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Neuere Geschichte.
des Oheims Napoleons, als Nachfolger Eugen Beauharnais hatte annehmen müssen, weil Napoleon 1810 schon nichts mehr von einer einstigen Trennung Frankreichs und Italiens wissen wollte, war wegen seiner sklavischen Kriecherei gegen Napoleon den Verbündeten besonders verhaßt geworden; sein Staat löste sich jetzt gleich auf. Die souveränen Fürsten von Isenburg und Leyen wurden mediatisirt, das Königreich Westphalen und das Großherzogthum Berg verschwanden. Hannover kam wieder in den Besitz von England, die 1806 vertriebenen Fürsten: der Herzog von Braunschweig-Wolsenbüttel, der Kurfürst von Hessen-Cassel und der Fürst von Nassan-Oranien kehrten zurück (letzterer, wie wir unten sehen werden, nach Holland, nicht in seine deutschen Länder von 1806, die alle an andre Gebietiger kamen). In Cassel hatte sogar kurz vor der Leipziger Schlacht der kühne Parteigänger Czernitschew das Königreich Westphalen schon für einige Tage aufgelöst. Bernadotte hatte sich mit einem Theile der Nordarmee plötzlich von Leipzig gegen Dänemark gewandt und war hier eben so rasch zugreifend, wie vorher fast theilnahmlos zögernd. Er zwang die Da* nen durch die Besetzung von Schleswig-Holstein zum Frieden von Kiel im Januar 1814, worin Dänemark Norwegen für Schwedifch-Pommern an Schweden abtrat. Dann rückte er (Bennigsen die Umzingelung von Davoust in Hamburg überlassend) langsam nach Köln, mit der Idee sich schmeichelnd, von den Franzosen statt des unhaltbaren Napoleon zu ihrem Herrscher erhoben zu werden, daher erlaubte er sich sogar, um ihnen zu schmeicheln, jede Volksbewaffnung auf dem linken Rheinufer zu verbieten, worauf natürlich von den Verbündeten nicht geachtet wurde. In Deutschland waren nach dem Rückzüge Napoleons noch viele Festungen in der Gewalt ihrer französischen Besatzungen geblieben. Aber Dresden und Danzig capitulirten im November und December auf freien Abzug der Besatzungen, worauf jedoch die verbündeten Herrscher nicht eingingen, so daß die Besatzungen zuletzt kriegsgefangen wurden. Stettin fiel auch schon im November, Torgau im December. Letztere Festung hatte Tauenzien belagert, der auch im Januar 1814 die Festung Wittenberg erstürmte. Dagegen fiel erst Küftrin Ende März 1814 in die Gewalt der Preußen, und Glogan, Magde« bürg, Hamburg, Wesel und die Cyriaksburg bei Erfurt trotzten bis zum Sturze Napoleons.
Bülow hatte sich von der Nordarmee getrennt und die Eroberung Hollands versucht, die schnell genug gelang. Schon den 1. December landete der Sohn des 1795 geflüchteten Erbstatthalters, Wilhelm Vi. (von 1802—1806 Fürst von Oranien und Herr von Fulda, Dort-
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Neuere Geschichte.
nachdem dies Erfolge errungen und England die Küsten blokirt hielt, gaben die Norweger nach, nachdem der Kronprinz die ihnen vomprin« zen Christian gegebene stark democratische Verfassung von Eidswold bestätigt und die Anerkennung Norwegens als eines selbstständigen, nur durch Personalunion mit Schweden verbundenen, Reichs ausgesprochen hatte. Mit den nordamerikanischen Freistaaten war England 1812 wegen der Behinderung ihrer neutralen Schiffahrt in Streit gerathen. Da England damals nicht wie 1778 Nebenbuhler auf dem Meere hatte, so erfaßte es noch einmal den Plan, die nordamerikanischen Freistaaten seiner Herrschaft zu unterwerfen, besonders, als dnrch den ersten Pariser Frieden das englische Heer, im südwestlichen Frankreich entbehrlich geworden, auf die Küsten Nordamerikas geworfen werden konnte. Zwar gelang den Engländern der Raubzug nach Washington am Po-tomak, aber ihr Versuch auf New-Orleans unweit der Mündung des Missisippi scheiterte durch die Entschlossenheit des nordamerikanischen Generals Jackson. Schon vorher aber war im December 1814 zwischen England und Nordamerika der Friede zu Gent unterzeichnet worden, der die Verhältnisse vor dem Kriege wiederherstellte.
