Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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und Bayern saßen. Wo die Häuser nahe bei einander lagen und Gassen bildeten, da schützten ein Zaun, breite Gräben und Wände von Stein oder Lehm das ganze Dorf. Eingang und Ausgang verwahrte man durch starke Thore, vor denen zuweilen noch Blockhäuser lagen, die im Fall feindlichen Angriffs mit Verteidigern besetzt wurden. Mitten im Dorfe lag der Kirchhof, durch eine hohe Mauer noch wieder besonders geschützt. Hierhin, in die Nähe des Heiligen, rettete der Bauer Weib
und Kind, Vieh und Habe, wenn das Dorf von den Feinden ange-
zündet war. Weithin über die Felder drang der Ruf der Sturmglocke, den benachbarten Gemeinden den Überfall zu verkündigen; Der Bauer aber, in Krebs und Eisenkappe gehüllt, verteidigte von der Kirchhofsmauer aus sein Leben und seine Lieben. In Friedenszeiten gewährte solch ein Dorf einen oft recht wohlthuenden Anblick. Zwar waren die Häuser nur aus Holz und Lehm erbaut und in ihrer Form recht ungefüge, aber man merkte wenig davon, da die Bäume, welche auf dem Hofe standen oder das Haus umgaben, mit ihrem reichen Blätterschmuck die ,Unebenheiten' des Baues freundlich verdeckten. Steinerne Tröge fingen das Waffer auf, das die Quellen dem Dorfe
zuführten. Im Hause fand sich ein Reichtum an allerlei Geräten und
manche Bequemlichkeit. Wohlgefällig überschaute der Bauer der Rinder breitgestirnte Schar, die neben den Schafen im fetten Grase weidete. Auf dem Hofe gackerten die Hühner, im Stalle grunzten zahlreiche Schweine, auf den Stoppelfeldern lagen mächtige Gänseherden. Und nun erst der Reichtum an goldigen Körnern, die in Kammern oder im Speicher aufgeschüttet lagen; in den Truhen die vielen, vielen Loden-stürze, d. i. grobes Wollenzeug, der Länge nach in Abteilungen von l1/2—2 Fuß Breite zusammen und übereinander gefaltet und gelegt; jede Lage hieß ein Sturz. Es ist fürwahr kein Wunder, wenn der Bauersmann, dem sonst so Hohes nie zu Hirne stieg, jetzt prüfend seinen Reichtum überzählte und nach dem Rittergurt und nach dem Schilbe langte. Wohlhabenheit erzeugte bei ihm die Sucht, in Kleibung, Sitte und Gelagen dem Burgherrn es zuvorzuthun, der oft nur mühsam mit geraubtem Gut des alten Hauses wüste Räume füllte und mit verblichnem Flitterstaat gar manchen Riß verbeckte, der dem Palas jähen Einsturz brohte. Namentlich die Jugenb mochte nicht länger in der ,tölpischen6 Einfalt bäurischen Lebens verharren; der Eltern Reichtum reizte sie, des Lebens Freuben zu genießen, wie sie es bei den Rittern sahen. Ein freier Bauer, der vier freie Ahnen hatte und
Deutsche Kulturgeschichte. 11. 11
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und Wald besetzt, die Landschaft von vielen Bächen durchschlängelt.
Ein königliches Lustschloß, zahlreiche Quintas, einige Klöster und
Ueberbleibsel maurischer Burgen bieten mannichfache Abwechslung
dar. Nicht weit von hier liegt auch das berühmte »Korkkloster«
und ebenfalls in der Nähe das allbekannte Städtchen »Mafra«.
Das Gebirge von Cintra ist im Sommer Zufluchtsort fremder
Personen und der Vornehmen Lissabons.
Die Einwohner der portugiesischen Hauptstadt gehören, wie
bereits oben erwähnt, fast allen Nationen der Erde an. Europäer,
Neger, Mulatten und Creolen giebt's in Menge. Doch niachen
zahlreiche Bettler, Diebe und Räuber den Aufenthalt in und außer-
halb der Stadt unangenehm, selbst gefährlich. Mordthaten sind
daher keine Seltenheit. Gegen Nichtkatholiken zeigt man sich
ziemlich duldsam. Fast alle Familien, reiche und arme, leben still
und eingezogen: daher der Mangel an Geselligkeit. Die italienische
Oper wird vornämlich von den Gebildeten besucht. Eine Haupt-
belustigung für's Volk sind die Stiergefechte, sowie auch das Theater
und die Jahrmärkte in dem benachbarten Campo Grande. Zahl-
reich sind die religiösen Festlichkeiten und Prozessionen. — Lissabon
ist auch berühmt als Geburtsort des heldenmüthigen Alfonso
d'albuquerqne, sowie des epischen Dichters Louis de Camoens
(spr. Camuensch).
