238 Europa.
aufwüchsen, und ihre Bequemlichkeit mehr liebten, als die
Arbeit.
In den Städten sind die Bewohner nicht viel fleißiger
als auf dem Lande; deswegen wollen auch Fabriken und
Manufakturen im Kirchenstaate, durchaus nicht gedeihen.
Man wirkt zwar einige Seidenzeuge, verfertigt auch aller-
lei gebrannte Wasser, das Ganze aber ist von geringer Be-
deutung.
Der Kirchenstaat enthält 2,550,000 Menschen; die herr-
schende Religion ist die katholische, und das Oberhaupt der
katholischen Kirche der Pabst, der seine Residenz zu Rom
hat. Man nennt ihn den heiligen Vater oder Seine
päbftliche Heiligkeit. Zeder, der ihm die Aufwartung
macht, muß sich gefallen lassen, ihm den Pantoffel zu küssen,
und sich diese Erniedrigung noch zu großer Gnade schätzen?
Ehedem gingen die Päbste noch weiter; sie ließen sich, wenn
sie >u Pferde stiegen, von Kaisern und Königen den Steig-
bügel halten, denn sie behaupteten, ihnen gebühre diese
Ehre. als Statthalter Christi und Nachfolgern des Apostels
Petrus, wofür sie sich ausgaben. Sie entblödeten sich auch
nicht, Fürsten in den Bann zu thun und abzusetzen, wenn
sie ihren Willen nicht erfüllten; und die abergläubische
Furcht vor ihnen war'zu groß, daß man sich das alles ge-
fallen ließ; nun aber ist es anders, denn als der jetzige
Pabst, Pius Vii. sich erdreistete, den Kaiser Napoleon in
den Bann zu thun, ließ dieser ihn gefangen nehmen, nach
Frankreich abführen, und viele Jahre lang einsperren. Man
achtet und ehrt die Päbste billig wie andere Regenten; aber
man erniedrigt und demüthigt sich nicht mehr vor densel-
den ; doch wird ihnen noch von Personen, die geringer sind
als sie, in Erinnerung der vergangenen Herrlichkeit, der
Pantoffel geküßt.
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Extrahierte Personennamen: Christi Apostels Petrus Napoleon
Kirchenstaat. 289
Die Würde der Päbfte ist nicht erblich, sie werden von
siebzig Prälaten gewählt-, die man Kardinäle nennt.
Das Haus oder der Saal in dem sie sich zur Wahl ver-
sammeln, heißt das Conclave. Weder der Pabft, noch
die Kardinäle, noch irgend ein Bischof oder Priester in der
katholischen Kirche vermählt sich, denn die Ehe ist ihnen
verboten, obwohl ausdrücklich in der Bibel steht: Ein
Bischof soll eines Weibes Mann seyn.
Ob aber gleich der Kirchenstaat von dem heiligen Vater
regirt wird, so müßt ihr doch nicht glauben, daß man in
diesem Lande ein so gar heiliges Leben führe, und der
Freude vielleicht ganz abgestorben sey. Ach nein, es geht
vielleicht nirgends in der Welt lustiger, als in den römi-
schen Städten zur Faschingszeit zu. Man glaubt da, es
sey das ganze Land närrisch geworden; alles verlarvt sich,
alles läuft in Masken auf den Straßen umher, und treibt
tausenderlei Kurzweile, Muthwillen und Unfug. Gauckler,
Posscnreisser, Bänkelsänger, haben da ihr Wesen; einer wirft
den andern mit Mehl und Gypskügelchen; selbst die Mönche
bleiben in ihren Klöstern nicht ruhig, und nehmen Larven
vo^ Gesicht. Die Schauspiele und Koncertsäle sind dann
geöffnet, und nach eingebrochener Nacht läuft jedermann
mit Lichtern durch die Straßen; alle Häuser, und sogar die
Kutschen, sind illuminirt, und oben mit Lichtern besteckt. —
Eben so lustig geht es in Venedig und in noch mehr an- *
dern italienischen Städten zu.
Laßt uns nun die vornehmsten Orte in dem Kirchenstaat
durchreisen.
