiheit, und bald liess er den (zahlreich von auswärts gekommenen) Priestern wieder nachspüren. Die noch recht- zeitig entdeckte „Pulververschwörung“, d. h. der Plan einiger katholischer Laien, bei der Eröffnung des Parlaments dieses samt dem König in die Luft zu sprengen (November 1605) rief neue Ausnahmegesetze gegen die Katholiken hervor, denen jetzt sogar die Ausübung mancher bürgerlicher Berufe und mancher Privatrechte entzogen wurde. Von nun an galten in England lange die Katholiken als ge- schworene Feinde des Staats und des Volks. Aber mit dem Puritanertum, das im englischen Protestantismus immer mehr herrschend geworden war, wollte der König sich auch nicht
   bis 10 von 90 weiter»  »»
90 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 90 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 9
3 0
4 10
5 0
6 0
7 0
8 6
9 0
10 16
11 3
12 4
13 0
14 5
15 1
16 0
17 0
18 0
19 0
20 13
21 0
22 1
23 2
24 0
25 19
26 26
27 14
28 2
29 1
30 0
31 12
32 1
33 0
34 20
35 9
36 0
37 0
38 0
39 10
40 1
41 1
42 8
43 0
44 2
45 10
46 4
47 5
48 3
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 4
3 1
4 2
5 1
6 0
7 4
8 9
9 7
10 1
11 0
12 0
13 0
14 5
15 1
16 6
17 8
18 0
19 0
20 9
21 0
22 0
23 1
24 0
25 2
26 0
27 0
28 0
29 1
30 0
31 7
32 3
33 2
34 6
35 1
36 5
37 4
38 0
39 0
40 0
41 22
42 0
43 5
44 2
45 2
46 1
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 5
53 0
54 0
55 6
56 8
57 0
58 4
59 3
60 2
61 0
62 1
63 12
64 1
65 8
66 1
67 2
68 28
69 6
70 0
71 1
72 17
73 9
74 16
75 0
76 2
77 0
78 2
79 1
80 12
81 0
82 1
83 1
84 0
85 5
86 17
87 0
88 7
89 4
90 8
91 0
92 21
93 0
94 0
95 1
96 11
97 0
98 13
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 10
1 2
2 0
3 12
4 19
5 77
6 1
7 123
8 6
9 76
10 13
11 4
12 1
13 0
14 2
15 52
16 55
17 1
18 24
19 30
20 2
21 18
22 51
23 4
24 4
25 1
26 24
27 35
28 0
29 25
30 24
31 12
32 0
33 14
34 3
35 13
36 0
37 45
38 3
39 77
40 93
41 2
42 0
43 3
44 22
45 9
46 2
47 3
48 17
49 24
50 0
51 1
52 101
53 12
54 121
55 64
56 12
57 13
58 43
59 12
60 28
61 6
62 148
63 12
64 7
65 2
66 0
67 57
68 25
69 2
70 6
71 22
72 7
73 63
74 38
75 9
76 9
77 83
78 12
79 28
80 97
81 10
82 5
83 4
84 1
85 36
86 4
87 9
88 42
89 0
90 0
91 23
92 0
93 19
94 0
95 0
96 0
97 35
98 40
99 48
100 2
101 2
102 3
103 65
104 3
105 9
106 4
107 5
108 39
109 3
110 18
111 1
112 3
113 0
114 6
115 32
116 1
117 7
118 15
119 4
120 20
121 8
122 11
123 1
124 5
125 0
126 12
127 61
128 29
129 4
130 1
131 10
132 23
133 9
134 11
135 1
136 170
137 0
138 25
139 7
140 16
141 8
142 9
143 1
144 27
145 99
146 34
147 2
148 120
149 10
150 29
151 1
152 0
153 12
154 6
155 20
156 0
157 7
158 45
159 7
160 0
161 11
162 67
163 53
164 3
165 25
166 15
167 4
168 1
169 3
170 9
171 44
172 28
173 44
174 20
175 9
176 75
177 64
178 3
179 7
180 0
181 35
182 68
183 106
184 8
185 1
186 11
187 11
188 14
189 19
190 0
191 43
192 40
193 8
194 52
195 1
196 1
197 44
198 16
199 23