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Neunter Zeitraum.
sick nicht versehen. Die Welt sollt- ans einmal zu einer neuen
Gestalt werden, halbe Jahrhunderte in einemaugenblicke über-
springen, gleich viel ob auch in Dingen, welche, wenn sie in
der That zu seinem Ideale hinaufgespannt und umgeformt wür-
den, für den Augenblick noch den grellsten Widerspruch mit sich
führten. Abgesehen davon, daß er bei seinen Reformen nicht
überall das Gute traf, beging er den größten Fehler darin,
daß er den Stuffengang des menschlichen Erkennens durch sein
Persönliches Ansehen zu ersetzen vermeinte, daher nicht allein
die Möglichkeit des langsamen Voranbildens hinwegnahm, son-
dern auch die Gemüther empörte und, statt voranzulenken, un-
zählige Hindernisse anhäufte.
Zunächst erfuhren seine Erbstaatcn diesen verworrenen Um-
wälzungsplan; denn das Reich hatte ihm seine Mühe seither
nur schlecht gelohnet. Was er in den Geschäften und auf Rei-
sen inzwischen an guten Erfahrungen gesammelt, sollte nun,
auf welchem Boden es auch trefflicher gediehen war, allgcsammt
in seinen Staaten verwirklicht werden. Also ging er ans Werk.
Rasch folgten die Neuerungen nach einander: die Aufhebung
der strengen Büchercensur, der Leibeigenschaft, Umgestaltung des
Unterrichtswesens, Erhebung des Gewerbfleißcs und des Han-
dels, Einführung eines strengen Mauthwescns, Verbesserung
der Policei und der Gesetzgebung, fast lauter Dinge von riesen-
artigem Umfange. Gleiches geschah im Kirchenwesen durch das
Toleranzedikt, dann durch Zurückweisung vieler päpstlicher Ge-
rechtsame, indem er den Bischöfen in geistlichen Dingen die
volle Gerichtsbarkeit gab, das Recht nach Rom gehörender Dis-
pensationen verlieh, die päpstlichen Bullen der landesherrlichen
Bestätigung unterwarf, namentlich zwei derselben, welche nach
ihren Änfangsworten In Coena Domini und Unigenitus
hießen, ganz verbot, sich die Verleihung von Bisthümcrn und
Abteien in der Lombardei zueignete, 624 Klöster aufhob und
deren Einkünfte zu andern geistlichen Zwecken bestimmte u.s. w.
Gutes und Tadelnswerthes sieht man darin durch einander.
Viele jubelten und frohlockten, Andere beklagten bitter die rück-
sichtslosen Eingriffe, oder es gab vielmehr kaum Einen, der
nicht gleichzeitig über Dieses sich ärgern, über Jenes sich freuen
mußte. Niemand war mehr verletzt, als die Geistlichkeit, der
die alte Kirchenverfassung ehrwürdig blieb. Sogar fand Papst
Pius 6. die Lage der Dinge bedenklich genug, persönlich eine
Reise nach Wien zu machen (I. 1782), ohne jedoch mehr, als
eine hohe persönliche Verehrung mit sich zurück zu nehmen.
Wie in Teulschland leider nur zu viel Stoff vorhanden
war, der sich mit solchen Gesinnungen des weltlichen Ober-
haupts verband, ist kurz zuvor erwähnt worden. ^ Leichtfertig
wurde er deshalb jetzt fortgepflanzt in dem Streite über die
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Coena_Domini Wien Teulschland
Fortsetzung des Konciliums. Moritz. Augsburger Neligionsfrieve. Zjz
Herstellen sollte, vielleicht einen gänzlichen Umschwung der
Dinge hoffen ließ. Der Kaiser vertraute ihm indeß vor allen
Anderen und sah ihm Vieles nach; selbst wo. Moritz augen-
fälligen Verdacht auf sich lud, wollte jener lieber bösen Rath-
gebern, als ihm selber, die Schuld beimessen. Für diese Gut-
müthigkeit mußte er aber hart büßen. Während die protestan-
tischen Stände einzeln ihre Abgeordneten an das Koncilium
schickten, um wegen des Beitritts die nöthigen Vorkehrungen
zw treffen, die Unterhandlungen aber so geführt wurden, daß
viele Zeit darüber hinging und sich am Ende doch Alles wie-
der zerschlagen mußte, war erst das gleisnerische Werk im
vollen Gange; denn noch war man mit diesem Gaukelspiel
beschäftigt, da erscholl plötzlich die Kunde, daß Moritz mit ei-
nem Kriegsheere heranrückte.
Der Kaiser hatte ihm die Belagerung Magdeburgs auf-
getragen, und er war schlau gewesen, unter diesem Vorwände
sein Heer für andere Zwecke zu verstärken; selbst als die Stadt
überwältigt war, wußte er seine Mannschaft bei scheinbaren
Vorwänden unter den Waffen zu halten, bis auch mit Hein-
rich 2. von Frankreich ein Bündniß geschlossen und Alles für
einen guten Erfolg in Bereitschaft war. Da brach er tu
Verbindung mit Wilhelm von Hegen — dem Sohne des ge-
fangenen Philipp — und mit den Scharen des Markgrafen
Albrecht von Brandenburg - Culmbach gegen den zu Jnspruck
verweilenden, unvorbereiteten Kaiser plötzlich hervor, während
Heinrich von Frankreich über Lothringen hersi'el und die Bis-
thümer Metz, Toul und Verdun wegnahm (I. 1552). Schon
standen die Verbündeten vor Augsburg, ehe Karl Nachricht
von dem Unternehmen erhielt. Rasch ging der Zug nach Tyrol
hinein und kaum blieb dem Kaiser Zeit zur Flucht nach Kärn-
then. Drei Tage nachher hielt Moritz seinen Einzug in
Jnspruck und machte viele Beute an hinterlaffenem Ge-
räthe.
Dieser Unfall brach dem Kaiser das Herz und raubte
ihm alles Vertrauen, den heillosen Zwiespalt in Teutschland
noch jemals zu beschwichtigen. Ja er gab von jetzt an allen
Widerstand gegen die Gewalt der Glaubensneuerung auf und
selbst die Freude an der Kaiserkrone war ihm dadurch verlei-
det. Also bot er die Hand zum Frieden, den Ferdinand be-
reits vermittelt hatte. Zu Passau wurden die noth-
dürftigen- Artikel eines Vertrages entworfen ljuli) und die
weiteren Bestimmungen desselben dem nächsten Reichstage Vor-
behalten. Philipp von Hessen und Johann Friedrich von
Sachsen wurden freigelassen. König Ferdinand hatte in dieser
Angelegenheit entweder damals schon mäßigere Gesinnungen
angenoinmen oder der Nothwendigkeit nicht ungern Folge ge-
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Extrahierte Personennamen: Moritz Moritz Moritz Wilhelm Philipp_— Philipp Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Heinrich_von_Frankreich Heinrich Karl Karl Moritz Ferdinand Ferdinand Philipp_von_Hessen Philipp Johann_Friedrich_von
Sachsen Johann Friedrich Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburgs Frankreich Lothringen Kärn-