Nom, die prächtige Hauptstadt, liegt hier unten an der
Tiber, nicht weit vom Meere. Sie ist eine der merkwürdig-
sten Städte iw der Welt, sowohl wegen der vielen Alter-
thümer die sie noch aus den Zeiten der alten Römer enthält,
T
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
standen, bat sich aber von dem Kaiser und den Land-
grafen von Hessen sicheres Geleit für seinen Unterthan
aus, welches ihm auch zugestanden wurde. Ein kaiser-
licher Herold erschien nun zu Wittenberg mit einer förm-
lichen Vorladung, und fand Luthern bereit, seine Leh-
ren vor dem ganzen versammelten Reiche zu vcrtheidi-
gen. Von wenigen Freunden begleitet, reifete er am
aten April 1521 ab. Allentbalbcn, wo sein Weg ihn
durchführte und seine Ankunft bekannt wurde, sah er sei-
nen Wagen von einer Menge Menschen umringt, die
begierig waren, den Mann kennen zu lernen, der es
wagte, allein und öffentlich vor dem Kaiser und den
Fürsten des Reichs, die Vorurtheile und Mißbräuche ei-
nes ganzen Jahrtausends anzugreifen und dem Pabst
und seiner Klerisei den Krieg anzukündigen. Als er sich
der Stadt Worms näherte, wurde das Gedränge im-
mer größer. Aus Worms allein strömten ihm mehr als
zweitausend Menschen zu Roß, zu Wagen und zu Fuß
entgegen. Alle wünschten sich rühmen zu können, den
berühmten Mann gesehen zu haben, der nun vielleicht
bald nicht mehr unter den Lebendigen wandeln würde.
Von einem vertranten Freunde erhielt Luther jetzt noch
eine wohlgemeinte Warnung. Allein er war fest ent-
schlossen, keine Gefahr zu scheuen und seinem Schicksal
muthig entgegen zu gehen. Ich muß hinein, rief er aus,
sollten auch so viel Teufel darin sitzen als Ziegel auf
den Dächern.
So hielt er denn seinen Einzug in einem offenen
Wagen, umgeben von dem Gewühl des neugierigen Vol-
kes. Gleich am folgenden Tage wurde er von dem
Reichs-Erbmarschall, dem Grafen Ulrich von Pap-
penheim, vor die Reichsversammlung geführt. Es war
der 17. April 1521. In einem großen Saale saß der
Kaiser auf seinem Thron; ihm zur Rechten und zur Lin-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Zum Glück für unser Vaterland wurde er lange durch
ausländische Kriege abgehalten an der Ausführung die-
ses Plans zu arbeiten.
Zuerst sah er sich in eine Fehde mit dem König
Franz I. von Frankreich verwickelt, der es nicht ver-
schmerzen konnte, daß Karl ihn von dem teutschenthron
verdrängt hatte, und das Königreich Neapel, das den
Franzosen von den Spaniern war entrissen worden,
nicht wieder an ihn herausgeben wollte. Karl hingegen
forderte das Herzogthum Mailand zurück, das zum teut-
schen Reich gehörte und das Franz I. in Besitz hatte,
ohne damit belehnt worden zu seyn. Darüber kam es
zwischen beiden zu einem Krieg, in welchem Kaiser Karl
den Pabst Leo X., (ebendenselben, der den schlimmen
Ablaßhandel in Deutschland treiben ließ), zum Freund
und Bundesgenossen hatte. Zu Karls Unterstützung
nahm der heilige Vater 12,000 Schweizer in seinen Sold,
und eben auch 12,000 Schweizer hatte der König von
Frankreich in seinem Heere. Als nun der Krieg zum
Ausbruch kam, standen Schweizer den Schweizern ge-
genüber, bereit sich für ihren Sold einander zu morden
und ganz Europa ein Aergerniß zu geben. Solches
wollten aber die Vorsteher der Schweizerrepublik nicht
zulassen. Sie sandten daher Abgeordnete an ihre Krie-
ger, mit dem Befehl unverzüglich nach Haus zu kommen.
Dieß war dem Kardinal von Sion, der die Truppen
für den Pabst geworben hatte, sehr leid; er wußte jedoch
den Befehl sehr schlau zu seinem Vortheil zu benützen.