Aus dem Wiener Congreß vom Oktober 1814 bis zum Juni 1815 war die Entscheidung über das Schicksal von Sachsen und Polen die Hauptsache. Rußland verlangte das ganze bisherige Herzogthum Warschau und sein Kaiser versprach demselben eine Verfassung zu gewähren, Sachsen sollte dagegen als Entschädigung für Preußen dienen und war im November 1814 aus der russischen Verwaltung in die preußische übergegangen. Schon während des Waffenstillstandes von 1813 hatte sich Preußen bereit erklärt, zur Vergrößerung von Hannover fünf Landstriche abzutreten: Hildesheim, Goslar, Theile vom Fürstenthum Singen und vom Eichsfelde und namentlich das später so schmerzlich vermißte Ostfriesland. Dafür erhielt Preußen von Hannover nur das weit kleimre Sachsen-Lauenburg, das es jedoch schon 1815 für das bedeutendere Schwedifch-Pommern an Dänemark abtrat (Preußen zahlte noch an Dänemark für die Abtretung des letzter» Landes zwei Millionen Thaler). Da auch Baiern sich weigerte, die frühern preußischen (von 1791 an, wo sie der letzte Markgraf aus der jüngern, seit 1603 bestehenden Linie der fränkischen Hohenzollern an Preußen abgetreten hatte) Fürstenthümeransbach und Baireuth herauszugeben, so schien Preußen mit seinen Entschädigungen sehr schlecht bedacht zu werden, wenn nicht ganz Sachsen an dasselbe fiel. Aber Oesterreich, Großbritannien und Frankreich widersetzten sich der Einverleibung von ganz Sachsen in Preußen, als dieses ihren Bemühungen, Rußland nicht westlich von der Weichsel
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Neuere Geschichte.
22. Juni 1815. Ludwig entfloh nach Belgien. Aber die noch in Wien versammelten Fürsten der frühern Allianz erließen eine Achtlerklärung gegen ihn und vergebens waren seine Versuche, feilte in Wien sich aufhaltende Gattin Marie Louise mit ihrem Sohne zur Flucht uach Frankreich zu bewegen. Umsonst waren auch seine Versuche, die französischen Liberalen durch eine auf einem Maifelde neu proclamirte Verfassung im Sinne der Charte Ludwigs Xv111. zu gewinnen. Zwischen ihm und Europa konnte nur ein neuer Krieg entscheiden. Vorher begann der Kampf Murats gegen Oesterreich. Der Wiener Congreß hatte ihn zwar im Besitz von Neapel gelassen, aber das Drängen der französischen Bourbons, den Thron von Neapel ihrem Verwandten, dem Bour-bouen Ferdinand, König von Sicilien, zurückzugeben, machte ihn mißtrauisch und gleich auf die Nachricht von der Wiederanfrichtung des Napoleonischen Thrones drang er gegen den Po vor, um, wie er sagte, ein einziges Reich in Italien herzustellen. Aber bei Tolentino von den Oesterreichern geschlagen, verlor er im Mai 1815 sein Königreich Neapel, wohin Ferdinand von Sicilien zurückkehrte. Als er im Oktober 1815 bethört von Corsika aus einen Einfall in sein früheres Königreich versuchte, wurde er beim Städtchen Pizzo ergriffen und auf Befehl der Regierung erschossen.
