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dieser Wahl mit solcher Entschiedenheit, da, da Defsolles ihm widerstrebte, Decazes als erster Minister an die Spitze der Geschfte gelangte (19. Nov. I81i>). Sein Streben war, weder die Ultra's noch die Liberalen allzu mchtig werden zu lassen, sondern einen Mittelweg einzuschlagen, um beide Par-teien zu befriedigen. Bald aber sollte ihn ein erschtterndes Ereigni von der begonnenen Bahn abrufen.
Ein Sattlergehlfe, Namens Louvel, durch das Lesen revolutionrer Schriften von glhendem Hasse gegen die Bour-bonen entflammt, in denen er die Feinde und Unterdrcker Frankreichs erkannte, fate den wahnsinnigen Entschlu, sein Vaterland durch Ermordung desjenigen Prinzen zu erlsen, auf welchem bei der Kinderlosigkeit Angouleme's die Hoffnung der regierenden Linie beruhte. Der Herzog von Berry hatte sich am 13. Febr. 1820 mit seiner Gemahlin in die Oper begeben. Die Herzogin wnschte vor Beendigung der Vor-stellung nach Hause gebracht zu werden. Der Herzog fhrte sie zu ihrem Wagen; aber in dem Augenblick nahte sich ihm Louvel und stie ihm einen Dolch mit solcher Heftigkeit in die Brust, da derselbe bis an den Griff eindrang. Der Mrder ward alsbald ergriffen. Als der Herzog nach der Wunde griff und das zurckgebliebene Eisen fhlte, rief er aus: Ich bin ein Mann des Todes!" und ahnte sein Schick-sal. Seine Gemahlin strzte herbei und ihre Kleider wurden vom Blute ihres Gatten berstrmt. Man brachte den Prin-zen in einen an die knigliche Loge stoenden Saal, seine Ver-wandten eilten herbei. Um Unruhen zu verhten, lie man die Vorstellung fortdauern, und so begleitete denn die Musik der Oper und des Ballets den Todeskampf des Sterbenden, der, ergeben in den Willen der Vorsehung, eine seltene Gro-muth des Charakters bekundete. Er verlangte nach einem Priester und rief dann Alle um Verzeihung an, die er in feinem Leben auf irgend eine Weise verletzt haben knnte. Er trftete feine verzweifelnde Gattin und bat den König um Begnadigung feines Mrders. Seine kleine Tochter segnend, sagte er: Mchtest du glcklicher als deine Angehrigen fein!" Sein letzter Seufzer war von dem einftimmigen Klagelaut feiner Familie begleitet. Als das erste Morgengrauen in das matt erleuchtete Gemach siel, kniete der greife König an dem
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dieser Unglcklichen lebten noch am folgenden Tage, und ihr grliches Jammergeschrei mischte sich mit dem Jubelrufe der Trken. Abends machten sie auf einem Platze ein groes Feuer an, bohrten den Griechen ihre glhenden Ladestcke in den Leib, zogen ihnen glhenden Draht durch Nasen und Ohren, oder streckten ihnen unter kanibalischem Jauchzen Hnde und Fe in die Flammen. Der neue Tag brachte neue Martern; man nagelte die Griechen mit den Ohren auf einen Tisch, fllte ihnen den Mund mit brennenden Kohlen, warf den Mttern entrissene und an die Bajonette gespiete Suglinge in die Flammen; endlich wurden achtzig Spiee aufgerichtet und Griechen darauf gespiet, da ihr Jammergeschrei die Lfte erfllte, bis sie nach einer Stunde den Geist aufgaben. Damit endete das Morden in Kon-stantinopel, aber aller Orten sanken die christlichen Kirchen und ihre Priester wurden dem Tode geweiht. Vergebens suchten die europischen Gesandten den Divan zu milderen Maregeln zu bestimmen; der russische Gesandte Straganoff protestirte gegen die Verletzung frherer Vertrge zu Gunsten der Christen, aber Beleidigungen des Pbels und Zerstrung eines russischen Gesandtschaftshotels waren die Antwort, und Straganoff mute zuletzt nach Odessa flchten und allen Ver-kehr mit der Pforte abbrechen.