Er brachte nämlich die Abgeordneten mit Geld auf seine
Seite und beredete sie, nur das Abrufungsschreiben an
die schweizerischen Befehlshaber bei dem französischen
Heere abzugeben, das andere Schreiben aber zurück zu
behalten. So schwächte er die Franzosen auf einmal um
12,000 Mann, und die Folge davon war, daß sie von
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den_Pabst_Leo_X. Karl Leo_X. Karls
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Mailand Deutschland Karls Frankreich Europa
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Bei diesem Plane gerieth der Kaiser in Unruhe und fing
an sich nachgiebiger zu zeigen, zumal da ihm ein neuer
Krieg drohete. So kam denn der Vertrag von Madrid
zu Stande, durch welchen Franz zwar seine Freiheit
wieder erlangen, dagegen aber eine große Summe Geld
erlegen und das Herzogthum Burgund abtreten sollte.
Zu Karls Sicherheit mußte ihm der König seine Söhne
als Geißeln geben (1526).
Franz I. verließ Spanien mit dem Vorsatz, von
dem, was er versprochen hatte, so wenig als möglich
zu halten. Zwar waren seine Zusagen von ihm beschwo-
ren worden; aber der neue Pabst Clemens Vii. der
sein Freund war, entband ihn von dem Eide und er-
leichterte sein Gewissen. Er that noch mehr; er brachte
ihm zu Liebe den sogenannten heiligen Bund mit den
Vcnetiauern und dem Herzoge von Mailand, Sforza,
wider Karl V. zu Stande.
Karl, der sich so schändlich hintergangen sah, war
wüthend aufgebracht wider den treu- und ehrlosen Fran-
zoscnkvnig und den tückischen Pabst, den er mit schwerer
Züchtigung drohete. Der Krieg fing nun aufs neue in
Italien an (1526). Karls Feldherr, der Connétable
von Bourbon, eroberte Mailand, und führte hierauf
sein Heer gegen die Stadt Rom, um sein Müthchen an
dem Pabfte zu kühlen und seine plünderungslustigen Krie-
ger für ibren rückständigen Sold zu entschädigen. Der
heilige Vater erschrak über Bourbons schnelles Ann'l-
cken, denn er befand sich gar nicht in Vertheidigungs-
stande. Auf seinen Befehl mußte alles in der Eile sich
rüsten: Künstler, Handwerker, Lakaien, sogar die Schlepp-
träger der Cardinale griffen zu den Waffen und wehr-
ten sich in der That nicht übel; vermuthlich weil sie wuß-
ten, daß es vorzüglich auf die Plünderung der Stadt
angesehen war. Bourbons erste Angriffe wurden zu-
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Extrahierte Ortsnamen: Madrid Burgund Karls Spanien Mailand Italien Karls Mailand Rom
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
— 166
reit; in der einen Hand hielt er das Scepter, in der an-
dern den Reichsapfel; die goldene Krone saß auf einer
Ungeheuern neuen Allonge-Perrüke, die ihm über die
Schultern herabwallte. Sein Sohn und seine Brüder
waren die ersten, die ihm den Huldigungseid leisteten;
dann kamen die Großen seines Hofes. In feierlichem
Zuge begab sich hierauf das königliche Paar mit seinem
ganzen Gefolge zur Kirche, wo die Salbung vorgenom-
men und die Krönung wiederholt wurde. Musik, Ge-
sang und Kanonendonner, auch am Ende ein königlicher
Schmauß, verherrlichte wie billig noch mehr den merk-
würdigen Tag. Zum Andenken an denselben stiftete auch
Friedrich den preußischen Schwarzen-Adlerorden. Der
Aufwand, den die Pracht bei dieser Krönung erforderte,
soll sich über sechs Millionen Thaler belaufen haben.
Friedrich I. vergrößerte seine Staaten zwar nicht
durch Eroberungen, wohl aber durch Erbschaften und
Kauf. So brachte er die Grafschaften Meurs und
Lingen, auch Geldern an sein Haus. Die Stände
der Fürstenthümer Neufchate l und Valeng in in der
Schweiz, erwählten ihn freiwillig zu ihrem Regenten,
Und die Grafschaft Tecklenburg in Westphalen erkaufte
er für 500,000 Thaler und verband sie mit der Graf-
schaft Lingen. — Auch um die Wisienschaften und Künste
machte er sich verdient, denn er stiftete schon 1694 die
Universität Halle; 1699 die Bildhauer- und Maleraca-
demie zu Berlin und 1700 die Academie der Wissen-
schaften. Als König herrschte er 12 Jahre. Er starb
am 25. Februar 1713.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_I.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
6?
15.
Ferdinand der Erste.
(2. 1556—1564.)
