Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das Deutsche Reich - S. 578

1900 - Leipzig : Spamer
578 Drittes Kapitel. Aschaffenburg und Teile von Fulda). Im Berliner Frieden mußte es 1866 unbe- deutende Gebiete an Preußen abtreten (Gersfeld, Orb k. in der Rhön, dem Spessart und in Thüringen). Das Königreich gehört fast ganz dem deutschen Gebirgs- und Hoch- lande an, nur im Nordwesten des Hauptgebietes und im Osten des kleineren Stückes befinden sich bemerkenswerte Einsenkimgen, indem diese Gegenden von der oberrheinischen Tiefebene berührt werden. In den südlichsten Teil des Haupt- gebietes reichen zunächst die Alpen hinein, und zwar die Algäuer, Bayrischen und Salzburger Alpeu, welche zu den nördlichen Vorlageruugeu der Zeniralalpeu gehören. Nach deu Seen zu setzen sich nordwärts die Ausläufer der Alpen fort („Bayrisches Oberland"), dann folgt die schwäbisch-bayrische Hochebene, welche jenfett der Donau durch den Rücken des deutschen Juras abgeschlossen wird, der wiedernm gegen Norden bis in die Nähe des Fichtelgebirges läuft. Nordwärts und nordwestwärts von dem Jura breitet sich das große Triasgebiet aus, welches meist unter dem Namen des schwäbisch-sränkischen Terrassenlandes zusammen- gefaßt, durch die Fraukeuhöhe und den Steigerwald in einen östlichen und West- lichen Flügel geteilt und im Nordeu durch deutsche Mittelgebirge begrenzt wird. Von den letzteren kommen für Bayern, abgesehen von dem Fichtelgebirge, be- sonders der Frankenwald und der südöstliche Teil der Hohen Rhön in Betracht, wozu weiter südwärts im Mainviereck der Spessart, und westlich von diesem, im äußersten Nordwesten des Landes, Teile des Odenwaldes treten. An der Ostgrenze des Hanptlaudes liegt der Böhmerwald, und von diesem zweigt sich der Bayrische Wald ab, um in der Richtung von Südosten nach Nordwesten die Donau zu begleiten. In der Oberpfalz breitet sich ein Plateau aus. — Das kleinere Gebiet enthält im Osten einen Teil der oberrheinischen Tiefebene, im Westen hauptsächlich das Hardtgebirge, aus dem sich im Norden der Donnersberg erhebt; der südwestlichste Teil wird uoch vom Steinkohlengebirge der Saar berührt. Die für das Laud in Betracht kommenden Alpen gehören ihrer Natur nach zu den Kalkalpen; die Schneelinie beginnt in ihnen erst bei einer Höhe von 2400 m, daher denn auch Gletscherbildungen hauptsächlich ngr an der Zugspitze und in der Umgegend des Königssecs (am Watzmann) vorkommen. Von den Algäuer Alpen (bis zum Lech) kommen für Bayern besonders nur die nördlichen Teile in Betracht. Hier erheben sich der Biberkopf (über 2600 m), die Mädelergabel (mit Spitzen bis 2650 m) und der Hochvogel (2540 m), und auch auf weiter nordwärts gelegenen Nebenzügen finden sich Gipfel von 2000—2400 in; die Voralpen reichen bis in die Gegend von Kempten (der Kemptener Wald, 976 m hoch). Zwischen Lech und Inn folgen die Bayrischen Alpen, welche durch die Flußthäler des Lechs, der Ammer, der Loisach, der Isar und des Inns durchfurcht werden. In dem südlichen Teile Bayerns erhebt sich hier das Wettersteingebirge mit der Zugspitze (über 2900 in) und andern Gipfeln von ähnlicher Höhe (Schneefernerkopf, Wetterstein?e.). Östlich schließt sich das Karwendelgebirge an, welches auf der österreichisch-bayrischen Grenze liegt und in der Karwendelspitze 2530 m hoch steigt. Östlich von Achenpasse kommen für Bayern nicht mehr die Hauptmassen der Bayrischen Alpen in Betracht: dieselben liegen bereits in Tirol. Nordwärts von dem geschilderten Hauptgebiete der Bayrischen Alpen breitet sich nun jene Gebirgsgegend aus, die als das „Bayrische Oberland" bezeichnet zu werden Pflegt. Hier liegt im Westen das Ampergebirge mit Gipfeln bis zu 2000 in (die Hochplatte 2084 m), in der Mitte (zwischen Loisach und Isar) ein seenreiches Gebirgsland mit der Benediktenwand (1800 in) und (weiter nach der Ebene zu) dem Hohen Peißenberg (975 in), woran sich ostwärts ein umfangreiches Gebiet schließt, in welchem sich der Hirschberg (1719), der Wendel- stein (1839 in) k. erheben. Hügelpartien ziehen sich weiter nordwärts in die Hoch- ebene hinein. Jenseit des Inns folgen die Salzburger Alpen. In dieselben reicht

