Fortsetzung des Konciliums. Moritz. Augsburger Neligionsfrieve. Zjz
Herstellen sollte, vielleicht einen gänzlichen Umschwung der
Dinge hoffen ließ. Der Kaiser vertraute ihm indeß vor allen
Anderen und sah ihm Vieles nach; selbst wo. Moritz augen-
fälligen Verdacht auf sich lud, wollte jener lieber bösen Rath-
gebern, als ihm selber, die Schuld beimessen. Für diese Gut-
müthigkeit mußte er aber hart büßen. Während die protestan-
tischen Stände einzeln ihre Abgeordneten an das Koncilium
schickten, um wegen des Beitritts die nöthigen Vorkehrungen
zw treffen, die Unterhandlungen aber so geführt wurden, daß
viele Zeit darüber hinging und sich am Ende doch Alles wie-
der zerschlagen mußte, war erst das gleisnerische Werk im
vollen Gange; denn noch war man mit diesem Gaukelspiel
beschäftigt, da erscholl plötzlich die Kunde, daß Moritz mit ei-
nem Kriegsheere heranrückte.
Der Kaiser hatte ihm die Belagerung Magdeburgs auf-
getragen, und er war schlau gewesen, unter diesem Vorwände
sein Heer für andere Zwecke zu verstärken; selbst als die Stadt
überwältigt war, wußte er seine Mannschaft bei scheinbaren
Vorwänden unter den Waffen zu halten, bis auch mit Hein-
rich 2. von Frankreich ein Bündniß geschlossen und Alles für
einen guten Erfolg in Bereitschaft war. Da brach er tu
Verbindung mit Wilhelm von Hegen — dem Sohne des ge-
fangenen Philipp — und mit den Scharen des Markgrafen
Albrecht von Brandenburg - Culmbach gegen den zu Jnspruck
verweilenden, unvorbereiteten Kaiser plötzlich hervor, während
Heinrich von Frankreich über Lothringen hersi'el und die Bis-
thümer Metz, Toul und Verdun wegnahm (I. 1552). Schon
standen die Verbündeten vor Augsburg, ehe Karl Nachricht
von dem Unternehmen erhielt. Rasch ging der Zug nach Tyrol
hinein und kaum blieb dem Kaiser Zeit zur Flucht nach Kärn-
then. Drei Tage nachher hielt Moritz seinen Einzug in
Jnspruck und machte viele Beute an hinterlaffenem Ge-
räthe.
Dieser Unfall brach dem Kaiser das Herz und raubte
ihm alles Vertrauen, den heillosen Zwiespalt in Teutschland
noch jemals zu beschwichtigen. Ja er gab von jetzt an allen
Widerstand gegen die Gewalt der Glaubensneuerung auf und
selbst die Freude an der Kaiserkrone war ihm dadurch verlei-
det. Also bot er die Hand zum Frieden, den Ferdinand be-
reits vermittelt hatte. Zu Passau wurden die noth-
dürftigen- Artikel eines Vertrages entworfen ljuli) und die
weiteren Bestimmungen desselben dem nächsten Reichstage Vor-
behalten. Philipp von Hessen und Johann Friedrich von
Sachsen wurden freigelassen. König Ferdinand hatte in dieser
Angelegenheit entweder damals schon mäßigere Gesinnungen
angenoinmen oder der Nothwendigkeit nicht ungern Folge ge-
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Extrahierte Personennamen: Moritz Moritz Moritz Wilhelm Philipp_— Philipp Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Heinrich_von_Frankreich Heinrich Karl Karl Moritz Ferdinand Ferdinand Philipp_von_Hessen Philipp Johann_Friedrich_von
Sachsen Johann Friedrich Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburgs Frankreich Lothringen Kärn-
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wenn sie dem Evangelium in Treue dienten und von ehrbarer Zucht nicht ließen,
und darum blieb er bei seinem Vorsatze, ihnen keine Gewalt in Sachen des Glau-
bens anzuthun. Auf dem Reichstage zu Worms hatte Luthers Gottvertrauen
und starkes, treues Wort einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Erich sandte ihm
einbecksches Bier in silberner Kanne in seine Herberge. Verwundert fragte Luther,
welcher Fürst seiner also in Gnaden gedenke, und als er hörte, daß ein papistischer
Herr, der selbst zuvor aus der Kanne getrunken, ihm die Gabe zugeschickt habe, da
trank auch er und sprach: „Wie Herzog Erich meiner gedacht hat, also gedenke
seiner der Herr Christus in seinem letzten Kampfe." Der Herzog gedachte in
seinem letzten Stündlein dieser Worte und begehrte von dem ihn bedienenden Edel-
knaben Franz von Cramm, daß er ihn mit evangelischem Troste erquicken möge.