Diese blutigen Gruel, weit entfernt, den Aufstand zu dmpfen, fachten allenthalben die Gluth der Verzweiflung und der Rache an. Schon im Mrz hatten die freiheits-stolzen, unbezwungenen Mainoten, die Nachkommen der alten Spartaner in Lakonien, unter Mauromichali, Kolokotronis und anderen Fhrern die Fahne des Aufstandes aufgepflanzt und durch ein feierliches Hochamt die Erffnung des heiligen Kampfes angekndigt. Vor allen war es Theodor Koloko-tronis, dessen Willenskraft und entschiedene Persnlichkeit seinen Schaaren unbedingtes Vertrauen einflte. Den Mai-noten folgten die Inseln Spezzia, Hydra und Jpsara, die gegen 200 grere und kleinere Fahrzeuge besaen. Obgleich weniger als die brigen Griechen vom trkischen Drucke heim-gesucht und von manchen Lasten befreit, wollten sie doch ihre Abhngigkeit nicht lnger ertragen, und zogen durch ihren Freiheitssinn gleich im Anfang die Aufmerksamkeit der He-
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gen. Dann ließ Achilles fern und ungesehen vom Vater,
den Leichnam waschen, salben und bekleiden. Er selbst legte
ihn auf ein unterbreitetes Lager, rief, während die Freunde
den Todten auf den mit Maulthieren bespannten Wagen
hoben, den Namen seines Freundes an und sprach: „Zürne
und eifere mir nicht, Patroklos, wenn du etwa in der Nacht
der Unterwelt vernimmst, daß ich Hektars Leiche seinem Vater
zurückgebe! Er hat kein unwürdiges Lösegeld gebracht, und
auch dir soll dein Antheil werden."
Nun kehrte er zurück ins Zelt, setzte sich dem König
wieder gegenüber und sprach: „Siehe, dein Sohn ist jetzt ge-
löst, o Greis, wie du es gewünscht hast; er liegt in ehrbare
Gewänder eingehüllt. Sobald der Morgen sich röthet, magst
du ihn schauen und davon führen. Jetzt aber laß uns der
Nachtkost gedenken, du hast noch Zeit genug, deinen lieben
Sohn zu beweinen, wenn du ihn zur Stadt gebracht hast,
denn wohl verdient er viele Thränen." Darauf ließ Achilles
ein Mahl bereiten, und bewirthete seinen Gast. Während
des Mahles staunte Priamos über Wuchs und Gestalt des
Helden, und dieser bewunderte seinerseits das würdevolle
Antlitz und die weise Rede des Greises. Darauf ward ihm
ein Lager in der Halle bereitet, und nachdem ihm Achilles
eine Waffenruhe von eilf Tagen zur Bestattung des edlen
Hektor verhießen hatte, legten sich beide schlafen. Vor An-
bruch des Tages aber weckte Hermes den Greis, und mahnte
ihn zur Rückfahrt nach Troja, die er unter dem Schutze des
Gottes glücklich vollendete und darauf die nöthigen Anstalten
zur Bestattung seines Sohnes traf.
Bald entbrannte der Kampf von neuem; Achilles erschlug
viele Feinde und verfolgte die Trojaner bis vor die Stadt.
Hier schickte er sich an, die Thorflügel aus den Angeln zu
heben, als Apollo, den Troern günstig gesinnt, vom Olymp
herabstieg und dem Helden zurief, vom Kampfe abzulassen.