2. Das Deutsche Reich - S. 587

1900 - Leipzig : Spamer
Das Königreich Bayern. 587 Schleißheim (königliches Schloß mit Park, Kreis-Ackerbauschule). — Südwestlich von München das Dorf Starnberg am nördlichen Ende des gleichnamigen Sees (Vergniigungsort, Schloß, Landhäuser); am östlichen Seeufer Berg mit königlichem Schloß (Tod König Ludwigs Ii., 1886). — Schön gelegene Orte am Starnberger- See sind auch Possenhofen (Schloß des Herzogs Max in Bayern), Feldafsing und Tutzing. Im Südwesten des Bezirks liegen: Schongau, Stadt am linken Ufer des Lechs, 1814 Einwohner. Bezirksamt, Kloster; Gerberei. In dem nahen Altenstadt die prachtvolle Michaelskirche (ehemalige Kommende der Templer). Im Osten der Hohe Peißenberg (der „Rigi" Bayerns") und das Sulzer Bad (Schwefelquelle). Noch weiter im Südwesten, in der Nähe der Zugspitze, die Flecken Garmisch (Bezirksamt, Bahnstation) und Partenkirchen, beliebte Sommerfrischen (Höllen- thal, Eybsee, Partnachschlucht); nahebei auch das „Kainzenbad." — Nördlich Ober- Ammergau, großes Torf in dem fchönen Ammerthale; Gewerbfleiß (Spielsachen, Kruzifixe, Heiligenbilder jc.); Zeichen- und Modellierschule; Passionsspiele (groß- artige Passionsgruppe). — Südöstlich von Partenkirchen liegt Mittenwald, Flecken an der Isar; Verfertigung von musikalischen Instrumenten (Guitarren, Zithern, Geigen); Hauptzollamt, Bergbau (Blei- und Zinkerze); in der Nähe der Engpaß von Scharnitz (zwischen der Wetterstein- und Karwendelgruppe). Im Süden des Ammersees liegt Weilheim, Stadt und Bahnkreuzungspunkt an der Ammer, 3850 Einwohner. Bezirksamt, Schloß und Marmorbruch. — Nord- westlich von Weilheim die ehemalige Benediktinerabtei Wessobrunn (das „Wesso- brunner Gebet"). — Im Süden von Weilheim der Flecken Muruau am Staffelsee, mit altem Schlosse (Bahnstation); in der Nähe Sandsteinbrüche, Kohlengruben und das Mnrnauer Moos. Weiter östlich Tölz, Flecken und Bahnstation am Austritt der Isar aus den Alpen; Bezirksamt, Franziskauerkloster; Zemenlsabrikation. In der Nähe das Bad Krankenheil (jodhaltige Mineralquelle) und Gipsbrüche. — Südlich davon Leng- gries, gewerbreiches Dorf im Jsarthale (Papierfabrik, Marmorbruch, Waisenhaus). — Ganz am Fnße der Alpen Heilbrunn, Badeort ljod- und bromhaltige Koch- salzqnellen). — Südlich vom Starnberger See Benediktbeuern, früher ein reiches Benediktinerkloster (740 gestiftet, 1803 säkularisiert), jetzt Juvalidenhaus und Militär- sohlenhos; Glasschmelze für optische Gläser. In der Nähe die 1804 m hohe Bene- diktenwand mit großartiger Aussicht. — Am westlichen Fuße der Benediktenwand das Bad Kochel am anmutigen Kochelsee (früher Nonnenkloster; Schloß). — Am weiter südlich gelegenen herrlichen Walchensee der Ort Walchensee in schöner Gegend; zwischen beiden Seen der bedeutende Aussichtspunkt Herzogenstand mit königlichem Jagdhause. — Südlich von der Benediktenwand das Dorf Jachenau in dem gleichnamigen Thale. Schon rechts von der Isar breitet sich bis zum Inn hin der Bezirk Miesbach aus. Miesbach, Flecken und Bahnstation. Bezirksamt, Fabrikation von Zement und Kirschgeist; in der Nähe mehrere Papierfabriken; Schloß. Hier und in der Um- gegend Steinkohlengrnben. — Fast südlich davon Schliersee, Dorf und Bahn- ftation, am gleichnamigen See, beliebter Sommeraufenthalt der Münchener. Nicht weit davon der Wendelstein (bedeutender Aussichtspunkt mit Wirtshans). — Im Nordwesten der Flecken Holzkirchen, Eisenbahnkreuzungspunkt, ehemaliges Kammergut Karls des Großen. — Südwestlich von Miesbach Tegernsee, Dorf und Bahnstation in reizender Lage am Ostufer des gleichnamigen Sees; Schloß des Herzogs Karl Theodor in Bayern (ehemaliges Benediktinerkloster 719 —1803) mit schönem Park; vielbesuchte Sommerfrische. Südlich davon in wilder Alpengegend das Wildbad Kreuth (Bittersalzquellen, Molkenkur; einer der feuchtesten Orte Deutsch- lands). Am Austritt der Mangfall aus dem Tegernsee Gmund, Dorf und Eisen- bahnstation; Papierfabrikation, Schloß. Fast östlich von Miesbach am Einfluß der Mangfall in den Inn Nosenheim, unmittelbare Stadt, Eisenbahnknotenpunkt, 9264 Einwohner, Bezirksamt, Oberbahnamt, Hauptzollamt, Forstamt, fünf katholische Kirchen, Kapuzinerkloster, Agentur der Bay- rischen Notenbank, Kreditverein; Industrie (Eisengießerei, Fabrikation von Maschinen, Pulver, Zementwaren, Seilen, Bierbrauerei, Dampfsägewerke); Saline und Solbad (die Sole kommt von Neichenhall); bedeutende Biehmärkte. — Im Bezirksamte Rosen-