Seine Gemahlin war Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Joachim I. von
Brandenburg. Sie war evangelisch geworden, und Erich ließ seine herzliebe Ilse,
wie er sie nannte, gewähren; denn er wußte, daß sie um ihres Gewissens willen
also that. Wo sie die Reformation förderte, hinderte Erich sie nicht. So kam es,
daß die evangelische Lehre bald in den Fürstenthümern Eingang fand. In Göt-
tingen, Münden, Northeim und andern Städten des Fürstenthums waren schon
früh evangelische Prediger; Hannover hatte schon 1524 eine große Anzahl von
Anhängern Luthers.
Elisabeth berief 1540 den Prediger Anton Corvinus nach Münden; er
sollte die Reformation sicher und ruhig zum Ziele führen. Geschäftige Diener
meldeten dem Herzoge, daß Corvinus angekommen sei. Er erwiderte: „Weil uns die
Frau in unserm Glauben nicht hindert, so wollen auch wir sie in ihrem Glauben
ungehindert und unbetrübt lassen."
Nach seinem Tode, der noch im Jahre 1540 erfolgte, führte Elisabeth die
vormundschaftliche Regierung für ihren zwölfjährigen Sohn Erich d enjüng ern
und verfolgte nun mit desto größerer Festigkeit ihr Ziel. Nachdem 1541 auf dem
Landtage zu Pattensen die Landstände in die Einführung der Reformation ge-
willigt hatten, arbeitete Corvinus auf Befehl Elisabeths eine Kirchenordnung aus
und unternahm dann mit anderen Herren eine Kirchenvisitation. Die Miß-
bräuche, welche sie vorfanden, stellten sie ab. Auch die Klöster bekamen von der
Fürstin eine neue Ordnung. „Mir ist glaubhaft berichtet," schrieb sie ihnen, „daß
Ihr Euch in das göttliche und hochwürdige Werk des Herrn, welches wir seit zwei
Jahren rein, lauter und klar zu predigen befohlen, zu schicken wenig geneigt seid.
Nun ist es unser Amt als einer regierenden Fürstin, Gottes Wort bei unsern
Unterthanen überall zu fördern. Darum haben wir für nöthig erachtet, weil Eure
Wohlfahrt und Seligkeit uns kümmert, eine sonderliche Ordnung für Euch stellen
zu lassen, die Ihr mit Treue auslegen und beobachten wollet."
Sie selber besuchte die Klöster, um zu sehen, ob darin auch nach der neuen
Ordnung gelebt werde, während Corvinus allen möglichen Fleiß anwandte, das
liebe Wort in Schwung zu bringen, daß es in Pfarrkirchen und Klöstern ange-
nommen werden möchte.
Elisabeth war eifrig bemüht, in ihrem Sohne einen treuen christlichen Fürsten
heranzuziehen. Er wurde vor allen Dingen in der heiligen Schrift unterrichtet;
es schien ein fester Grund zu einem frommen und stillen Fürstenleben in ihm ge-
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Extrahierte Personennamen: Luther Erich Christus Franz_von_Cramm Franz Elisabeth Joachim_I._von
Brandenburg Erich_ließ Ilse Erich Elisabeth Anton_Corvinus Corvinus Erich Corvinus Corvinus Elisabeth
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die Berathung belausche, gab jeder seine Stimme ab. Dan„ wurde das Rath-
mannsmahl gehalten, und nachdem der Diener die letzte Schüssel aufgetragen
hatte, wurde die Bürgerglocke angezogen; der Rath trat zur Laube hinaus und
verkündigte durch seinen Schreiber der versammelten Gemeinde die Namen der
neuen Nathsherren. Dann ließ der Schultheiß diese schwören, dem Landesherrn
und der Stadt treu dienen zu wollen.