Doch Achilles verachtete die Warnung des Gottes; da ver-
hüllte sich der zürnende Apollo in ein schwarzes Gewölk,
legte einen Pfeil aus seinen Bogen und schoß aus dem Nebel
dem Peliden in die verwundbare Ferse, daß er wie ein Thurm
zu Boden stürzte. Er zog den Pfeil aus der Wunde, das
schwarze Blut quoll heraus; dennoch erhob er sich mit einem
3 *
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Extrahierte Personennamen: Achilles Achilles Achilles Achilles Apollo Achilles
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F'erxes und befahl, dem Hellespont dreihundert Geißelhiebe
zu geben und ein paar Ketten in die tiefe See zu versenken.
Den Geißelern aber trug er auf, die rasenden Worte zum
Hellespont zu sprechen: „D du bitteres Wasser, der Herr
legt dir diese Strafe auf, weil du ihn beleidigt hast, da er
dir doch nichts zu Leide gethan hat. Und der König Ferres
wird doch über dich gehen, du magst wollen oder nicht.
Von Rechts wegen aber opfert dir kein Mensch, weil du ein
trügerischer und salziger Strom bist." Die Baumeister an
der Brücke aber ließ Ferxes enthaupten. Die Brücken wurden
nun von andern Ballmeistern vollendet, und als alle Arbeiten
fertig waren, zog das Heer von Sardes, wo es überwintert
hatte, nach Abydos. Da nahte sich Pythios dem König und
bat ihn um die Gewährung einer Bitte. Der König ver-
sprach sie und Pythios sagte: ,,Herr, ich habe fünf Söhne
und sie müssen mit dir in den Krieg ziehen. Habe nun Er-
barmen, o König, mit mir altern Manne, und befreie meinen
Sohn, den ältesten, vom Kriegsdienste, die vier andern mögen
mit dir ziehen." Ferxes aber ergrimmte und antwortete:
,,O du schlechter Mensch, du wagst es, da ich doch selbst in
den Streit ziehe, mit meinen Söhnen und -Brüdern, mit
meinen Verwandten und Freunden, deines Sohnes zu ge-
denken, da du doch mein Knecht bist, der mich eigentlich niit
seinem ganzen Hause und dem Weibe dazu begleiten müßte?
Du sollst deine Strafe empfangen, doch weniger als du ver-
dienst. Denn dich und deine vier Söhne rettet die Gast-
freundschaft, doch der eine, an dem dir am meisten liegt,
soll dir zur Strafe das Leben verlieren." Daraus befahl
Ferxes, den ältesten Sohn des Pythios mitten durchzuhauen
und die beiden Hälften, die eine zur Rechten, die andere zur
Linken des Weges hinzulegen, damit das Heer da hindurch
gehen sollte. > /
Der Zug des Heeres war auf folgende Weise geordnet:
Voran gingen die Lastthiere und das Zugvieh, nach diesen
das ganze Heer von allerlei Volk ohne Unterschied bunt
durcheinander: nach der ersten Hälfte war aber ein Zwischen-
raum gelassen, daß sie nicht mit dem Könige zusammentrafen.
Run zogen voran 1000 auserlesene Persische Reiter, hinter
diesen 1000 Lanzenträger, sodann die zehn Risäischen Rosse,
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19
So sollte die Stadt von zwei Seiten angegriffen werden.
Doch Theseus erhielt Kunde von ihrem Anschlage, überfiel sie
im Hinterhalte und tödtete sie sämmtlich, worauf auch die
andere Schaar der Pallantiden wieder in die Heimath zog.
In der Umgegend von Athen hausete ein wilder Stier,
der die Felder und Saaten der Einwohner verheerte. Theseus,
der die Gunst des Volkes zu gewinnen suchte, zog aus, ihn
zu erlegen. Es gelang ihm, den Stier lebendig zu fangen,
er trieb ihn durch die Stadt und opferte ihn dann dem Apollo.
Doch Theseus größtes Verdienst war, daß er die Athener von
dem grausamen Menschenopfer, daß sie damals im Begriff
waren zum dritten Male nach der Insel Kreta zu schicken,
befreite.