Ferdinand I. bestieg also noch zu Lebzeiten seines
Bruders Karls V. den teutschen Thron. Er war ein
billiger, friedliebender Fürst, der sich redlich bemühete,
die Einigkeit in der Kirche wieder herzustellen, und auch
den Katholiken einen Theil der Wohlthaten der Refor-
mation genießen zu lasten. Deswegen war er aber auch
schon als römischer Köllig dem damaligen Pabst Paul Iv.
verhaßt. Als ihm nun die teutsche Krone durch den Ab-
tritt Karls V. zusiel, fand sich, daß der heilige Vater
ihn nicht als teutschen Kaiser anerkennen und krönen
wollte. Ferdinand ließ ihn trotzen und kümmerte sich
wenig darum: Hatte ja der Kurfürst und Erzbischofs von
Mainz selbst erklärt, die römische Krönung sei ein Lum-
penwerk. Don dort an ging auch kein cinzigrr feiner
Nachfolger mehr nach Rom.
Ferdinand I. herrschte zu keiner erfreulichen Zeit
über Deutschland, denn die feindliche Spannung zwischen
den Katholiken und Protestanten dauerte des Rcligions-
friedens ungeachtet fort. Auf beiden Seiten beobaäuete
man sich mit Mißtrauen; jede zweideutige Bewegung
wurde als eine Anstalt zum Kriege angesehen. Die Ka-
tholiken konnten den Verlust so vieler schöner Kwchen-
güter nicht verschmerzen, die von den protestantischen
Fürsten wgren eingezogen worden; die Protestanten aus-
serten laut ihre Unzufriedenheit mit der Klausel des
geistlichen Vorbehalts, die sich wider ihren Willen
in den Religionsfrieden eingeschlichen hatte. Der Kaiser
wendete sich mit seiner Vermittelung bald zu dieser bald
zu jener Partei; allein er predigte tauben Ohren. Es
wurden Religionsgespräche, es wurde eine Kircheriven
E r
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
35
Me seste Plätze im Kirchenstaate ausliefern und dem Heere
400/000 Ducaten Lösegeld versprechen mußte. Bis zu
der Erfüllung des letzten Punktes blieb er als Gefange-
ner unter der Aufsicht der kaiserlichen Generale. Für
die übrigen wurden Geißeln gestellt.
Als Karl Nachricht von allen diesen Ereignissen
tzrhielt, heuchelte er den tiefsten Schmerz, betheuerte,
daß alles ohne seinen Befehl geschehen sei, ließ seinen
ganzen Hof die Trauer anlegen, und von dem Volk Ge-
bete und Processionen für die Befreiung des heiligen Va-
ters anstellen, die doch ganz allein in feiner Macht stand.
Vermuthlich geschah das nur, um den bigotten spanischen
Pöbel nicht zu sehr gegen sich zu erbittern; im Herzen
aber freute er sich nicht wenig den übermüthigen und
feindseligen Pabst so gezüchtigt zu haben. Bourbons
Tod allein war es, was ihn schmerzte.
Erst zwei Jahre nach der Eroberung der Stadt Rom
endete sich der Krieg durch den Frieden von Cambrai
(1529). Karl söhnte sich durch denselben mit dem
Pabfte wieder ans. König Franz bezahlte für seine
Söhne ein Lösegeld von zwei Millionen, trat statt
des Herzogthums Burgund, die Hoheit über Flandern
und Artois ab, und heirathete Karls Schwester. Der
Herzog Sforza wurde mit Mailand belehnt, die Ve-
netianer aber mußten alle Eroberungen zurückgeben. Noch
in demselben Jahre kam Karl selbst nach Italien, um
den Friedensschluß zu vollziehen, küßte eben demselben
Pabst, den er vor zwei Jahren so tief erniedrigt hatte,
zu Bologna demüthig die Füße und ließ sich von ihm
die Kaiserkrone aufsetzen. Karl V. war der letzte teut-
sche Kaiser, der die Krönung aus den Händen des Püb-
stes annahm.'
C 2
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
— 75 —
der Gelegenheit zur Anwendung des schon mehrmals er-
wähnten geistlichen Vorbehalts im Religionsfrieden gab.