Fast noch kürzer, aber weit blutiger, war der Kampf mit Napoleon. Wellington stand mit Engländern, Niederländern und mit zahlreichen deutschen Trnppen aus Hannover, Braunschweig und Nassau, zusammen 105000 Mann, im westlichen Belgien, an ihn schloß sich Blücher mit 112000 Preußen. An dem Mittelrhein sollten Russen eintreffen, am Oberrhein stellten sich Oesterreicher und deutsche Bundestruppen, in Italien Piemontesen und Oesterreich er auf. Napoleon führte gegen Wellington und Blücher 130000 Mann heran. Nachdem er den 14. Juni die preußischen Vorposten des Armeekorps von Ziethen zurückgeworfen hatte, bot er dem Feldherrn Blücher am 16. Juni bei Ligny die Schlacht. Die Preußen hatten vier Armeecorps unter Ziethen, Börstel, Thielemann und Bülow. Aber Börstel hatte den Befehl an Pitch abgeben müssen, als er den strengen Maaßregeln nicht hatte beistimmen wollen, die Blücher traf, als in Lüttich die sächsischen Truppen, weil ihre Regimenter und Bataillone in preußische und sächsische getheilt werden sollten, eine Meuterei begonnen hatten. Der Aufstand wurde gedämpft, aber das vierte Armeekorps verweilte deshalb noch bei Lüttich, als schon der Krieg mit Napoleon begann. So waren nur drei Armeeeorps der Prenßen versammelt, aber Wellington hatte Hilfe versprochen. Nach der tapfersten Gegen-
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111. Französische Revolution und deren Folgen. 355
heftige Zwistigkeiten folgten, ist es doch der Weisheit des beliebten Königs Leopold namentlich auch durch tüchtige Verwaltung und die schnelle Herstellung eines belgischen Eisenbahnnetzes gelungen, die Wohlfahrt des jungen Staates immer mehr zu fördern. Auch in den Niederlanden, die nach den Engländern unter den Kolonialmächten die erste Stelle einnehmen (denn fast der ganze ostindische Archipel gehört ihnen wirklich oder dem Namen nach, mit Ausnahme der Philippinen und Timors) stieg nach der Trennung von Belgien der Wohlstand, durch die außerordentlichste Sorge, die Kolonien, namentlich Java, zu heben. Nachdem man hier schon vor 1830 den Aufstand des Dipo Negoro niedergeschlagen, wußte der verdiente Generalgouverneur van der Bosch (der Warren-Hastiugs des niederländischen Indiens) durch das sogenannte Cnlturensystem (gegen Erlassung der Grundsteuer traten die Eingebornen einen Theil ihrer Ländereien der Regierung ab) Java zu einem der bedeutendsten Märkte für Zucker, Kaffe und Indigo zu machen.
In Italien hatte der Papst Pius Vh. schon 1814 durch die Bulle sollicitudo omnium den Jesuiterorden wiederhergestellt. Nachdem Leo Xll. und Pins Vlll. nur kurze Zeit regiert hatten, wurde 1831 Gregor Xvi. Papst. Noch vor seiner Wahl brach in der Ro-magna, dem nördlichen Theil des Kirchenstaats, ein Aufstand aus, der sich bald siegreich bis in die Nähe von Rom ausdehnte. Doch rückten in knrzer Zeit Oesterreicher in die Romagna und später auch Franzosen in Ancona ein und räumten diese Gegenden, den Heerd des Aufruhrs, erst nach langjähriger Besetzung. Der Aufforderung der Großmächte jedoch an Gregor Xvi., durch Reformen der inneren Verwaltung die Gemüther zu versöhnen, entsprach dieser nur sehr unvollkommen.