Ueber Kreta herrschte König Minos, der sich durch seine
Seemacht auf dem ganzen Aegeischen Meere furchtbar gemacht
hatte. Sein Sohn Androgeos hatte einst in Athen alle
Bürger in den Wettkämpfen besiegt und war deshalb von
ihnen aus Haß meuchlings getödtet worden. Um den Tod
seines Sohnes zu rächen, unternahm Minos einen Zug gegen
Athen und belagerte die Stadt, die er auf das Aeußerste be-
drängte. Dazu lastete der Zorn der Götter wegen der be-
gangenen Frevelthat auf den Bürgern. Die Felder gaben
keinen Ertrag, Seuchen wütheten in der Stadt, die Flüsse
versiegten. Die Noth erreichte den höchsten Grad. Da gebot
das Orakel den Athenern sich mit Minos auszusöhnen, dann
würden ihre Leiden ein Ende nehmen. Doch der Sieger legte
den Athenern eine harte Bedingung aus. Sie mußten neun
Jahre lang jährlich sieben Jünglinge und sieben Jung-
frauen nach Kreta schicken. Auf dieser Insel hatte aber Minos
das Labyrinth, ein ungeheures Gebäude, errichten lassen,
aus deffen mannigfach verschlungenen Jrrgängen Niemand
den Ausweg finden konnte. In diesem Labyrinthe trieb der
Minotaurus sein Wesen, ein Ungeheuer, halb Mann, halb
Stier, das eine gewaltige Keule schwang. Wenn nun die
zum Tode bestimmten Jünglinge und Jungfrauen in Kreta
ankamen, wurden sie nach einander unbewaffnet in das Laby-
rinth geführt, und da sie den Rückweg nicht auffinden konnten,
fielen sie als ein Opfer des Minotaurus.
Als Theseus in Athen angelangt war, sollte gerade dieses
2»
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23
Unter den Königen, die aus seinem Geschlechte in Theben
regierten, ist besonders Lotos durch sein furchtbares Geschick
berühmt geworden. Ein Orakel hatte ihm verkündet, der Sohn
seiner Gemahlin Jokaste werde ihm das Leben rauben.
Lotos zitterte vor dem Sohne, der ihm bald darauf geboren
ward, und übergab ihn einem Diener, um ihn auszusetzen,
nachdem er ihm die Knöcheln mit Nadeln durchbohrt hatte.
Der Diener setzte ihn auf dem Berge Kithäron aus. Da
fanden die Hirten des korinthischen Königs Polybos den schrei-
enden Knaben und brachten ihn ihrer Königin Periböa, die
keine Kinder hatte. Das königliche Paar nahm den Findling
auf und erzog ihn an Sohnes statt. Da seine Füße in den
ersten Tagen noch geschwollen waren, nannte man ihn Oedi-
pus oder Schwellfuß. In Korinth wuchs er fröhlich auf und
glaubte im Hause seiner Eltern zu sein, bis ihm einer seiner
Altersgenossen einst im Zanke vorwarf, daß er ja nur ein an-
genommenes Kind sei. Diese Mittheilung traf ihn hart; er
wollte Gewißheit haben und fragte das Orakel zu Delphi
über seine Herkunft. Dies gab ihm die Weisung, die Heimath
zu meiden, sonst werde er seinen Vater tobten und seine
Mutter zur Frau erhalten. Da Oedipus gewöhnt war, Ko-
rinth als seine Heimath anzusehen, so kehrte er nicht wieder
dahin zurück, und wanderte von Delphi aus nach Theben zu.
Unterwegs kam er durch einen Hohlweg und begegnete hier
einem Wagen, in dem ein Herr mit seinem Herold fuhr. Da"^' ^
er nicht ausweichen konnte, tödtete der Herold eins von feinen .