3. Das Deutsche Reich - S. 579

1900 - Leipzig : Spamer
Das Königreich Bayern. 579 am tiefsten das Berchtesgadener Ländchen hinein, in welchem sich um den herrlichen Königssee (603 m) der Watzmann (2740 m), das Steinerne Meer (auf der öfter- reichischen Grenze) und der Ewige Schneeberg (2940 m) gruppieren. Nordwestwärts vom Berchtesgadener Ländchen 'und nördlich von Reichenhall erhebt sich der hohe Staufen (1775 m), an welchen sich ostwärts, auf der österreichischen Grenze, der sagenreiche Untersberg (1973 m) schließt. Westwärts von Reichenhall, nach dem Inn zu, ziehen sich noch mehrere Alpengruppen mit Bergen bis zu 2000 m. Vor- berge erstrecken sich bis zum Chiem- und Simmsee. An den Nordfuß der geschilderten Alpen schließt sich die schwäbisch-bayrische Hochebene an, von Gewässern der Donau durchfurcht; sie hat eine mittlere Höhe von 550 m, ist fast ganz eben und reich an Versumpfungen sowie an Torfmooren (den „Moosen"). Gegen Nordwesten wird die Hochebene von dem Kalkgebirge des deutschen Jura begrenzt, welcher die nordöstliche Fortsetzung des Schweizer Juras bildet und in den Schwäbischen und Fränkischen Jura zerfällt. Der Schwäbische Jura liegt uur mit seinen östlichsten Teilen in Bayern, während der Fränkische diesem Lande ganz angehört. Der letztere beginnt bei der Bucht des Ries (Gegend von Nördlingen), hat eine mittlere Erhebung von 550 m (kaum 200 m über der Donau) und wird durch das vielgewundene Thal der Altmühl ganz durchbrochen, nicht minder durch die künst- liche Wasserstraße des Ludwigskanals (416 m). Die Nordspitze des Fränkischen Juras wird durch das hochromantische Wiesenthal durchschnitten (die „Fränkische Schweiz"). Die Platte der Oberpfalz ist etwa 200 m niedriger als der sie westwärts begrenzende Jura und wird durch die Nab mit ihren Zuflüssen durchfurcht. Von dem Trias- gebiete kommen besonders die fränkischen Terrassen in Betracht. Mittelfranken wird durch die Fraukenhöhe von der schwäbischen Terrasse getrennt. Der Steigerwald und dessen nördliche Fortsetzung, die Haßberge, scheiden die oberfränkische von der unterfränkischen Terrasse. Von dem Böhmerwalde kommen die nördliche und mittlere Abteilung, und zwar beide in ihrer westlichen Hälfte, in Betracht; in der ersteren Abteilung liegt auf der bayrisch-österreichischen Grenze der Czerkow (1057 m), in der letzteren erheben sich auf bayrischem Gebiete der Arber und Rachel (1471, bez. 1458 m). Der Bayrische Wald, welcher sich in der Nähe des Rachels vom Böhmer- walde abzweigt, steigt in dem Dreitannenriegel 1227 in hoch. Das Fichtelgebirge, welches mit der nördlichen Abteilung des Böhmerwaldes durch ein welliges Hügel- land verknüpft ist, gehört fast ganz zu Bayern; es steigt im Ochsenkopf 1017, im Schneeberge 1060, im Waldstein 990 m hoch. Der Frankenwald, ein Plateau mit scharfem Abfalle gegen das rechte Mainufer hin, gehört gleichfalls teilweise dem Königreiche an. In dem zu Bayern gehörigen Teile der Hohen Rhön steigt der Krenzberg bis zu 931 in, während in dem plateauartigen Spessart der Edersberg nur eine Höhe von 615 in erreicht. In geognostischer Beziehung bestehen die nach Bayern hineinragenden Alpen aus Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, Lias, Jura, Kreide ?e. Im südöstlichsten Teile des Landes (bei Berchtesgaden und Reichenhall) sinden sich bedeutende Salzablagerungen. Die Hochebene ist am Rande der Alpen mit Molasse (Konglomeraten), Weiler nordwärts mit Mioeän (thonigem, glimmer- reichem Sande) bedeckt, worüber meist Dilnvialschichten lagern. Der Böhmer- und Bayrische Wald sowie das Fichtelgebirge bestehen aus kristallinischen Gesteinen (Gneis, Glimmerschiefer, Granit). Durch den großen Kalkgürtel des Jnrazuges wird von der Hochebene das große Triasgebiet geschieden, dessen Gesteine (Keuper, Mnschel- kalk und Buntsandstein) den größten Teil des übrigen Landes ausfüllen. Der Spessart und der bayrische Teil des Odenwaldes gehören größtenteils der Tertiär- sormation (Buntsandstein) an, während die Hohe Rhön in ihrer Hauptmasse aus vulkanischem Gestein (Basalt, Phonolith und Trachyt) besteht, das sich aus dem Triasgestein emporgehoben hat. Die Gebirge der Rheinpfalz gehören gleichfalls vor- herrschend der ^.riasformation an, namentlich das Haardtgebirge, welches im Kalmit 680 in) seinen höchsten Punkt hat. Im nördlichen Teile der Rheinpsalz erheben sich einzelne isolierte Porphyrgipfel aus der Triasmasse heraus, unter denen der Donnersberg (689 in) am höchsten ist. Die Gewässer des Landes gehören besonders den Stromgebieten des Rheins und der Donau an, der Elbstrom kommt nur in ganz unbedeutendem Maße im Nordosten des Hauptlaudes iu Betracht. 37*