In Deutschland kamen in Sachsen (hier folgte auf den 1827 gestorbenen König Friedrich August sein Bruder Anton, der 1830 seinen Neffen Friedrich August 11. zum Mitregenten annahm, welcher dann allein als König van 1836—1854 regierte, worauf sein Bruder Johann ihm folgte) und Hessen-Cassel nach vorhergegangenen Unruhen constitntionelle Verfassungen zu Stande, in Hessen namentlich mit nnr einer Kammer. In Braunschweig fand sich der Herzog Karl, älterer Sohn des 1815 bei Quatre-Bras gefallenen Friedrich Wilhelm,' nach eingetretenem Schloßbrande 1830 veranlaßt, sein Land zu verlassen; die deutschen Großmächte erklärten ihn im Verein mit England der Regierung für unfähig und übertrugen diese auf seinen jüngern Bruder Wilhelm. Auch in Hannover kam 1833 eine neue
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111. Französische Revolution und deren Folgen. 331
vorrücken zu lassen (Preußen sollte nach ihrem Willen von dem westlich von der Weichsel gelegenen Polen einen weit bedeutendem Theil als das spätere Großherzogthum Posen erhalten), sich nicht anschloß. Diese Staaten schlossen sogar einen geheimen Bund am 3. Januar 1815 zum Kriege gegen Rußland und Preußen. Dennoch verständigten sich schon die Großmächte im Februar 1815, noch bevor man die Nachricht von der Landung Napoleons in Frankreich erfuhr. Preußen erhielt demnach Danzig (schon im März 1814 von preußischen Truppen besetzt) und Thorn (was anfangs nach dem Plane Rußlands eine besondere Republik, wie Krakau, bilden sollte), den Theil Westpreußens zwischen der Ossa, Weichsel und Drewenz (das rechte Weichselufer von Grau-denz bis Thorn, den sogenannten Culmer und Michelauer Kreis) und das jetzige Großherzogthum Posen, ferner von Sachsen die größere Hälfte mit dem kleinern Theil der Bevölkerung, etwa 375 □ Meilen mit 850000 Einwohnern: die Niederlausitz, die nordöstliche Hälfte der Oberlausitz, Theile des meißner und leipziger Kreises, den Wittenberger Kreis, die Stifter Merseburg, Naumburg und Zeitz, ferner Bar-by und das sächsische Henneberg, den thüringischen und den neu-städter Kreis, welchen letzteren es jedoch meistens an Sachsen-Weimar überließ). Dann erhielt Preußen in Westphalen außer den alten und den 1802 erworbenen Besitzungen das Amt Corvey, Dortmund, viele Länder von 1806 und 1810 mediatisirten Fürsten, wie Ahremberg, Salm-Horstmar n. s. w., das früher cöllnifche Amt Recklingshaufen und das von 1803—1815 hessen-darmstädtisch gewesene, früher cöllni-sche Herzogthum Westphalen mit der Hauptstadt Arensberg. Von den Erbländern von Nassan-Oranien, die ihm abgetreten worden, vertauschte es die meisten wieder bis auf Siegen. Am Niederrhein erhielt es vor allen die von 1779—1795 und bis 1806 bairisch gewesenen Länder Jülich und das industriereiche Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf, ferner das Churfürstenthum Cöln, fast das ganze Churfürftenthum Trier, Gebiete mediatisirter Fürsten, wie Neuwied, Stücke des Churfürstenthums Mainz, rheinpfälzische Gebiete wie Simmern und Kreuznach, einen Theil von Niederkatzenellenbogen mit St. Goar und die Reichsstädte Cöln und Aachen. Dem Umfange nach war der Staat kleiner als vor 1806, als er auch ohne Hannover, aber mit dem dafür abgetretenen Ansbach, Cleve und Nenfchatel gegen 5400 Q Meilen (mit Hannover und ohne die dafür gemachten Abtretungen 6000 □Meilen) umfaßte. Jetzt wurde sein Umfang auf etwa 5050 Q Meilen berechnet, die Bevölkerung aber erreichte die Stärke von 1806, etwa 1072 Millionen Einwohner. Dennoch war der Staat äußerst glücklich
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Neuere Geschichte.