Die Bürgerschaft hielt auf Zucht und Ehre; niemand, der seine Ehre nicht
bewahrt hatte, wurde in die Gilde aufgenommen.
Kurz vor der Reformation, im Jahre 1516, wurde Deutschland von einer
Pest heimgesucht; da starb in Göttingen, wie auch in den Städten Nordheim und
Braunschweig in wenigen Monaten ein Drittel der Einwohner. In dieser Zeit
suchte man noch bei den Heiligen Hülfe. So zogen dazumal die von Einbeck,
wohl 300 Mann stark, gen Pöhlde, holten von dort das Heiligthum St. Fabian
und Sebastian nach ihrer Stadt und brachten es dann wieder zurück.
Durch die Reformation wurde das anders. Schon im Jahre 1523 fing die
lutherische Lehre an, im Fürstenthum'göttingen bekannt zu werden. Anfänglich
schenkte das Volk der neuen Lehre kein Ohr, und der Adel bekümmerte sich wenig
darum. Handwerker waren es endlich, welche Anlaß gaben, daß auch Göttingen
sich an der Reformation betheiligte. Einige Weber- und Tuchmachergesellen,
welche in Städten in Arbeit gestanden hatten, die der Reformation zugethan
waren, kamen nach Göttingen und brachten die deutsche Bibel in die- Stadt.
Diese waren es auch, welche bei einem Umzuge durch die Stadt zur Abwehr der
damals herrschenden Seuche das Luthersche Lied: „Aus tiefer Noth schrei ich zu
Dir," anstimmten. Das Lied machte einen ergreifenden Eindruck auf die ver-
sammelte Menge; schließlich stimmte sie mit ein. Das war der erste Schritt zur
Reformation in Göttingen.
In den Dörfern Grone und Rosdorf lehrten schon evangelische Prediger,
und die Bürger von Göttingen schlichen sich nun verstohlen hinaus zu deren
Predigten, trotz der Strafe, die ihnen gedrvht war. Da kam 1529 Friedrich
Hübenthal aus dem Lüneburgschen und hielt auf dem Kirchhofe von St.
Georg die erste evangelische Predigt. Im Namen seiner Anhänger richtete er ein
Schreiben an den Rath, in welchem er ihn dringend aufforderte, dem Lutherthum
nicht länger entgegen zu sein. Der Rath aber beantwortete sein Schreiben
nicht und ließ auf ihn fahnden. Da sammelten sich die evangelischen Bürger,
wohl 300 an der Zahl, und besprachen sich, wie das Evangelium vor den Wider-
sachern zu schirmen sein möchte. Man wählte zehn Männer, die beim Rathe die
Angelegenheit ordnen sollten. Nur mit Mühe erhielten sie Gehör; ihre Bitte,
dem Evangelium freienlanf zu lassen und diepauliner-Kirche zum neuen Gottes-
dienst einzuräumen, fand keine Gewährung. Endlich aber sah sich der Rath den-
noch nachzugeben genöthigt, und bat mit der Gemeinde den Landgrafen Philipp
von Hessen, ihnen feine, stille, fromme und gelehrte Prediger zu senden. Vom
Palmsonntage 1531 an wurde nach einer evangelischen Ordnung, welche Luther
gut geheißen hatte, der Gottesdienst gehalten.
Während des dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1626, kam Lilly auch vor
Göttingen. Er hatte eben Münden schändlich verwüstet; nun forderte er die
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Extrahierte Personennamen: Fabian Sebastian Friedrich
Hübenthal Friedrich Georg Philipp
von_Hessen Philipp Lilly
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Göttingen Nordheim Braunschweig Einbeck Göttingen Rosdorf Lüneburgschen