4. Das Deutsche Reich - S. 611

1900 - Leipzig : Spamer
Das Königreich Bayern. 611 Maschinen- und Nagelfabrikation sowie Viehzucht. Am Austritt der Wertach aus den Alpen der Flecken Wertach. Zwischen Trettach und Stillach der Flecken Oberst- dorf, Wallfahrtsort; herrliche Alpengegend, Rinderzucht (Allgäuer Rasse), Fabrikation von Holzwaren, Bntter und Käse. In der Nähe die höchsten Gipfel der Allgäuer Alpen: Hochvogel, Mädeler Gabel und Biberkopf sowie das Schwefelbad Tiefen- bach. — Jmmenftadt, Stadt und Bahnstation am Austritte der Jller aus deu Alpen, 2924 Einwohner. Kapuzinerkloster. Käserei; Viehmärkte; in der Nähe die Ruine Rothenfels (früher Standesherrschaft). In dem nahen Blaichach an der Jller (Bahnstation) große Baumwollenspinnerei und -Weberei; desgleichen in dem etwas entfernteren Fischen an der Jller. — Oberstaufen, westlich von Immen- stadt, .Flecken, ehemaliges Kollegiatstist, Schloßruine. Östlich von Jmmenstadt Füssen. Stadt an dem Ausflusse des Lechs aus den Alpen und nahe der österreichischen Grenze, 2767 Einwohner. Bezirksamt, viele katholische Kirchen; Kleingewerbe (Orgelbau und Seilerei), Marmorbrüche, Holz- flößerei. Die große Burg (ehemalige bischöfliche Residenz), am südlichen Ende der Stadt, ist restauriert (von König Ludwig I.); daneben die ehemalige Benediktiner- abtei St. Mang (seit 638, mit Kuppelkirche). Füssen ist seit 1802 bayrisch (Friedens- schlnß von Füssen, 1745; mehrere Gefechte in der Franzosenzeit: 1796, 1800, 1809). In der Nähe Faulenbach (Schwefelbad) und die schöne Stromschnelle des Lech- dnrchbruches („St. Mangstritt"). Schon in Tirol liegt der nahe Flecken Reute mit dem Passe der „Ehrenberger Klause" (1546 und 1552 Gefechte). — Bei dem Orte Schwangau das königliche Lustschloß Hohenschwangau (alte Burg, von Maximilian Ii. wiederhergestellt, Abschied Kouradins von seiner Mutter). In der Nähe, auf hohem Felsen, das Schloß Schwanstein (von König Ludwig Ii. erbaut), der Alp- und Schwansee, der Wasserfall der Pöllat, die Marienbrücke und der Säuling (auf der Grenze). — In Pfronten-Ried an der Vils ein Hauptzollamt; iu Pfronten-Steinach Burgruine und Viehmärkte; bei Roßhaupten in der Nähe des Lechs in tiefem Thale die St. Mangskavelle. Am linken Ufer der Jller in anmutiger Gegend Kempten, unmittelbare Stadt und Eisenbahnknotenpunkt, 15 762 Einwohner (1890, evangelisch). Bezirksamt, Land- gericht mit Kammer für Handelssachen, Oberbahnamt, evangelische St. Mang- und katholische St. Lorenzkirche, Gymnasium, Realschule, viele milde Stiftungen (Waisen- haus, zwei Spitäler ?c.); Schloß, Rathaus. Lebhafte Industrie (Baumwollenspinnerei und -Weberei, Papier-, Holzstoff-, Maschinen-, Zündhölzer-, Pulverfabrikation, An- fertignng von mathematischen Instrumenten, Bierbrauerei); wichtiger Handel (Käse, Butter, Leinwand ?c.). Reichsbanknebenstelle und Vorschußverein. Früher aus zwei Städten bestehend, nämlich der Altstadt (Reichsstadt und evangelisch) und der hoch- gelegenen Neustadt (Stiftsstadt und katholisch), mit dem von Hildegard, der Ge- mahlin Karls des Großen, gestifteten Benediktinerkloster; die einander stets feindlichen Städte kamen 1803 an Bayern. Im Bezirksamte Kempten: das große Dorf St. Mang, mit dem ehe- maligen Kloster Lenzfried und dem Fabrikorte Kottern (Eisengießerei und be- deutende Baumwollenspinnerei und -Weberei). — Das große Dorf St. Lorenz (114 Ortschaften) mit dem ehemaligen Franziskanerkloster Heiligkreuz. — Bei Sulz- berg eine Burgruine und das Bad Sulzbrunn; bei dem Orte Mittelberg Maria-Rain (mechanische Werkstätte, Fabrikation von Blechinstrumenten und Reißzeugen und Wallfahrtskirche). — Flecken Weitnau, Handel mit Kirschwasser und Käse; Spinnerei („Seltmanns"). Nordöstlich von Kempten, unweit der Wertach, der Flecken Oberdorf. Bezirks- amt, königliches Schloß, Fabrikation von Holzwaren, Butter und Käse. — Bei dem Dorfe Bidingen Reste eines Römerturmes. — Obergünzburg, Flecken und Bahnstation, in einem freundlichen Thale an der östlichen Günz (Wollenspinnerei; Butter - und Käsefabrikation, Viehzucht; schon Römerstation). — Der Flecken Ronsberg, Papierfabrikation, Burgruine. An der Wertach, abwärts von Oberdorf, Gaufbeuren, unmittelbare Stadt und Bahnstation, 6494 Einwohner (V8 evangelisch). Fruchtbare Gegend, Bezirksamt, Realschule, Kreisirrenanstalt, Franziskaner-Nonnenkloster, mehrere Wohlthätigkeits- anstalten und Stiftungen (zwei Krankenhäuser, Waisenhaus :e.). Wallfahrtskirche der heiligen Creseentia. Reger Gewerbfleiß (Baumwollenspinnerei und -Weberei, 39*

5. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 13

1900 - Leipzig : Spamer
Die Niederlassungen der Engländer und Holländer. 13 Verhältnisse an, als die Engländer festen Fuß in Nordamerika faßten und mit dem Scharfblick von geborenen Handelsleuten den ungeheuren Vorteil erkannten, welcher aus der Arbeitskraft der Neger zu ziehen war. Mehr als jedes andre unter den im Zeitalter der Entdeckungen be- tretenen weiteren Gebieten ist der Norden von Amerika der Tummelplatz aller wanderlustigen Europäer geworden, welche der Heimat den Rücken kehrten, um ihr Heil und Glück in einer „andern Welt" zu suchen. Aber in völlig verändertem Lichte erscheint hierbei die Mitbewerbung der ger- manischen Rasfe, welche erst ein Jahrhundert fpäter als die Spanier und Franzosen den Boden Nordamerikas betritt! Die wirkliche, andauernde Kolonisation der weit ausgedehnten Gebiete der Staatenunion Nordamerikas ist anerkanntermaßen das Werk und Ver- dienst der germanischen Völker. Der Hauptkern der Einwanderung bestand aus Engländern, denen sich in zweiter Linie Holländer, dann auch Schwe- den und Norweger, seit den letzten Jahrzehnten im vorigen Jahrhundert voruehmlich aber Massen von Deutschen anschlössen. Durch ihre energische, auf Sicherung des langsam Errungenen gerichtete Thätigkeit, durch ihre alle Schwierigkeiten überwindende Ausdauer unterwarf sich die germanische Rasse in verhältnismäßig kurzer Zeit ein Gebiet, das vom 50. bis 25. Grad nördlicher Breite reicht und das von über 60 Millionen Menschen be- wohnt ist. Dies haben die zur Kolonisation vor allen Völkern befähigten Germanen zustandegebracht, indem sie die aus der Heimat mitgebrachten Naturanlagen der Eigenart des neugewonnenen Landes anzupassen ver- standen. Die 38 Staaten und 10 Territorien, aus denen die nordamerikanische Republik besteht, wurden im Laufe von Jahrhunderten gegründet und zu verschiedenen Zeiten besiedelt. Der eigentliche Ursprung der Kolonisierung läßt sich zurückführen auf jene zwei Privilegien, welche ein Jahrhundert nach Entdeckung der Neuen Welt, in den Jahren 1606 und 1609, unter der Regierung des Königs Jakob I. von England, an zwei Gesellschaften von venturers oder „Wagende Kaufleute" für das Land vom 36. bis 45. Grad nördlicher Breite verliehen wurden. Das meiste Interesse in bezug auf Zeit und Weise der Kolonisierung nehmen die heutigen Staaten Virginia, die Carolinen, Maryland, Mafsa- chusetts, New Hampshire, Rhode-Island, Connecticut und Pennsylvanien in Anspruch, der Stamm jener dreizehn von der Ostküste von Akadien bis hinab nach Florida emporgeblühten Provinzen, von denen fpäter, vor hun- dert Jahren, die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten aus- gegangen ist. Dem ausgezeichneten Seefahrer Frobisher gebührt das Verdienst, gegen Ende des achten Jahrzehnts im 16. Jahrhundert wieder die Auf- merksamkeit feiner Landsleute auf deu Norden Amerikas gerichtet zu haben. Er entdeckte im Jahre 1578 Westfriesland, welches er Westengland

6. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 36

1900 - Leipzig : Spamer
36 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken. einer Anzahl von Völkern und Stämmen niedergelassen. Die Slawen hatten sich von hier aus allmählich dem Westen zugewendet und waren bereits zur Zeit der Völkerwanderuug bis über die Elbe und Saale vor- gedrungen, so daß sie, von der Ostsee bis zur Halbinsel Morea sich aus- breitend, mehr als die Hälfte uusres Erdteils besetzt hielten. Obgleich sie vorzugsweise Ackerbau trieben, so waren ihnen doch Künste und Gewerbe keineswegs fremd, und die ihrer Sprache eigentümlichen Worte, welche sie für alle verschiedenen Zweige derselben besitzen, bezeugen uns zur Genüge, daß schon in den frühesten Zeiten, von denen heute zwar keine schriftliche Quelle mehr, wohl aber die Sprachkunde und alte Gräber uns Kunde geben, auch bei ihnen die Anfänge einer Kultur vorhanden waren, die unter ver- hältnismäßig ungünstigen Bedingungen jedoch nicht zu der gleichen Ent- Wickelung gelangen konnte, wie bei den westeuropäische» Nationen. Namentlich ist hier noch hervorzuheben, daß die Slawen bis zum heutigen Tage ein wesentlich kontinentales Volk geblieben sind, dem der befruchtende Einfluß des Weltmeeres ziemlich fern geblieben ist. Indessen fehlt es auch bei ihnen in den frühesten Zeiten keineswegs an Lichtblicken. Auf der heutigen Insel Wollin entfaltete die Stadt Vineta oder Jnlin als berühmter Zentralsitz slawischen Handels im 10. Jahr- hunderte ihre reichste Blüte. Wie weit damals ihre Handelsbeziehungen reichten, davon zeugt die Menge altarabischer Münzen, sogenannter Dirrhems, die man dort ausgegraben hat. Jene Münzen rühren aus dem 8. bis 10. Jahrhundert her, d. i. aus dem Zeitalter der Abassideu (in Bagdad) und der Samauiden (in Samarkand). Der arabische Geograph Edrisi, der um das Jahr 1170 schrieb, erwähnt in seinen Schriften ausdrücklich, daß seine Landsleute nach der Ostseeküste gereist sind, um dort gegen ihre Landes- erzengnisse Pelze, Fische, Honig und Bernstein einzutauschen. Das 11. Jahr- hundert bezeichnet für Vinetas Glück und Macht einen Wendepunkt: es begannen die bösen Tage der dänischen Einbrüche und Verheerungen. Vinetas Handel, Reichtum und Bedeutung erlitten dadurch einen um so empfindlicheren Stoß, als gleichzeitig auch im ferueu Osten das Kalifat Bagdad zerfiel. Indes erholte sich die Stadt im Laufe zweier Dezennien wieder; ja, sie gedieh zu einer bemerkenswerten Nachblüte. Adam von Bremen berichtet von ihr als Zeitgenosse (im 11. Jahrhundert) wörtlich: „Sie ist die größte aller (ihm persönlich bekannten) Städte, bewohnt von Slawen und daneben von andern Nationen, teils griechischer, teils barba- rischer Zunge; denn auch die Sachsen haben die Erlaubnis erhalten, sich dort niederzulassen: nur dürfen sie das Christentum nicht zur Schau tragen, da die Einheimischen noch in den Irrtümern des Heidentums befangen sind. Doch dieses abgerechnet, kann es kein milderes, gastlicheres, freundlicheres Volk geben, als das dortige. Reich an Handelsgütern aller nördlichen Nationen, vereinigt diese Stadt in sich alles Seltene und Angenehme." Sicher war Vineta damals die natürliche Handelspforte zum stammverwandten

7. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 38

1900 - Leipzig : Spamer
38 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken. dehnte ihre Handelsbeziehungen, in Vinetas Fnßstapsen tretend, auch nach dem slawischen Osten aus, wo sie namentlich mit Nowgorod am Jlmensee in Verkehr trat. Von Bulgaren gedrängt, waren Slawen im 6. Jahrhundert bis an den Wolchow hinausgezogen, wo sie Nowgorod-Weliki, d. h. Großneustadt oder, wie die hanseatischenkausleute sagten, „Naugarten" anlegten. Allein hier trafen sie auf die skandinavischen Waräger oder Wäringer — so hießen die normannischen Krieger, die über die Ostsee von Schweden her- kamen — welche bald ihre Unterdrücker wurden. Diese, ein stolzes, kühnes, rauf- und raublustiges Volk, unterjochten die umwohnenden finnischen und slawischen Völker weit und breit; im 9. Jahrhundert bemächtigten sie sich der heutigen Gegenden von Reval, Petersburg und Olonez. Im Jahre 862 zogen diese Waräger unter ihrem Fürsten Rurik und dessen Brüdern Sineus und Truwer in die slawische Republik Nowgorod ein. Obgleich die Slawen sie wieder vertrieben, so gerieten diese doch in Krieg untereinander und riefen daher die kriegs- tüchtigen Normänner vom Stamme Ruß in ihr Land, damit diese über sie herrschen und Ordnung einführen möchten. Rurik vereinigte nach dem Tode seiner Bruder deren Gebiete mit dem seinigen und legte dadurch den Grund zu dem Staate, der unter dem Namen des '„russischen" später zu so großer Ausdehnung gelangte. Derselbe verlor jedoch, da die Bewohner in ihrer Mehrheit Slawen waren, bald seinen germanischen Charakter, und slawische Sitte und Sprache erhielten die Oberhand; der Name „Russen" hat sich jedoch erhalten und ist allmählich auch auf die slawische Bevölke- rung übergegangen. Eine Glanzzeit kam für Nowgorod, als dort die Hansa ihre Niederlassungen und Kaushöfe errichtete, von denen wir zuerst um 1226 sichere Nachrichten besitzen. Nowgorod wurde ein Stapelort des West- östlichen Handels, nahm zu an Bewohnern und konnte stolz von sich aus- rufen: „Wer kann wider Gott und Groß-Nowgorod!" Zu derselben Zeit schloß die Hansa auf Gotland mit Abgeordneten des russischen Fürsten von Smolensk einen Vertrag über die Beilegung von Streitigkeiten ab, und viele deutsche Kaufleute, selbst aus den westfälischen Binnenstädten, zogen in eigner Person nach dem nordwestlichen Rußland, da sie es in jener Periode noch nicht wagen durften, ihre Waren Fremden anzuvertrauen. Mit Rostocker, Danziger, Greifswalder und andrer Ostseestädte Schiffen reisten Soester, Dortmunder und Brannschweiger Kaufleute nach Nowgorod und weit ins Innere nach dem Fürstentum Smolensk, dessen gleichnamige Hauptstadt, welche mittels des Dnjeprs mit Kiew und dem Schwarzen Meere verkehreu konnte, die Vermittlerin des Handels zwischen den Ostsee- ländern und den Anwohnern des Schwarzen Meeres wurde. Auf folcheu Wegen gelangten westfälische und niedersächsische Fabrikate, Wollenwaren, Leinwand, Garn, Metallarbeiten, Bier und Rheinweine nach Rußland, wofür dieses Wachs, Felle, Leder, Pelzwerk, Talg — lauter wertvolle

8. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 44

1900 - Leipzig : Spamer
44 Die Eroberung von Sibirien durch die Kosaken. Russen zuerst weiter nach Osten lockten und ihn das Land erobern ließen; der Grund war ein scheinbar geringerer: ein Tier, nicht größer als unser Marder — der Zobel — führte einen kühnen Räuber mit einer Schar Spießgesellen über den Ural, und wenige Jahre vergingen, so legte er, wie einst Cortez Karl V., seinem Zaren ein mächtiges Reich zu Füßen. Im Kreml zu Moskau, auf dem Throne der russischen Großfürsten, saß in der Mitte des 16. Jahrhunderts Iwan Iv. Wasiljewitsch, der zweite unter Rußlands Herrschern, welcher den Titel Zar führte. Unter ihm, dessen Name nur in Verbindung mit den Beiworten „grausam" oder „schrecklich" genannt wird, hatte das heutige Rußland die letzten Reste der Mongolenherrschaft zu Boden geworfen und sich in die Reihe der selbst- ständigen Staaten mit eingereiht. Mehr als alle seine Vorgänger that aber Iwan, dieser energische, wiewohl blutgierige Tyrann, für die Beför- derung der Zivilisation seines halbwilden Volkes. Er war es, der deut- schen Gelehrten, Künstlern und Handwerkern den Weg nach Rußland zeigte und sie zu dessen Segen herbeirief — eine That, in welcher ihm fast alle Zaren, die im Kreml und an der Newa thronten, bis herab auf Alexander Iii. gefolgt sind, da sie wohl einsahen, daß Rußland nur von seinen westlichen Nachbarn auf die Bahn abendländischer Kultur geleitet werden könne. Am mittleren Lauf der Wolga und längs ihrem Nebenflusse Kama, da wo heute sich die Gouvernements Kasan, Wiatka, Ufa, Simbirsk und Pensa ausdehnen, lag das tatarische (mongolische) Chanat Kasan, das seit 1438 vom Geschlechte der Scheibaniden regiert wurde. Gegen dieses zu- nächst zog im Jahre 1552 Iwan, und nach kurzem Kampfe fiel mit dem- selben der letzte mongolische Hort in Europa. Das griechische Kreuz triumphierte über den Halbmond, und Kirchen erhoben sich an Stelle der Moscheen; das Volk aber, welches jene Gegenden bewohnt, ist noch heut- zutage nur zum kleinsten Teile slawisch. Die mongolische Art schlägt in Gesichtszügen und Sprache noch immer mächtig durch. Zwei Jahre darauf fiel auch Astrachan an der Wolgamündung, und russische Boote wagten sich auf das Kaspische Meer. Schon ein Jahrhundert vor diesen Eroberungen war ein Tataren- Häuptling, ein Mursa der Goldenen Horde, zu den Russen übergegangen. Er hatte sich taufen lassen und empfing den christlichen Namen Spiridion. Hoch oben im Norden, fast an der äußersten Grenze der russischen Macht, da wo die Witschegda in die Dwina fällt, siedelte sich der ehemalige Mon- golenfürst an, gründete die Ortschaft Solwytfchegorsk und begann sich durch einen schwunghast betriebenen Pelzhandel Reichtümer zu sammeln. In ihm muß ganz der intensive Handelsgeist gelebt haben, den wir noch heute an den Chinesen bewundern. Es ist keine Frage, daß der Neu- bekehrte in geistiger Hinsicht weit über denjenigen stand, die ihn bekehrt hatten, denn damals leuchtete über Rußland kaum ein Strahl der Zivili- satton; wüste Barbarei und Wissensarmut charakterisierten Land und Volk,

9. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 170

1900 - Leipzig : Spamer
170 Die ozeanische Inselwelt. in die Bucht, erhebt den Boden immer mehr und läßt nur in der Mitte, als in der tiefsten Stelle, einen kleinen, oft ziemlich tiefen See zurück, welcher meist durch eine oder einige Öffnungen mit dem Meere in Ver- bindnng bleibt. Bald wachsen Bäume eitler Art aus dem angeschwemmten Pflanzensamen heraus, Vögel beleben sie und baueu ihre Nester, und auch der Mensch bleibt nicht aus, das neugebildete Eilaud als Wohnstätte zu beziehen, so unfreiwillig dies auch nicht selten geschehen sein mag. Eine Pirogue landet mit ihrer kupferbraunen Bemannung am neuen Eilande. Es ist eine ganze Familie, aus Eltern und Kindern bestehend; der Stnrm schleuderte sie von den heimischen Gestaden tief in den Ozean hinein, die Meeresströmung ergriff sie und führte sie weit fort. Da erblicken sie end- lich das neue Eiland, legen bei demselben an, frische Kokosnüsse sollen sie erquicken; sie finden die Insel unbewohnt — und bleiben anf derselben. Ihr Heimatland wieder zu suchen würde vergebliche Bemühung sein. Nach 2—300 Jahren ist die Bevölkerung, vielleicht schon mehrere hundert Köpfe stark, alles Nachkommen jener ersten oder von Nachbarinseln dazu ge- wanderten Bewohner. Die Bevölkerungsgeschichte der meisten Inseln jener Gegend ist keine andre; findet man daselbst doch nicht selten Menschen so verschieden an Farbe und Körperbau, daß man notwendig eine doppelte Abstammung auf einer und derselben Insel annehmen muß. Man schätzt die Bevölkerung der gesamten Gruppe auf 36 000 Seelen. Die meiste» Bewohner des Karolinenarchipels zeigten sich den- Schiffern von der vorteilhaftesten Seite. Sie waren nicht kriegerisch ge- sinnt, hatten nur wenige Waffen, waren ernst und mild und zeichneten sich besonders durch einen Handelsgeist aus, der sie zu weiten, staunenerregenden Seereisen antrieb. Der gestirnte Himmel war ihnen nach Sterngrup- pierungen und Erscheinungen nicht unbekannt; denn nach ihnen leiteten sie den Lauf ihrer ziemlich großen Fahrzeuge. Der Franzose Lesson, welcher Dnperrey auf feinen Entdeckungsreisen begleitete, macht uns von den Be- wohnern von Walan eine äußerst vorteilhafte Beschreibung, indem er sagt: „Soweit wir die Eingeborenen während unsres Aufenthaltes an ihren Küsten kennen lernten, erschienen sie uns als einfache, sittsame, gutmütige und gast- freundliche Menschen. Diebstahl ist bei ihnen nicht gemein, den Krieg und seine Übel kennen sie nicht, sie genießen die Früchte ihres Bodens. Kein Walaner zeigte vor unsern Augen irgend eine barbarische Sitte. Ihr außerordentliches Erstaunen, worin sie bei unfrer Ankunft gerieten, die Aufmerksamkeit, mit welcher sie unsre Handlungen begleiteten, und die Un- bekanntschast mit allem, was wir an und um uns hatten, bewies, daß wir dle ersten Europäer waren, die sie gesehen oder wenigstens in ihrer Näh? gehabt hatten. Unser Schiff, unsre Kleidung, unser Betragen, unsre weiße Farbe — alles schieu ihnen so unerhört und fremd, daß sie jeden Augen- blick ein neues Wunder zu erblicken glaubten." Etwas, das uns „unerhört und fremd" vorkommen muß, ist das Geld,

10. Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart - S. 184

1900 - Leipzig : Spamer
18-4 Die ozeanische Inselwelt. Polypen reich an Riffen und Untiefen sind. Die zu dieser Gruppe gehörigen Inseln, etwa 80 an der Zahl, wurden von verschiedenen Seefahrern zu verschiedenen Zeiten einzeln entdeckt, aber erst in diesem Jahrhundert genauer erforscht und erhielten von den Geographen sehr bezeichnende Namen. Fleurieu nannte sie das Böse Meer, Bougainville die Gefähr- lichen, Krufenstern die Niedrigen Inseln, während sie von den Tahitiern Panmotu, d. i. Jufelwolke, genannt wurden. Sie kommen auch unter dem Namen Perlen inseln vor und sollen hinfort, mit Bewilligung der Franzosen, die das Protektorat über diese Gruppe ausüben (wovon jedoch die Inseln Pitcairn, Osterinsel und Sala y Gomez ausgeschlossen sind), Tnamotn, d.h. Entfernte Inseln, genannt werden. „Ein Sturm", spricht Kotzebue, „bringt in diesen Gegenden den unvermeidlichen Unter- gang des Schiffes, und selbst die genaueste Karte kann keine Rettung ge- währen, da die Strömung stark, das Land niedrig und der Wind zu heftig ist, um zurückzulavieren, wenn man das Unglück hätte, einem Riffe zu nahe zu kommen. Die Tiefe des Meeres ist in der Entfernung von mehreren hundert Metern nicht zu ergründen, folglich kann das Senkblei nicht zeitig genug vor der Gefahr warnen; auch sind die Anker ohne Nutzen, denn schon in einer ganz geringen Entfernung von der Insel findet man 100 m Tiefe und gleich darauf gar keinen Grund mehr." Schon Qniros entdeckte diese Inseln; die übrigen Seefahrer haben noch mehr gefunden, allein wahrscheinlich ist noch manche Insel den Europäern unbekannt. Ihre Be- wohner gleichen denen der Gesellschaftsinseln, sind aber in der Kultur weit zurück und zum Teil noch Menschenfresser; doch hat auch hier die Ver- breitung des Christentums begonnen. Die merkwürdigste Insel ist Pitcairn, bevölkert von europäischen Schiffsleuten, welche sich mit Frauen von Tahiti verheiratet und auch noch einige andre männliche Eingeborene von da mit hierhergenommen hatten. Jene Matrosen hatten unter Anführung des zweiten Steuermannes, Fletcher Christian, den Kapitän ihres Schiffes „Bonnty" im Jahre 1789 meuterisch überfallen und den Armen aus einem Boote ausgesetzt, mit welchem er nach beschwerlicher Fahrt von 48 Tagen nach der Insel Timor und von da mit einem europäischen Schiffe nach England gelangte. Die Meuterer waren unterdessen nach mancherlei Irr- fahrten nach Pitcairn gelangt und hatten, der größeren Sicherheit wegen, das Schiff verbrannt. Nach mancherlei Kämpfen siegte indessen bei den Verblendeten ein besserer Geist, und namentlich war es einer der ehe- maligen Meuterer, Namens Adams, welcher in sich ging und ein wahr- Haft braver Mann ward. Sein ganzes Streben war darauf gerichtet, einen geordneten Zustand herbeizuführen und die Kinder zu guten Menschen heranzubilden. Als diese früher uubevölkerte Insel 1803 von dem eng- lischen Kapitän Folgier betreten ward, war er nicht wenig erstaunt, eine ziemlich starke Bevölkerung anzutreffen, die ihn in gutem Englisch begrüßte. Der günstige Eindruck, den die Bewohner Pitcairns auf die besuchen-
   bis 10 von 427 weiter»  »»
427 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 427 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 5
1 18
2 1
3 34
4 57
5 32
6 2
7 67
8 22
9 12
10 36
11 0
12 0
13 26
14 0
15 2
16 15
17 0
18 123
19 6
20 0
21 2
22 60
23 1
24 28
25 3
26 8
27 7
28 4
29 16
30 5
31 1
32 2
33 11
34 1
35 0
36 8
37 61
38 87
39 21
40 20
41 8
42 0
43 1
44 120
45 107
46 8
47 4
48 28
49 16

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 3
1 18
2 0
3 48
4 45
5 30
6 10
7 3
8 2
9 14
10 17
11 10
12 8
13 19
14 1
15 0
16 23
17 47
18 24
19 3
20 0
21 81
22 9
23 8
24 12
25 9
26 3
27 1
28 37
29 2
30 1
31 0
32 4
33 2
34 2
35 19
36 8
37 11
38 6
39 13
40 14
41 6
42 4
43 90
44 5
45 26
46 20
47 0
48 35
49 68
50 12
51 1
52 13
53 1
54 31
55 4
56 0
57 19
58 7
59 3
60 2
61 10
62 1
63 0
64 7
65 29
66 4
67 4
68 6
69 11
70 59
71 19
72 16
73 19
74 1
75 18
76 73
77 80
78 25
79 7
80 22
81 1
82 6
83 4
84 5
85 2
86 4
87 19
88 0
89 1
90 2
91 11
92 175
93 182
94 19
95 77
96 2
97 3
98 24
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 819
1 326
2 52
3 73
4 18
5 70
6 779
7 51
8 17
9 31
10 73
11 105
12 296
13 158
14 291
15 2
16 6
17 61
18 172
19 70
20 30
21 47
22 0
23 2
24 97
25 1126
26 52
27 2
28 93
29 81
30 68
31 63
32 256
33 288
34 325
35 38
36 406
37 0
38 170
39 181
40 51
41 87
42 108
43 176
44 89
45 7
46 25
47 127
48 7
49 33
50 189
51 242
52 431
53 12
54 102
55 102
56 57
57 80
58 57
59 328
60 34
61 107
62 49
63 3
64 54
65 111
66 321
67 38
68 42
69 5
70 128
71 54
72 262
73 22
74 55
75 95
76 70
77 18
78 159
79 13
80 103
81 1348
82 202
83 66
84 17
85 1
86 42
87 35
88 34
89 191
90 183
91 152
92 4
93 74
94 569
95 289
96 341
97 279
98 24
99 93
100 203
101 37
102 219
103 50
104 62
105 200
106 121
107 153
108 0
109 43
110 109
111 111
112 94
113 17
114 145
115 43
116 38
117 83
118 28
119 388
120 35
121 155
122 188
123 158
124 130
125 120
126 43
127 252
128 1
129 268
130 310
131 320
132 10
133 391
134 22
135 265
136 583
137 68
138 5
139 131
140 161
141 18
142 690
143 125
144 92
145 80
146 1
147 58
148 32
149 9
150 16
151 43
152 106
153 150
154 108
155 87
156 106
157 81
158 16
159 79
160 55
161 56
162 0
163 0
164 15
165 50
166 132
167 90
168 66
169 107
170 38
171 54
172 282
173 270
174 78
175 333
176 15
177 143
178 15
179 78
180 38
181 3
182 213
183 685
184 108
185 46
186 13
187 31
188 285
189 3
190 4
191 73
192 35
193 121
194 41
195 55
196 307
197 2
198 79
199 521