auch Holstein wieder in Besitz nahm. Die Herzogtümer Holstein und Schleswig sollten von einander getrennt, aber keines von ihnen mit Dänemark vereinigt werden. Durch den Londoner Vertrag vom 8. Mai 1852 traten die Großmächte der nun vom dänischen Könige festgesetzten Thronfolgeordnung bei. Nach ihr wurde die weibliche Erbfolgeordnung aufgehoben und beim Tode des Königs ohne männliche Erben der Thron der zweiten Nebenlinie des dänischen Königshauses, Holstein-Sonderburg-Glücksburg in der Person des Prinzen Christian zuerkannt, während die erste Nebenlinie Holstein-Son-derburg-Augustenburg, als an der Revolution betheiligt, ausgeschlossen wurde; der Herzog Christian, ihr Haupt, verpflichtete sich später gegen eine Entschädigung von Iv2 Millionen Thaler dieser Erbfolge nicht entgegen zu treten. Nach der Ordnung der dänischen Verhältnisse ergriff das Ministerium Manteusfel, das zugleich der Demokratie im Innern kräftig entgegentrat, erfolgreiche Maaßregeln, um den materiellen Wohlstand Preußens zu heben. Die große Ostbahu verband Berlin mit Königsberg und den entlegenen östlichen Theilen der Monarchie, der hannöversche Stenerverein vereinte sich mit dem deutschen Zollverein und im Jahdebusen wurde- von Oldenburg ein Gebiet zur Anlegung eines Kriegshafens für die preußische Kriegsflotte erworben, die seit 1848 im Wachsthum begriffen war, während die Flotte des neuen deutschen Reichs durch Haunibal Fischer verauktio-nirt wurde. Zur Wahrung der proviuziellen Interessen waren neben den beiden Häusern des Landtags, wie nun die beiden Kammern des Reichstages genannt wurden, seit 1851 auch wieder die Provinzialstände zusammengetreten.
Wie die neueste Geschichte Preußens nothwendig mit der Geschichte von Deutschland und Dänemark verknüpft werden muß, so die von Oesterreich mit der von Ungarn und Italien. Nach dem Aufstande in Wien am 15. März waren auch in Ungarn und Böhmen Bewegungen eingetreten, in der Lombardei aber eine von Sardinien beschützte Revolution ausgebrochen. In Ungarn, wo Graf Szech enyi durch weise Mäßigung und Beschränkung seiner Reformen auf das Erreichbare, namentlich in materieller Hinsicht, ein Wohlthäter des Volkes wurde und die Verehrung aller Partheien genoß, während Ludwig Kossnth eine leidenschaftliche Parthei der Radicalen heranzog, genehmigte der Kaiser die Einsetzung eines besondern verantwortlichen ungarischen Ministeriums unter Batthyanyi und Kossuth. Aber sogleich entstanden bei den Kroaten namentlich und den besonders im Temeswarer Banat wohnenden Serben Sonderbewegungen zum Schutz ihrer Na-
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111. Französische Revolution und deren Folgen. 387
der darauf im Januar 1856 die von Oesterreich dringend empfohlenen Vorschläge der Verbündeten annahm, über die sich zuerst Frankreich mit Oesterreich geeinigt hatte, während England nur zögernd darein willigte, erfolgte am 27. April 1856 der Friedensschluß in Paris. Einen Theil von Bessarabien, etwa 150 Q Meilen, namentlich mit der Festung Ismail, trat Rußland an die Moldau ab, damit die Donau nicht mehr von der russischen Grenze berührt werde; Rußland versprach, im schwarzen Meere keine Kriegsflotte mehr zu halten, die Donausür-stenthümer wurden, statt unter den ausschließlichen Schutz von Ruß. land, unter den gemeinsamen der fünf Großmächte gestellt. Der Forderung der Rumänen, eine Union der Moldau und Wallachei herzustellen, gaben später die Großmächte insofern nach, daß eine gemeinsame Regierung derselben unter dem Fürsten Kusa eingerichtet wurde. Die durch diesen Krieg Rußland geschlagenen Wunden suchte der humane Kaiser Alexander 11. durch materielle Verbesserungen, namentlich durch Herstellung von Eisenbahnen, und dann auch durch die Aufhebung der bis dahin auf Rußland noch schwer lastenden Leibeigenschaft der Bauern, mit Erfolg zu heilen. — In der Türkei folgte seit 1861 dem Sultan Abdnl Medschid sein Bruder Abdul Aziz.