Pferden; Oedipus griff zur Wehr und erschlug den Herrn
sammt den Diener. Er setzte darauf seinen Weg fort und
gelangte nach Theben, wo sich die Nachricht, daß König Lotos
von Räuberhand gefallen sei, schon verbreitet hatte. So
war denn Oedipus, ohne es zu ahnen, der Mörder seines
Vaters geworden.
Damals ward Theben von einem schrecklichen Ungeheuer
heimgesucht; es war die Sphinx, die oben wie eine schöne
Jungfrau, unten wie eine Löwin anzusehen war und an den
Schultern Flügel hatte. Dies Ungethüm durchzog das Land
und gab den Leuten ein Räthsel auf, das hieß also: „Was
ist das für ein Geschöpf, das eine Stimme hat, am Morgen
auf vier Füßen, Mittags auf zweien und Abends auf drei
\ J/i \ io\ 4, f ri" 'j '
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die Freier um Gaben an, die ihm auch alle von ihrem Ueber-
flusse mittheilten, nur Antinoos wies ihn mit Schmähungen
ab und warf ihn mit dem Schemel an die Schultern: doch
Odysseus duldete schweigend die Mißhandlung.
Penelope hatte indeß von Eumäos die Ankunft des viel-
gewanderten Bettlers erfahren, und wie sie jeden umherirren-
den Fremdling nach Odysseus auszuforschen pflegte, so sandte
sie auch zu dem Bettler, um sich bei ihm nach dem ersehnten
Gemahle zu erkundigen. Odysseus trug aber gegründetes Be-
denken, in seiner ärmlichen Kleidung durch die Schaar der
trotzigen Freier, die ihn erst so eben gekränkt hatten, in das
Obergemach der Königin zu gehen, und verschob daher seine
Erzählung bei der Königin auf die Zeit des Tages, wo sich
mit dem Untergange der Sonne die übermüthigen Männer
entfernen würden.
In Jthaka trieb sich ein Bettler, Jros genannt, umher,
der täglich um Speise und Trank Haus für Haus bettelte,
und auch in der Wohnung des Odysseus bei den Freiern Zu-
tritt hatte. Dieser kam jetzt, und unwillig, einen andern
Bettler an seinem Platze zu sehen, wies er den Odysseus zu-
rück und drohete ihm im Weigerungsfälle mit Faustschlägen.
Es kam von Worten zur That, und die Freier ergötzten sich,
jetzt den Kampf zwischen zwei Bettlern mit anzusehen, und
versprachen dem Sieger einen fett gebratenen Geismagen zur
Belohnung. Odysseus rüstete sich zum Kampfe, er entblößte
seine gewaltigen Schultern und Arme, daß die Freier bei dem
Anblick der kräftigen Glieder erstaunten. Der Kampf dauerte nur
kurze Zeit; denn Odysseus schlug den Jros unter dem Ohr
an den Hals, daß die Knochen zerbrachen und ein Blutstrom
seinem Munde, entquoll. Dann zog er ihn am Fuß bis auf
den Vorhof, wo er ihn an einer Mauer niedersetzte.
Als der Abend herankam, wurde Feuer angezündet, den
großen Männersaal zu erleuchten, und von neuem begann der
Lärm des Gastmahls unter den Freiern, bis sie, nachdem
Odysseus noch manche Kränkung erduldet hatte und sogar
von den dienenden Mägden geschmäht worden war, aus Tele-
machos Anmahnen sich nach ihren eigenen Wohnungen begaben.
Die Zeit ihrer Abwesenheit benutzten Vater und Sohn, die
Waffen aus dem Saale zu tragen, und auch, als Telemachos
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schon zur Ruhe gegangen war, blieb Odysseus noch im Saale,
in tiefes Nachdenken über den Mord der Freier versunken.
Da trat die schöne Penelope mit ihren Mägden aus dem
Gemache: dem Odysseus ward ein Sessel zurecht gestellt, und
nun begann dieser eine ersonnene Erzählung, wie er aus
Kreta stammend, den Odysseus vor Troja gesehen habe, und
daß dieser, noch frisch und gesund, im Lande der Thesprotier
sich aufhalte und bald in die Heimath zurückkehren werde.