Der Kurfürst und Erzbischoff, Gebhard von Cöln,
verliebte sich nämlich in die schöne Gräfin, Agnes von
Mannsfeld, und da er sie als Erzbischoff nicht hei-
rathcn konnte, nahm er die reformirte Religion an. So-
bald dieser Schritt bekannt ward, sprach der Pabst den
Bannfluch über ihn aus, und der Kaiser ließ ihn in die
Reichsacht erklären. Alsbald betrachtete ihn sein Dom-
kapitel als abgesetzt, und wählte an seine Stelle den
Prinzen, Ernst von Baiern, der sich von einem spa-
nischen Heer unterstützt, gar bald in den Besitz des Erz-
stiftes setzte. — Zu Gunsten der Katholiken sollte also
der Religionsftiede gelten; wenn aber die Protestanten
sich zur Begründung ihrer Rechte darauf beriefen, so
wurde keine Rücksicht darauf genommen. Man betrachtete
das ganze Erzstifft Cöln als des Kurfürsten Pfründe,
und nahm es ihm weg, ohne ihm nur einmal die Ver-
waltung zu lassen. Seine Unterthanen, die sich bisher
größtentheils zu der protestantischen Religion bekannt
hatten, wurden wieder zur katholischen gezwungen. Ein
ähnlich^ Fall kam in Straßburg vor. Die Domherren
waren da uneinig in der Bischoffswahl. Die evangeli-
schen wählten den Prinzen, Johann Georg von
Brandenburg; die katholischen den Prinzen von Lo-
thringen, der doch schon Bischoff von Metz war.
Gleichwohl blieb cs bei der Wahl der Katholiken. —
Die evangelische Reichsstadt Donauwörth wollte in ihren
Mauern keine öffentliche Processionen der Katholiken dul-
den. Der Abt des dasigen katholischen Klosters trotzte
aber den Rathsverordnungen und hielt Umgänge mit
großem Gepränge. Der Pöbel erlaubte sich daher Ge-
walt gegen ihn, und deswegen wurde die ganze Stadt
in die Acht erklärt. Der Herzog von Baiern, dem die
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Extrahierte Personennamen: Gebhard_von_Cöln Agnes_von
Mannsfeld Ernst_von_Baiern Ernst Johann_Georg_von
Brandenburg Johann Bischoff_von_Metz
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Dauphin (Kronprinzen), als Anführer des Heeres, feier-
lich bekräftigt wurde, und nach welcher sie in geistlichen
und weltlichen Dingen nngekränkt bleiben sollten; sie
wurde ihnen aber nicht gehalten. Erst mußten sie alle
ihre Schulden nach Holland, Cöln, Frankfurt, Nürn-
berg auf das genaueste angeben und sie an die franzö-
sische Kriegskasse auszahlen; dann mußten sie zusehen,
wie ihre Festungswerke geschleift, ihre Zeughäuser er-
brochen und ausgeleert, ihre Getreidevorrathe abgeholt
wurden. Nachdem sie sieben Monate lang um ihre
Stadt und ihr übriges Eigenthum zu retten, alles ge-
than, geleistet und gelitten hatten, was man von ihnen
verlangte, wurde ihnen endlich angekündigt, des Königs
Interesse erfordere es, die Städte Worms und Speyer
zu verbrennen, doch sollte es den Einwohnern erlaubt
seyn, sich mit dem was sie fortbringcn könnten, in die
nächstgelegenen französischen Städte zu flüchten. Die
Domrirche zu Worms hatte man versprochen zu verscho-
nen, und wirklich blieb sie stehen; aber alles Eigenthum
der Einwohner, das sie in der Hoffnung es zu retten
hinein gebracht hatten, wurde eine Beute der raubsüch-
tigen Soldaten. Sogar die Gräber wurden von ihnen
erbrochen, die Leichname herausgcworfcn und beraubt.
Zu Speyer fanden sie in den Grüften der alten Kaiser
zwei silberne Sarge; auch diese wurden geraubt und
die Gebeine blieben liegen. Unter denselben befanden
sich auch die Ueberreste des unglücklichen Kaisers Hein-
rich Iv., der selbst im Grabe die Ruhe nicht fand, die
er im Leben vergeblich suchte. Bei dem Anblick des all-
gemeinen Jammers zu Worms fragten einige französische
Offiziere, die noch nicht alles menschliche Gefühl ver-
läugnet hatten, den jungen Herzog von Crequi, was
doch die armen Wormser verbrochen hätten, daß man
sie mit so unerbitterlicher Grausamkeit quäle, und was
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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