1848 war durch eine Revolution in Neuschatel die dort bestehende preußische Regierung gestürzt und eine republikanische Verfassung eingeführt worden. In Folge eines mißglückten Versuchs der königlich gesinnten Parthei 1856, den vorigen Zustand wiederherzustellen, waren die Führer derselben ins Gefängniß geworfen worden. Preußen forderte entschieden die Loslassnng derselben und die Schweiz gab, als auch der Kaiser Napoleon deshalb mit ihr unterhandelte, 1857 im Januar nach, worauf der König von Preußen auf Neufchatel verzichtete, das nun als ein Theil der Schweiz seine republikanische Staatsform behielt. Dagegen hatte Preußen, das schon 1834 von Sachsen-Coburg-Gotha das Fürsteuthum Lichtenberg östlich von der Nahe durch Kauf erworben hatte, 1849 durch freiwillige Abtretung von der ältern Linie des Hauses Hohenzollern die Fürstentümer: Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen erhalten. Im Oktober 1857 würde der König Friedrich Wilhelm Iv. von einem schweren Gehirnleiben ergriffen und fein Bruder Wilhelm Prinz von Preußen übernahm die Regierung, zuerst provisorisch und dann, als die Aussicht aus eine Genesung des Königs immer mehr schwand, am 7. Oktober 1858 als Prinz-Regent definitiv. Nach der Entlassung des bisherigen Ministeriums Manteuffel berief er das sogenannte Ministerium der neuen Aera, das den Fürsten Anton von Hohenzollern-Sigmaringen als
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111. Französische Revolutköü und deren Folgen. 389
darin an Napoleon die Lombardei bis zum Mincio ab, derselbe räumte sie dem Könige von Sardinien ein.
Die weiteren Verhandlungen zwischen Frankreich und Sardinien hatten den Erfolg, daß letzteres Savoyen und Nizza an Frankreich abtrat, wogegen Napoleon nicht hinderte, daß Toskana, Modena und Parma, wohin die vertriebenen Fürstenfamilien nicht hatten zurückkehren können, und die Romagna, die in ihrem Widerstreben gegen die päpstliche Herrschaft beharrte, nach einer vorausgegangenen Abstimmung der Bevölkerung (dieselbe hatte anch in Nizza und Savoyen stattgefunden, weil Napoleon sie als den Ursprung seiner Regierung betonte) mit Sardinien vereinigt wurden. Höchst wichtig wurde darauf der Angriff Garibaldi's, der im vergangenen Kriege als Führer eines Freicorps für Sardinien gefochten hatte, auf Sicilieu. Im Königreich beider Sidlien hatte Franz 11., Sohn und Nachfolger Ferdinands 11. seit 1859, versucht, an der conservativen Politik seines Vaters festzuhalten. Ein in Sicilien entstandener Aufruhr war so eben gedämpft worden, als Garibaldi, von Cavonr im Stillen an der Ausrüstung nicht behiudert, von Genua aus, am 11. Mai 1860 auf der Westseite Siciliens bei Marsala landete, am 15. Mai bei Calatasimi über die königlichen Truppen siegte und, durch den Aufruhr der Hauptstadt unterstützt, seit dem 27. Mai um ihren Besitz kämpfte, der ihm auch durch einen mit Lanza, dem Anführer der königlichen Truppen abgeschlossenen Vertrag, am 6. Juni, eingeräumt wurde. Aber erst nach einem heftigen Kampfe bei Milazzo am 20. Juli mit dem neu gesandten königlichen General Bosco im östlichen Sicilien und der Capitnlation von Messina, deren Citadelle übrigens im Besitz der königlichen Truppen blieb, brach Garibaldi zuerst mit 4000 Mann, denen dann noch 8000 später folgten, zur Eroberung des Königreichs Neapel auf. In Calabrien gelandet, nahm er bald Reggio und drang dann unaufhaltsam gegen Neapel vor, während die Zahl der Anhänger des Königs