Die Erklärung klang so wahrscheinlich, daß Penelope,
im Herzen darüber erfreut, dem armen Bettler gewogen ward
und der Schaffnerin Euryklea gebot, dem Gaste die Füße zu
waschen. Doch der Schaffnerin war schon längst die Aehn-
lichkeit des Bettlers mit Odysseus ausgefallen und ihr Gemüth
war von froher Ahnung bewegt. Als sie aber bei dem Fuß-
bad am Beine des Fremden eine ihr wohlbekannte Narbe ge-
wahrte, da war kein Zweifel mehr und sie hätte ihrer Herrin
Penelope sogleich die frohe Kunde zugerufen, wenn ihr nicht
Odysseus mit Gewalt den Mund zugehalten und tiefes
Schweigen anbefohlen hätte.
Die Königin begab sich in ihr Gemach zur Ruhe, und
Odysseus lagerte sich vor dem Saal auf eine Stierhaut, doch
der Schlaf floh ihn, und er hatte hier Gelegenheit, die muth-
willigen Scherze der zuchtlosen Mägde zu nächtlicher Stunde
anzusehen, und nur mit Mühe bezwang er feinen Grimm.
Da erschien ihm, als er gerade über den Mord der
Freier nachdachte, Athene, erfüllte seine Seele mit Muth, und
ließ sanften Schlummer auf seine Augen sich senken.
Mit dem andern Morgen brach der Tag der Entscheidung
an. Die Freier kamen und begannen ihr wüstes Treiben
noch ärger als sonst, ohne sich durch die Zeichen des nahen
Verderbens warnen zu lassen. Ein Seher, den Telemachos
von seiner Reise mitgebracht hatte, sah im Geiste schon die
Wände mit Blut besprengt, und die Schatten der Freier in
die Unterwelt wallen. Diese schlug jetzt Athene mit Verrückt-
heit, sie aßen blutbesudeltes Fleisch, und die Thränen standen
ihnen in den Augen, dennoch erhoben sie, ohne ihr nahes Ver-
derben zu ahnen, grinzendes Gelächter und verachteten den von
Begeisterung erfüllten Seher, der sich aus dem Saale entfernte.
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durchzukommen war, ließ er sich auch von ihm nachziehen.
Endlich sah er ein Loch, das für den Fuchs zum Durchkriechen
groß genug war, und Licht durch dasselbe. Der Fuchs eilte,
als er von Aristomenes losgelassen worden war, seiner Höhle
zu. Aristomenes aber machte das Loch, das zum Durchkommen
für ihn zu klein war, mit den Händen weiter und entkam zu
den Seinen nach Eira.
Den Lacedämoniern wurde sogleich von Ueberläufern ge-
meldet, daß Aristomenes unversehrt zurückgekommen sei. Sie
hielten es aber sür unglaublich, bis er eine Schaar von Ko-
rinthern, die den Lacedämoniern zu Hülfe zogen, schlug, und
ihre Anführer tödtete. Nach dieser That brachte er dem Zeus
das Opfer dar, welches man Hekatomphonie nennt, und das
jeder Messenier, der hundert Feinde erlegt hatte, verrichtete.
Aristomenes hatte es zum ersten Male dargebracht, als er am
Denkmale des Ebers gefochten hatte: auch zum dritten Male
soll er es in der Folge wiederholt haben.