Die in Portugal nicht seltenen E r d b e b en äußern sich haupt-
sächlich in Lissabon und deren Umgegend und kommen hier als
geringe Erderschütterungen fast jedes Jahr vor. Aber von sehr
starken Erdbeben hat man seit neuntehalb Jahrhunderten 15 für
Lissabon aufgezeichnet. Die verheerendsten darunter waren die von
1356, 1597 und besonders von 1755 am 1. November. Durch
das letztere ging die halbe Stadt zu Grunde und über 30,000
Menschen kamen dabei um's Leben. Der Kaufmann Braddock und
von Hoff theilen darüber Folgendes mit: »Am 14. October 1755
verbreitete sich zu Locarno in der Alpenkette Morgens 8 Uhr ein
warmer, wie aus einem Ofen kommender Dampf und verwandelte
sich binnen zwei Stunden in einen rothen Nebel, aus dem gegen
Abend ein blutrother Regen entstand, welcher aufgefangen einen
röthlichen, lehmigen Bodensatz fallen ließ. Dieser Purpucregen
wurde ungefähr auf einem Raume von 20 deutschen Meilen in's
Gevierte, ja selbst bis Schwaben wahrgenommen. Auf diese Luft-
erscheinung folgten unnatürliche Regengüsse, die in 3 Tagen auf
23 Zoll Wasser gaben. Mit abwechselnder Heftigkeit hielt der
Regen über 14 Tage an. Die Flüsse schwollen an und traten
aus und von dieser Zeit an herrschten fürchterliche Orkane. Noch
einmal in der Mitte des Novembers siel in Ulm ein Purpurregen,
und die Unordnung im Luftkreise, die Wirbelwinde in Italien,
sowie die überaus nasse Witterung dauerten fort. Der erste Erdstoß
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Extrahierte Personennamen: Cintra Alfonso
d'albuquerqne Louis_de_Camoens Braddock
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Rachehand der wüthenden Bauern vernichtet. Nur die damals
brandenburgischen Schlösser »Rabenstein« und »Streitberg« blieben,
aus Furcht' vor der Strenge ihres Besitzers, verschont. Das war
ein schreckliches Strafgericht! Die barbarischen Edelleute hatten aber
auch das arme Landvolk genugsam bedrängt und geknechtet. ' Auch
zur Zeit des dreißigjährigen Krieges haus'ten hier räuberische Croaten-
banden. Während der französischen Revolution hatte Land und Volk
ebenfalls Härte, Raub und Plünderung zu bestehen. Wir wollen
jedoch Beiden für die Zukunft wünschen, was unser Dichter Schiller
sagt:
„Möchte nie der Tag erscheinen,
Wo des Krieges rauhe Horden
Dieses stille Thal durchtoben;
Wo der Himmel, den des Abends
Sanfte Rothe lieblich malet,
Von der Dörfer, von der Städte
Wildem Brande schrecklich strahlet!"
Aeußerst reich ist die Fränkische Schweiz, überhaupt das gesammte
Muggendorfer-liebirge, an Höhlen; darunter sehr schöne und merk-
würdige. Viele sind mit Knochenüberresten vorsündfluthlicher Thiere
angefüllt. In der Mitte der Landschaft, bei M u gg endorf, findet
man allein 30 Höhlen, die unter dem Namen der »Muggendorfer«
bekannt sind. Sie gehören zu den größten Naturmerkwürdigkeiten
Deutschlands und die königl. Regierung hat sogar einen besondern
Jnspector über sie bestellt. Die »Rosenmüllers Höhle«, von einem
Manne gl. N. entdeckt, ist die schönste unter ihnen. Sie ist reich
an den wunderbarsten Tropfsteingebilden und an Knochen vorwelt-
licher Thiere und hat dem Mfl. Müggendorf einen Ruf gemacht
in der gebildeten Welt. Sie zieht' von Jahr zu Jahr mehr Freunde
und Forscher der Natur in's Thal und vermehrt so die Nahrungs-
quelle seiner Bewohner. Die beim Dorfe Gailenreuth liegende
»Zoolithenhöhle« hat ebenfalls Tropfsteingebilde der seltsamsten Art,
viele Knochenüberreste vorsündfluthlicher Thiere und beschwerliche,
gefährliche Eingänge. Nördlich von hier, bei Maisch enfel d, wo
die wasser- und fischreiche Wiesent den hübschen Wasserfall »Doß«
bildet, befindet sich die berühmte »Förstershöhle«, 30 Ellen hoch,
30 Ellen breit und 80 Ellen lang, in der eine kleine unterirdische
Kirche, ein Naturgebilde, sich befindet. Noch mehr Bewunderung
aber erregt die beim Schlosse Raben stein liegende »König Lud-
wigs Höhle«, auch »Kochshöhle« oder die »Höhlenkönigin« genannt,
die 1833 von Koch entdeckt wurde. Sie wurde auf sonderbare
Weise aufgefunden. Als nämlich der Graf von Schönborn seinen
Freunden unter der hier befindlichen großen Kalksteindecke ein Fest-
mahl geben wollte, suchte die Dienerschaft im Hintergründe der
Grotte, die im Sommer einen hübsch kühlen Saal bildet, eine Oeffnung
Geogr. Skizzen. o
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