sich immer Mehr lichtete; in die Hauptstadt zog Garibaldi am 7. September 1860. Unterdeß verständigten sich Napoleon und Victor Emanuel, die Erfolge des kühnen Freibeuters zu beschränken. Da der Papst seine Armee durch Lamoriciere hatte reorganisiren lassen und zahlreiche Freiwillige aus den katholischen Ländern dieselbe verstärkten, brach der sardinische General Cialdini, unter dem Vorwande, sein König könne es nicht dnlden, daß durch Zusammenströmen von Aben-theurern aus allen Ländern Mittelitalien ein He erd der Unruhen werde, gegen Ancona vor, zersprengte durch das Gefecht bei Eastelfidardo am 20. September 1860 die päpstliche Armee und nahm mit Hilfe
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m
Neüere Geschichte.
Präsidenten hatte und unter dessen Mitgliedern besonders: Auerswald, Patow und später Schwerin hervortraten. Dies Ministerium, üus gemäßigten Liberalen bestehend, bewirkte namentlich gegen Entschädigung der Besitzer der bisher steuerfrei gebliebenen Güter die Regulirung einer neuen Grund- und Hänsersteuer Nach gleichem Maaßstabe. Der Prinz-Regent sah damals auch sein Bestreben, das Mitbcsatzungß-recht in der namentlich auch mit preußischem Gelde erbauten Bundes fkstung Nastadt zu erhalten, mit Erfolg gekrönt.
Das Attentat des italiänischen Grafen Orsini am 14. Januar 1858 gegen das Leben des Kaisers Napoleon 111. scheiterte und der Urheber büßte mit dem Tode, ein strenges Sicherheitsgesetz ermächtigte den Kaiser, verdächtige Personen ohne richterliche Entscheidung gefangen zu halten. Unterdeß wurde die Spannung zwischen Sardinien, dvs eine constitntionelle Verfassung unter dem neuen Könige Victor Emanuel 11. bewahrt.hatte und dessen kluger Minister Cavour die Sympathie von Frankreich und England immer mehr für seinen Staat gewonnen hatte, und Oesterreich täglich größer und seit dem Januar 1859 stellte sich Napoleon entschieden auf die Seite von Sardinien, indem er von Oesterreich die Aufhebung der mit einigen Fürsten Italiens nach dem Wiener Congreß von 1815 geschlossenen Vertrage forderte, während dieses von Sardinien die Zurncksührung seiner Armee auf den Friedensfuß begehrte. Oesterreich begann den Krieg im April 1859, aber die Niederlage seiner Armee bei Magenta am 4. Juni, die freilich nur durch die zur rechten Zeit eingetroffene Hilfe des Generals Mac Mahon herbeigeführt wurde, bewirkte die Räumung von Mailand. Zugleich verließen der Großherzog von Toskana, die Herzogin von Parma und der Herzog von Modena ihre Länder, auch räumten die Oesterreicher dieromagna, die nun sogleich vom Papst abfiel. Ein zweiter blutiger Sieg der Franzosen bei Solserino 1859 am 24. Juni führte unerwartet schnell das Ende des Krieges herbei. Der Prinz-Regent von Preußen hatte unterdeß eine preußische Armee am Rhein aufgestellt, um, wenn die nicht zu berechnenden weitern kriegerischen Begebenheiten die deutschen Gränzen bedrohten, einzuschreiten. Leider wurde das kriegerische Vorgehen Preußens durch den Anspruch des Bundestages, die Wahl eines Bundesfeldherrn aüszuführeu, behindert, während der Natur der Sache nach nur die norddeutsche Großmacht die Bundesfeldherrnstelle allein vergeben konnte. Bei der Zusammenkunft des französischen und österreichischen Kaisers in Villa ftanca wurden die Friedenspräliminarien festgestellt, der Definitiv-friede erfolgte am 17. Oktober 1859 zu Zürich. Oesterreich trat
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Neuere Geschichte.