Die Lacedämonier schlossen einst, als sie das Fest der
Hyacinthien feierten, mit den Messeniern in Eira einen Waffen-
stillstand auf vierzig Tage. Als nun Aristomenes, ohne et-
was zu fürchten, sich eine Strecke von Eira entfernt hatte,
wurde er von Kretischen Bogenschützen, die in Messenien um-
herschwärmten, gefangen und mit den Riemen, die sie an ihren
Köchern hatten, gebunden. Sie brachten ihn in einen Meierhof
im Messenischen Gebiete, wo eine Mutter mit ihrer Tochter
wohnte; der Vater war gestorben. Dieser Jungfrau war in
der vorhergehenden Nacht ein Traumgesicht erschienen: Wölfe
führten zu ihnen in den Meierhof einen gefesselten Löwen, der
keine Klauen hatte; sie selbst löste dem Löwen die Fesseln, fand
seine Klauen und gab sie ihm: so wurden in: Traume die
Wölfe von dem Löwen zerrissen. Jetzt nun, da die Kreter
den Aristomenes hereinführten, merkte die Jungfrau, daß das
in der Nacht erschienene Traumgesicht in Erfüllung gehe, und
fragte ihre Mutter, wer das wäre. Als sie seinen Namen
erfuhr, faßte sie Muth das auszuführen, was ihr im Traume
befohlen worden war. Sie schenkte daher den Kretern so viel
Wein ein, als sie nur trinken wollten, und als sie berauscht
waren, entwendete sie dem, welcher am tiefsten schlief, sein
Mesier und zerschnitt die Fesseln des Aristomenes; er aber
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104
ergriff das Schwert und tödtete die Kreter. Die Jungfrau
aber gab er, um ihr den Lohn seiner Rettung zu zahlen,
seinen: Sohne zur Gemahlin.
Aber im elften Jahre der Belagerung war es vom
Schicksal bestimmt, daß Eira erobert und die Messenier Ver-
trieben werden sollten. Als Aristomenes und der Wahrsager
Theoklos nach der Niederlage am Graben nach Delphi kamen
und das Orakel wegen ihrer Rettung befragten, erhielten sie
vom Gotte folgende Antwort:
„Wenn«ein Tragos*) trinket der Neda sich schlängelndes Wasser,
Schütz' ich Messene nicht mehr, denn es nahet sich schon das Verderben."
Nach diesem Orakelspruche hüteten die Meffenier die
Böcke, daß sie nicht aus der Neda trinken möchten. Doch
damals stand an diesem Flusse ein wilder Feigenbaum, der
nicht gerade in die Höhe gewachsen war, sondern sich zu dem
Strome der Neda hinneigte und das Wasser mit den Spitzen
seiner Blätter berührte. Als dies der Seher Theoklos sah,
errieth er, daß in dem Orakelspruche unter dem Tragos dieser
wilde Feigenbaum zu verstehen sei, und daß nun den
Messeniern ihr Schicksal nahe bevorstehe. Auch dem Aristo-
menes theilte er seine Entdeckung mit.
Ein Lacedämonischer Ueberläufer besuchte damals oft
eine Meffenische Frau, die außerhalb der Festung ihre
Wohnung hatte, in Abwesenheit ihres Mannes, wenn dieser
aus dem Wachtposten stand. Einst war eine mondlose,
stürmische Nacht, und der Regen ergoß sich in dichten Strömen
vom Himmel. Da verließen die Messenier, die in dieser
Nacht keinen Angriff besorgten, die Wache: Aristomenes aber
lag an einer kurz vorher empfangenen Wunde darnieder und
konnre nicht wie gewöhnlich, die Runde bei den Nachtposten
machen. So kam denn auch jener Messenier in seine Woh-
nung zu seiner Frau, die, als sie die unerwartete Ankunft
ihres Mannes bemerkte, den Lacedämonischen Ueberläufer
schnell versteckte. Der Messenier erzählte, daß wegen des
stürmischen Wetters alle Posten unbesetzt wären. Als dies
der Ueberläufer in seinem Verstecke hörte, schlich er sich leise
*) Das Wort Tragos bedeutet einen Ziegenbock und einen wilden
Feigenbaum. Die Neda ist ein Fluß, der viele Krümmungen macht.
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