der sardinischen Flotte Ancona ein; die Marken und Umbrien, der östliche Theil des Kirchenstaates, waren dem Papste entrissen. Unter-deß hatte Garibaldi nördlich von der Hauptstadt ernsteren Widerstand gesunden und sich nur mit Mühe am 1. Oktober in der Schlacht am Volturno des Angriffs der königlichen Armee erwehrt. Das Eindringen der Piemontesen unter Cialdini konnte allein die Entscheidung bringen und Garibaldi trat jetzt von der Leitung der Angelegenheiten zurück, sie in die Hände seines Königs legend. Capua und im Fe-bruar und März 1861 auch Gaeta und Messina fielen; Victor Ema-nuel war nun faktischer Besitzer des gestimmten Festlandes von Italien (mit Ausnahme von Nizza, Savoyen, des österreichischen Vene-tiens und des Restes vom Kirchenstaate) und der beiden großen Inseln: Sidlien und Sardinien. Noch in dem Monat März 1861 nahm er den Titel eines Königs von Italien an, den später auch die Großmächte, Oesterreich ausgenommen, anerkannt haben. Cavour starb am 6. Juni 1861. Aber der Beschluß des italiänischen Parlaments, Rom solle die Hauptstadt des neuen Königreichs werden, konnte gegen den Willen Napoleons nicht durchgeführt werden; als Garibaldi deshalb von Sicilien aus im Juli 1862 einen neuen Freibeuterzug veranlaßte, wurde er, schon in Calabrien eingedrungen, bei As Promo nte den 29. August 1862 am Fuße gefährlich verwundet und gefangen, seine Schaar löste sich auf. Seitdem hat die italiänische Politik sich bemüht, mit dem französischen Kaiser, Roms wegen, einen Vertrag zu schließen und derselbe ist im September 1864 zu Stande gekommen. Die Franzosen verpflichteten sich, Rom spätestens in zwei Jahren zu räumen, binnen welcher Zeit der Papst sein Heer orgamsi-ren sollte; der König von Italien wählte Florenz zu seiner Residenz und übernahm von der päpstlichen Schuld einen Antheil für die vom Kirchenstaate gewaltsam gelösten Länder.
Der Streit über die Vergebung der Oberfeldherrnstelle beim deut-schen Bundesheere während des österreichischen Krieges von 1859, wodurch Preußen und Deutschland verhindert wurden, die ihnen gebührende Machtstellung in Europa einzunehmen, hatte nur einen betrübenden Eindruck in diesen Ländern machen können. Dies erklärt das Entstehen des deutschen Nationalvereins, der sogenannten kleindeutschen Parthei, die, auf das Programm Gagerns von 1848 fußend, Deutschland fortan nur noch als einen Bundesstaat und nicht mehr als einen bloßen Staatenbund organisirt sehen wollte, an der Spitze desselben konnte natürlich nur Preußen stehen, mit Oesterreich sollte ein Verhältniß im Geiste des Vertrages von 1815 bestehen.
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